Was ist die Kleinunternehmerregelung?
Die Kleinunternehmerregelung ist eine steuerliche Vereinfachung für Unternehmen mit niedrigen Umsätzen. Es ist keine Rechtsform, sondern eine Besonderheit bei der steuerlichen Erfassung gemäß Paragraf 19 im Umsatzsteuergesetz (UStG). Gewerbetreibende, Selbstständige, Freiberufler oder Landwirte können die Kleinunternehmerregelung nutzen, wenn ihr Umsatz bestimmte Grenzen nicht überschreitet.
Mit der Kleinunternehmerregelung sind zwei Besonderheiten verbunden, von denen Selbstständige mit geringem Umsatz profitieren:
- Durch die Kleinunternehmerregelung müssen Unternehmen keine Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen.
- Es findet keine Umsatzsteuervoranmeldung beim Finanzamt statt.
Kleinunternehmern wird bürokratischer Aufwand erspart. Die Kleinunternehmerregelung ist jedoch nur eine Option, keine Pflicht! Unternehmer können durch Erklärung beim Finanzamt auf die Regelung verzichten – selbst, wenn die Umsatzgrenzen eingehalten werden. An diese Entscheidung sind Sie aber für 5 Jahre gebunden. Von der Kleinunternehmerregelung zur normalen Besteuerung können Sie hingegen jederzeit wechseln.
Unterschied zwischen Kleinunternehmen und Kleingewerbe
Zwei ähnliche Begriffe, die nicht verwechselt werden dürfen. Kleinunternehmen bezieht sich auf die steuerliche Erfassung durch die Kleinunternehmerregelung. Ein Kleingewerbe sind gewerbliche Unternehmen, die (noch) nicht ins Handelsregister eingetragen werden. Es gelten nicht die Vorgaben des Handelsgesetzbuches (HGB) und Pflichten wie die doppelte Buchführung entfallen.
Unterschied: Kleingewerbe vs. Kleinunternehmen
Kleingewerbe | Kleinunternehmen |
Gewerbliches Unternehmen Kein Handelsregistereintrag Kein Kaufmann |
Steuerliche Erfassung Keine Umsatzsteuer Auch für andere Unternehmen möglich |
Wie hoch ist die Grenze für die Kleinunternehmerregelung?
Die Vereinfachungsregelung richtet sich nicht an alle, sondern nur an Kleinunternehmer. Entscheidend ist der erwirtschaftete Umsatz. So können Einzelunternehmer, Freiberufler oder andere Unternehmen die Kleinunternehmerregelung nutzen. Das gilt unabhängig von der Rechtsform etwa für eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) oder auch eine Unternehmergesellschaft (UG).
Für die Einstufung entscheiden nur Umsatzgrenzen. Die Größe des Unternehmens in Form von Mitarbeitern spielt keine Rolle. Ob Sie die Regelung nutzen können, hängt vom erzielten Umsatz in zwei aufeinanderfolgenden Jahren ab. Dabei gelten diese zwei Grenzen:
- Der Umsatz darf im vorangegangenen Kalenderjahr 22.000 Euro nicht überschritten haben.
- Der Umsatz wird voraussichtlich im laufenden Kalenderjahr 50.000 Euro nicht überschreiten.
Umsatzgrenze gilt für das gesamte Kalenderjahr
Wichtig bei der Umsatzgrenze von 22.000 Euro für das vergangene Jahr: Hier geht es um das gesamte Kalenderjahr von Januar bis Dezember. Haben Sie Ihr Unternehmen erst im Laufe des Jahres gegründet, rechnen Sie den Umsatz auf das Jahr hoch. Beispiel: Von September bis Dezember liegt der Umsatz im Durchschnitt bei 1.500 Euro pro Monat. Auf das gesamte Kalenderjahr hochgerechnet liegt der Umsatz bei (schätzungsweise) 18.000 Euro – und damit innerhalb der Umsatzgrenze.
Kleinunternehmerregelung beantragen
Die Kleinunternehmerregelung kann direkt bei der Gründung des Unternehmens beantragt werden. Für das Finanzamt müssen Sie einen Fragebogen zur steuerlichen Erfassung ausfüllen. Wenn Sie eine glaubhafte Schätzung und Prognose machen können, dass Sie voraussichtlich innerhalb der Umsatzgrenzen bleiben, können Sie direkt die Kleinunternehmerregelung beantragen.
