Was ist Bürgergeld?
Bürgergeld ist eine Sozialleistung, die das Grundeinkommen von erwerbsfähigen und bedürftigen Menschen sichern soll. Es tritt an die Stelle bisheriger Leistungen wie das Arbeitslosengeld II (ALG II) und Sozialgeld. Hauptkritikpunkt an diesen Leistungen war, dass sie sich nicht an realen Kosten orientieren. Empfänger lebten unter dem Existenzminimum und waren harten Sanktionen unterworfen.
Genau das soll sich mit der Zahlung der neuen Leistung ändern: Die Lebensumstände von Bedürftigen sollen stärker Berücksichtigung finden. Nicht zu verwechseln ist das Bürgergeld mit dem bedingungslosen Grundeinkommen.
Bügergeld-Gesetz
Mit dem Bürgergeld-Gesetz reformiert der Staat die Grundsicherung seiner Bürger. Hintergrund ist das Grundgesetz, das Menschen ein menschenwürdiges Existenzminimum zusichert. Ziel ist, die gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Wer seinen Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen decken kann, erhält Hilfe bei der Existenzsicherung. Das gilt ungeachtet der Umstände: Manch einer wird durch Kündigung arbeitslos, andere können infolge einer langen Erkrankung nicht arbeiten gehen.
Voraussetzungen: Wer hat Anspruch auf das neue Bürgergeld?
Drei Bedingungen sind an den Anspruch auf Bürgergeld geknüpft: Erwerbsfähigkeit, Hilfebedürftigkeit und Aufenthalt in Deutschland. Damit sind auch Personen nichtdeutscher Staatsangehörigkeit anspruchsberechtigt, sofern sie sich regelmäßig in Deutschland aufhalten und eine Arbeitserlaubnis besitzen. Das gilt beispielsweise bei Arbeitslosen, die zwar grundsätzlich arbeiten gehen könnten, aber derzeit keinen Job finden. Oder für Arbeitnehmer mit geringem Verdienst, der nicht alle Kosten abdeckt.
Zudem können nicht erwerbsfähige Personen Bürgergeld erhalten, wenn sie mit einer anspruchsberechtigten Person in einer Bedarfsgemeinschaft zusammenleben. Die Sozialleistung greift erst dann, wenn andere vorrangige Leistungen ausgeschöpft wurden. Heißt: Der Lebensunterhalt lässt sich nicht mit Arbeitslosengeld, Wohngeld, Bafög, Kindergeld oder ähnlichen Leistungen decken. Empfänger müssen mindestens 15 Jahre alt sein und dürfen die Regelaltersgrenze noch nicht erreicht haben.
Bürgergeld beantragen
Für die Zahlung des Bürgergelds verantwortlich sind die Jobcenter. Wer bereits ALG II erhält, muss nichts weiter machen: Ein neuer Antrag ist nicht notwendig. Ansprechpartner bleiben dieselben, auch mögliche Maßnahmen zur beruflichen Weiterbildung bleiben unverändert bestehen.
Haben Sie bisher kein ALG II bezogen, können Sie bei der Kommune, Stadt- oder Gemeindeverwaltung sowie beim Jobcenter Bürgergeld beantragen. Das Ganze ist an keine bestimmte Form gebunden, das heißt, auch persönlich, digital oder per Post möglich. Dafür müssen Sie neben dem Antrag entsprechende Anlagen ausfüllen und mit Nachweisen Ihre Angaben belegen. Folgende Nachweise benötigen Sie in Kopie (als Checkliste auch bequem im Browser abzuhaken):
- Gültige Ausweisdokumente (Personalausweis, Reisepass oder Aufenthaltstitel)
- Einkommensnachweise (Gehaltsabrechnungen, Bescheide über Krankengeld oder Ähnliches)
- Kontoauszüge der letzten drei Monate
- Vermögensnachweise (zum Beispiel Sparguthaben, Aktien, Wertpapiere, Bausparverträge…)
- Nachweise über Ausgaben wie Miete, Versicherung
- Mietvertrag, Nachweise über Heiz- und Nebenkosten
- Frühere Leistungsnachweise/Bewilligungsbescheide vom Jobcenter
- Bei Arbeitsplatzverlust: Kündigung und Arbeitsbescheinigung vom Arbeitgeber
Wie hoch ist das Bürgergeld?
