Kritikgespräch: Warum Kritik wichtig ist
Das Kritikgespräch ist ein Instrument, das Mitarbeiter zu einer Verhaltensänderung motivieren soll. Es ist eine zentrale Aufgabe von Vorgesetzten, Verantwortung zu übernehmen. Auch für die Entwicklung der Mitarbeiter und das gesamte Team. Fehler passieren zwar in jedem Unternehmen, nur wiederholen sollten sie sich nicht. Wenn etwas schief läuft, ist das Kritikgespräch mit dem Mitarbeiter daher unvermeidlich.
Ziel dabei ist allerdings nicht, Fehlverhalten oder mangelhafte Leistungen lediglich anzuprangern. Vielmehr geht es darum, ebenso sachlich wie konstruktiv die Zusammenarbeit oder Prozesse zu verbessern. Maßgabe ist ein Austausch auf Augenhöhe. Ein professionelles Kritikgespräch hat daher den Charakter einer wertschätzenden Hilfestellung und Unterstützung. Es dient in erster Linie der Förderung des Mitarbeiters und erst in zweiter dessen Korrektur. Die Mitarbeiter sollen im Rahmen des Kritikgesprächs die Chance erhalten, ihr Verhalten zu ändern und aus vorherigen Fehlern zu lernen und sich weiterzuentwickeln.
Wann sollten Sie ein Kritikgespräch führen?
Generell besitzen Vorgesetzte ein sogenanntes Weisungsrecht (auch „Direktionsrecht“). Bedeutet: Sie können dem Mitarbeiter – im Rahmen des Arbeitsvertrages – sagen, wie der seine Arbeit zu erledigen hat. Das gilt umso mehr, wenn die Arbeit mangelhaft ist. Ein Kritikgespräch ist bei folgenden Anlässen sinnvoll:
- Erhebliche Leistungsmängel
- Eindeutiges Fehlverhalten
- Wiederholte Ablauffehler
Zur besseren Vorbereitung auf das Kritikgespräch können Sie sich hier auch einen Leitfaden kostenlos als PDF herunterladen. Die Checkliste enthält wichtige Orientierungsfragen für das Gespräch.
Woran scheitern Kritikgespräche?
Das Kernproblem am Kritikgespräch: Es wird selten so konstruktiv geführt wie oben beschrieben. Stattdessen gleichen die Mitarbeitergespräche einem sogenannten Come-to-Jesus-Meeting – einem lautstarken Anschiss oder einer Moralpredigt, der sich wie „niedermachen“ anfühlt (und es oft auch ist).
Derart destruktive Kritik wirkt mehrfach negativ. Schlimm genug, dass der Fehler des Mitarbeiters vielleicht schon Kosten verursacht. Wird das Kritikgespräch vom Chef schlecht geführt, sorgt das für zusätzliche Schäden (nicht nur am Betriebsklima). Nicht selten entstehen Kosten durch Demotivation, kündigende Mitarbeiter oder abwandernden Kunden.
Kritikgespräch führen: Gesprächsverlauf in 7 Phasen
Es gibt Aufgaben, die kann man nicht delegieren. Das Kritikgespräch gehört definitiv dazu. Dieses MÜSSEN Führungskräfte immer persönlich führen. Aus Respekt gegenüber dem Mitarbeiter. Aber auch, um eigenen Respekt (wegen Feigheit) nicht zu verlieren. Klassisch erfolgt das Kritikgespräch in sieben Phasen:
1. Atmosphäre schaffen
Ein Kritikgespräch sollte ohne Zeitdruck und nie zwischen Tür und Angel erfolgen. Solche 4-Augen-Gespräche brauchen einen festen Termin, ausreichend Zeit sowie eine angenehme Atmosphäre. Idealerweise begegnen Sie sich in einem geschützten Raum, versetzt am Tisch (nicht gegenüber – das schafft Barrieren) und beginnen mit etwas Smalltalk auf der Beziehungsebene. Ein guter Einstieg ist zum Beispiel: „Frau Müller, ich danke Ihnen, dass Sie meiner Einladung gefolgt sind. Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten? Der Grund für unser Gespräch ist Ihr Verhalten im letzten Meeting, über das ich mit Ihnen sprechen möchte…“
Tipp: Führen Sie das Kritikgespräch auf neutralem Boden. Sie haben einen „Heimvorteil“, wenn Sie den Mitarbeiter zu sich ins Büro zitieren. Besser ist, sich in einem kleinen Konferenzraum zum Kritikgespräch zu bitten.
