Was ist eine Erwerbsminderungsrente?
Eine Erwerbsminderungsrente wird Menschen gezahlt, die aufgrund von Krankheit oder Behinderung nicht oder nur wenig arbeiten können. Sie soll das Einkommen aus der beruflichen Tätigkeit ersetzen und für finanzielle Absicherung sorgen.
Im Falle einer dauerhaften Erkrankung, die weiteres Arbeiten unmöglich macht, wird sie – unter bestimmten Voraussetzungen – von der Rentenversicherung gezahlt. Bei der Erwerbsminderungsrente werden zwei grundsätzliche Formen unterschieden:
Volle Erwerbsminderungsrente
Der Empfänger ist aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr arbeitsfähig oder kann nur noch weniger als drei Stunden täglich einer Arbeit nachgehen. Das gilt nicht nur für den erlernten Beruf, sondern grundsätzlich jede Tätigkeit.
Teilerwerbsminderungsrente
Diese Form der Erwerbsminderungsrente wird gezahlt, wenn Betroffene mindestens drei, aber weniger als sechs Stunden am Tag arbeiten können. Entscheidend ist auch hier nicht der ursprüngliche Beruf, sondern jede Tätigkeit.
Ist auf dem Arbeitsmarkt kein passender Teilzeitjob vorhanden, den ein Antragssteller für drei bis sechs Stunden am Tag ausüben könnte, kann er Anspruch auf Vollerwerbsminderungsrente entstehen.
Unterschied zwischen Erwerbsminderung und Berufsunfähigkeit
Die Begriffe Erwerbsunfähigkeit, Erwerbsminderung und Berufsunfähigkeit werden teilweise synonym verwendet. Diese Gleichsetzung ist nicht ganz korrekt:
- Von Erwerbsminderung ist die Rede, wenn nicht absehbar ist, dass der Versicherte überhaupt noch irgendeine Arbeit ausüben kann. Erwerbsunfähigkeit meint dasselbe, wurde aber im offiziellen Sprachgebrauch durch Erwerbsminderung ersetzt.
- Von Berufsunfähigkeit wird gesprochen, wenn Sie Ihren zuletzt ausgeübten Beruf nicht mehr ausüben können. Das schließt eine andere Tätigkeiten aber nicht automatisch aus. Die Deutsche Rentenversicherung berücksichtigt Berufsunfähigkeit nur noch bei Versicherten, die vor dem 2. Januar 1961 geboren wurden.
Erwerbsminderungsrente Höhe
Die Höhe der Erwerbsminderungsrente eines Versicherten hängt mit dem persönlichen Rentenanspruch zusammen, der bis zum Zeitpunkt des Antrags erworben wurde. Heißt: Je länger Sie in die Rentenversicherung eingezahlt haben und je mehr persönliche Entgeltpunkte Sie gesammelt haben, desto höher ist der monatliche Betrag. Die Höhe der EM-Rente errechnet sich dabei aus verschiedenen Bestandteilen wie:
- Entgeltpunkte
- Rentenartfaktor
- Rentenwert
Zudem profitiert die Erwerbsminderungsrente von den jährlichen Rentenanpassungen. Bei der diesjährigen Rentenerhöhung stiegen die Renten im Westen um 3,45 Prozent, im Osten um 4,2 Prozent. Wie hoch Ihre aktuelle EM-Rente ist, können Sie der jährlichen Renteninformation der Rentenversicherung entnehmen.
Beispiele für die Höhe der Erwerbsminderungsrente
Bei regelmäßiger Einzahlung in die Rentenversicherung und Erwerb von Entgeltpunkten beträgt die Erwerbsminderungsrente rund 34 Prozent vom vorherigen Bruttoeinkommen.
Lag dieses beispielsweise bei 3.000 Euro, kann bei voller Erwerbsminderungsrente mit einem Betrag von etwa 1.020 Euro gerechnet werden. Bei einem Bruttogehalt von 2.300 Euro bleiben hingegen nur rund 782 Euro. Laut Statista liegt der durchschnittliche monatliche Zahlbetrag für die volle Erwerbsminderungsrente im vergangene Jahr bei 851 Euro. Das entspricht einem vorherigen Bruttoeinkommen von ungefähr 2502,94 Euro.
