Was ist eine außerordentliche Kündigung?
Eine außerordentliche Kündigung kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist beenden. Dabei werden die Vorgaben aus dem Kündigungsschutz teils außer Kraft gesetzt. Geregelt ist das in § 626 Abs. 1 BGB. Wichtige Gründe liegen vor, wenn das Arbeitsverhältnis so belastet ist, dass eine Weiterbeschäftigung bis zum Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist unzumutbar wäre.
Kündigungsarten im Überblick
Eine außerordentliche Kündigung ist das Gegenstück zur ordentlichen Kündigung. Letztere muss gesetzliche und vertragliche Fristen einhalten. Zu den vier wichtigsten „ordentlichen“ Kündigungsarten gehören:
- Die betriebsbedingte Kündigung
- Die verhaltensbedingte Kündigung
- Die personenbedingte Kündigung
- Die krankheitsbedingte Kündigung
Unterschied: Fristlose und außerordentliche Kündigung
Die Begriffe fristlose und außerordentliche Kündigung werden häufig synonym genutzt. In den meisten Fällen ist das richtig. Jede fristlose Kündigung ist eine außerordentliche Kündigung. Sie kann aber auch mit einer längeren, „sozialen Auslauffrist“ ausgesprochen werden. Etwa bei einer Betriebsstilllegung. Das Arbeitsverhältnis endet dann erst mit Ablauf der Frist.
Gründe: Was rechtfertigt eine außerordentliche Kündigung?
Für eine außerordentliche Kündigung bestehen hohe gesetzliche Auflagen und Voraussetzungen. Sie ist nur aus „wichtigem Grund“ möglich. Das Bundesarbeitsgericht unterscheidet diese Gründe nach vier Kategorien:
- Betriebliche Gründe
Sexuelle Belästigung, Tätlichkeit, Rufschädigung, Störung des Betriebsfriedens - Gründe im Leistungsbereich
Arbeitsverweigerung, nachhaltiges Zuspätkommen, anhaltende Arbeitsunfähigkeit - Gründe im Vertrauensbereich
Arbeitszeitbetrug, Diebstahl, Beleidigung, Betrug, Unterschlagung, Bestechlichkeit, Betriebsspionage - Gründe im Unternehmensbereich
Zum Beispiel: Wegen eines verschuldeten Brands wird der Betrieb zerstört
Voraussetzungen und Interessenabwägung der fristlosen Kündigung
Selbst wenn ein wichtiger Grund vorliegt, müssen bei der außerordentlichen Kündigung weitere Voraussetzungen erfüllt sein. Ob diese zulässig ist, wird daher in zwei Stufen geprüft:
- 1. Stufe: Liegt ein wichtiger Grund vor, der für eine außerordentliche Kündigung „an sich geeignet“ ist und diese rechtfertigt?
- 2. Stufe: Hat eine umfassende „Interessenabwägung“ des Einzelfalls stattgefunden?
Bei der Interessenabwägung muss zum Beispiel geprüft werden, ob es auch entlastende Umstände gibt und ob das Mittel der sofortigen Kündigung angemessen ist. Berücksichtig wird dabei zum Beispiel die Dauer der Betriebszugehörigkeit eines Mitarbeiters, der sich sonst nie etwas hat zuschulden kommen lassen, das Ausmaß der Pflichtverletzung oder eine mögliche Wiederholungsgefahr.
Kein milderes Mittel
Die außerordentliche, fristlose Kündigung ist das härteste Mittel des Arbeitgebers (Fachjargon: „ultima ratio“). Sie muss unausweichlich sein. Zur Interessenabwägung gehört daher, ob es nicht auch mildere Mittel gibt: eine Abmahnung oder Versetzung, eine Änderungskündigung oder eine fristgemäße Kündigung.
Vorherige Abmahnung nötig?
