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Defizitorientierung: Darum ist sie so schädlich

Defizitorientierung – klingt bedrohlich, ist es auch. Damit ist gemeint, sich vorrangig auf Schwächen zu konzentrieren, nicht auf Stärken. Vor allem Führungskräfte, die ihre Mitarbeiter hauptsächlich an ihren Defiziten arbeiten lassen, bewirken meist nichts Gutes. Doch es geht auch anders…


Defizitorientierung: Darum ist sie so schädlich

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Defizitorientierung: Was ist das?

Defizitorientierung ist im Grunde ein Begriff aus der Mottenkiste. Er wurde in den 70er Jahren geprägt, im Zuge damaliger bildungspolitischer Debatten, speziell im Bereich der Sonderpädagogik.

So sahen es die Pädagogen damals etwa als ihre Aufgabe an, behinderte Kinder mit therapeutischer Hilfe so zu fördern, wie es ihren „Defiziten“ am besten entsprach. Auch Kinder aus benachteiligten Schichten sollten unter besonderer Berücksichtigung ihrer Defizite gefördert werden.

Problem Nummer eins: Dieser Ansatz stellt die Schwächen der Menschen in den Vordergrund, nicht ihre Stärken und Kompetenzen. Daher entwickelte sich zeitgleich auch die Kompetenzorientierung als Gegenentwurf zur Defizitorientierung.

Problem Nummer zwei: Defizitorientierung gibt es natürlich auch heute noch, wenngleich nicht als offizielles, aber als unterschwelliges Leitbild. Und nicht nur im Kindergarten und in der Schule, sondern auch am Arbeitsplatz.

Vorgesetzte, die sich auf die persönlichen Unzulänglichkeiten ihrer Mitarbeiter versteifen. Führungskräfte, die Schwächen ausmerzen wollen anstatt Stärken zu fördern. Chefs, die unentwegt kritisieren, aber nie loben und motivieren.

So kann sich Defizitorientierung zwischen Kaffeeküche und Werkshalle bemerkbar machen. Oder auch so:

  • Uni-Angebote, die sich ausschließlich an Studierende mit Migrationshintergrund oder an weibliche Studierende richten und diesen Gruppen damit ein negatives Etikett anheften: „Ihr habt Defizite!“
  • Ein geborener Verkäufer, der in den Innendienst versetzt wird oder umgekehrt.
  • Ein kleiner, dribbelstarker Fußballer, der schwerpunktmäßig Kopfbälle trainiert.
  • Ein kompetenter Bewerber, der ausschließlich die Anforderungen aus der Stellenanzeige herausliest, die er nicht erfüllt – und sich nicht bewirbt.
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Defizitorientierung: Vor- und Nachteile

Die Beispiele deuten es schon an: Kein Konzept ist frei von Fehlern – aber völlig sinnbefreit ist es meist auch nicht. Das gilt auch für den defizitorientierten Ansatz.

Beispiel: Jemand, der stottert, lernt nur, flüssiger zu sprechen, indem er aktiv an eben dieser Schwäche arbeitet. Auch Uni-Angebote speziell für weibliche Studierende können natürlich sinnvoll sein.

Defizitorientierung kann sehr wohl dazu beitragen, Prozesse zu verbessern, Schwächen abzustreifen. Sie berücksichtigt die Eigenarten einer Zielgruppe. Sie…

  • ist zielgerichtet
  • liefert einen Erkenntnisgewinn
  • sorgt für Klarheit und Effizienz

Wenn da nur die offensichtlichen Nachteile nicht wären. Denn wer sich zu sehr in die Schwächen seiner Mitarbeiter verbeißt, erzeugt Druck, Misstrauen, Unzufriedenheit. Und das führt am Arbeitsplatz wiederum zu…

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Defizitorientierung: Welche Alternativen gibt es?

