Bewerbung aus der Festanstellung: Die Risiken
So ein fliegender Jobwechsel hat Risiken. Solange die Tinte unter dem neuen Vertrag nicht trocken ist, sollten Sie – schon aus Selbstschutz – keinem davon erzählen. Auch nicht den Kollegen. Den Flirt mit der Konkurrenz könnten manche negativ auslegen und beim Chef petzen. Der wiederum wertet Ihre heimliche Bewerbung womöglich als Loyalitätsbruch. Die Karriere liegt dann auf Eis, Gehaltserhöhung oder Beförderung rücken in weite Ferne. Manche Narzissten auf der Chefetage reagieren sogar mit Mobbing beziehungsweise Bossing. Brauchen Sie nicht!
Deshalb ist es enorm wichtig, dass Sie bei einer Bewerbung aus der Festanstellung größtmögliche Diskretion wahren. Tipps für die diskrete Bewerbung – inklusive Formulierungsbeispielen – finden Sie hier…
Was schreiben wenn man noch angestellt ist?
Weil Sie von einem Arbeitgeber in spe nicht erwarten können, dass der zuerst eine Vertraulichkeitserklärung unterschreibt, bevor er Ihre Bewerbung liest, müssen Sie einen anderen Weg wählen. Der heißt: Sperrvermerk.
Der Ort für den Sperrvermerk ist das Anschreiben. Hier haben Bewerber grundsätzlich zwei Option, um im Bewerbungsschreiben für Diskretion zu werben:
- Betreffzeile
Machen Sie gleich zu Beginn der Bewerbung deutlich, dass Sie um Vertraulichkeit bitten. Der Betreff fällt dabei besonders auf und steht gleich am Anfang des Dokuments. - Schlusssatz
Alternativ können Sie im Schlusssatz darum bitten, dass die Bewerbung vertraulich behandelt wird. Nutzen Sie dazu gerne auch Fettschrift, damit es mehr auffällt.
Beide Optionen sind allerdings alternativ zu nutzen. Also bitte nicht gleichzeitig und doppelt anwenden. Das sieht sonst latent paranoid aus. In allen Fällen bittet man übrigens nie um „Diskretion“ oder einen „Sperrvermerk“, sondern um „Vertraulichkeit“ oder darum, die Bewerbung „vertraulich zu behandeln“ – das ist schon der Sperrvermerk.
Sperrvermerk im Betreff: Tipps & Formulierungen
Die Formulierungen für die Betreffzeile können Sie natürlich genauso in der Betreffzeile einer eMail-Bewerbung nutzen.
- „Bitte vertraulich behandeln: Bewerbung für…“
- „Mit der Bitte um Vertraulichkeit: Meine Initiativbewerbung als…“
- „Vertraulich: Meine Bewerbung als…“
- „Meine vertrauliche Bewerbung für Ihre Stelle als…“
- „Bitte vertraulich behandeln: Meine Bewerbung als…“
Sperrvermerk im Schlusssatz: Tipps & Beispiele
Mehr Platz haben Sie im Schlussteil des Anschreibens. Hier können Sie zudem erwähnen, dass Sie sich in einer ungekündigten Stellung befinden. Das wertet die Bewerbung sogar auf, weil Sie ganz offensichtlich nicht aus Not, sondern aus einer Position der Stärke heraus den Job wechseln. Beispiele und Formulierungen:
- „Derzeit befinde ich mich in einem unbefristeten und ungekündigten Arbeitsverhältnis. Meine gesammelten Erfahrungen möchte ich nun gerne in Ihrem Bereich als ____ gewinnbringend einsetzen.“
- „Da ich mich zurzeit in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befinde, bitte ich Sie, diese Bewerbung vertraulich zu behandeln. Bitte rufen Sie mich abends ab 20 Uhr unter der oben angegebenen Nummer zurück…“
- „Trotz meiner Zufriedenheit in meiner aktuellen ungekündigten Tätigkeit, möchte ich zukünftig mehr Verantwortung übernehmen und mich beruflich weiterentwickeln. Dazu bitte ich Sie, meine Bewerbung zurzeit noch vertraulich zu behandeln.“
