Videobewerbung: Warum überhaupt?
In der schriftlichen Bewerbung geht es nur zu 40 Prozent um fachliche Qualifikationen. Viel wichtiger sind die Persönlichkeit und die Soft Skills der Bewerber. Sie entscheiden maßgeblich darüber, ob jemand ins bestehende Team passt – oder nicht.
Zudem ist die schriftliche Bewerbung nur 2-dimensional. Papier ist geduldig, behaupten lässt sich im Lebenslauf viel. Ob Sie wirklich für den Job „brennen“, motiviert und den Herausforderungen gewachsen sind, wollen Personaler sehen und fühlen. Dafür gibt es das Anschreiben und Vorstellungsgespräche. Sie können dem aber auch zuvorkommen – mit einer Videobewerbung.
Vorteile der Videobewerbung
Zwar bieten auch die klassischen Bewerbungsunterlagen einige Gestaltungsoptionen. Sie bleiben aber auf die reine Schriftform beschränkt. Stimme, Sprache, Mimik, Gestik – all das fehlt. Nicht jedoch in der Videobewerbung. Hier können Sie sich präsentieren sowie Ihre Stärken und Motivation überzeugend darstellen. Darüber hinaus gibt es noch weitere Vorteile:
- Sie zeigen damit überdurchschnittliches Engagement.
- Sie heben sich positiv von der Masse ab.
- Sie beweisen Persönlichkeit und Leidenschaft.
- Videos schärfen Ihr Bewerber-Profil, erzeugen ein 3D-Gesamtbild.
- Videos dokumentieren Ihre Soft Skills (Auftreten, Ausdruck, etc.).
- Videos machen die Bewerbung authentisch und glaubhaft.
- Videos helfen, wenn der Werdegang nicht aussagekräftig genug ist.
Wann ist eine Videobewerbung sinnvoll?
In der schriftlichen Bewerbung wollen Sie sich zunächst von der Konkurrenz abheben und beweisen, dass Sie die Idealbesetzung für die freie Stelle sind. Dazu muss die Bewerbungsmappe (auch bei eMail- und Online-Bewerbung) natürlich individuell, aussagekräftig und überzeugend sein. Das sind die Unterlagen von Mitbewerbern aber vielleicht auch. Um die Jobchancen zu erhöhen, müssen Sie also auch im Gedächtnis bleiben. Und genau das kann ein solches Video leisten.
Sinnvoll und wirkungsvoll sind Videobewerbungen immer dann, wenn Sie Ihre Bewerbung oder (fehlende) Qualifikationen irgendwie erklären (nie rechtfertigen!) müssen. Zum Beispiel dann, wenn Sie es mit Vorbehalten oder Vorurteilen zu tun haben. Dasselbe gilt für Bewerber, die vor Charme und Charisma nur so sprühen (was schriftlich aber nicht rüberkommt). Im Video können Sie das buchstäblich zeigen und darstellen.
Videobewerbung: In diesen Fällen hilft sie
- Bei der Initiativbewerbung, um dieser mehr Nachdruck zu verleihen.
- Für Berufseinsteiger, die mit Motivation punkten müssen.
- Bewerber in der Kreativ- und Medienbranche.
- Bewerber mit Migrationshintergrund.
- Jobs, in denen Kommunikationsstärke zählt.
- Jobs im Marketing oder mit viel Kundenkontakt.
- Falls der Lebenslauf oder Jobwechsel erklärungsbedürftig ist.
- Bewerber mit 50+ (als Beweis: Sie haben noch Feuer!).
Aber Achtung: Das Bewerbungsvideo ist nur eine Ergänzung, kein Ersatz zur Bewerbung!
