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Empty-Desk-Syndrom: Endlich Ruhestand – und jetzt?

Was kommt nach dem Arbeitsleben? – Während der Ruhestand für viele Arbeitnehmer ein Traum ist, klingt er für andere nach leerem Schreibtisch, Bedeutungslosigkeit und Sinnkrise: „Empty-Desk-Syndrom“ heißt die plötzliche innere Leere beim Ausscheiden aus dem Berufsleben in der Fachsprache. Wir erklären, die Psychologie und Bedeutung dahinter – und geben Tipps, wie Sie das Empty-Desk-Syndrom vermeiden können…



Empty-Desk-Syndrom: Endlich Ruhestand – und jetzt?

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Definition: Was ist das Empty-Desk-Syndrom?

Das Empty-Desk-Syndrom (Deutsch: Angst vor dem leeren Schreibtisch) beschreibt eine emotionale Krise nach dem Arbeitsleben. Betroffene fühlen zunächst eine innere Leere, wenn sie aus dem Berufsleben ausscheiden.

Das Syndrom betrifft vor allem Menschen, die sich zuvor stark mit ihrem Beruf identifiziert und ihr Selbstwertgefühl daran geknüpft haben. Entsprechend schwer tun Sie sich in der neuen Rolle als Ruheständler.

Von der Beletage in die Bedeutungslosigkeit

Während manche Arbeitnehmer den Renteneintritt gar nicht erwarten können, stellt er für andere eine Art Existenzbedrohung dar: „Was kommt nach dem Arbeitsleben?“, fragen sich Betroffene und empfinden den Eintritt in den Ruhestand als Belastung, weil sie einen wichtigen Lebensinhalt verlieren: den Job.

Empty-Desk-Syndrom Herkunft

Der Begriff „Empty Desk Syndrom“ geht auf den Psychologen Otto Quadbeck zurück, der das Syndrom intensiv erforschte. Quadbeck selbst war Betroffener: Er arbeitete zuvor als Bankdirektor und studierte erst im Ruhestand Psychologie.

Wer ist vom Empty-Desk-Syndrom betroffen?

Das Empty-Desk-Syndrom kann grundsätzlich jeden treffen. Besonders häufig aber gehören Menschen dazu, die in ihrem Beruf viel erreicht und Karriere gemacht haben: Unternehmer, Führungskräfte, Top-Manager, Leistungsträger. Laut Quadbecks Studien trifft das Syndrom jede dritte Führungskraft, Männer meist stärker als Frauen.

Bis zum Schluss tragen sie große Verantwortung, können viel bewegen, haben Status, Macht und Einfluss. Ihre Meinung zählt, ihre Entscheidungen haben Folgen. Mit dem Abschied nicht mehr. Ein zurück gibt es nicht. Umso größer fühlt sich die Leere jetzt an. Weitere Gründe:

  • Fehlender Lebensinhalt
    Bis zum Ruhestand ziehen die Betroffenen viel Anerkennung und Erfüllung aus ihrer Arbeit. Fast alle Interessen und Gedanken gelten dem Job. Aktivitäten außerhalb der Arbeit sind selten. Das alles fällt mit einem Mal weg.
  • Sinkender Sozialstatus
    Der Job und das hohe Einkommen sind für manche wichtige Faktoren für den gesellschaftlichen und sozialen Status. Das Unternehmen und die Rolle dort wirken identitätsstiftend. Zwar bleibt das private Vermögen, aber zu sagen haben sie nichts mehr. Viele verwechseln den Status aufgrund ihrer Funktion mit dem persönlichen.

Nicht selten kommen Verlusterfahrungen dazu: Mit dem Ausstieg aus dem Arbeitsleben fallen Statussymbole oder Privilegien weg: Dienstwagen, Chauffeur, Vielflieger-Status, Hotel-Bonus… Das Leben, die eigene Bedeutung verändern sich radikal. So kann das Empty-Desk-Syndrom viele Ruheständler in eine veritable Sinnkrise stürzen – eine End-Career-Crisis (siehe Interview mit Steffen Häfner, Facharzt für Psychosomatische Medizin).

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Welche Folgen hat das Empty-Desk-Syndrom?

Die Folgen des Empty-Desk-Syndroms sind vielfältig. Die erste und offensichtlichste ist: Langeweile. Statt einer 40- oder gar 50-Stunden-Woche haben die Rentner und Ruheständler plötzlich nichts mehr zu tun. Das kann sich anfühlen, als wäre man komplett unwichtig und gehöre zum „alten Eisen“ – Heavy Metal eben: Silber im Haar, Gold in den Zähnen, Blei in den Knochen…

Empty Desk Syndrom Krise Verlauf Beispiel

Häufige Anzeichen und Symptome für ein Empty-Desk-Syndrom sowie psychische Begleiterscheinung sind:

Ebenso kann das Empty-Desk-Syndrom die private Beziehung belasten (siehe: Pappa ante portas„): Der Partner ist plötzlich den ganzen Tag zuhause, hat nichts zu tun und fängt nun an, den Alltag der anderen zu managen… Oft führt das zu wachsenden Konflikten in der Partnerschaft.