- „Ich bitte darum meine Bewerbung vertraulich zu behandeln, da ich mich noch in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befinde.“
- „Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich meinen jetzigen Arbeitgeber zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht über meine Bewerbung informieren möchte. Daher bitte ich um die vertrauliche Behandlung meiner Unterlagen.“
- „Ich bitte ausdrücklich um einen vertraulichen Umgang mit meinen Bewerbungsunterlagen, da meine aktuelle Stelle ungekündigt ist.“
Kontakt erst nach Feierabend
Wer auf Nummer sicher gehen will, während der Arbeitszeit nicht von einem Personaler, Headhunter oder Personalberater angerufen zu werden, kann dies ebenfalls zusammen mit dem Sperrvermerk oder einem PS in der Bewerbung formulieren. Beispiele:
- „PS: Bitte kontaktieren Sie mich abends ab 19 Uhr unter der oben angegebenen privaten Nummer…“
- „PS: Bitte berücksichtigen bei der Kontaktaufnahme meine aktuellen Arbeitszeiten. Ich bin für Sie gerne erreichbar ab…“
- „PS: Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. Sie erreichen mich am besten privat per Mail oder telefonisch morgens vor 9 Uhr oder abends nach 18 Uhr.“
- „PS: Wegen meiner ungekündigten Position bin ich zu den folgenden Zeiten gut erreichbar: …“
Bewerbung aus Festanstellung: Kostenlose Vorlage
Um Ihnen das Formulieren des Anschreibens für die Bewerbung aus der Festanstellung zu erleichtern, haben wir für Sie ein Muster vorbereitet, dass Sie sich gerne HIER kostenlos als Word-Datei oder als PDF herunterladen und privat nutzen können.
Falls Sie fürchten, dennoch entlarvt zu werden, weil die Branche klein und geschwätzig ist, können Sie zudem alle Hinweise auf Ihren aktuellen Arbeitgeber in der Bewerbung sowie im tabellarischen Lebenslauf entfernen. Dann haben Sie beispielsweise nicht eine Position als _____ in der Firma _____, sondern arbeiten nur noch in einem „mittelständischen Medienunternehmen“.
Formulierungen im Anschreiben können lauten:
- „Derzeit bin ich in einem großen Unternehmen der IT-Branche beschäftigt.“
- „Aktuell arbeite ich in einem inhabergeführten Unternehmen im Medizinbereich.“
- „Zu meinen momentanen Aufgaben in einem internationalen Pharmakonzern gehören…“
Vergessen Sie bei solchen Verschleierungsaktionen bitte nicht Ihr Arbeitszeugnis oder Zwischenzeugnisse sowie Ihre Online-Profile auf Linkedin oder Xing. Neugierige Personaler, die Sie googeln, werden dann trotzdem fündig. Die Methode bietet also keinen 100-prozentigen Schutz.
Grundregeln für die Bewerbung aus der Festanstellung
Wann immer Sie sich vertraulich oder heimlich aus einem aktuellen Job bewerben, sollten Sie ein paar Grundregeln beachten:
- Erzählen Sie niemandem in der aktuellen Firma von Ihrer Bewerbung.
- Gleiches gilt für Postings in sozialen Netzwerken.
- Arbeiten Sie mit vollem Einsatz weiter.
- Führen Sie keine Telefonate oder Mailkontakte während der Arbeitszeit.
- Schon gar nicht auf dem Dienstrechner oder Diensthandy.
- Das gilt ebenso für die Jobsuche.
- Verändern Sie keine Gewohnheiten – auch nicht Ihren Kleidungsstil (plötzlich Anzug statt Jeans).
