Bis 70 arbeiten? Machen schon viele!
Die Lebenserwartung steigt. Die Menschen in Deutschland werden immer älter – und bleiben auch länger gesund sowie körperlich fit. Bis 70 arbeiten? Das war vor einiger Zeit kaum vorstellbar. Inzwischen arbeiten aber immer mehr ältere Menschen länger – selbst über den Renteneintritt und Ruhestand hinaus (siehe sog. Silver Worker).
Laut Statistischem Bundesamt steigen die Quoten für ältere Arbeitnehmer enorm an:
Ältere Berufstätige |
Zuwachs |
60- bis 64-Jährige: 63 % | +16 % in 10 Jahren |
65- bis 69-Jährige: 19 % | +8 % in 10 Jahren |
Männer sind dabei in jeder Altersgruppe stärker vertreten als Frauen.
Gründe für den Anstieg älterer Arbeitnehmer
Die Gründe für die steigende Zahl älterer Arbeitnehmer sind vielfältig. Ein Faktor ist das angehobene Renteneintrittsalter von 65 auf 67 Jahren. Hinzu kommt der demografische Wandel: Es gibt zu wenig junge Arbeitskräfte, der wachsende Fachkräftemangel belastet manche Branchen in Deutschland stark.
Die steigenden Fälle von Altersarmut tragen ebenfalls zur Arbeit im Alter bei. Rund 2,1 Millionen Rentnerinnen und Rentner sind aktuell armutsgefährdet. Reicht die Rente nicht, müssen die Menschen länger arbeiten und etwas hinzuverdienen.
Wie lange müssen Arbeitnehmer in Deutschland arbeiten?
Das Renteneintrittsalter für die Geburtenjahrgänge ab 1964 liegt aktuell bei 67 Jahren. Bis dahin zahlen die meisten Arbeitnehmer in Deutschland in die gesetzliche Rentenversicherung ein und beziehen anschließend ihre verdiente Altersrente. Die durchschnittliche Rente liegt bei rund 1.100 Euro im Monat, wobei Männer im Durchschnitt 1.348 Euro und Frauen 908 Euro beziehen. Eine Frührente bzw. Rente mit 63 ist ebenfalls möglich.
Rente ab 70: Wird sie in Deutschland kommen?
Finanziert wird die Rente in Deutschland über ein sogenanntes Umlageverfahren. Bedeutet: Die Beiträge der aktuellen Beitragszahler werden an die derzeitigen Rentner ausgezahlt (sog. Generationenvertrag). Gleichzeitig erwerben Versicherte durch ihre heutigen Beitragszahlungen Rentenansprüche für die eigene Zukunft.
Der demografische Wandel wirkt jedoch so stark auf die Rente, dass die aktuellen Rentenbeiträge die Auszahlungen schon lange nicht mehr decken. Immer mehr und längere Rentenbezüge müssen von immer weniger Beitragszahlern finanziert werden. Schon jetzt stützt der Staat das System mit Milliarden aus Steuergeldern.
Die Rechnung geht nicht mehr auf: Wenn die Lebenserwartung auf durchschnittlich 90 Jahre steigt, müsste diese Generation schon rechnerisch bis 75 arbeiten, um die Finanzierungslücke zu schließen. Das will natürlich niemand. Dass Arbeitnehmer in Zukunft bis 70 arbeiten müssen, wird daher immer wahrscheinlicher.
Bis 70 muss aktuell niemand in Deutschland arbeiten – Rentner dürfen es aber, etwa um die Rente durch einen Hinzuverdienst aufbessern oder weil es Spaß macht.
Argumente für und gegen das Arbeiten bis 70
- Befürworter argumentieren, dass eine längere Lebensarbeitszeit notwendig ist, um das Rentensystem zu finanzieren, weil die Lebenserwartung steigt und immer weniger Beitragszahler auf mehr Rentner kommen.
- Kritiker verweisen darauf, dass viele Menschen – insbesondere in körperlich oder psychisch belastenden Berufen – gar nicht bis 70 arbeiten können. Die Arbeitswelt sei zudem nicht auf so viele ältere Beschäftigte vorbereitet und bietet wenig Anreize, um bis 70 arbeiten zu gehen.
Rente mit 70 – gab es schon!
Die Rente mit 70 gab es in Deutschland schon einmal bei Einführung der gesetzlichen Rentenversicherung durch Bismarck im Jahr 1889. Historisch war dies ein sozialpolitischer Fortschritt, heute wird die Idee eher kritisch gesehen. Noch.
Ich will bis 70 arbeiten: Was sind meine Möglichkeiten?
Sie wollen und können körperlich bis 70 arbeiten? Grundsätzlich ist das möglich, rund 13 Prozent der Rentner sind erwerbstätig. Im Januar 2023 wurde die Hinzuverdienstgrenze abgeschafft, sodass Rentner heute unbegrenzt zur Rente dazu verdienen können, ohne dass diese gekürzt wird. Ausnahme: Erwerbsminderungsrente. Bei teilweiser Erwerbsminderung liegt die jährliche Hinzuverdienstgrenze bei 39.322,50 Euro; bei voller Erwerbsminderung sind es 19.661,25 Euro.
