Solopreneurship liegt im Trend
Immer mehr Menschen entscheiden sich für diesen Weg. Kein Wunder: Ist es doch die perfekte Alternative für alle, die sich im Beruf mehr Freiheit wünschen, aber befürchten, mit einer klassischen Existenzgründung nur neue Abhängigkeiten einzugehen und von einem Hamsterrad ins nächste zu wechseln.
Die Verfechter des Solopreneurship-Gedankens, allen voran Brigitte und Ehrenfried Conta Gromberg, die mit ihrem Buch „Smart Business Concepts“ den Begriff in Deutschland verständlich gemacht haben, sind jedenfalls überzeugt, dass es keinen besseren Weg gibt, echte Unabhängigkeit zu gewinnen.
Solopreneurship: Ein Beispiel
Wer heute ein Unternehmen gründet, braucht dafür kein Firmengelände mit Produktions- und Lagerhallen, keine Büros, keinen Fuhrpark, keine Belegschaft und keine Unsummen an Geld. Die digitale Vernetzung und clevere Geschäftsmodelle machen es möglich, sich von alldem zu befreien und trotzdem seine Geschäftsideen mit Verve umzusetzen.
Aber was heißt das genau? Mit einem fiktiven Beispiel lässt sich das gut nachvollziehen: Anna L. arbeitet seit einigen Jahren als Ingenieurin bei einem großen Unternehmen. Die begeisterte Hobbysportlerin hat für den eigenen Bedarf den Fit-Maker, ein einzigartiges Fitnessgerät entwickelt, und spielt nun mit dem Gedanken, sich damit selbstständig machen.
Nachdem sie einige Zeit an der besten Lösung getüftelt und mehrere Prototypen entwickelt hat, erstellt sie eine einfache Website, um zu sehen, ob es Interesse am Fit-Maker gibt. Erfreut stellt sie fest, dass viele Menschen die Seite besuchen und etliche von ihnen sogar auf den Bestell-Button klicken. Also sucht sie sich ein Unternehmen, das den Fit-Maker nach ihren Vorstellungen produzieren kann.
Den Verkauf organisiert sie über die Website, die sie zu einem kompletten Onlineshop ausbaut, und über bekannte Handelsplattformen. Bestellungen, Versand, Kundensupport und Buchhaltung überlässt Anna spezialisierten Dienstleistern. Dadurch gewinnt sie Zeit für das, was sie am liebsten macht: Nah an der Zielgruppe neue Produkte entwickeln und online für deren Vermarktung sorgen. Ihren alten Job kündigt sie, als sie merkt, dass die Einnahmen aus der Selbstständigkeit ausreichen.
Definition: Was ist ein Solopreneur?
Solopreneur ist eine Wortschöpfung aus den Begriffen Solo und Entrepreneur. Gemeint ist eine Person, die mit Unternehmergeist ihre Visionen umsetzt – und das ohne Partner, ohne Investoren und ohne feste Mitarbeiter.
Häufig wird der Begriff mit dem Begriff Freelancer verwechselt, der ja ebenfalls selbstständig und alleine arbeitet. Aber es gibt deutliche Unterschiede:
Freelancer | Solopreneur |
---|---|
verkauft seine Arbeitszeit | verkauft die Ergebnisse seiner Arbeit |
arbeitet an den Projekten seiner Auftraggeber | verfolgt seine eigenen Projekte |
akquiriert Aufträge | gewinnt Kunden |
Anders als bei Freelancern sind die Geschäftsmodelle von Solopreneuren skalierbar und ihr Angebot lässt sich zumindest teilweise automatisieren.
Vorteile: Ist Solopreneurship nur was für Eigenbrötler?
Häufig werden Solopreneure als Einzelkämpfer beschrieben. Doch das stimmt nicht: Sie arbeiten mit vielen anderen Menschen zusammen und sind gut vernetzt. Sie sourcen aus, wo sie nur können, kooperieren mit anderen Unternehmen und vergeben bei Bedarf Aufträge an freie Mitarbeiter.
Wie unsere Beispiel-Gründerin Anna halten sie sich dadurch alle Tätigkeiten vom Leib, die ihnen keinen Spaß machen. Sie verschaffen sich Zeit, um sich voll und ganz um die Aufgaben kümmern, die ihnen wirklich liegen.
Es gibt aber noch weitere Pluspunkte von Solo-Gründungen: Durch den Verzicht auf feste Mitarbeiter und komplexe Unternehmensstrukturen bleiben sie anpassungsfähig und können auf neue Entwicklungen sofort reagieren – ein unschätzbarer Vorteil gerade in Märkten, die sich schnell verändern.
Dank der digitalen Vernetzung sind sie dabei nicht mal an einen bestimmten Ort gebunden. Sie können ihr Business praktisch von jedem Ort der Welt steuern – einzige Voraussetzung ist eine einigermaßen zuverlässige Internetverbindung.
Solopreneure legen Wert darauf, alleinige Inhaber ihres Unternehmens zu bleiben, um alle Fäden in der Hand zu behalten. Keine mühsamen Diskussionen, keine formalen Abstimmungsprozesse, keine faulen Kompromisse – Solopreneure sind überzeugt, alleine schneller und einfacher ans Ziel zu kommen.
Solopreneure gründen schlank
Solopreneurship ist eng mit dem Lean-Startup-Gedanken verbunden, der seit einigen Jahren in der Gründerwelt sehr beliebt ist. Demnach zeichnen sich Business-Konzepte, die sich für Solopreneure eignen, dadurch aus
- dass sie sich einfach und in kleinen Schritten umsetzen lassen,
- dass sie skalierbar sind und sich automatisieren lassen,
- dass sie mit einem überschaubaren Risiko verbunden sind.
