Angst im Job: Die Formen der Angst
Egal, wie souverän und selbstbewusst wir vielleicht sonst sind: Sobald die Angst in uns aufsteigt, ist es damit vorbei. Wer Angst empfindet (wobei das Angstniveau bei jedem Menschen anders sein kann), fängt häufig an zu zittern. Der Puls steigt, wir nehmen Schmerzen stärker wahr, spüren Enge und Druck in der Brust, bekommen Atemnot und Schwindelgefühle. Manche hyperventilieren sogar oder bekommen eine veritable Panikattacke, die aber in der Regel nur wenige Sekunden oder Minuten andauert.
Dabei ist Angst zunächst einmal nichts Schlechtes. Im Vorstellungsgespräch, bei einer schwierigen Verhandlung oder vor einer Rede und Präsentation ist sie sogar ganz normal. Mehr noch: Sie ist wichtig, teils sogar lebensrettend.
Biologisch wirkt Angst schließlich nicht viel anders als Stress: Sie schützt uns vor Gefahren, mobilisiert Kräfte und macht den Körper fit zur Flucht. Im Übermaß aber kann sie freilich auch lähmen – bis zur sprichwörtlichen Angststarre oder Schockstarre. Und wird sie chronisch, macht sie uns regelrecht krank – psychisch genauso wie physisch. Bis hin zur Angst vor der Angst – der Phobophobie.
Der Begriff der „Angst“ selbst leitet sich aus dem Indogermanischen Anghu („beengend“) beziehungsweise dem Lateinischen Angustus („Enge“, „Bedrängnis“) ab. Daher fühlen sich Ängstliche auch metaphorisch in die Enge getrieben oder eben ohnmächtig – ohne Macht.
Und die Deutsch haben offenbar viele Ängste – so viele, dass es das Wort inzwischen als Export in die englische Sprache geschafft hat – als German Angst, eine Art Existenzangst.
Natürlich gibt es im Job noch viele weitere Formen der Angst:
- Die Angst vor Misserfolg
- Die Angst zu versagen
- Die Angst vor Kritik
- Die Angst vor Ablehnung
- Die Angst vor Autoritäten
- Die Angst vor Menschen zu sprechen
- Die Angst vor Verantwortung
- Die Angst vor dem Erfolg (kein Scherz!)
Nicht wenige dieser Ängste haben ihren Ursprung in der Kindheit oder frühen und besonders traumatische Erfahrungen mit Fehlern oder Niederlagen: Die Betroffenen wurden dafür häufig gehänselt, ausgegrenzt oder gar bestraft – in der Familie, in der Schule, im Bekanntenkreis.
Andere haben mit der Zeit ein starkes Bedürfnis entwickelt, immer perfekt sein oder es allen recht machen zu müssen. Fatal! Denn so haben sie erst recht das Fürchten vor Fehlern gelernt.
Angst im Job: Wie wirkt sie psychologisch?
Doch was passiert bei der Angst überhaupt? Pro Sekunde strömen Millionen von Sinnesreizen auf den Menschen ein. Nur einen Bruchteil davon nehmen wir bewusst wahr. Welche – das entscheidet unser Gehirn. Evolutionsbedingt filtert es vor allem jene Reize heraus, die für unser Überleben wichtig sind. Wichtig sind also vor allem Reize, die Gefahr signalisieren. Nur so schaffen wir es, in Gefahrensituationen blitzschnell zu reagieren.
Dieses System gilt in besonderem Maße für Menschen mit Phobien – sei es bei einer Angst vor engen Räumen, vor dem Autofahren oder vor Tieren wie großen Hunden oder Spinnen. Solche Menschen reagieren heftiger auf phobierelevante Reize als Menschen ohne diese Ängste. Sie erleben Stress pur.
Aus der Psychologie ist bekannt, dass Ängste wachsen, je mehr man die Auslöser meidet. Das geht bis hin zur totalen Blockade. Oft sind viele dieser Ängste völlig unbegründet, öfter noch bequeme Ausreden. Andere aber sind durchaus real: Dann etwa, wenn man wirklich Mist gebaut hat im Job und das nun droht, aufzufliegen. Was denken bloß die anderen darüber? Verliere ich vielleicht sogar meinen Status, meinen Job? – Solche Gedanken kreisen dann im Kopf der derart Geängstigten und verstärken die Erregung nur noch.