Videobewerbung: Tipps zu Aufbau und Inhalt
Weil die Videobewerbung über den heutigen Standard der Bewerbungsformen hinausgeht, fällt sie besonders auf und hallt nach. Machen Sie sich bewusst: Das Video ist nicht nur eine Art bewegte Visitenkarte, sondern auch eine erste Arbeitsprobe oder vorweg genommenes Bewerbungsgespräch. Eine Videobewerbung ist also kein Selbstläufer. Nehmen Sie sich dafür ausreichend Zeit und tüfteln Sie am Inhalt. Der Schuss kann sonst ebenso nach hinten losgehen.
Hier unsere wichtigsten Tipps für die Videobewerbung:
-
Lassen Sie sich inspirieren
Im Internet und auf Youtube finden Sie inzwischen einige Beispiele guter Videobewerbungen. Schauen Sie sich diese an und notieren Sie sich, was Ihnen gefällt und was zur Branche oder dem angestrebten Beruf passt. Natürlich sollen Sie niemanden kopieren. Sie können sich von den Beispielen aber inspirieren lassen und lernen welche Qualität potenzielle Mitbewerber schon bieten.
-
Erstellen Sie ein Drehbuch
Ihre Videobewerbung ist wie ein Kurzfilm. Einfach drauflos drehen, funktioniert nicht. Erstellen Sie vorab unbedingt ein Drehbuch. Zeigen Sie im Video, warum Sie für das Unternehmen arbeiten wollen: Was reizt Sie an diesem Job, an diesem Arbeitgeber? Warum sind Sie die perfekte Besetzung? Erzählen Sie IHRE Geschichte (siehe: Storytelling) – ohne jedoch den Lebenslauf zu wiederholen!
-
Bleiben Sie authentisch
Seien Sie sparsam mit Special-Effects oder Filtern. Natürlichkeit und Authentizität überzeugen Personaler mehr. Wer sich verstellt, schauspielert oder gekünstelt wirkt oder eine Fassade präsentiert, wird mit dem Video nicht überzeugen. Zeigen Sie sich von Ihrer besten Seite, ja. Aber selbst die Schokoladenseite muss echt sein.
-
Üben Sie im Vorfeld
Wenn Sie nicht gerade regelmäßig vor der Kamera stehen, wird Ihnen das lockere Sprechen in eine Linse anfangs schwer fallen. Da hilft nur: üben, üben, üben. Am besten mit diversen Probeaufnahmen. Fragen Sie dazu auch Freunde oder Familie, wie Sie vor der Kamera wirken oder worauf Sie achten sollten. Wichtig sind beispielsweise eine selbstbewusste Körperhaltung und kein allzu schnelles Sprechtempo. Das wirkt latent nervös und unsicher. Je häufiger Sie das üben, desto sicherer wird Ihr Auftreten in der Videobewerbung.
-
Sorgen Sie für Abwechslung
Genau genommen ist eine Videobewerbung das langweiligste Filmformat, das es gibt: Ein Kopf spricht. Spannend wird der Clip durch Schnitte, Ausschnitte, Bildsprünge (sogenannte „Jump Cuts“) und Szenenwechsel. Nehmen Sie also bitte nicht alles in einem sogenannten „One-Take“ auf, sondern überlegen Sie sich verschiedene Einstellungen. Mal eine Totale, mal ganz nah ran. Auch die Orte können wechseln, wenn Sie den Inhalt unterstützen und nicht ablenken. Kurze, schnelle Schnitte (wie bei Musik-Videos) können – vor allem zu Beginn – Spannung erzeugen und den Zuschauer „ins Video ziehen“. Versuchen Sie also eine Art Spannungsbogen und Dramaturgie zu erzeugen. Für den Videoschnitt gibt es übrigens kostenlose Programme wie Movie Maker (Windows), iMovie (Apple) oder Hitfilm Express.
