Vergessenskurve: Kaum gelernt, schon vergessen

Heute werden Sie etwas lernen, was Sie nach 4 Tagen schon wieder vergessen haben: die Ebbinghaus’sche Vergessenskurve. Kennen Sie nicht? Bestimmt nur vergessen! Denn genau das fand der deutsche Psychologe Hermann Ebbinghaus heraus: Nach nur 20 Minuten hat der Mensch Gelerntes bereits zu 40 Prozent wieder verlernt. Warum ist das so – und wie können Sie der Vergessenskurve entgegenwirken?

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Definition: Was ist die Ebbinghaus’sche Vergessenskurve?

Die Vergessenskurve (auch: Ebbinghaussche Kurve) veranschaulicht den Grad der Vergesslichkeit innerhalb einer bestimmten Zeit. Der Zusammenhang wurde bereits 1885 von dem deutschen Psychologen und Gründer der experimentellen Gedächtnisforschung, Hermann Ebbinghaus, entdeckt.

Die Ebbinghaussche Vergessenskurve sagt:

  • Nach 20 Minuten können wir nur noch 60 Prozent eines aufgenommenen Textes abrufen.
  • Nach 60 Minuten haben wir bereits 55 Prozent vergessen.
  • Nach 24 Stunden erinnern wir nur noch 34 Prozent – 66 Prozent vergessen.
  • Nach 6 Tagen kommt die Vergessenskurve auf 23 Prozent.
  • Langfristig bleiben sogar nur 15 Prozent eines gelernten Textes gespeichert.

Vergessenskurve Ebbinghaus Wissen Merken

Leider weiß man nie vorher, welche Wissensteile sich aus unseren grauen Zellen mit der Zeit verabschieden, sodass wir, um der drohenden Wissensverdunstung zu entgegen, nur zwei Alternativen haben: sich damit abfinden – oder geeignete Gegenstrategien entwickeln…

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Vergessenskurve: Warum vergessen wir so viel?

Laut Gedächtsnisforschung hängt die Vergessenskurve stark von dem erlernten Wissen ab. Je unnützer das Wissen und je geringer die Bedeutung für uns, desto leichter vergessen wir den Stoff. Das gilt für belanglose Fakten in der Schule genauso wie komplizierte Formeln oder Fakten im Studium. Wer zum Beispiel hingegen Vokabeln für eine Fremdsprache lernt, die er oder sie später öfter spricht, vergisst diese deutlich weniger.

Kritiker warfen Ebbinghaus später immer wieder vor, die Basis seiner Vergessenskurve seien nur zufällig zusammengesetzte Silben gewesen. Daher sei das Ergebnis nicht ohne Weiteres verallgemeinerbar. Einige Forscher, darunter auch der Göttinger Psychologie Georg Elias, konnten die Ergebnisse von Hermann Ebbinghaus aber in ihren Studien bestätigen.

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Mnemotechniken gegen die Vergessenskurve

Wer sich Zahlen, Daten, Fakten besser merken will, kommt an gezieltem Gedächtnistraining nicht vorbei. Sogenannte Mnemotechniken sind wissenschaftlich erprobte Methoden die unsere Merkfähigkeit steigern.

Dazu muss man allerdings zuerst verstehen, wie das Memorieren funktioniert: Jedes Mal, wenn wir Neues lernen, entstehen neue Nervenverbindungen (sog. Synapsen). Das Gehirn vernetzt sich also immer intensiver. Entscheidend für die Merkfähigkeit ist dann, wie viele verschiedene Verbindungen es zu einer Information gibt. Je mehr Alternativrouten das Gehirn nehmen kann, um ein gesuchtes Wort zu finden, desto schneller können wir es aus der hintersten Ecke der grauen Zellen ins Bewusstsein laden.

Wie Gedächtnistraining funktioniert

Diese Art Behaltenskurve lässt sich wiederum gezielt für das Gedächtnistraining beziehungsweise moderne Lerntechniken nutzen. So hilft es beim Auswendiglernen, möglichst viele und starke Synapsenverbindungen zu erzeugen und zusätzlich zum Lernstoff Farben, Formen, Bilder, Gerüche, Geräusche, Gefühle und Geschichten zu speichern.

Bei allem Lernen und Einprägen sollten Sie zudem die Lernzeit aufteilen. Über 4 Wochen hinweg pro Tag 10 Minuten zu pauken (rund 300 Minuten) bringt deutlich mehr als an einem Tag 5 Stunden (auch rund 300 Minuten) am Stück zu büffeln.