Höhe bei teilweiser Erwerbsminderungsrente
Bei einer Teilerwerbsminderungsrente wird nur die Hälfte der vollen Beträge gezahlt. Im obigen Beispiel bei einem Bruttogehalt von 3.000 Euro bleibt somit eine monatliche EM-Rente von rund 510 Euro. Ein kleineres Gehalt von 2.300 Euro ergibt eine Teilerwerbsminderungsrente von etwa 391 Euro. Diese stellt keinen vollständigen Lohnersatz dar. Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) geht davon aus, dass mit zusätzlicher Teilzeitarbeit ein Einkommen generiert wird.
Abschläge durch früheren Renteneintritt
Für die Erwerbsminderungsrente gilt dasselbe wie für die Altersrente: Es gibt eine Altersgrenze für einen abschlagfreien Renteneintritt. Die steigt bis zum Jahre 2024 stufenweise von 63 auf 65 Jahre.
Bedeutet: Während Sie früher mit 63 Jahren eine abschlagsfreie Erwerbsminderungsrente beziehen konnten, ist das in Zukunft erst ab 65 Jahren möglich. Für jeden Monat, den Sie früher die Erwerbsminderungsrente beziehen, werden 0,3 Prozent abgezogen – höchstens jedoch 10,8 Prozent.
Anspruch und Voraussetzungen für Erwerbsminderungsrente
Voraussetzung für die Erwerbsminderungsrente ist, dass Sie die Regelaltersgrenze noch nicht erreicht haben. Das ist das Alter, in dem Sie eine Altersrente normalerweise erhalten. Daher erhalten Versicherte die Erwerbsminderungsrenten auch nur bis maximal zur Regelaltersgrenze. Danach bekommen sie die reguläre Altersrente. Bevor ein Anspruch auf Erwerbsminderungsrente besteht, prüft die Deutsche Rentenversicherung bestimmte Voraussetzungen.
Leistungsfähigkeit
Bevor jemand eine Erwerbsminderungsrente erhält, prüft die Deutsche Rentenversicherung, wie es um die Leistungsfähigkeit des Antragstellers steht. Im Zweifel müssen Maßnahmen zur medizinischen und beruflichen Rehabilitation ergriffen werden. Also zum Beispiel eine Reha, die Sie körperlich fitter macht und eine berufliche Neuorientierung ermöglicht. Andernfalls müssen Sie nachweisen, dass in keinem Beruf mehr als sechs Stunden täglich gearbeitet werden kann.
Wartezeit
Um Anspruch auf Erwerbsminderungsrente zu haben, müssen Sie eine sogenannte Wartezeit erfüllt haben. Bedeutet: Sie waren vor Eintritt der Erwerbsminderung mindestens fünf Jahre lang versichert. In den fünf Jahren vor Eintritt müssen Sie mindestens drei Jahre lang Pflichtbeiträge an die Rentensicherung gezahlt haben. Klassischerweise erfüllen Versicherte die Beitragszeiten, indem sie und der Arbeitgeber während eines Arbeitsverhältnisses die Pflichtbeiträge zahlen.
Selbständige hingegen müssen diese komplett übernehmen. Außerdem rechnet die DRV in einem bestimmten Umfang Kindererziehungszeiten an und Zeit, die Sie für die Pflege von Familienangehörigen aufgewandt haben.
Ausnahmen
Die Wartezeit gilt auch als erfüllt, wenn Sie zwar keine fünf Jahre beschäftigt waren, aber eine Lohnersatzleistung wie Krankengeld, Arbeitslosengeld oder Übergangsgeld erhalten haben. Besonders im Blick sind Berufsanfänger: Für sie gilt eine verkürzte Wartezeit, wenn Sie aufgrund eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit, einer Wehr-oder Zivildienstbeschädigung teilweise oder voll erwerbsunfähig wurden.
