Ad-hominem-Angriff: Beispiele + haltlose Argumente kontern

In Diskussionen geht es zuweilen hoch her. Manch einer will um jeden Preis gewinnen und setzt dabei auch einen Ad-hominem-Angriff ein. Ein fieser Trick und gemeines Argument, das mit der Sache gar nichts zu tun hat, sondern den Gegner persönlich angreift. Beispiele für Ad-hominem-Argumente und wie Sie diesen Angriff abwehren…

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Bedeutung: Was ist ein Ad-hominem-Angriff?

Ein Ad-hominem-Angriff ist eine unfaire, rhetorische Taktik, bei der eine Person direkt angegriffen wird, um von deren Argument abzulenken oder die Person insgesamt zu diskreditieren.

Der lateinische Begriff „Argumentum ad personam“ bedeutet auf Deutsch übersetzt soviel wie „Beweisführung gegen den Menschen“. Es handelt sich damit um einen persönlichen Angriff – oft in Form einer Polemik oder Beleidigung.

Merkmale eines Ad-hominem-Angriffs

  • Fokus auf die Person

    Der haltlose Angriff zielt direkt auf persönliche Eigenschaften wie Aussehen, Charakter oder Verhalten, statt sachlich auf das Argument einzugehen.

  • Ablenkung vom Thema

    Das rhetorische Mittel dient dazu, von einer schwachen Position abzulenken und die Diskussion zu manipulieren.

  • Logischer Fehlsschluss

    Der Ad-hominem-Angriff ist letztlich ein irrelevantes Scheinargument, weil die Stichhaltigkeit eines Arguments immer unabhängig von der Person ist, die es vorbringt.

Beispiele für Ad-hominem-Angriffe

Typische Sätze und Beispiel für Ad-hominem-Argumente sind:

  • „Haben Sie überhaupt schon mal ein Team geleitet? Dann können Sie doch gar nicht mitreden!“
  • „Sich über Massentierhaltung beschweren, aber selber Fleisch essen!“
  • „So wie Sie gekleidet sind, sollten Sie nicht über moderne Trends sprechen!“
  • „Als notorischer Gutmensch sind Sie dafür einfach zu befangen.“
  • „Das einzig Intelligente an Ihnen sind Ihre Weisheitszähne.“
  • „Bei so vielen Schreibfehlern in deinem Kommentar ist der Rest sicher auch falsch.“

Ziel eines Ad-hominem-Angriffs ist praktisch immer die Reputation des Gegners insgesamt zu zerstören oder wenigstens in Zweifel zu ziehen, um sich so nicht mehr mit den eigentlichen Fakten und Argumenten auseinandersetzen zu müssen.

Das perfide an einem Ad-hominem-Argument: Es kann – bezogen auf die Person – sogar wahr sein und bleibt dennoch ein logischer Trugschluss, weil es mit dem Thema oder der Sache nichts zu tun hat (siehe: Diss Sprüche).

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Arten und Ad-hominem-Angriff Beispiele

Meinungsverschiedenheiten sind so alt wie die Menschheit. Schon in der Antike bedienten sich Philosophen verschiedener rhetorischer Mittel, um andere zu überzeugen. Bis heute haben sich zahlreiche Philosophen und Rhetoriker mit dem Argumentum ad hominem beschäftigt. Dabei lassen sich vor allem 5 Formen unterscheiden:

    1. Missbräuchliches Ad-hominem-Argument

    Häufig ist der direkte Ad-hominem-Angriff missbräuchlich, da er den anderen einfach nur auf persönlicher Ebene angreift und beleidigt. Oft konnte der Angreifer bis dahin nicht mit Argumenten überzeugen und greift nun zu einem schäbigen Trick. Der kanadische Theoretiker Douglas Neil Walton differenziert beim missbräuchlichen Ad-hominem-Argument nochmal fünf weitere Unterformen. Diese sind jeweils abhängig von der Persönlichkeit und Fähigkeit des Kontrahenten, ein gültiges Gegenargument zu liefern.

    Beispiel

  • „Ich finde ja schon Ihre Frisur ziemlich wirr. Aber das passt ja ganz gut zu Ihren verwirrten und konfusen Aussagen!“
  • 2. Tu-quoque-Argument

    Bei diesem Ad-hominem-Angriff greift der Kontrahent sein Gegenüber wegen eines ähnlichen Vergehens an. „Tu quoque“ bedeutet übersetzt „Du auch!“ Die Mechanik dieses Angriffs ist: Weil jemand selbst den Müll schlecht trennt, darf er oder sie nicht die zunehmende Umweltverschmutzung anprangern.

    Beispiel

  • Die rauchende Mutter ermahnt ihre Kinder, nicht zu rauchen, weil das gesundheitsschädlich ist. Daraufhin antworten die Kinder: „Aber du rauchst doch auch!“
  • 3. Performatives Ad-hominem-Argument

    Das performative oder umständliche Ad-hominem-Argument lehnt eine bestimmte Haltung ab. Dazu stellt der Kontrahent die Motive der angegriffenen Person infrage, indem er widersprüchliches Verhalten zu deren Argument oder Aussage anprangert.

