Bedeutung: Warum ist Streit wichtig?
Streit fühlt sich nie gut an. Auch geht es dabei nicht immer fair zu. Gleichzeitig sind Streitigkeiten oder Meinungsverschiedenheiten unvermeidbar. Manchmal sind sie sogar notwendig, um die optimale Lösung zu finden, die Zusammenarbeit oder Beziehung zu verbessern.
Ein kurzer, heftiger Streit ist besser, als wenn Konflikte unbewältigt weiter schwelen und sich irgendwann explosionsartig entladen. Allerdings tun sich viele Streithähne schwer damit, einen Konflikt zu deeskalieren bzw. den Streit zu schlichten. Wir zeigen, wie das ganz einfach gelingt…
Definition: Was ist Streit?
Streit (synonym: Konflikt, Zank) ist eine Auseinandersetzung zwischen zwei oder mehreren Personen, die unterschiedliche Meinungen, Ansichten oder Interessen haben. Streit kann in der Familie, unter Freunden oder am Arbeitsplatz auftreten und emotional eskalieren und sogar feinselig enden.
Streit ist ein natürlicher Bestandteil des menschlichen Zusammenlebens und kann sowohl konstruktiv als auch destruktiv sein. Er kann großen Schaden anrichten, wenn er außer Kontrolle gerät. Vor allem im Job haben das professionelle Konfliktmanagement bzw. die Konfliktbewältigung daher eine hohe Bedeutung.
Streit schlichten und beenden – Tipps
Einen Streit zu schlichten, erfordert Geduld, Empathie und gute Kommunikation. Mithilfe der folgenden Schritte, Strategien und Methoden können Sie einen Streit beenden, bevor dieser eskaliert:
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Einstellung verändern
Die eigene Haltung und innere Einstellung beeinflusst massiv, wie sich der Streit entwickelt. Betrachten Sie die Auseinandersetzung als nützliche Entwicklung zur generellen Verbesserung und fokussieren Sie sich auf Gemeinsamkeiten, die Sie immer noch verbinden – nicht auf Gegensätze, die Sie beide trennen.
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Ruhe bewahren
Solange Sie selber aufgebracht oder aufgewühlt sind, werden Sie einen Streit nicht schlichten können. Versuchen Sie daher zunächst, sich zu entspannen, Ruhe zu bewahren und vor allem bisherige Angriffe nicht persönlich zu nehmen. Dasselbe gilt für Ihr Gegenüber: Lassen Sie der Person ebenfalls Zeit, sich zu beruhigen.
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Respekt zeigen
Vermeiden Sie im Gespräch unbedingt Vorwürfe oder Schuldzuweisungen sowie Beleidigungen oder verletzende Worte. Ein respektvoller Ton und wertschätzendes Verhalten sind absolute Pflicht, wenn Sie einen Streit schlichten wollen. Idealerweise formulieren Sie Ihre Perspektive stets mittels Ich-Botschaften statt Du-Botschaften (siehe: Gesprächsregeln).
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Aktiv zuhören
Bei der Streitschlichtung ist eine wichtige Voraussetzung, dass beide Konfliktparteien zunächst ihre Sichtweise schildern können – ohne Unterbrechung oder Bewertung. Wenn Sie den anderen ausreden lassen und aktiv zuhören – also Fragen stellen, um Missverständnisse zu vermeiden, tragen Sie viel zur Deeskalation bei.
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Verständnis zeigen
Zeigen Sie unbedingt Einfühlungsvermögen und Verständnis für die Gefühle des anderen – auch wenn Sie selbst nicht immer damit in allen Punkten einverstanden sind. Ein einfaches „Ich verstehe, warum du so fühlst“ zeigt gegenseitigen Respekt und nimmt dem Streit viel von seinem Konfliktpotenzial.
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Klarheit schaffen
Versuchen Sie, die Ursachen und Kernprobleme des Streits zu identifizieren. Oftmals streiten Menschen nur an der Oberfläche und über Symptome. Wenn Sie einen Streit schlichten und wirklich klären wollen, müssen Sie die wahren Motive oder Bedürfnisse erkennen und befriedigen.
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Lösungen finden
Schlagen Sie von sich aus Lösungswege vor, die für beide Seiten akzeptabel sind. Regen Sie Kompromisse an und zeigen Sie deren Vorteile für beide Seiten auf. Wichtig dabei ist jedoch, dass die Konfliktlösung realistisch machbar und wirklich fair ist. Ziel muss eine sog. Win-Win-Lösung sein (siehe: Harvard-Konzept). Es sollte keine Gewinner oder Verlierer geben.
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Um Entschuldigung bitten
Zur Lösung gehört auch, dass Sie für Fehlverhalten Verantwortung übernehmen und um Entschuldigung bitten. Sie beweisen so nicht nur charakterliche Größe, sondern ebenso Besserungswillen. Gleichzeitig öffnet ein Schuldeingeständnis dem anderen die Tür und macht es leichter, einen Schritt auf Sie zuzugehen.
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Geduld haben
Manche Konflikte brauchen Zeit, um vollständig gelöst zu werden. Manchmal ist es besser und zielführender, eine Pause zu machen und später noch einmal auf das Thema zurückzukommen.
Und ganz wichtig: Warten Sie nicht auf den anderen! Der erste Schritt aufeinander zu ist zwar besonders schwer. Wenn Sie einen Streit schlichten wollen, sollten Sie damit aber nicht abwarten oder das Problem womöglich aussitzen. Die meisten Konflikte werden dadurch eher noch schlimmer.
Welches Wort beendet jeden Streit?
