Bedeutung: Warum ist Loslassen wichtig?
Ob Trennung, negative Erfahrung oder ein Abschied von ungesunden Lebensweisen: Loslassen bleibt ein Schritt ins Ungewisse – oder ein Befreiungsschlag. Insbesondere, wenn wir die Notbremse ziehen und uns von etwas trennen, was uns nicht gut tut. Das können toxische Menschen, Jobs oder alte Gewohnheiten und Verhaltensmuster sein.
Für unser Leben hat das große Bedeutung: Erst wer loslässt, beherzt Abschied nimmt, kann sich von der Vergangenheit lösen und etwas Neues beginnen. Loslassen bedeutet Vertrauen lernen – auf eine positive Zukunft. Statt gelähmt zu bleiben und sich runterziehen zu lassen, handeln wir selbstbestimmt und reagieren aktiv auf Ereignisse oder Entwicklungen. Selbst wenn das den aktuellen Interessen widerspricht: Langfristig führt es zu größerer innerer Freiheit.
Wer loslässt, hat zwei Hände frei.
Beispiele: Was kann ich loslassen?
Grundsätzlich können und sollten wir alles loslassen lernen, was uns im Leben bedrückt und belastet: negative Gefühle oder Gedanken, Gewohnheiten oder Menschen. Am Loslassen kommt niemand vorbei – Abschied oder Trennungen gehören zum Leben dazu. Beispiele:
- Eine Beziehung scheitert.
- Ein geliebter Mensch stirbt.
- Kinder werden erwachsen und ziehen aus.
- Der Job wird gekündigt.
- Ziele werden verfehlt.
- Lebensträume platzen.
- Hoffnungen werden nicht erfüllt.
- Eine einmalige Chance wird verpasst.
- Schuldgefühle quälen uns.
- Gegenstände gehen kaputt oder verloren.
- Zeiten und Orte verändern sich.
Loslassen müssen wir nicht nur bei Liebeskummer oder Eifersucht, im Beruf oder bei Besitztümern. Es betrifft ebenso Kränkungen oder Fehlentscheidungen, die wir hinter uns lassen müssen.
Festhalten ist zwar menschlich. Trotzdem müssen wir einen Schlussstrich ziehen, uns verändern, anpassen. In der Gegenwart ist das meist schmerzhaft. In der Rückschau aber bewerten wir die Ereignisse häufig besser. Von Søren Kierkegaard gibt es dazu ein wahres Zitat: „Man muss das Leben vorwärts leben und rückwärts verstehen.“
Was passiert, wenn ich loslasse?
Sich von Belastungen zu lösen, wirkt befreiend. Wir fühlen uns erleichtert. Was uns vorher eingeschränkt und niedergedrückt hat, verliert seine Bedeutung. Auch wenn der Prozess des Loslassens mit Kränkungen, Trauer oder Verzweiflung beginnt, endet er immer in Selbstbestimmung. Wir entwickeln uns dabei weiter und über bisherige Grenzen hinaus.
Die mutige Befreiung schenkt uns mehr Selbstvertrauen und Selbstsicherheit und trägt damit zur Persönlichkeitsentwicklung bei. Wer loslässt, lernt sein Leben in die Hand zu nehmen und aufzuräumen. Das sorgt für mehr Klarheit und Zufriedenheit.
5 hilfreiche Sprüche zum Loslassen
Ich schließe Frieden mit der Vergangenheit.
Ich vergebe __ und wir gehen getrennte Wege.
Ich nehme Abschied und freue mich über die Erinnerungen.
Ich lasse das Heute los und vertraue auf das Morgen.
Ich bin bereit loszulassen und schenke mir Freiheit.
Psychologie: Warum kann ich nicht loslassen?
Loslassen ist endgültig. Dabei müssen wir einen Verlust akzeptieren, und es entsteht eine Lücke oder Leere. Bis Ersatz gefunden ist, bleibt der Prozess also schmerzhaft, unsicher und kräftezehrend. Erst mit dem Beginn des Neuen stellt sich Erleichterung und neue Energie ein. Viele Menschen haben aber mehr Angst vor dem Verlust – und sehen auch nur den. Deshalb fällt ihnen das Loslassen schwer: Am Ende geraten in einen Strudel aus rückwärts gerichteten Fragen (siehe: WOZU statt WARUM).