    Beispiel

  • Eine Umweltaktivistin spricht sich gegen Flüge aus, aber fliegt selbst. Klimaleugner machen ihr dies zum Vorwurf. Es handelt sich um einen unberechtigten Ad-hominem-Angriff, weil die Umweltaktivistin a) mit ihrem Hinweis auf die Klimaschädlichkeit wissenschaftlich korrekt liegt b) nur Fernstreckenflüge zu einer Klimakonferenz (höheres Ziel) nutzt, sich aber vor allem gegen Interkontinentalflüge ausspricht.
  • 4. Genetisches Ad-hominem-Argument

    Hierbei werden die Ursprünge eines Sachverhalts oder Arguments angegriffen, indem der Kontrahent auf bestehende – meist negative – Sichtweisen aufmerksam macht. Eine inhaltliche Auseinandersetzung wird dadurch vermieden. Also auch ein Ablenkungsmanöver.

    Beispiel

  • Ein stadtbekannter Neonazi klagt den örtlichen Bauern der Tierquälerei an. Der Bauer wiederum wirft dem Neonazi im Streit seine politische Gesinnung vor, ohne auf die Tierquälerei in seinem Betrieb einzugehen. Aufgrund der politischen Gesinnung spricht der Bauer ihm das Recht ab, sich zur korrekten Tierhaltung zu äußern.
  • 5. Brunnenvergiftung

    Als „Brunnenvergiftung“ bezeichnet man einen Ad-hominem-Angriff, bei dem jemand präventiv einen anderen diskreditiert, noch bevor dieser die Chance hat, seine Position darzulegen. Die Brunnenvergiftung ist häufig eine vorgeschobene Unterstellung.

    Beispiel

  • „Bevor Herr Müller gleich seine Ausführungen zum Flughafenausbau darlegt, möchte ich kurz auf die damit verbunden Steuererhöhungen eingehen, die er Ihnen, verehrtes Publikum, verschweigen will!“

Logischer Trugschluss und „Red Herring“

In der Philosophie gilt das „Argumentum ad hominem“ als logischer Trugschluss, weil der Sprecher weder auf das vorherige Argument eingeht noch dieses argumentativ entkräftet. Ein Ad-hominem-Angriff gaukelt lediglich Relevanz vor, bleibt aber formal wie inhaltlich falsch.

Im Englischen wird das Ablenkungsmanöver auch als „Red Herring“ (= roter Hering) bezeichnet. Der Name geht auf eine Praxis bei der Jagd zurück: Mit einem stark riechenden roten Hering ließen sich Jagdhunde gezielt von einer Fährte weglocken und in die Irre führen.

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Tipps: Wie kann ich mich dagegen wehren?

Einen Ad-hominem-Angriff als solchen zu entlarven, ist bereits die erste Herausforderung. Viele Angegriffene tappen in die Falle, gehen darauf ein und verteidigen sich. Effekt: Sie kommen vom Thema ab und verstärken die fiese Aussage durch Wiederholung nur noch – oder bestätigen sie indirekt.

Klüger und zielführender ist, so zu reagieren:

  1. Ruhe bewahren

    Ein Ad-hominem-Angriff soll Sie verwirren und aus der Fassung bringen, indem der Angreifer die Sachebene verlässt. Viele sind dann erstmal perplex. Wichtig ist jetzt: Cool bleiben, sich nicht beeindrucken und von Emotionen beherrschen lassen und unbedingt die Ruhe bewahren.

  2. Taktik benennen

    Zuhörern oder Außenstehenden mag es nicht auffallen, aber das Ad-hominem-Argument bleibt ein mieser Trick. Nennen Sie den persönlichen Angriff beim Namen und entlarven Sie, dass Ihrem Kontrahenten offenbar gerade die sachlichen Argumente ausgehen. Erklären Sie ruhig, dass das eine typische Ad-hominem-Taktik ist – und die Wirkung verpufft.

  3. Thema betonen

    Führen Sie die Debatte zum Thema zurück – sachlich, entspannt und souverän. Beispiel: „Das ist eine Sichtweise, die mit unserem Thema nichts zu tun hat. Bitte kehren Sie zur Sachebene zurück – falls Sie das wollen oder können!“

  4. Angriff kontern

    Je nach Kaliber des Gegners können Sie mit Schlagfertigkeit kontern. Das gelingt zum Beispiel durch Umdeutung („Aus Ihrem Mund klingt das irgendwie kleinkariert“) oder Ironie („Das haben Sie gut beobachtet“).

  5. Angriff ignorieren

    Inmitten einer Präsentation kann es ebenso sinnvoll sein, einen Ad-hominem-Angriff geflissentlich zu überhören. Beispielsweise um nicht den Faden zu verlieren oder eine ansonsten sachliche Debatte nicht abzuwürgen. Die Taktik kann am Ende sogar auf Ihre Überzeugungskraft einzahlen, weil Sie sich nicht auf das Niveau des Angreifers begeben.

  6. Angriff bestätigen

    Umgekehrt können Sie den Ad-hominem-Angriff – vorgeblich – bestätigen, indem Sie diesen erwidern: „Mir ist völlig klar, dass Sie das so verstehen wollen. Das tut aber nichts zur Sache, daher komme ich wieder auf unser Thema zurück…“

Vorgehen auf Beteiligte abstimmen

Ad-hominem-Angriffe kommen regelmäßig auf der politischen Bühne vor – aber auch im Privatleben und Arbeitsalltag. Grundsätzlich gelten die obigen Tipps für alle Bereiche, in denen Menschen aufeinandertreffen und miteinander streiren. Gleichzeitig brauchen Sie bei allen Gegenmaßnahmen immer noch Fingerspitzengefühl, welchen Spruch Sie wie kontern. Teilweise wollen oder müssen Sie mit Ihrem Gegenüber ja noch eine Weile zusammenarbeiten oder befreundet bleiben…


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