In dem Fall müssen sie in den letzten zwei Jahren 12 Monate lang Pflichtbeiträge gezahlt haben. Wer nach Ausbildung oder Studium innerhalb von sechs Jahren voll erwerbsgemindert ist, muss ebenfalls in den letzten zwei Jahren für 12 Monate die Pflichtbeiträge entrichtet haben.
Nebenjob bei Erwerbsminderungsrente: Hinzuverdienst möglich?
Bei voller Erwerbsminderung können Sie bis zu einer Grenze von 6.300 Euro jährlich hinzuverdienen. Das entspricht einem monatlichen Verdienst von bis zu 525 Euro, ein Minijob wäre damit also möglich. Ein Verdienst darüber hinaus wird auf die EM-Rente angerechnet.
Wie viel Sie bei einer teilweisen Erwerbsminderung hinzuverdienen dürfen, wird individuell berechnet und im Rentenbescheid mitgeteilt. Klären Sie dies im Vorfeld sicherheitshalber noch einmal ab. In beidem Fällen ist es wichtig, die zulässige Stundenzahl nicht zu überschreiten. Sie dürfen also höchstens drei beziehungsweise sechs Stunden täglich arbeiten.
Ist die volle Erwerbsminderungsrente unbefristet?
Nein, die volle Erwerbsminderungsgrenze ist in der Regel befristet. Meist geht die DRV davon aus, dass sich die gesundheitliche Verfassung des Versicherten bessern könnte. Eine unbefristete Erwerbsminderungsrente wird nur dann bewilligt, wenn von Anfang an unwahrscheinlich oder ausgeschlossen ist, dass der Gesundheitszustand sich zum Positiven ändert.
Üblicherweise gewährt die DRV die Rente maximal für drei Jahre. Nach Ablauf der Befristung können Versicherte einen erneuten Antrag stellen. Eine weitere Befristung ist möglich. Auch kann die Frist eine kürzere Zeit als drei Jahre betragen. Sind Sie auch nach Ablauf von neun Jahren erwerbsgemindert, erhalten Sie eine unbefristete Erwerbsminderungsrente.
Tipps für den Antrag
Lassen Sie noch vor Inanspruchnahme irgendwelcher Leistungen eine Kontenklärung durchführen. Dabei werden alle Versicherungszeiten in Ihrem persönlichen Konto aufgeführt. In einigen Fällen müssen dafür noch Belege nachgereicht werden.
Um im Ernstfall eine Erwerbsminderungsrente zu erhalten, müssen Sie einen Antrag stellen. Antragsformulare dafür erhalten Sie bei der Deutschen Rentenversicherung in den jeweiligen Beratungsstellen oder auch online. Dafür benötigen Sie folgende Angaben und Unterlagen:
- Rentenversicherungsnummer
- Personalausweis (wahlweise Reisepass, Geburtsurkunde, Stammbuch)
- Steueridentifikationsnummer
- Informationen zur Kranken- und Pflegeversicherung
- Kontoverbindung
Vor einer Bewilligung steht die Prüfung. Dabei können umfangreiche Beratungen und auch Reha-Maßnahmen angeordnet werden, bevor Sie Erwerbsminderungsrente erhalten. Erst wenn die Arbeitsfähigkeit nicht wiederhergestellt werden kann, zahlt die DRV. In der Hälfte aller Fälle erhalten Versicherte zunächst eine Ablehnung des Antrages, weil sie die Voraussetzungen nicht erfüllen.
Als Betroffener sollten Sie dann Widerspruch einlegen und genau darlegen, warum die Kriterien für eine Erwerbsminderungsrente vorliegen. Sollten Sie nach der Prüfung eine erneute Absage erhalten, können Sie vor dem Sozialgericht Klage erheben.
Was andere Leser dazu gelesen haben
- Gesetzliche Rentenversicherung: Das müssen Sie wissen
- Frührente: Definition, Möglichkeiten, Abschläge
- Bis 70 arbeiten: Wie geht das (wenn es sein muss)?
- Jobs für Rentner: Einkommenstipps für Senioren