Weitere Ursachen, warum Menschen das Loslassen schwerfällt können eine schwere Kindheit, negative Bindungs- oder Gewalterfahrungen sowie Minderwertigkeitsgefühle sein. Auch diese Gründe erschweren das Loslassen:
-
Nostalgie
Das schwelgen in Nostalgie und positiven Erinnerungen, kann blind machen für die Realität und wichtige Veränderungen im Leben.
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Investitionen
Loslassen fällt dann schwer, wenn wir zuvor viel investiert haben: Liebe, Zeit, Geld, Mühe… In der Ökonomie ist von „sunk costs“ (versunkenen Kosten) die Rede. Sich den Verlust einzugestehen und aufzugeben, rüttelt am Selbstbild.
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Selbstwertgefühl
Menschen mit geringem Selbstwertgefühl fallen Trennungen schwer, weil sie aus Status oder Besitz ihren Wert ableiten. Fällt das weg, erleben sie eine Sinnkrise.
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Angst
Was passiert, wenn man loslässt, weiß niemand. Das kann die Angst vor etwas Neuem sein, ebenso die Angst, jemanden zu vergessen, etwa nach dessen Tod.
Was passiert, wenn ich nicht loslasse?
Mit dem Festhalten schaden wir uns in erster Linie selbst. Das Gefühl, man müsse sich mit aller Kraft an etwas klammern, erzeugt enormen Druck. Der kann sich mit der Zeit auf verschiedene Arten manifestieren: Durch…
- Schlafstörungen
- Kopfschmerzen
- Erschöpfung
- Overthinking
- Angst- und Panikattacken
- Wutausbrüche
- Rachegelüste
- Magen-Darm-Erkrankungen
- Herz-Kreislauf-Störungen
- Suchtverhalten
- Depressionen
Am Zorn festhalten, ist wie Gift trinken und hoffen, dass der andere stirbt.
Loslassen lernen: 14 Übungen und Tipps
Loslassen ist reine Kopfsache, eine Entscheidung. Sie akzeptieren die Vergangenheit als Teil der eigenen Geschichte und schlagen gleichzeitig ein neues Kapitel auf. Loszulassen bedeutet weder, dass ich kapituliere oder versage. Vielmehr übernehmen wir wieder das Ruder und treffen eine bewusste Entscheidung für die Zukunft.
Mit diesen Loslassen Übungen und Tipps können Sie Schritt für Schritt lernen, loszulassen:
1. Veränderungen annehmen
Akzeptieren Sie das Vergangene und dass das Leben trotzdem weitergeht – auch wenn ein Job, eine Partnerschaft oder Beziehung endet. Statt emotionalen Ballast mitzuschleppen, beginnen Sie beherzt Neues. Dem Schicksal mit Akzeptanz zu begegnen ist keine Gleichgültigkeit, sondern eine Einwilligung, dass die Dinge nicht immer so laufen, wie wir es uns wünschen. Sie sind traurig, ja. Aber Sie haben auch die Chance, daran zu wachsen. Das ist Resilienz: Die innere Stärke sich von Schicksalsschlägen nicht aus der Bahn werfen zu lassen.
2. Trauer erlauben
Jeder Verlust ist hart. Manche sogar nur schwer zu ertragen. Zum Beispiel der Tod eines Kindes, eine gescheiterte Ehe oder der plötzliche Jobverlust. Erlauben Sie sich in solchen Fällen zu trauern und lassen Sie sich dafür die Zeit, die Sie brauchen. Trauer ist ein wichtiger Teil des Lösungsprozesses. Umso leichter fallen Ihnen die Schritte des Loslassens danach.