Wir sehen größer, was wir fürchten
So lässt sich das Ergebnis eine Studie der Universität Mannheim zusammenfassen. Psychologen um Professor Georg W. Alpers vom Otto-Selz-Institut konnten dabei etwa nachweisen, dass Arachnophobiker (Spinnenangst) Spinnen früher und länger wahrnehmen als gesunde Menschen. Es ist den Forschern zufolge die erste Studie, die wissenschaftlich belegt, dass die Welt und wie wir sie wahrnehmen (in dem Fall Angstpatienten), im Auge des Betrachters liegt. So berichten Personen mit Spinnenphobie beispielsweise, dass sie die Tiere größer, beeindruckender und bedrohlicher wahrnehmen. Bei den Experimenten zeigte sich zudem, dass Emotionen wie Angst offenbar stark darüber entscheiden, welches Bild Einzug in unsere bewusste Wahrnehmung erhält.
Und wovor wir uns fürchten, das sehen wir – früher, länger, größer. Ein Trugschluss wommöglich, aber ein lähmender, den man schon dadurch eindämmen kann, indem man sich dies bewusst macht: Ängste und Risiken sehen für uns zuweilen größer aus als sie sind.
Schon Epiktet wusste: „Nicht die Umstände beunruhigen uns, sondern, wie wir darüber denken.“ Oder wie es Anaïs Nin einst so schön formuliert hat: „Wir sehen die Welt nicht wie sie ist, sondern wie wir sind.“
Tipps, wie Sie Ängste im Job überwinden
Machen Sie sich bewusst: Angst beginnt im Kopf. Sie ist das Ergebnis unserer Gedanken und die wiederum drehen sich um eine Vorstellung in der Zukunft. Die Gefahr ist vielleicht real, das Szenario ist es noch lange nicht.
Ein wesentlicher Schritt, die Angst im Job zu überwinden, ist daher – wie bei jeder Adoleszenz – sich darüber klar zu werden, wovor man sich überhaupt fürchtet. Oft ist es so, dass die Menschen, die sich vor etwas fürchten, kein klares Bild vor Augen haben, was diesen überhaupt ausmacht:
- Ist das Szenario wahrscheinlich?
- Ist es auch realistisch?
- Was kann schlimmstenfalls passieren?
- Wäre das wirklich so schlimm?
- Was kann ich tun, um die Folgen zu minimieren oder ganz zu verhindern?
Machen Sie Schluss mit dem Katastrophendenken. Je klarer das Bild wird, desto mehr lösen sich diffuse Sorgen auf. Ich spreche hier aber nicht von einer 5-Minuten-Analyse. Nehmen Sie sich dafür wirklich Zeit – mindestens einen Tag, besser ein Wochenende oder länger. Angstüberwindung ist damit immer auch eine Willensentscheidung. Und das Ende jeder Angst beginnt ebenfalls im Kopf.
Reden ist zwar kein Allheilmittel – es hilft aber häufig auch gegen die Angst im Job. Allerdings sollten Sie genau überlegen, wem Sie sich anvertrauen und so eine Schwäche offenbaren. Chef oder Kollegen sind dabei nicht unbedingt die besten oder vertrauenswürdigsten Ansprechpartner: Man weiß nie, wie sie mit den erlangten Einblicken umgehen… Echte Freunde sind in der Regel die bessere Wahl.
Tatsächlich können wir mehr, als wir denken. Erst recht, wenn wir uns von unserer Angst im Job nicht lähmen oder ausbremsen lassen. Henry Ford formulierte es einmal so: „Es gibt mehr Menschen, die kapitulieren, als solche, die scheitern.“ Recht hat er: Pleiten, Patzer, Pannen – all die sind Ansichtssache. Ihre eigene. Schon eine andere Einstellung dazu, kann den Ausgang maßgeblich beeinflussen. Drehen Sie den Spieß um, und stellen Sie den Fehlschlag in Frage: Ist es wirklich einer oder eine praktische Lehrstunde, an der sich wachsen lässt?
Bewegen Sie sich!
Da Angst wie Stress im Körper wirkt und auch die entsprechende Hormonkaskade auslöst, sollten Sie sich bewegen. Denn Stress soll uns für Angriff oder Flucht mobilisieren, also körperliche Aktivitäten. Sobald Sie sich bewegen, setzt dann auch die Enspannungswirkung ein, die Angstattacke geht schneller vorbei. Es muss ja nicht gleich ausgiebiger Sport sein, ein kurzer Spaziergang oder Treppensteigen reichen oft schon.
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