Um Menschen die Existenz zu sichern, zahlt das Jobcenter sogenannte Regelbedarfe. Dabei handelt es sich um pauschale Geldbeträge, die Alltagskosten decken sollen. Je nach Alter und Umständen gibt es unterschiedliche Regelsätze. Lag der bisherige Satz bei 449 Euro, erhält eine alleinstehende erwachsene Person nun mit dem Bürgergeld 502 Euro monatlich. Das sind 53 Euro mehr als bisher und beinhaltet im Wesentlichen Kosten für Lebensmittel, Kleidung, Körperpflege, Gesundheitsausgaben und Strom. Die Regelbedarfe für Anspruchsberechtigte im Überblick:
Bürgergeld 2023 Tabelle
Stufe | Empfänger | Betrag |
1 | Alleinstehende/ Alleinerziehende |
502 Euro |
2 | Bedarfsgemeinschaft | 451 Euro |
3 | Erwachsene (stationäre Einrichtung) |
402 Euro |
4 | Jugendliche (14-17 Jahre) |
420 Euro |
5 | Kinder (6-13 Jahre) |
348 Euro |
6 | Kinder (0-5 Jahre) |
318 Euro |
Weitere finanzielle Mittel sind im Rahmen von Weiterbildungen möglich. Zusätzliche Kosten, die rund um die Schule entstehen (beispielsweise Schulausflüge, Klassenfahrten) übernimmt das Amt ebenso wie Mehrbedarfe im Falle einer Schwangerschaft. Diese müssen Sie allerdings zusätzlich beantragen.
Bürgergeld Rechner
Der Verein für soziales Leben e. V. stellt einen Rechner zur Verfügung, der Ihren individuellen Regelbedarf ermittelt. Sie finden ihn HIER.
Wohnkosten: Wie hoch darf die Miete beim Bürgergeld sein?
Zusätzlich übernimmt das Amt die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung. Das beinhaltet die vollständige Miete und Nebenkosten. Im Falle von Wohneigentum, für das Sie Grundsteuer oder Schuldzinsen zahlen müssen, übernimmt das Amt auch solche Kosten. Das alles gilt allerdings nur im ersten Jahr (Karenzzeit). Außerdem werden die Heizkosten nur in angemessener Höhe anerkannt. Hier gibt es keine fixen Regelsätze. Maßgeblich ist der Mietspiegel der jeweiligen Stadt.
Bürgergeld: Ab wann wird es gezahlt?
Auch, wenn Sie den Antrag nicht zum Ersten eines Monats gestellt haben sollten: Bei positivem Bescheid erhalten Sie das Bürgergeld rückwirkend für den gesamten Monat auf Ihr Konto gezahlt. Den Bescheid erhalten Sie per Post. Sofern Sie nicht einverstanden sind, können Sie innerhalb eines Monats Widerspruch einlegen.
Bürgergeld Auszahlung 2023
Nachfolgend finden Sie alle Auszahlungstermine für das Jahr 2023. Die Auszahlung erfolgt jeweils am Ende des Vormonats für den kommenden Monat:
Monat | Termin | Wochentag |
Februar | 31.01. | Dienstag |
März | 28.02. | Dienstag |
April | 31.03. | Freitag |
Mai | 28.04. | Freitag |
Juni | 31.05. | Mittwoch |
Juli | 30.06. | Freitag |
August | 28.07. | Freitag |
September | 31.08. | Donnerstag |
Oktober | 29.09. | Freitag |
November | 31.10. | Dienstag |
Dezember | 30.11. | Donnerstag |
Januar | 29.12. | Freitag |
Unterschiede zwischen Hartz 4 und Bürgergeld
Das Schreckgespenst Hartz 4 bedeutete für Betroffene vor allem eins: Sofortige Offenlegung sämtlicher Einkommen, Vermögen und Finanzen. Wessen Wohnung und Vermögen zu groß, wessen Mitarbeit zu gering war, der musste mit entsprechenden Konsequenzen rechnen. Diese waren nach Empfinden vieler Politiker und Sozialverbände nicht verfassungsgemäß. Das neue Grundeinkommen weist daher einige inhaltliche Veränderungen auf – ohne gänzlich auf Sanktionen zu verzichten:
Karenzzeit bei Vermögen und Unterkunft
Bürgergeld erhält nur, wer seinen Lebensunterhalt nicht aus eigenen Mitteln bestreiten kann. Neben einem regelmäßigen Gehalt zählt auch das Vermögen dazu. Wer also fünf Millionen Euro auf dem Konto hat, erhält kein Bürgergeld. ABER: Es gibt eine sogenannte Karenzzeit. In den ersten zwölf Monaten berücksichtigt das Amt Ihr Vermögen nur, sofern es sich um erhebliche Summen handelt.