Beachten müssen Sie jedoch, dass der Hinzuverdienst zur Altersrente teils steuerpflichtig ist und damit Auswirkungen auf andere Sozialleistungen oder die Steuerlast hat. Deshalb sollten Rentner, die im Alter arbeiten, unbedingt Rücklagen (empfohlen: 10-20 Prozent) für mögliche Steuernachzahlungen bilden!
Der steuerlicher Grundfreibetrag für Rentnerinnen und Rentner liegt bei 12.096 Euro für Alleinstehende und 24.192 Euro für Ehepaare (gemeinsame Veranlagung). Nur bis zu diesem Betrag bleibt das gesamte Einkommen – Rente plus Hinzuverdienst (z.B. aus Arbeit, Vermietung, Kapitalerträgen) – steuerfrei. Danach fällt Einkommensteuer an.
Jobs für Rentner: 5 Optionen
Bei den Jobs für Rentner stellt sich die Frage: Wie wollen Sie beruflich tätig bleiben? Arbeiten und Rente schließen sich nicht aus. Gleichzeitig stehen Ihnen hierbei fünf Optionen offen:
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Minijob
Die häufigste Variante ist ein Minijob. In einer geringfügigen Beschäftigung dürfen Sie bis zu 556 Euro monatlich verdienen – bis zu diesem Gehalt fallen keine Steuern oder Sozialabgaben an. Mehr Tipps dazu: Bewerbung für einen Minijob
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Weiterarbeiten
Gefällt Ihnen Ihr Job und ist der Arbeitgeber einverstanden, brauchen Rentner keinen neuen Job. Sie bleiben einfach in ihrer Position und arbeiten weiter wie bisher. Wird im Arbeitsvertrag nichts anderes geregelt, bleibt das Arbeitsverhältnis bestehen. Sollte eine Klausel festhalten, dass die Zusammenarbeit mit Renteneintritt endet, brauchen Sie einen neuen Arbeitsvertrag.
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Teilzeit
Eine beliebte Option ist Teilzeitarbeit beim bisherigen Unternehmen: Sie vereinbaren mit Ihrem Arbeitgeber eine Verringerung der bisherigen Arbeitszeit – beispielsweise von 40 auf 20 Stunden pro Woche (siehe auch: Altersteilzeit).
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Neuer Job
Wollen Sie sich beruflich neu orientieren, bleibt Ihnen noch der Jobwechsel. Idealerweise suchen Sie eine Position, auf der Sie Ihre Qualifikationen und bisherigen Erfahrungen nutzen können. Theoretisch ist aber auch ein Quereinstieg im Rentenalter möglich. Hier weiterlesen: Bewerbung als Quereinsteiger
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Selbstständigkeit
Nicht weniger Senioren und Rentner machen sich nochmal selbstständig, bauen sich ein kleines Online-Business als Nebenbeschäftigung auf oder arbeiten als Freiberufler weiter.
Übrigens: Mit dem Hinzuverdienst verbessern Sie nicht nur Ihre Rentenvorsorge und beugen so der gefürchteten Altersarmut vor. Wenn Sie mit dem Rentner-Job zugleich in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, erhöhen Sie zusätzlich Ihre Rente!
Bis 70 arbeiten: An was muss ich denken?
Wollen Sie freiwillig bis 70 arbeiten, ist das meist kein Problem. Schwieriger wird es, wenn Sie bis 70 arbeiten müssen, aber eigentlich früher in Rente gehen wollen. Einen Königsweg dafür gibt zwar nicht, aber ein paar Tipps, die wir Ihnen gerne auf dem Weg empfehlen:
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Achten Sie auf Ihre Gesundheit
Die Gesundheit entscheidet, wie lange Sie erwerbstätig bleiben und was Sie arbeiten. Gesunde Ernährung, regelmäßige Bewegung und ausreichend Schlaf sind das A un O, wenn Sie bis 70 arbeiten (wollen). Pflegen Sie einen gesunden Lebensstil und schützen Sie Ihre Gesundheit!
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Folgen Sie Ihrer Leidenschaft
Längere Berufstätigkeit funktioniert nur, wenn die Arbeit weiterhin jeden Tag Spaß macht. Allein der Gedanke, den Job noch 10 oder 20 Jahre machen zu „müssen“, wird zur Belastung und erhöht den Stress. Umso wichtiger, dass Sie im Rentner-Job einer Leidenschaft nachgehen und Ihre Stärken und Erfahrungen optimal einbringen können.
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Passen Sie Ihre Arbeit an
Je älter Sie werden, desto mehr sollten Sie auf die Arbeitsbedingungen achten. Sie sind zwar noch fit, sollten es aber auch nicht übertreiben. Achten Sie auf Jobs mit flexiblen Arbeitszeiten oder der Möglichkeit zuhause im Homeoffice zu arbeiten. In unserem Ratgeber mit Jobs für Rentner finden Sie dazu passende Ideen.
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