In der Regel ist die fristlose Kündigung möglich, ohne zuvor eine Abmahnung auszusprechen. Handelt es sich aber um eine verhaltensbedingte Kündigung (etwa wegen regelmäßigen Zuspätkommens), muss der Arbeitgeber den Mitarbeiter vorher abmahnen. Das verlangt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Bei schweren Pflichtverletzungen und Störungen im Vertrauensbereich (Diebstahl, grobe Beleidigung, etc.) braucht es keine vorherige Abmahnung.
2-Wochen-Frist
Eine außerordentliche Kündigung darf nur innerhalb einer Frist von 2 Wochen ausgesprochen werden (§ 626 Abs. 2 BGB), ansonsten ist sie unwirksam. Bedeutet: Sobald der Arbeitgeber Kenntnis von den „wichtigen Gründen“ hat, die eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen, muss er diese binnen zwei Wochen aussprechen. Er kann allerdings zuvor Ermittlungen und Aufklärungsversuche unternehmen. In dem Fall beginnt die 2-Wochen-Frist erst, sobald die Ermittlungen abgeschlossen sind. Diese sind nach Auffassung von Juristen aber mit „gebotener Eile“ zu betreiben.
Betriebsrat
Gibt es im Unternehmen einen Betriebsrat, muss dieser laut § 102 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) vor jeder Kündigung unterrichtet und angehört werden. Er kann binnen drei Tagen – schriftlich – Bedenken gegen die Kündigung aussprechen. Wird der Betriebsrat nicht umfassend über die geplante Kündigung und die Kündigungsgründe informiert, ist die Entlassung unwirksam.
Wann ist eine außerordentliche Kündigung unwirksam?
Die außerordentliche Kündigung hebelt den Kündigungsschutz nicht vollständig aus. Bestimmte Vorgaben muss auch diese Kündigungsform weiterhin einhalten. Dazu gehören:
- Betriebsratsmitglied
Mitglieder des Betriebsrates können nur mit dessen Zustimmung außerordentlich gekündigt werden (§ 103 BetrVG). - Mutterschutz
Gemäß § 17 Mutterschutzgesetz (MuSchG) darf einer Schwangeren nicht gekündigt werden. - Elternzeit
Arbeitnehmer in Elternzeit genießen besonderen Kündigungsschutz (§ 18 BEEG). Er beginnt mit dem Antrag auf Erziehungsurlaub, spätestens aber acht Wochen vor Beginn der Elternzeit. - Schwerbehinderung
Schwerbehinderte Mitarbeiter dürfen nur mit Zustimmung des Integrationsamts gekündigt werden (§ 174 SGB IX). Zudem muss die Schwerbehindertenvertretung beteiligt werden.
Was tun bei außerordentlicher Kündigung?
Jede Kündigung ist erst einmal ein Schock. Diese müssen Sie aber nicht akzeptieren. Der erste Schritt: Prüfen Sie, ob die Kündigung formal korrekt ist und die genannten Gründe zutreffend sind. Falls nicht, können Sie beim Arbeitsgericht eine Kündigungsschutzklage einreichen. Die Klage muss innerhalb einer Frist von drei Wochen erhoben werden. Am besten über einen Rechtsanwalt oder Fachanwalt für Arbeitsrecht. Wird diese Frist versäumt, gilt die Kündigung als wirksam, sogar wenn sie das zuvor formal nicht war. Über Kündigungsgründe oder eine Abfindung kann dann nicht mehr gestritten werden.
Andernfalls prüft das Gericht die Wirksamkeit der Kündigung. In dem Fall muss der Arbeitgeber seine Vorwürfe belegen. Zudem wird die Verhältnismäßigkeit kontrolliert. Die Chancen für Arbeitnehmer stehen nicht schlecht. Oft wird auch ein Vergleich geschlossen oder die außerordentliche Kündigung in eine fristgemäße Kündigung umgewandelt. Dann bekommen Sie bis zum Ende der Kündigungsfrist immerhin noch Ihr Gehalt – und beim Arbeitsamt keine Sperrfrist für das Arbeitslosengeld.