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Wie kann ich dem Empty-Desk-Syndrom vorbeugen?

So belastend das Empty-Desk-Syndrom sein kann – so viel lässt sich dagegen tun. Der wichtigste Schritt: Beschäftigen Sie sich rechtzeitig mit dem eigenen Ruhestand! Je bedeutender die Rolle des Berufs in Ihrem Leben, desto größer Gefahr, danach in ein Loch zu fallen.

Verlassen Sie sich nicht darauf, dass der Übergang in den Ruhestand „schon irgendwie gelingen“ wird. Gute Vorbereitung ist das A und O. Machen Sie sich frühzeitig Gedanken dazu, wie es im Anschluss für Sie weitergeht: Welche Ziele haben Sie noch? Womit Sinnvollem können Sie die neue freie Zeit füllen? Finden Sie heraus, was Ihnen Spaß macht und Sinn stiftet. Sprechen Sie unbedingt auch mit Familie und Freunden über Ihre Pläne.

Übergang langsam gestalten

Zusätzlich können Sie dafür sorgen, dass die Pensionierung nicht abrupt wirkt. Sorgen Sie für einen sanften Übergang, indem Sie zum Beispiel schon 1-2 Jahre vorher die Arbeitszeit schrittweise reduzieren.

Dem Alltag neue Struktur geben

Ohne Job, ohne tägliche Aufgaben und Herausforderungen entsteht ein Vakuum, das Sie möglich sinnvoll füllen sollten. Vielen Menschen hilft es, wenn sie ihrem Alltag eine neue Struktur geben, andere Abläufe oder Gewohnheiten etablieren. Zum Beispiel, indem sie zweimal in der Woche schwimmen gehen oder die Enkelkinder betreuen.

Entwerfen Sie rund 6 Monate vor dem Renteneintritt eine Art Stundenplan, wie Sie die freie Zeit und Ihren neuen Alltag verbringen. So geben Sie dem Empty Desk Syndrom erst gar keine Chance! Aber Achtung: Verfallen Sie auch nicht in Aktionismus, um die Verlustgefühle zu kompensieren und die Leere zu füllen. Lassen Sie sich Zeit und finden Sie etwas, was Ihnen wirklich gut tut.

Zusätzlich können Sie in den letzten Monaten im Job bewusst mehr Freizeitaktivitäten starten oder sich ein neues Hobby suchen. Weitere Empfehlungen, um sich vor dem Empty-Desk-Syndrom zu schützen, sind:

  • Sie waren bisher Führungskraft?
    Engagieren Sie sich in der Leitung von Vereinen, Stiftungen oder anderer Organisationen.
  • Sie wollen Ihr Fachwissen weiter nutzen?
    Informieren Sie sich über die Möglichkeit, bei der IHK und anderen Bildungsträgern in die Ausbildung von Fachkräften einzusteigen.
  • Sie suchen eine sinnvolle Aufgabe?
    Es gibt zahlreiche gemeinnützige Organisationen, die sich über ehrenamtliches Engagement freuen.
  • Sie wollen weiterhin etwas dazu verdienen?
    Auch als Rentner können Sie noch (kleinere) Senioren-Jobs oder Nebenjobs ausüben.
  • Sie wollen Ihr soziales Netz verbessern?
    Die Nachbarschaftshilfe, Sportgruppen oder Vereine können ideale Startpunkte sein.
  • Sie wollen körperlich fit bleiben?
    Sport und regelmäßige Bewegung sind gerade im Alter wichtig und halten nicht nur körperlich, sondern auch geistig fit.
  • Sie wollen den Kontakt zu Kollegen nicht verlieren?
    Prüfen Sie, ob Sie bei Ihrem bisherigen Arbeitgeber weiterhin als Mentor oder Berater aktiv bleiben können.

Die letzte Option bietet zudem Arbeitgebern Vorteile. Neben dem Modell der Altersteilzeit können Unternehmen ihren Ruheständlern so zum Beispiel Berater-Verträge anbieten oder sie bei der Ausbildung neuer Mitarbeiter sowie in einem Mentorenprogramm einbeziehen.

Doppelter Vorteil: Das Fachwissen der (Ex)-Mitarbeiter bleibt im Unternehmen erhalten und wird Schritt für Schritt an die nächste Mitarbeitergeneration weitergegeben. Der Wissenstransfer spart Unternehmen Kosten – zugleich beugt er dem Empty-Desk-Syndrom vor…


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