Bis zu 40.000 Euro bleiben unberücksichtigt. Das gilt für den eigentlichen Leistungsbezieher, 15.000 für jede weitere Person in der Bedarfsgemeinschaft. Auch selbst genutzte Immobilien – ein eigenes Haus oder eine Eigentumswohnung – bleiben zunächst unberücksichtigt. Nach der Karenzzeit liegt die Grenze bei 15.000 Euro für Ersparnisse.
Höhere Freibeträge für Schüler, Studenten und Arbeitnehmer
Die Karenzzeit soll sicherstellen, dass Menschen, die unverschuldet in Arbeitslosigkeit gelangt sind, nicht sofort alles verlieren. Sondern sich in dieser Übergangsphase beruflich neu aufstellen können. Deshalb gibt es jetzt auch höhere Freibeträge. Früher mussten Leistungsempfänger alles über 100 Euro angeben, 20 Prozent durften sie maximal behalten.
Mit dem Bürgergeld ändern sich die Hinzuverdienstmöglichkeiten. Bei einem Einkommen zwischen 520 und 1.000 Euro werden die Freibeträge auf 30 Prozent angehoben. Schüler und Studierende dürfen bis zu 520 Euro behalten. Höhere Freibeträge bei der Ausbildungsvergütung gelten zudem für Auszubildende.
Zusammenarbeit mit der Behörde
Wie bei allen staatlichen Leistungen hat die Zusammenarbeit mit der Behörde höchste Priorität. Diese will zwar mit dem Bürgergeld finanzielle Unabhängigkeit ermöglichen. Gleichzeitig kann die Jobsuche nur dann erfolgreich sein, wenn Leistungsberechtigte ihren Mitwirkungspflichten nachkommen. Statt einer Eingliederungsvereinbarung vereinbaren Leistungsberechtigte und Integrationsfachkraft einen Kooperationsplan.
Wie bisher müssen Leistungsberechtigte Beratungstermine wahrnehmen, auf Vermittlungsvorschläge seitens des Jobcoachs eingehen und Eigenbemühungen demonstrieren. Während der Pandemie übten die Behörden Nachsicht bei Fristverletzungen oder Meldeversäumnissen. Mittlerweile können sie die Leistungen wieder um bis zu zehn Prozent kürzen, wenn Bezieher gegen die Auflagen verstoßen. Auch wenn ein Leistungsempfänger eine zumutbare Stelle ablehnt, Leistungskürzungen um bis zu 30 Prozent möglich. Allerdings gehen diese Abzüge nicht von der Unterkunft, sondern vom Regelbedarf ab.
Weiterbildung statt Vermittlungsvorrang
Neu beim Bürgergeld ist, dass kein Vermittlungsvorrang mehr gilt. Der führte in der Vergangenheit dazu, dass das Jobcenter Arbeitnehmer schnellstmöglich in irgendwelche Arbeitsverhältnisse vermittelte – ohne Rücksicht auf Neigungen oder Perspektiven. Das gab schnell Frust auf beiden Seiten: Arbeitgeber und Arbeitnehmer, so dass solche Beschäftigungsverhältnisse meist von kurzer Dauer waren.
Zwei Drittel der Langzeitarbeitslosen verfügen über keine abgeschlossene Ausbildung. Das erschwert es ihnen, dauerhaft am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Ein Gedanke des Bürgergeldes ist, die Leistungsempfänger zu motivieren, Bildungsabschlüsse nachzuholen. Jobcoaching und Weiterbildungen stehen daher verstärkt im Fokus.
Kleinstbeträge müssen nicht zurückgezahlt werden
Bisheriges Regelungen sahen vor, dass Bezieher von Bürgergeld fälschlicherweise zu viel empfangenes Geld vom Jobcenter zurückzahlen müssen. Solche Rückforderungen sind nach wie vor möglich. Allerdings gibt es nun eine sogenannte Bagatellgrenze: Sofern die Zahlungen 50 Euro für die ganze Bedarfsgemeinschaft nicht überschreiten, stellt das Amt keine Rückforderungen. Der Verwaltungsaufwand steht in keinem Verhältnis zur Überzahlung.
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