2. Kritik formulieren
Nach Begrüßung und Smalltalk sollte relativ schnell die eigentliche Kritikbotschaft folgen. Ruhig und sachlich im Ton, respektvoll und unmissverständlich in der Formulierung. Tabu ist Pauschalkritik ebenso wie Geschichten von vor drei Jahren aufzuwärmen. So etwas ist unfair und provoziert Widerstand. Auch in Watte gepackte, weichgespülte Botschaften wirken kontraproduktiv. Grundsätzlich gilt: Vermeiden Sie generalisierende Vorwürfe („immer“, „ständig“, „nie“). Auch die typische Sandwich-Kritik sollten Sie meiden. Formulieren Sie klare und präzise Ich-Botschaften: „Mir ist aufgefallen, dass…“; „Ich habe mich darüber geärgert, wie Sie…“; „Ich bin mit dem Verhalten nicht einverstanden, dass…“
3. Stellungnahme erbitten
Nachdem Sie Ihren Eindruck geschildert haben, sollte Sie dem Mitarbeiter die Chance geben, seine Version zu schildern. Lassen Sie ihm im Kritikgespräch ausreichend Bedenkzeit zum Verdauen der Kritik. Indem Sie ihn dazu ermuntern, seine Sichtweise zu schildern („Können Sie das nachvollziehen?“; „Was waren Ihre Beweggründe?“), drücken Sie – bei aller Kritik – zugleich Wertschätzung aus. Zudem lassen sich so Missverständnisse aufklären. Auch wenn meistens Rechtfertigungen und Ausreden folgen: Hören Sie erst einmal (aktiv) zu – ohne zu unterbrechen.
4. Sachlage bewerten
Die Ursachenforschung sollte das Kritikgespräch nicht dominieren. Wichtiger ist, lösungsorientiert vorzugehen. Nachdem beide Sichtweisen bekannt sind, sollten Sie etwaige Argumente prüfen und bewerten. Etwaige Widersprüche müssen stets nachvollziehbar bleiben, um eine Akzeptanz beim Mitarbeiter zu erzielen. Wichtig ist, dass klar wird, warum Sie das Ergebnis oder Verhalten negativ bewerten, welche Konsequenzen dies hat und warum eine Änderung erforderlich ist. Konstruktive Kritik zeigt zudem Lösungen auf. Ziel des Kritikgesprächs ist schließlich, gemeinsam (!) eine Einsicht und konkrete Lösung zu finden.
Tipp: Versuchen Sie keine „fertigen Rezepte“ zu unterbreiten. Die Akzeptanz steigt, wenn Sie beide gemeinsam eine Lösung entwickeln. Die erarbeiteten Ziele sollten überdies erreichbar und realistisch sein. Wenn kleinere Schritte eingeplant werden, kann das zu Erfolgserlebnissen führen. Das motiviert zusätzlich.
5. Schritte vereinbaren
Am Ende des Kritikgesprächs steht immer eine Vereinbarung über das künftige Verhalten des Mitarbeiters. Jeder kann mal Fehler machen. Nur nicht immer dieselben. Deshalb sollten Sie im Kritikgespräch ebenso vereinbaren, wann und wie der Erfolg und Fortschritt gemessen oder kontrolliert wird. Oder welche Konsequenz andernfalls drohen. Das unterstreicht nicht nur den Ernst der Lage, sondern gibt Ihnen später auch – im positiven Fall – die Chance zu Lob und Anerkennung.
6. Kritikgespräch beenden
Ein erfolgreiches Kritikgespräch sollte nicht nur mit einem Appell auf der Sachebene enden. Machen Sie deutlich, dass auf der Beziehungsebene weiterhin alles in Ordnung und Ihr Verhältnis – bis auf die Kritikpunkte – ungetrübt ist. So nehmen Sie Mitarbeitern die Angst und helfen Ihrem Gegenüber zugleich, das Gesicht zu wahren. Entscheidend für das weitere Gelingen ist, dass alle entspannt aus dem Gespräch gehen und die Lösung von beiden zufrieden akzeptiert wird.
7. Kritikgespräch nachbereiten
Führungskräfte sollten jedes Feedbackgespräch nachbereiten. Dazu gehört zum Beispiel, wie es gelaufen ist: Haben Sie sich an Ihren Fahrplan gehalten? Konnten die Kritikpunkte geklärt werden? Wie verhält sich der Mitarbeiter künftig? Machen Sie sich zusätzlich Notizen über den möglichen Fortschritt. Denn: Nach dem Gespräch ist vor dem nächsten Gespräch.
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Darum lohnt sich ein Kritikgespräch
Wenn Sie die Kernpunkte der obigen Tipps und Empfehlungen beherzigen, gelingt Ihnen ein Kritikgespräch, bei sich dem Mitarbeiter wertgeschätzt fühlen und motiviert bleiben. Das wird dazu führen, dass…
- Mitarbeiter die Kritik nachvollziehen können und sich einsichtig zeigen.
- Mitarbeiter sich zukünftig an die gemeinsam erarbeiteten Vorgaben halten.
- Sie die Selbständigkeit und Lösungsorientierung Ihrer Mitarbeiters fördern.
Ein professionelles und konstruktives Kritikgespräch lohnt sich immer. Für beide Seiten. Denn es führt nachhaltig zu besseren Ergebnissen und einer respektvollen Zusammenarbeit.
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