Aufbau Beispiel: Bewerbungsvideo in 3 Akten
So eine Videobewerbung sollte nicht länger als 4-5 Minuten dauern. Optimal ist eine Länge zwischen 2 und 4 Minuten. Für den Aufbau eignet sich ein Schema in 3 klassischen Akten. Hier ein Beispiel:
- Einleitung
In der Einleitung oder Begrüßung stellen Sie sich kurz selber vor: Name, Alter, Wohnort, Ausbildung, beruflicher Werdegang… Wofür bewerben Sie sich? Alles nicht länger als 30-40 Sekunden. - Hauptteil
Im Hauptteil sprechen Sie über Ihre Motivation für den Job und Arbeitgeber. Nennen Sie Ihre Alleinstellungsmerkmale und wichtigsten Stärken. Wichtig: Stellen Sie dabei einen Bezug zur angestrebten Stelle her. - Pointe
Das Ende des Videos sollte einen letzten Höhepunkt bieten. Bekräftigen Sie Ihre Motivation oder nennen Sie Ihr Lebensmotto. Enden Sie mit der Vorfreude auf das Vorstellungsgespräch („Gerne überzeuge ich Sie persönlich im Gespräch. Auf einen Terminvorschlag dazu freue ich mich.“). Und vergessen Sie nicht, Ihre Kontaktdaten einzublenden oder zu nennen: eMail + Telefonnummer!
Kreativtipp: Wer sich als Koch bewirbt, könnte sein Video zum Beispiel wie ein Rezept oder ein 5-Gänge-Menü aufbauen. Wer sich im Bereich Social Media bewirbt, könnte die Szenen im Instagram-Look und als 1-3 Reels oder Storys drehen.
Fehler bei der Videobewerbung
Bevor Sie zur Kamera greifen: Die Tücken der Videobewerbung stecken in den Details. Oft in technischen, aber nicht nur. Versuchen Sie daher bitte folgende typische Fehler zu vermeiden:
-
Hintergrund
Achten Sie auf den Videohintergrund! Er sollte weder von Ihnen ablenken, noch Peinliches zeigen: Urlaubsbilder, erotische Poster, irritierende Buchtitel („Nieten in Nadelstreifen“), etc. Der perfekte Hintergrund ist neutral & einfarbig (z.B. weiß, grau, dunkelblau) und bildet einen guten Hell-Dunkel-Kontrast zu Ihnen. Die Farben sollten mit Ihrer Kleidung harmonieren. Und Greenscreen wirkt meist unnatürlich. Empfehlen wir daher nicht.
-
Kleidung
Kleider machen Leute. Das gilt auch im Bewerbungsvideo. Achten Sie daher auf Ihr Äußeres: Kleidung, Flecken, Falten, Frisur, … Wählen Sie Ihr Outfit passend zur Zielbranche (Business-Outfit statt Freizeit-Kleidung!) oder kleiden Sie sich so wie bei einem echten Vorstellungsgespräch. Denken Sie auch an Ihre Frisur (und Bart)! Und damit die Haut nicht fettig glänzt: abpudern! Oder mit einem weichen Papiertuch leicht abreiben.
-
Sprache
Klingt trivial, machen aber viele falsch: Bevor Sie die Kamera anschalten, überlegen Sie sich den Sprechtext – und zwar den freigesprochenen. Bitte NIE ablesen! Sätze, die nach Schreibdeutsch klingen, klingen künstlich. Lesen Sie sich Ihr Skript lieber ein paarmal laut vor. Sätze, die holpern, sollten Sie umformulieren. Schreiben Sie möglichst kurze (Haupt)Sätze, keine kafkaesken Satzmonster. Schriftsprache und gesprochene Sprache unterscheiden sich enorm.
-
Stammelsilben
Reden Sie bitte flüssig. Zu viele „Äh“ und „Hmm“ machen keinen guten Eindruck in der Videobewerbung. Sie hatten schließlich genug Zeit und Takes, um das flüssig aufzunehmen. Auch nuscheln ist tabu. Immer deutlich sprechen! Zur Not nehmen Sie die Szene solange auf, bis sie sitzt. Machen Profis nicht anders.