Außerordentliche Kündigung durch Arbeitnehmer
Das Recht zur fristlosen Kündigung haben nach § 626 BGB auch Arbeitnehmer. Für die außerordentliche Eigenkündigung gilt allerdings auch die 2-Wochen-Frist sowie möglicherweise die Pflicht zur vorherigen Abmahnung. Auch dem Arbeitgeber muss die Chance gegeben werden, den Missstand zu beheben. Zudem sollten Sie stichhaltige Nachweise haben, die belegen, warum eine weitere Zusammenarbeit für Sie unzumutbar ist. Ansonsten droht eine 3-monatige Sperre des Arbeitslosengeldes, weil Sie die Arbeitslosigkeit selbst verursacht haben.
Wann kann ein Arbeitnehmer außerordentlich kündigen?
Um die fristlose Kündigung durch den Arbeitnehmer zu rechtfertigen, muss ein grober Verstoß der Arbeitgeber-Pflichten vorliegen. Zulässige Gründe für außerordentliche Kündigung durch Arbeitnehmer sind:
- Das Gehalt wird wiederholt zu spät oder gar nicht gezahlt (siehe aber Zurückbehaltungsrecht).
- Verletzung der Fürsorgepflicht durch den Arbeitgeber.
- Gewichtige Arbeitsvertragsbrüche – zum Beispiel eine unberechtigte Suspendierung.
- Der Mitarbeiter wird vom Arbeitgeber beleidigt oder körperlich bedroht.
- Der Arbeitnehmer wird diskriminiert oder sexuell belästigt.
- Der Arbeitnehmer wird regelmäßig schikaniert (siehe: Mobbing).
- Der Arbeitgeber missachtet die Arbeitsschutzvorschriften.
- Der Arbeitgeber gefährdet die Gesundheit der Angestellten.
- Der Arbeitgeber verlangt von den Arbeitnehmern strafbare Handlungen (Bilanzfälschung, Bestechung, Betrug).
- Der Arbeitgeber weigert sich wiederholt, den zustehenden Urlaub zu genehmigen.
- Anhaltende Krankheit des Arbeitnehmers (siehe: Berufsunfähigkeit)
Wie kann ich außerordentlich kündigen?
Beim Verfassen einer außerordentlichen Kündigung braucht es nicht viele Worte. Schon mit zwei oder drei Zeilen können Sie Ihren Arbeitsvertrag wirksam kündigen, wenn entsprechende Gründe vorliegen und die Voraussetzungen erfüllt sind. Wie ein solches Kündigungsschreiben aussehen kann, zeigt das folgende Muster.
Kündigung durch den Arbeitnehmer: Muster
Falls es Ihnen schwer fällt, ein Kündigungsschreiben für die fristlose Kündigung zu formulieren, finden Sie hier ein kostenloses Musterschreiben. Die Vorlage können Sie gleich im Browser editieren. Dazu einfach auf den Kasten klicken.
Max Muster
Phantasiestraße 1
12345 Beispielstadt
Fantasie GmbH
Personalabteilung z.H. Herr Beispiel
Hauptstraße 2
45678 Musterhausen
Fristlose Kündigung meines Arbeitsvertrages
Sehr geehrter Herr Beispiel,
hiermit kündige ich Ihnen meinen bestehenden Arbeitsvertrag fristlos aus wichtigem Grund. Das bestehende Arbeitsverhältnis ist für mich aus folgendem Grund ( – Kündigungsgrund einfügen – ) nicht mehr zumutbar.
Ich bitte Sie, mir die Überstunden und den Resturlaub auszuzahlen sowie um eine schriftliche Bestätigung meiner Kündigung. Ferner bitte ich darum, mir ein qualifiziertes Arbeitszeugnis auszustellen. Bitte schicken Sie die Unterlagen an die obige Adresse.
Mit freundlichen Grüßen
(Handschriftliche Unterschrift)
Vorlage der Musterkündigung hier kostenlos herunterladen: als Word-Datei oder PDF.
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