- Verschwinden Sie nicht länger als sonst in der Mittagspause – erst recht ohne Kollegen.
- Ebenfalls verräterisch: häufige Telefonate für die Sie sich heimlich zurückziehen.
- Pflegen Sie Ihre Profile auf Linkedin oder Xing regelmäßig. Wer dies plötzlich tut und ein neues Profilbild hochlädt, weckt schlafende Hunde.
- Führen Sie ein Jobinterview möglichst nicht während der Arbeitszeit, sondern nehmen Sie dafür normalen Erholungsurlaub. Unauffällig sind Freitag und Montag – als wollten Sie das Wochenende verlängern.
- Falls Sie sich trotzdem während der Arbeitszeit für ein Vorstellungsgespräch umziehen müssen, packen Sie einen passenden Anzug ins Auto und ziehen sich heimlich in einer Tiefgarage um.
Vorstellungsgespräch: Rechnen Sie mit Rückfragen
Wenn Ihre vertrauliche Bewerbung zur ausgeschriebenen Position passt, ist eine Einladung zum Bewerbungsgespräch wahrscheinlich. Rechnen Sie hierbei allerdings mit konkreten Fragen zur Eigenkündigung beziehungsweise zu Ihrer Wechselmotivation.
Typische Rückfragen sind: Warum sind Sie mit Ihrem aktuellen Job unzufrieden? Was hat Sie am bisherigen Job am meisten gestört? Warum haben Sie gekündigt? Als professionelle Reaktion darauf empfehlen wir:
- Nicht lästern!
Reden Sie keinesfalls negativ über Ihren jetzigen Arbeitgeber. Sie sind nicht verpflichtet die wahren Trennungsgründe zu nennen. Lästern wird immer zum Bumerang. - Nicht rechtfertigen!
Lange Erklärungen oder Rechtfertigungen riechen nach einem schlechten Gewissen. Eine kurze Jobwechsel-Begründung reicht völlig. Idealerweise mit einer sogenannten Hin-zu-Motivation: Sagen Sie, dass Sie dankbar sind für den bisherigen Job und das Gelernte. Nun aber möchten Sie sich beruflich verändern und suchen nach einer neuen Herausforderung. - Nicht zögern!
Nutzen Sie die Bewerbung aus der Festanstellung zu Ihrem Vorteil. Sprechen Sie Ihre Kündigungsfrist und den frühest möglichen Eintrittstermin an und nennen Sie selbstbewusst Ihre Gehaltsvorstellungen. Gerade wer noch einen Job hat, kann und sollte den Trumpf bei der Gehaltsverhandlung ausspielen.
Bei der Bewerbung aus der Festanstellung ertappt: Was tun?
Sollten Sie trotz aller Vorsichtsmaßnahmen auffliegen, bleiben Sie unbedingt cool und selbstbewusst. Sie wollen lediglich ihren Marktwert und ihr Gehalt prüfen – das ist legitim. Leistungsträger machen das regelmäßig. Aber wo das Thema schon aufkommt: „Wann hätten Sie Zeit für ein Mitarbeitergespräch?“
Sollte der Chef die Beruhigungspille nicht schlucken, signalisieren Sie dem Vorgesetzten Ihre wahren Gründe. Verdeutlichen Sie dabei, dass Ihre Bewerbung keine Entscheidung GEGEN die Firma, sondern FÜR eine neue Herausforderung ist und wohin Sie sich weiterentwickeln möchten. Auch wegen familiärer Gründe oder einem kürzeren Arbeitsweg kann niemand böse sein. Unter Umständen können sich dadurch beim aktuellen Arbeitgeber Türen öffnen. Hauptsache, Sie hinterlassen bei Ihrer Demission keine verbrannte Erde. Das schadet nur der eigenen Reputation. Scheiden Sie bitte immer im Guten, arbeiten Sie Ihren Nachfolger ein und zeigen Sie bis zum letzten Tag vollen Einsatz.
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