Laut dem Paar- und Familientherapeut Hal Runkel, reicht schon ein Wort, um einen außer Kontrolle geratenen Konflikt zu entschärfen: „Autsch.“ Damit sagen Betroffene kurz und bündig, dass sie etwas verletzt hat. Die meisten Menschen reagieren darauf empathisch und wohlwollend. Eine Art Beißhemmung setze ein – und der Streit nehme einen anderen, positiven Verlauf.
Streit schlichten – durch gewaltfreie Kommunikation
Eine bewährte Strategie, um einen Streit schlichten zu können, entwickelte schon vor Jahren der US-Psychologe Marshall B. Rosenberg mit den „Grundregeln der gewaltfreien Kommunikation“ (GFK). Diese sollen eine Konflikteskalation durch Angriffe und Rechtfertigungen verhindern.
Die Gewaltfreie Kommunikation nach Rosenberg umfasst vier Phasen bzw. Schritte zur Streitschlichtung:
1. Neutrale Beobachtungen machen
Gewaltfreie Kommunikation beginnt mit einer neutralen Schilderung Ihrer Beobachtungen – ohne jede Bewertung. Betrachten Sie die Konfliktsituation zunächst nüchtern und objektiv. Statt zu sagen: „Du bist schon wieder zu spät.“ (Wertend + verallgemeinernd!) sagen Sie neutral: „Unser Termin war um 13 Uhr, jetzt haben wir 13:20 Uhr.“
Bewertungen lösen negative Reaktionen aus und eskalieren eine Situation weiter. Einen Streit können Sie so nicht schlichten. Indem Sie die Situation oder Streitauslöser aus Sicht eines außenstehenden Erzählers formulieren, lässt sich Ihr Gegenüber viel mehr darauf ein.
2. Eigene Gefühle benennen
Beschreiben Sie anschließend Ihre Gefühle, die Sie in der Situation hatten. Entscheidend hierfür sind zwei Schritte: Sie müssen die eigenen Emotionen verstehen – und diese aussprechen. Die gewaltfreie Kommunikation unterscheidet zwischen echten Gefühlen (z.B. Trauer, Angst, Freude, Überraschung) und Pseudo-Gefühlen („Ich fühle mich… ignoriert, beleidigt, missachtet“) Wichtig ist, dass Sie möglichst nur echte Gefühle nennen!
Diese Phase ist wichtig, weil nicht jeder Mensch Situationen gleich erlebt oder einordnet. Vielleicht erkennt Ihr Gesprächspartner überhaupt nicht, dass Sie etwas ärgern könnte, weil er sein Verhalten anders einschätzt?!
3. Individuelle Bedürfnisse verstehen
Ein zentraler Punkt in der GFK sind die eigenen Bedürfnisse. Sie selbst müssen wissen, was Sie wollen und brauchen. Dabei tragen Sie die Verantwortung für Ihre Bedürfnisse zunächst selbst. Bedeutet: Sie müssen aktiv darum bitten, dass andere Rücksicht darauf nehmen!
Umgekehrt müssen Sie ebenso die Bedürfnisse Ihres Gegenübers ernst nehmen und akzeptieren. Eine dauerhaft stabile und akzeptierte Lösung für einen Streit beinhaltet stets einen Kompromiss für beide Wünsche und Erwartungen.
4. Konkrete Veränderung erbitten
Im letzten Schritt bitten Sie um eine konkrete Verhaltensänderung. Leiten Sie aus Ihren Bedürfnissen ab, wie sich Ihr Gegenüber künftig verhalten soll und sprechen Sie die Bitte deutlich und unmissverständlich aus!
Formulieren Sie die Bitte idealerweise positiv – Beispiel: „Sag mir bitte rechtzeitig bescheid, wenn du dich verspätest.“ (Nicht: „Komm nicht mehr zu spät!“). Je konkreter Sie das Bedürfnis formulieren, desto leichter machen Sie es Ihrem Gegenüber, darauf einzugehen und den Streit zu beenden.
Gewaltfreie Kommunikation nach Rosenberg – Beispiel
Die vier Schritte der gewaltfreien Kommunikation klingen anfangs kompliziert. Sie sind in der Praxis aber leicht umsetzbar – etwa im Konfliktgespräch. Hier ein Beispiel und eine Art Formel, an der Sie sich bei Ihren Aussagen und Formulierungen orientieren können:
- „Ich habe beobachtet, dass (Beobachtung).
- Das empfinde ich als (Gefühl),
- weil ich (Bedürfnis).
- Kannst du deshalb bitte in Zukunft (Bitte)?“
Warum fällt Streit schlichten so schwer?
Natürlich schreiben sich die Tipps zur Streitschlichtung leicht auf. Wer sich erstmal kräftig missverständen, zu Unrecht attackiert, kritisiert oder gar gemobbt fühlt, dem fällt das Umsetzen deutlich schwerer.
Konflikte zu schlichten, fällt uns vor allem aus zwei Gründen schwer:
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Emotionen
Kommen starke Gefühle wie Frust oder Verletzungen ins Spiel, reagieren Menschen nicht mehr rational. Der Ärger dominiert das Gespräch. Einen Streit schlichten – das beginnt deshalb immer bei einem selbst und der eigenen Emotionsregulation.
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Stolz
Der erste Schritt ist der schwerste. Viele denken, Sie würden dadurch Schwäche zeigen, weil sie indirekt sagen: „Ich bin bereit, nachzugeben.“ Falscher Stolz treibt dabei so manche in den Ruin oder zerstört wertvolle und rettbare Beziehungen!
Machen Sie sich daher immer bewusst: Einen Streit schlichten zu wollen, ist nie ein Zeichen von Schwäche, sondern vielmehr von emotionaler Reife und mentaler Stärke, weil Sie die Beziehung höher achten, als momentane Gefühle.
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