3. Ausreden erkennen
Manchmal ist das Nicht-Loslassen keine Frage des Könnens, sondern des Wollens. Erkennen lässt sich das an Ausreden, wie: „Ich muss nur durchhalten!“ Oder: „Jetzt habe ich schon so viel … investiert!“ Oder: „Ich kann das nicht auch noch aufgeben!“ All das sind Scheinargumente und Ausreden, um sich der eigentlichen Herausforderung und dem Neuanfang nicht zu stellen. Tun Sie es trotzdem! Sie wissen ja: Tote Pferde kann man nicht reiten.
4. Grübeln stoppen
„Was wäre gewesen, wenn…“ – Die Frage kennt jeder. Wer sie stellt, kann aber genauso gut durch nassen Beton stapfen. Grübeln lähmt, zermürbt. „Wenn“ ist abgeschlossene Vergangenheit – müßig darüber zu sinnieren. Wer loslassen lernen will, sollte sie umdrehen: „Was könnte sein, wenn…“ – So richten Sie den Blick nach vorn. Dorthin, wo Sie wieder Einfluss haben.
5. Gedanken aufschreiben
Seine Gedanken aufzuschreiben, erleichtert nachweislich. Indem wir uns die Gefühle buchstäblich von der Seele schreiben – zum Beispiel in einem Tagebuch oder Brief an uns selbst –, ordnen wir unser Denken und gewinnen Klarheit über unsere Emotionen, Erwartungen oder Beweggründe. Wer will, kann die Briefe später mit einem Stein beschweren und in einem tiefen See versenken oder verbrennen. Dieser Akt sorgt sogar für einen sichtbaren Abschluss.
6. Abschiedsrituale nutzen
Verwenden Sie Rituale wie einen Abschiedsbrief, den Sie nicht mal versenden müssen. Ein anderes Ritual bei Beziehungen ist das Einsammeln persönlicher Gegenstände, die anschließend vergraben oder verbrannt werden. Psychische Wunden begleiten uns so lange, wie wir sie aufreißen oder uns in Selbstmitleid suhlen. Loslassen lernen bedeutet, davon radikal Abschied zu nehmen, um Seelenfrieden zu finden.
7. Vergeben lernen
Und zwar sich selbst und anderen. Mancher Verlust geht auf eigenes Versagen zurück: Sie haben einen schweren Fehler gemacht und kassieren die Quittung. In dem Fall hilft nur, die Schuld anzuerkennen und sich selbst zu verzeihen. Gleiches gilt, wenn andere einen schweren Fehler begehen: Auch wenn Sie sich deswegen trennen – vergeben Sie trotzdem. Sonst schleppen Sie den Menschen und Ärger weiter mit sich herum.
8. Positives fokussieren
Lenken Sie Ihre Gedanken optimistisch in die Zukunft. Nicht das, was sie verlieren, zählt, sondern das, was Sie dadurch gewinnen! Allein darauf sollten Sie sich konzentrieren. Es gibt mehr Gründe loszulassen, als festzuhalten. Nicht zuletzt stellen sich manche Niederlagen im Nachhinein als nützlich heraus. Statt sich also gegen das Unvermeidbare zu wehren, lassen Sie los, gehen auf Abstand – und sammeln wieder Kraft.
9. Umgebung wechseln
Vielen tut ein bewusster Tapetenwechsel gut, um mit Altem abzuschließen. Verschönern Sie sich den Abschied und nehmen Sie sich die Zeit, um über neue Schritte nachzudenken. Alternativ zu einem Kurzurlaub können Sie in der Wohnung Möbel umstellen oder umdekorieren. Viele machen das nach Weihnachten und Silvester, um mit dem alten Jahr abzuschließen. Das Prinzip „Ausmisten und Platz schaffen“ funktioniert grundsätzlich.
10. Zeit nehmen
Loslassen lernen, ist keine Hauruck-Aktion, sondern ein Prozess, der Höhen und Tiefen hat. Wie bei jeder Veränderung. Lassen Sie sich also zwischendurch nicht entmutigen – erst recht, wenn die Entscheidung unfreiwillig war. Geben Sie sich die nötige Zeit und üben Sie sich in Geduld. Selbstvorwürfe und Druck bringen niemanden weiter. Kleine Schritte sind besser als keine Schritte.
