Arbeiten im Silicon Valley: Traumhaft?
Von Kalifornien aus die Welt erobern – den Traum träumen auch viele Deutsche. Ein junger Münchener hat den Sprung ins Silicon Valley geschafft – zumindest für ein halbes Jahr.
Von April bis September 2016 hat er als Praktikant sechs Monate lang in einem Tech-Unternehmen gearbeitet, wertvolle Erfahrungen gesammelt. Jetzt ist der IT-Student zurück und berichtet über seine Erfahrungen.
In der Online-Community Reddit hat er sich unter dem Kürzel svfma den Fragen der User gestellt. Karrierebibel fasst den Erfahrungsbericht für alle Valley-Fans zusammen …
Wie hast du dich beworben?
„Online beworben und sehr viel Glück gehabt, weil die Stelle genau zu mir gepasst hat“, schreibt der Münchener auf Reddit. Für Europäer sei es allgemein schwierig, aber man sollte irgendwie versuchen, an Referenzen zu kommen oder Recruiter direkt zu kontaktieren, zum Beispiel über Linkedin. „Außerdem sollte man nicht erwarten, direkt mit der ersten Bewerbung Erfolg zu haben, das können schon mal 20 bis 30 Bewerbungen bis zum ersten Interview werden.“
Und das Jobinterview selbst? „Die Interviews sind von den Firmen abhängig, bei mir war es nur ein Telefoninterview, bei anderen Firmen muss man dann in Google Docs ein Problem lösen und wieder andere fliegen einen evtl. sogar ein.“
Was erwarten die Arbeitgeber?
„Generell wird erwartet dass man sehr eigenständig arbeiten kann.“ Niemand erwarte von einem Junior oder Praktikanten Wunderdinge, aber die Grundlagen müsse man als Programmierer schon beherrschen, das sei selbstverständlich. Insgesamt hat er festgestellt, dass er als Praktikant in einer Tech-Firma keineswegs am hinteren Ende des Futtertrogs steht: „Man wird wie ein Vollzeitangestellter behandelt.“
Programmiersprachen, die man beherrschen sollte, um im Silicon Valley als Coder zu reüssieren: C, C++, Objective-C, Swift, Rust, Java, C#, Python, PHP, Assembler, ARM. „Sobald man eine gewisse Grundmenge an Sprachen beherrscht, lernt man recht schnell weitere“, schreibt er. „Das absolute Minimum ist C, Python und eine statisch typisierte objektorientierte Programmiersprache (Java, C#).“
Wie sieht der Arbeitsalltag aus?
Der typische Arbeitstag des Deutschen dauerte acht bis zehn Stunden. Vorteil: Überstunden wurden – recht großzügig – vergütet. „Ich wurde wie ein normaler Mitarbeiter behandelt, somit ziemlich gut. Mein Manager war hervorragend und es gab zusätzlich einige Events für Praktikanten“, schreibt er.
„Code schreiben war nur ein recht geringer Anteil meiner Arbeit“, so der Münchener. Oft habe er Konzepte oder Features ausarbeiten und in Meetings vorstellen müssen, ausgiebiges Feedback inklusive. „Ich habe an mehreren Projekten mitgearbeitet, habe mich also immer auf das Projekt mit der nächsten Deadline fokussiert. Je nach Projekt gab es dann mehr oder weniger Meetings, um Fragen zu klären und Entscheidungen zu treffen.“
Alles in allem: „Ich habe recht viel gearbeitet, aber am Wochenende war ich öfters mit Freunden unterwegs.“
Wie wichtig ist Networking?
„Relativ wichtig“, so seine Einschätzung. „Zum einen hilft es dir sehr, an Interviews zu kommen, zum anderen, um dich immer mal wieder zu vergleichen und zu sehen, wo du stehst im Vergleich zu Personen, deren Skills du recht gut einschätzen kannst.“
Wie groß ist der Unterschied zwischen den USA und Deutschland?