Ein Antrag ist auch zu einem späteren Zeitpunkt möglich. Dazu reicht ein formloses Schreiben an Ihr zuständiges Finanzamt aus. Entscheidend ist, dass Sie die Umsatzgrenzen im vergangenen und laufenden Kalenderjahr nicht überschreiten. Zusammen mit allen wichtigen Informationen (Name, Steuernummern…) können Sie den Antrag stellen.
Antrag Formulierung Muster
Sehr geehrte Damen und Herren,
da der umsatzsteuerpflichtige Gesamtumsatz im vergangenen Jahr unterhalb von 22.000 Euro lag und der Gesamtumsatz auch für das laufende Jahr voraussichtlich 50.000 Euro nicht überschritten wird, möchte ich ab dem 1. Januar 2024 die Kleinunternehmerregelung anwenden.Bei Rückfragen stehe ich Ihnen jederzeit zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Max Muster
Beachten Sie bitte: Hätten Sie bei der Gründung die Voraussetzungen erfüllt, haben sich aber gegen die Regelung entschieden, müssen Sie eine Frist von mindestens 5 Jahren abwarten.
Kleinunternehmer Rechnung: Darauf müssen Sie achten
Als Unternehmen müssen Sie auf Ihren Rechnungen verschiedene Informationen und Daten angeben. Nutzen Sie die Kleinunternehmerregelung, dürfen Sie dabei keine Umsatzsteuer ausweisen, und es besteht eine Pflicht, den Grund für die fehlende Umsatzsteuer zu nennen. Eine vollständige und korrekte Rechnung als Kleinunternehmer enthält folgende Angaben:
- Vollständiger Firmenname und Anschrift des Unternehmens
- Vollständiger (Firmen-)Name und Anschrift des Rechnungsempfängers
- Steuernummer und gegebenenfalls Umsatzsteuer-Identifikationsnummer
- Rechnungsnummer
- Datum der Erstellung
- Leistungsdatum
- Rechnungspositionen (Menge und Art der Waren oder Dienstleistungen)
- Rechnungsbetrag
- Hinweis auf fehlende Umsatzsteuer
Formulierungen für die fehlende Umsatzsteuer
Sie müssen auf die Verwendung der Kleinunternehmerregelung hinweisen. Es gibt aber keine gesetzlichen Vorgaben für die Formulierung. Bewährt haben sich kurze Hinweise auf den gesetzlichen Paragrafen – ob Sie den Begriff Kleinunternehmer oder Kleinunternehmerregelung verwenden, bleibt Ihnen überlassen. Hier einige Beispiele:
- „Gemäß § 19 Absatz 1 UStG wird keine Umsatzsteuer erhoben.“
- „Es greift die Kleinunternehmerregelung, somit entfällt nach § 19 Absatz 1 UStG die Umsatzsteuer.“
- „Eine Umsatzsteuer entfällt gemäß § 19 Absatz 1 UStG.“
- „Die Rechnung enthält aufgrund von § 19 Absatz 1 UStG keine Umsatzsteuer.“
- „Da hier die Kleinunternehmerregelung gilt, wird die Rechnung gemäß § 19 Absatz 1 UStG ohne Umsatzsteuer ausgewiesen.“
Vor- und Nachteile der Kleinunternehmerregelung
Ob Sie sich für oder gegen die Kleinunternehmerregelung entscheiden, hängt von Ihrer individuellen Situation ab. Erfüllen Sie die Voraussetzungen der Umsatzgrenzen, sollten Sie die Vor- und Nachteile der Regelung abwägen und eine Entscheidung treffen:
Vorteile der Kleinunternehmerregelung
- Vereinfachte Bürokratie
Ein großer Vorteil ist ein Wegfall der Bürokratie. Sie müssen keine komplizierten und aufwendigen Umsatzsteuervoranmeldungen beim Finanzamt durchführen. Das spart Zeit und Arbeit. Auch die Kosten für den Service beim Steuerberater können Sie einsparen. - Geringere Preise
Die Kleinunternehmerregelung kann Preisvorteile für Privatkunden bringen. Ohne Erhebung der Umsatzsteuer (beziehungsweise Mehrwertsteuer) können Leistungen oder Produkte günstiger angeboten werden. Ein Vorteil gegenüber der Konkurrenz. - Einfachere Buchhaltung
Auch die Buchhaltung fällt einfacher aus, wenn Sie keine Umsatzsteuer ausweisen und abführen müssen.
