Belbin Rollenmodell: 9 Teamrollen und Rollentypen
Der britische Psychologie-Professor Meredith Belbin analysierte bereits in den Siebzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts dieses Phänomen, das er am Henley Management College beobachtet hatte. Dabei fand er heraus, dass für den Gruppenerfolg nicht der Scharfsinn des Einzelnen ausschlaggebend ist. Sondern vielmehr wie sich die einzelnen Persönlichkeitsprofile, ihre Stärken und Schwächen, später im Team ergänzen und beeinflussen.
Also ihre Teamrollen. Im weiteren Verlauf identifizierte er neun Typen, die er 1981 zu seinem Teamrollen oder Rollenmodell zusammenfasste. Dieses Rollenmodell der 9 Teamrollen nach Belbin zählt inzwischen zu den Managementklassikern. Demzufolge arbeiten Teams am effektivsten, wenn sie aus diesen heterogenen Rollentypen bestehen.
9 Teamrollen nach Belbin – Beschreibung
Laut Meredith Belbin gibt es 9 Teamrollen, die die Leistungsfähigkeit deines Teams beeinflussen. Hier die Beschreibung der Teamrollen im Überblick:
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Perfektionist (PF)
Der Qualitätskontrolleur kümmert sich um die Details und vermeidet Fehler (sorgfältig, gewissenhaft, pünktlich; aber: zaghaft, kontrollsüchtig, delegiert ungern)
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Umsetzer (UM)
Er setzt Pläne in die Tat um, verfügt über Organisationstalent und praktischen Verstand (diszipliniert, pflichtbewusst, effektiv; aber: häufig auch unflexibel, eigensinnig)
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Macher (MA)
Er drängt die anderen zum Handeln, hat den Mut, Hindernisse zu überwinden (dynamisch, pragmatisch, stressresistent; aber: ungeduldig, neigt zur Provokation)
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Erfinder/Neuerer (NE)
Er ist der Spinner der Truppe, bringt frische Ideen, denkt quer und provokant (unorthodox, individualistisch; aber: oft abgehoben, ignoriert formale Vorgaben)
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Spezialist (SP)
Er ist der Tüftler, steuert das nötige wie stets aktuelle Fachwissen bei (selbstbezogen, engagiert; aber: verliert sich oft in technischen Details)
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Beobachter (BO)
Der Skeptiker untersucht die Vorschläge vor allem auf ihre Machbarkeit und verliert nie die Bodenhaftung (zäh, nüchtern, klug, strategisch; aber: wenig inspirierend und motivierend, bremst andere schon mal aus)
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Weichensteller (WS)
Der Netzwerker bringt nicht nur neue Ideen, sondern richtet die Gruppe nach Bedürfnissen externer Schnittstellen aus (enthusiastisch, neugierig, kommunikativ; aber: verliert schnell Interesse und ist zu optimistisch)
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Teamarbeiter (TA)
Als Helfer im Hintergrund verbessert er die Kommunikation und baut Reibungsverluste ab (sensibel, sanft, kooperativ, diplomatisch; aber: selten entscheidungsstark)
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Koordinator (KO)
Er ist der ideale Teamleiter, fördert Entscheidungen, verstärkt gute Ideen (ruhig, selbstsicher, kontrolliert; aber: nur durchschnittliche Fähigkeiten)
Handlungsorientierte Rollen
Wissensorientierte Rollen
Kommunikationsorientierte Rollen
Belbin Teamrollen Kritik: Die Schwächen des Modells
Das Belbin-Teamrollen-Modell liefert praxisnahe Impulse für Teamführung und Zusammenarbeit. Das Modell hat jedoch ebenso Schwächen. Kritiker bemängeln vor allem die Grenzen des Modells bei Teamgröße, Rollenzuordnung und sozialer Dynamik. Die Kritikpunkte im Einzelnen:
- Die neun Belbin-Teamrollen sind theoretische Modelle. In der Realität entspricht kaum jemand exakt dieser spezifischen Rolle; vielmehr existiert eine Mischung verschiedener Rollen in einer Person.
- Menschen entwickeln sich beruflich weiter – eine einmal zugewiesene Rolle ist nicht dauerhaft festgelegt und sollte nicht zur „Schublade“ werden.
- Das Modell geht von einer optimalen Teamgröße aus, die oft nicht der Praxis entspricht. Teams bestehen selten genau aus neun Mitgliedern – häufig sind sie kleiner oder größer.
- In der Praxis kann das ideale Teambuilding oft nicht erreicht werden, weil Teamleiter eher mit den vorhandenen Kompetenzen arbeiten müssen.