„Der Unterschied war geringer als gedacht, es gab natürlich zahlreiche kleine Unterschiede, aber es war nicht so, dass ich mein Leben radikal umgekrempelt habe“, erzählt der Münchener.
Grundsätzlich spürbar: Die Amerikaner gehen mehr Risiken ein, weil zum Einen die Budgets größer sind, aber auch das Mindset ein anderes sei. „Dazu kommt auch, dass das ganze Talent eben dorthin zieht, wo bereits existierendes Talent angesiedelt ist – und das ist eben nicht Deutschland, sondern die USA.“
Aber kommt Berlin dem als Startup-Metropole nicht schon sehr nahe? „Spontan würde ich sagen, dass dort (Anm.: USA) deutlich mehr Kapital und Talent vorhanden ist, außerdem ist wirklich fast alles auf Tech fokussiert, Berlin ist da ja sehr gemischt.“
Wie viel hast du verdient?
Der Verdienst des Deutschen lag nach eigener Aussage bei rund 50.000 US-Dollar, davon gingen 30 Prozent für Steuern ab. „Das war für ein knappes halbes Jahr, aufs Jahr hochgerechnet wären es ca. 110.000 US-Dollar – und das als Praktikant, nicht als Vollzeitangestellter, sonst wäre es nochmal mehr.“ Weiteres Plus: Seine Fixkosten lagen nur bei monatlich 600 Euro, berichtet er. „Die Wohnung wurde vom Arbeitgeber bezahlt und das Abendessen war gratis, dadurch war es sehr günstig.“
Nachteil: „Die Mieten sind abnormal“, so der Coder. „Je nach Lage zahlt man für eine Ein-Zimmer-Wohnung 2.000 bis 3.500 US-Dollar.“
Wie hast du Coden gelernt?
Nach eigener Aussage hat er mit 14 Jahren angefangen, sich selbst App-Programmierung beizubringen. „Da war dann recht schnell klar, dass ich auch etwas in die Richtung studieren möchte. Bevor ich angefangen habe, hatte ich wahnsinnige Selbstzweifel, aber das hat sich gelegt, als ich gesehen habe, dass dort auch nur ganz normale Menschen arbeiten“, erzählt er. „Ich habe sehr unstrukturiert gelernt, das hat es erschwert. Sobald ich die Grundlagen konnte, war es aber recht einfach.“ Bis zu seiner ersten einfachen App habe es rund sechs Monate gedauert, mittlerweile gehe das deutlich schneller – in ein paar Tagen oder Wochen.
Den Bachelor an einer FH hat er bereits in der Tasche, jetzt arbeitet er auf seinen Master hin. Im zweiten Semester hat er sich ein Urlaubssemester genommen, um das Praktikum im Silicon Valley absolvieren zu können. „Gegen Ende des Bachelors oder im Master ist ein guter Zeitpunkt, würde ich sagen“, so sein Tipp für potenzielle Nachahmer.
Welchen Rat hast du für andere Studenten?
Für alle Informatiker hat er noch diesen Rat: „Projekte, Projekte, Projekte“ machen. „Ebenfalls würde ich empfehlen, von dem 08/15 Kram abzuweichen. JavaScript kann heutzutage jeder auf Codecademy lernen, aber wenn du was Exotisches lernst, ist das ein Indikator, dass du nicht nur am kürzesten oder bequemsten Pfad, sondern sehr an der Technologie interessiert bist.“
Und noch ein Hinweis: Nicht unbedingt Wirtschaftsinformatik studieren. „Wenn du später programmieren willst, würde ich davon abraten“, so seine Einschätzung. „Ich sehe darin einfach keinen Vorteil gegenüber jemandem, der einen technischen Background hat. Wenn du später nur auf der wirtschaftlichen Seite arbeiten willst, kann das klappen, aber die paar Vorlesungen zu Java reichen einfach nicht, um das technische Verständnis zu entwickeln.“