Die fünf wichtigsten Tipps für angehende Solopreneure
Wenn Sie als Solopreneur gründen möchten, besteht Ihre erste Aufgabe darin, aus Ihrer Geschäftsidee ein einfaches und skalierbares Geschäftsmodell zu bauen. Folgende fünf Tipps, die sich zum Teil auf unserer Gründerplattform und zum Teil in dem Buch der Conta Grombergs finden, helfen Ihnen dabei:
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Stellen Sie alle Abläufe auf den Prüfstand
Auf der Suche nach einem passenden Geschäftsmodell, das sich solo umsetzen lässt, sollten Sie grundsätzlich alle Abläufe in Ihrem zukünftigen Unternehmen hinterfragen. Von der Produktion über die Vermarktung bis zum Vertrieb – überlegen Sie, wie Sie all das einfacher und besser organisieren könnten. Denken Sie daran, dass die Digitalisierung ständig neue Möglichkeiten eröffnet, Prozesse zu vereinfachen.
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Nutzen Sie Tools und Services
Verabschieden Sie sich von der Vorstellung, als Selbstständiger „alles selbst, und das ständig“ machen zu müssen. Das ist falsch. Finden Sie heraus, welche Komponenten und Tools Sie nutzen könnten, um sich von zeitfressenden und ungeliebten Tätigkeiten zu befreien. Buchhaltung, Rechnungswesen, Logistik und Kundensupport sind sehr aufwendig und meistens nervig. Wenn Sie nicht gerade für eine dieser Aufgaben brennen, entlasten Sie sich davon. Dafür haben Sie verschiedene Optionen:
- Delegieren Sie Aufgaben an professionelle Dienstleister, zum Beispiel an Ihren Steuerberater oder einen Logistik-Spezialisten.
- Nutzen Sie digitale Tools und Software.
- Bauen Sie ein Netz aus freien Mitarbeitern und Experten auf, die Sie Bedarf beauftragen, um Ihre Kernkompetenzen zu ergänzen.
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Testen Sie Ihre Ideen
Gründen Sie in kleinen Schritten und testen Sie Ihr Geschäftsmodell früh am Markt – auch wenn es noch nicht zu 100 Prozent ausgereift ist. So wie Anna aus unserem Beispiel, die die erste Lieferung ihres Fit-Makers erst produzieren ließ, nachdem sie ausreichend Bestellungen entgegengenommen hatte. So können Sie sich davor bewahren, viel Geld und Zeit in ein Produkt zu stecken, das unter Umständen niemand haben will.
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Gründen Sie sparsam und halten Sie das Risiko klein
Häufig suchen sich Menschen für ihre Gründung einen Partner oder Investor, weil ihr Eigenkapital nicht ausreicht und sie das finanzielle Risiko nicht alleine schultern können oder wollen. Das ist ein probates Mittel, führt jedoch unweigerlich zu Abhängigkeiten und schränkt Ihre Freiheit ein. Das können Sie vermeiden, indem Sie sparsam gründen. Setzen Sie möglichst nur Ihr eigenes Geld ein und halten Sie besonders die Fixkosten (zum Beispiel für Mieten) gering.
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Übertreffen Sie die Erwartungen
Was Sie brauchen, um als Solopreneur erfolgreich einen Markt zu erobern, ist ein Angebot, das Ihre Kunden begeistert. Finden Sie ein nicht oder schlecht gelöstes Problem, das für eine ausreichend große Gruppe von Menschen relevant ist, und entwickeln Sie eine Lösung, die besticht.
Schauen Sie dabei nicht nur auf das Produkt, sondern auf das große Ganze. Auch mit einem besonders kundenfreundlichen Vertrieb oder einem neuartigen Bezahlmodell können Sie einen echten Nutzen für Ihre Kunden schaffen.
Solopreneurship ist eine Haltung
Das Leben als Solopreneur bedeutet mehr, als eine bestimmte Form der Selbstständigkeit, es ist eine Haltung. Sie ist geprägt durch die Sehnsucht nach echter Unabhängigkeit und danach, sich auf das konzentrieren zu können, was Freude macht.
Solopreneurship bedeutet…
- mehr Freiheit und Selbstbestimmung
- mehr Zeit für die Dinge, die Spaß machen
- höhere Arbeitszufriedenheit
- überschaubares Risiko
- hohe Anpassungsfähigkeit
- ortsunabhängiges Arbeiten
Gleichwohl ist Solopreneurship nicht der Königsweg für alle. Auch als Freelancer oder als klassischer Unternehmer können Sie erfolgreich sein (oder sogar erfolgreicher) und Spaß an Ihrem Beruf haben. Es hängt von Ihrer Geschäftsidee, von Ihrer Situation und von Ihrer Persönlichkeit ab, welcher Weg für Sie der Richtige ist.
Wenn Sie für sich keine Zukunft mehr in einer Festanstellung sehen, weil Sie Ihre Arbeit selbst gestalten möchten, wenn Sie sich aber auch die klassische Selbstständigkeit mit hoher Abhängigkeit von anderen nicht möchten, dann stellt Solopreneurship vielleicht eine ideale Lösung für Sie dar.
Über den Autor
Jan Evers hat sich mit Leib und Seele moderner Gründungsförderung verschrieben. Er ist Geschäftsführer des Startups BusinessPilot, das gemeinsam mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und der KfW die Gründerplattform aufgesetzt hat, um Gründen in Deutschland einfacher und digitaler zu machen. Die Gründerplattform wird öffentlich gefördert und ist daher für alle kostenfrei.