11. Perspektive wechseln
Das Leben lässt sich nicht kontrollieren. Verschwenden Sie also keine Sorgen oder Energie auf Dinge, die sowieso nicht zu ändern sind. Ändern Sie lieber Ihren Blickwinkel und nehmen Sie Abstand: Wie wichtig ist Ihnen das in einem Jahr? Oder in 10 Jahren? Wenn sich eine Tür schließt, öffnen sich meist andere. Indem Sie die Umstände neu bewerten (Fachbegriff: „Reframing„), nehmen Sie neuen Anlauf, der Sie weiterbringt.
12. Freunde einbeziehen
Mit Trennungsschmerzen ist es wie mit anderen schweren Gefühlen: Sie werden leichter, wenn man sie teilt. Suchen Sie das Gespräch mit Freunden oder Gleichgesinnten und schildern Sie Ihre Ängste oder Sorgen. Das nimmt Ihnen den Druck und gibt Freunden die Chance, Ihnen beim Loslassen zu helfen.
13. Autonomie behalten
Sie allein entscheiden, was, wen oder wann Sie loslassen. Lassen Sie sich dabei weder von Eltern, Partner, Freunden oder Kollegen zu irgendetwas drängen. Loslassen lernen, bedeutet, Verantwortung zu übernehmen und EIGENE Entscheidungen zu treffen. Das muss keine Resignation sein, sondern ein bewusster und kluger Entschluss.
14. Hilfe suchen
Manchmal kommt man alleine nicht weiter und benötigt fremde Hilfe. Manche Betroffene sehen dies fälschlicherweise als ein Eingeständnis oder Beweis ihrer Schwäche. Falsch! Es ist ein Zeichen von Stärke, Hilfe annehmen zu können. So können zum Beispiel Foren im Internet oder eine Gesprächstherapie helfen, Geschehenes aufzuarbeiten und endlich loszulassen, was Sie schon so lange belastet.
Was sind die 4 wichtigsten Bereiche des Loslassens?
Menschen kleben aus unterschiedlichen Gründen an belastenden Personen oder Erfahrungen. Tatsächlich bezieht sich Loslassen fast immer auf diese vier Bereiche:
Loslassen in der Beziehung
Toxische Beziehungen – Freunde oder Partnerschaften – rauben Energie und Lebensfreude. Dabei spielt es keine Rolle, ob es verzehrende Liebe, tiefe Trauer oder glühender Hass ist, der das Ende einer Beziehung begleitet. All diese Gefühle verhindern das Loslassen und Betroffene geraten über den Trennungsschmerz in eine Opferrolle.
Loslassen von Erfahrungen
Traumatische Erfahrungen und Enttäuschungen wie ein Treuebruch oder Verrat können uns über viele Jahre begleiten und prägen. Folge: Wir werden misstrauisch. Stimmt jemand die Saite bei uns an, startet sofort das Gedankenkarussell und wir verfallen in typische Verhaltensmuster.
Loslassen von Dingen
Besitz bindet und Immobilien machen immobil. Dasselbe gilt für liebgewonnene Kleidungsstücke, Schmuck, Autos, Briefe einer verflossenen Liebe… All diese Gegenstände haben für uns einen immateriellen Wert. Davon trennen? Niemals! Im Extrem werden wir so zu Messies, die mit ihrer Sammelwut Verlustängste oder eine Mängel behaftete Kindheit kompensieren.
Loslassen von Zielen
Wer sich Ziele setzt, sollte diese konsequent verfolgen. Mit aller Willenskraft und Volition. Aber auch das Gegenteil stimmt: Manchmal müssen wir einsehen, dass das Ziel unrealistisch und unerreichbar ist. Einen Lebenstraum loszulassen, erfordert mentale Stärke, menschliche Größe und ehrliche Selbstreflexion.
Haben Sie sich in den vier Bereichen wiedererkannt? Dann lesen Sie die 14 Loslassen Übungen und Tipps nochmal. Loslassen lernen ist eine Kunst, „die vieles leichter macht“, schreibt Irmtraud Tarr.
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