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Tipps: Der Vergessenskurve entgegenwirken

Im Alltag ist es zwar normal, dass wir Unwichtiges schnell wieder vergessen. Nicht zuletzt ist das Vergessen ein Schutz des Gehirns vor Überbelastung. Deshalb entscheidet es oft unbewusst und binnen Sekunden: „Das ist wichtig – und das kann weg!“ Zugleich können wir aber selbst etwas tun, um der Vergessenskurve entgegenzuwirken:

1. Aufschreiben

Wenn wir Lernstoff handschriftlich aufschreiben, transformieren das Wissen in eigene Worte, die uns mehr bedeuten als fremde Formulierungen. Zugleich werden aus den Buchstaben Bilder, die wir uns ebenfalls besser merken. Wer will kann dabei auch eine sogenannt Mindmap erstellen – oder ein sinnliches Erlebnis erzeugen, indem er oder sie den Duft des Papiers oder der Lösungsmittel im Stift bewusst wahrnimmt und abspeichert.

2. Wiederholen

Tag für Tag gibt es unzählige Aufgaben, die unsere volle Aufmerksamkeit erfordern. Aber sie lenken auch ab und unsere Aufmerksamkeit auf immer neue Reize. Damit das Gelernte nicht verblasst, sollten Sie es sich von Zeit zu Zeit wieder vor Augen führen – zum Beispiel mit einem Merkzettel oder mithilfe von Lern- und Karteikarten, die Sie sich immer wieder durchlesen oder die wichtigsten Punkte darauf aus dem Kopf aufsagen (siehe auch: Gehirnjogging).

3. Entspannen

Ständige Anspannung blockiert das Lernen. „Druckbetankung“ mag effizient sein, hält aber nicht lange. Besser lernt, wer sich regelmäßig dabei entspannt und Pausen macht. Zusätzlich hilft Autogenes Training oder Progressive Muskelrelaxation nach Edmund Jacobson. Dabei werden einzelne Muskelgruppen der Reihe nach gezielt an- und entspannt. Damit lässt sich der Körper binnen weniger Minuten vollständig entspannen. Es braucht dazu allerdings etwas Übung.

4. Verknüpfen

Der Vergessenskurve entgegenwirken können Sie ebenfalls, indem Sie neue Informationen mit bekanntem Wissen verschmelzen. Das kann eine Geschichte, ein Ort oder ein Erlebnis sein, das Sie damit bewusst verbinden. Das Prinzip funktioniert wie bei einer Eselsbrücke: Die Nummer 3210072412 könnten Sie sich zum Beispiel so merken: „3-2-1 Meins“ ist der Ebay-Slogan, 007 der Code von James Bond, 2412 das Weihnachtsdatum. Statt 3210072412 merken Sie sich nur: „Ebay, Bond, X-Mas“. Oder eine abstruse Geschichte dazu: „Bei Ebay kauft James Bond die Geschenke für Weihnachten.“ Je absurder die Geschichte, desto besser der Memory-Effekt.

Cartoon Vergesslich Witz Vergessenskurve

5. Einteilen

Gerade komplexe Zusammenhänge wollen manchmal einfach nicht in den Kopf. In dem Fall hilft aufteilen: Separieren Sie die komplexen Informationen in verdauliche Happen und prägen Sie sich diese kleinen Einheiten ein. Idealerweise verknüpfen Sie diese logisch miteinander.

6. Vorlesen

Für kürzere Texte, wie etwa Gedichte oder eine 10-minütige Präsentation sollten Sie sich Ihr Manuskript laut und Satz für Satz vorlesen. Erst den ersten Satz, dann schließen Sie die Augen und sprechen ihn auswendig nach. Dann lesen Sie den zweiten Satz, schließen wieder die Augen und rezitieren diesmal aber den ersten UND zweiten Satz. Dann den dritten Satz und so weiter. Das ist etwas müßig, funktioniert aber garantiert.

7. Schlafen

Für das dauerhafte Memorieren ist gesunder Schlaf (rund 7 Stunden) unerlässlich. Der Kopf lernt bereits kurz nach dem Einschlafen: Nach 15 Minuten fallen wir in den Deltaschlaf. Dabei schiebt das Gehirn die tagsüber gemachten Erfahrungen und gelernten Informationen aus dem Zwischenspeicher (Hippocampus) in den Langzeitspeicher (Neokortex) und bildet gleichzeitig das deklarative Gedächtnis: Dort merken wir uns Fakten, Vokabeln, Geschichten.

Deshalb sollte zum Beispiel, wer am nächsten Tag einen Vortrag halten will, sich das Redemanuskript vor dem Schlafengehen noch einmal durchlesen. Innerhalb von jeweils 90 Minuten wechselt sich der Deltaschlaf mit dem REM-Schlaf (= Rapid Eye Movement) ab. In dieser Traumphase speichern wir wiederum prozedurale Fertigkeiten, also etwa Fußball spielen, Radfahren, Malen.


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