Nachteile der Kleinunternehmerregelung
- Kein Vorsteuerabzug
Ohne Vorsteuerabzug können Sie auf gekaufte Waren keine Mehrwertsteuer vom Finanzamt zurückholen. Investieren Sie beispielsweise 2.000 Euro, tragen Sie mit Kleinunternehmerregelung die vollen Kosten. Unternehmer, die darauf verzichten, können 380 Euro (19 Prozent Mehrwertsteuer) zurückbekommen. - Mögliche Rückzahlung
Werden die Umsatzgrenzen überschritten, kann es zu Rückzahlungen der Umsatzsteuer für das gesamte Jahr kommen. Dafür müssen Sie möglicherweise Rücklagen bilden. - Schlechtes Image
Das Image des Unternehmens kann durch die Nutzung der Kleinunternehmerregelung leiden. Sie kommunizieren Ihre geringen Umsätze nach außen – das kann auf andere wirken, als wären Sie entweder nicht erfolgreich oder würden die Selbstständigkeit nur halbherzig betreiben.
Kleinunternehmerregelung: Beachten Sie Ihre Kunden
Ein wichtiger Punkte vor der Wahl der Kleinunternehmerregelung: Analysieren Sie Ihre Kunden und die Zielgruppe! Vorteile haben Sie vor allem, wenn es sich um Privatkunden oder andere Kleinunternehmer handelt. Handelt es sich hingegen vorwiegend um Geschäftskunden, kann die fehlende Umsatzsteuer ein Nachteil für Sie sein.
Geschäftskunden können ihrerseits die Mehrwertsteuer vom Finanzamt erstattet bekommen. So kann es durch die Rückerstattung für diese Kunden am Ende günstiger sein, bei einem anderen Anbieter zu kaufen. Im schlimmsten Fall verlieren Sie durch die Kleinunternehmerregelung also potenzielle Kunden an die Konkurrenz.
Was passiert bei einer falschen Schätzung der Umsätze?
Für das laufende Kalenderjahr können Sie Ihre Umsätze nur schätzen. Im ersten Geschäftsjahr können Sie nur eine Prognose aufstellen und auch für laufende Kalenderjahre nur eine Schätzung abgeben – diese kann aber auch falsch sein. Das ist nicht sofort ein Problem. Entscheidend sind in bei einer falschen Umsatzschätzung die genauen Umstände.
Wichtig ist, dass Ihre Schätzung glaubhaft und nachvollziehbar ist. Ein weit überdurchschnittliches Wachstum oder nicht zu erwartende Aufträge können den Umsatz über die Grenzen steigen lassen. Für das vergangene Jahr bleibt die Regelung aber erhalten. Erst im Folgejahr erfüllen Sie dann die Voraussetzungen nicht mehr, da die Umsatzgrenze des Vorjahres überschritten wurde.
Anders sieht es aus, wenn Sie absichtlich zu tief geschätzt haben. Hat das Finanzamt berechtigte Zweifel, kann es rückwirkend die Umsatzsteuer für das gesamte vergangene Jahr nachfordern.
Kleinunternehmerreglung bei mehreren Unternehmen
Die Kleinunternehmerregelung ist immer personengebunden. Heißt: Auch wenn Sie als Unternehmer mehrere Betriebe führen, bestehen dieselben Umsatzgrenzen für alle Unternehmen zusammen. Die Umsätze werden addiert und dürfen die Grenzen nicht überschreiten. Haben Sie beispielsweise zwei GmbHs, dürfen diese gemeinsam einen Umsatz von 50.000 Euro im laufenden Jahr nicht überschreiten.
Was andere dazu gelesen haben