- Die Definition der neun Rollen erfolgte aus Beobachtungen und ist wissenschaftlich nicht eindeutig belegt. Die Anzahl der Rollen könnte auch anders (mehr oder weniger Rollen) festgelegt werden.
- Die Durchführung des Belbin-Tests und die Auswertung sind vergleichsweise aufwendig und mit Unschärfen verbunden.
- Die Übertragbarkeit auf verschiedene Projekte ist begrenzt: Je nach Aufgabe sind möglicherweise mehrere Personen mit derselben Stärke nötig – nicht die ideale Verteilung nach Belbin.
- Das Modell betrachtet die Gruppendynamik und Konflikte nur unzureichend. Soziale Konflikte oder Konkurrenzdenken werden kaum berücksichtigt, obwohl diese einen großen Einfluss auf die Teamarbeit haben.
1. Idealtypische Rollenzuteilung
2. Teamgröße und Zusammensetzung
3. Wissenschaftliche Grundlage
4. Praktische Anwendbarkeit
5. Vernachlässigung sozialer Dynamiken
Test: Wie gut ist unsere Rollenverteilung im Team?
Das Rollenmodell von Belbin ermöglicht Ihnen eine systematische und sinnvolle Besetzung der unterschiedlichen Rollen im Team. Um herauszufinden, wie gut Ihre Rollenverteilung ist, gibt es eine einfache Übung…
Rollenverteilung im Team – Übung
- Schreiben Sie zunächst alle 9 Teamrollen nach Belbin auf eine Pinnwand – sotiert nach den drei Gruppen: handlungsorientierte, wissensorientierte und kommunikationsorientierte Rollen.
- Stellen Sie anschließend jede Rolle kurz vor, damit jeder im Team weiß, welche Aufgaben oder Funktionen damit verbunden sind.
- Nun bitten Sie die Teammitglieder ihren Namen auf je zwei Karten zu schreiben und sich selbst zwei verschiedenen Rollen zuzuweisen bzw. die Karte anzupinnen.
- Sobald alle mit der Übung fertig sind, besprechen Sie das Ergebnis in der Gruppe: Jeder erklärt kurz, warum er oder sie sich in seiner Rolle sieht.
Wichtig bei dieser Übung ist, dass alle überprüfen können, ob Selbstbild und Fremdbild übereinstimmen und dass Sie gemeinsam erkennen, welche Rollen „gut“ besetzt sind und welche Typen im Rollenmodell noch fehlen.
Teilweise lassen sich durch die Übung auch Konfliktfelder durch verschiedene Rollenverständnisse erkennen und klären sowie die Rollenverteilung insgesamt optimieren – zum Beispiel wenn viele Teammitglieder dieselbe Rollen einnehmen wollen.
Wie die Belbin Teamrollen richtig nutzen?
Trotz mancher Kritik: Nützlich ist das Teamrollen-Konzept allemal. Aufgrund der verschiedenen Teamrollen erkennen Sie schnell, wie Teamkonflikte entstehen können. Außerdem schärft es die Selbstwahrnehmung.
- Welche Rollen sind im Team schon besetzt?
- Welche passt mir am besten?
- Welche Teamrolle fehlt uns noch?
Wer seine optimale Funktion für die Gruppe erkennt, kann seine Stärken besser ausspielen und seine Defizite gezielter ausgleichen. Und es stimmt auch weiterhin: „Viele Stars ergeben eben kein Team.“
Stärken und Schwächen in Balance
Tatsächlich sinkt die Wahrscheinlichkeit für Teamversagen nachweislich, je kleiner die Kluft zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung der einzelnen Mitglieder ausfällt. Viele ältere Manager sehen sich fast ausschließlich in der Rolle des Koordinators, während jüngere Kollegen instinktiv den Beobachter mimen. Ausschließlich männliche Teams dagegen weisen so gut wie nie Perfektionisten aus.
Kreativität und Erfolg entsteht aber nur da, wo Stärken und Schwächen möglichst unterschiedlich verteilt sind. Weisen alle Teammitglieder dieselbe Schwäche auf, wird die Gruppe genau an diesem Punkt scheitern; verfügen alle über dieselbe Stärke, wird ein zermürbender Konkurrenzkampf die Folge sein.
Individueller Nutzen der Teamrollen
Belbins Modell lässt sich natürlich auch individuell anwenden: Wer ein eigenes Projekt bearbeitet, kann dabei nacheinander gedanklich die einzelnen Rollen einnehmen. Sie können die Aufgabe aus eben diesen verschiedenen Blickwinkeln betrachten und so neue Lösungswege entwickeln. Eben Vielfalt statt Einfalt – oder wie man es heute nennt: Diversity!
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