-
Haltung
Die Videobewerbung ist Ihre Bühne. Gestik, Mimik und Körpersprache sollten Ihre Aussagen unterstützen. Sitzen Sie also nicht nur da und reden. Stehen Sie auf! Sie wirken so sofort souveräner und dynamischer. Und es zeugt von Tatkraft. Lächeln Sie möglichst oft – das macht sympathischer. Schultern gerade, Stand aufrecht, beide Beine fest auf dem Boden (nicht wippeln!). Und halten Sie Blickkontakt mit dem Zuschauer. Schauen Sie immer direkt in die Kamera.
-
Ausdruck
Dasselbe gilt auch für Ihren Ausdruck. Ihren Enthusiasmus will man im Video sehen. Wenn Sie von sich oder dem Job erzählen, sollten die Augen leuchten. Bei bierernster Miene schalten Personaler ab. Variieren Sie dazu auch mal die Lautstärke Ihre Stimme. Leichtes Flüstern erzeugt Spannung.
-
Redundanzen
Die Videobewerbung ist keine digitale Doublette Ihrer Bewerbung! Es ist eine Essenz Ihrer Motivation. Sie wirft den Scheinwerfer auf Ihre Persönlichkeit und Begeisterung für den Job. Sie ist ein Werbeclip für Ihre Stärken. Der Zuschauer soll Sie besser noch kennenlernen, als das schriftlich möglich wäre. Und neugierig auf Sie werden. Daher darf die Videobewerbung nie ein Déjà-vu hervorrufen. Bringen Sie darin unbedingt neue Informationen.
-
Prägnanz
Leider haben Personaler auf Kandidatensuche kaum Zeit. Deshalb muss Ihr Video kurz, prägnant und inspirierend bleiben. Die Videobewerbung ist ein Appetithappen, ein Vorgeschmack – keine Selbstoffenbarung. Zu viel Offenheit ist eher schädlich. Platzieren Sie Ihre Hauptbotschaft möglichst in der ersten Minute. Orientieren Sie sich dazu am sogenannten Elevator Pitch. Oder an der Formel: Ich bin… Ich kann… Ich will… – Auch das übrigens ein guter Aufbau für den Inhalt.
Bewerbung: Wie das Video einbauen?
Die Videobewerbung können Sie im Bewerbungsschreiben oder im Lebenslauf angeben. Dazu haben Sie je zwei Optionen:
- Video als Link (Youtube oder in der Cloud wie Google Drive oder Dropbox) einbinden.
- QR-Code erzeugen und den in Anschreiben oder Lebenslauf integrieren.
Der Personaler muss dann nur noch mit seiner Handykamera den Code scannen, schon startet das Bewerbungsvideo. Wer mag, kann auch beides (Link + Code) einsetzen. Das Ergebnis könnte zum Beispiel so aussehen:
Videobewerbung selber drehen oder Anbieter nutzen?
Wenn Sie eine Videobewerbung nutzen wollen, können Sie diese inzwischen relativ leicht selber drehen und produzieren. Moderne Smartphones bieten dafür eine ausreichende Qualität und viele nützliche Funktionen. Was Sie dann noch unbedingt brauchen, ist gutes Licht und ein Stativ sowie ein gutes Mikrofon für den Ton. So paradox es klingt: Der Ton ist beim Video wichtiger als das Bild. Das liegt daran, dass das Auge toleranter ist als unser Ohr.
Wer eine professionelle Videobewerbung nicht selbst erstellen kann (oder will), kann ebenso auf Dienstleister zurückgreifen. Auch Fotografen bieten diesen Service zunehmend öfter an. Diese finden sich ebenfalls im Internet. Ein gutes Bewerbungsvideo in hoher Qualität kann zwischen 300 und 500 Euro kosten. Selbstgemacht ist es natürlich deutlich billiger, kann aber auch so aussehen.