Eine Alternative zur Defizitorientierung ist der ressourcenorientierte Ansatz. Dabei wird eine Organisation als System betracht, das aus vielen Einzelteilen besteht – aus Abteilungen, Teams, Mitarbeitern. Diese Elemente haben eine Wechselwirkung, beeinflussen sich gegenseitig.

Und sie haben verschiedene Ressourcen. Ein Mitarbeiter hat Stärken (Excel-Profi!), Werte (ehrliche Haut!) oder auch persönliche Bedürfnisse (sicherer Arbeitsplatz!). Die ressourcenorientierte Führungskraft versucht nun, ihn seiner Ressourcen entsprechend einzusetzen und zu fördern. Und zwar möglichst so, dass er selbstbestimmt arbeiten kann und seine Stärken proaktiv einbringt.

Im besten Fall entsteht so eine Win-win-Situation. Der Mitarbeiter ist happy, motiviert, leistungsfähig. Das Unternehmen hat ein produktiveres Teammitglied in seinen Reihen.

Wichtig aber, dass die Ressourcen zuvor auch korrekt definiert worden sind. Und: Auch die Ressourcen beeinflussen sich gegenseitig, befinden sich so in einem ständigen Veränderungsprozess.

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Empowerment: Wie geht das?

Empowerment. Noch so ein politisch-pädagogischer Kampfbegriff, der aber im Unternehmensalltag Wunder wirken kann und nicht vorrangig auf die Defizite schaut. Empowerment bedeutet so viel wie Ermächtigung. Mitarbeiter in die Lage versetzen, die Dinge selbst zu regeln.

So haben Wissenschaftler der Rice University in Houston festgestellt, dass Führungskräfte, die auf Empowerment setzen, die Kreativität ihrer Mitarbeiter beflügeln. Das sei vor allem bei Mitarbeitern der Fall, die ihren Vorgesetzten auch vertrauen würden – und bei denen, die dem Typus Sicherheitsfanatiker zuzurechnen sind.

Laut Studienautor Jing Zhou könnten Manager dies erreichen, indem sie ihren Mitarbeitern die Autonomie und Freiheit geben, ihre Arbeit so auszuführen, wie sie es für richtig halten, um die Ziele des Unternehmens zu erreichen – und, indem sie Mitarbeiter in Entscheidungsprozesse einbeziehen. Die Mitarbeiter bräuchten dafür aber detaillierte und einheitliche Regeln, Richtlinien und Erwartungen.

Grundsätzlich definieren die Autoren Empowering Leadership als das Ausmaß, in dem Vorgesetzte…

  • ihr Vertrauen in die Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter ausdrücken.
  • die Bedeutung der Arbeit ihrer Mitarbeiter betonen.
  • ihre Mitarbeiter in die Entscheidungsfindung einbeziehen.
  • bürokratische Hemmnisse für ihre Mitarbeiter abbauen oder beseitigen.

Empowerment: Die Schattenseiten

Empowerment – das klingt kraftvoll, gerecht und richtig. Stimmt ja auch. Aber leider nicht immer.

Den Mitarbeitern mehr Selbstbestimmung geben – das kann sich auch negativ auf ihre tägliche Leistung auswirken. Denn es erweckt bei ihnen womöglich den Eindruck, dass der Chef lediglich versucht, eigene Anstrengungen zu vermeiden und Arbeit abzuwälzen. Zu diesem Schluss kommt eine Studie der Universität Exeter.

Zunächst betonen die Autoren, dass Empowerment Mitarbeiter tatsächlich kreativer machen kann. Es motiviert sie, härter zu arbeiten, anderen zu helfen und proaktiv tätig zu werden. Für Mitarbeiter, die „nur“ routinemäßige, strukturierte Aufgaben ausführen, kann es jedoch kontraproduktiv sein. Dann besteht die Gefahr, dass sie den Führungsstil als eine Arbeitsvermeidungsstrategie interpretieren.

Das Ganze kann laut Allan Lee von der Uni Exeter sogar zum „Chaos“ ausarten. „Ein ermächtigender Leiter zu sein bedeutet nicht nur, sich zurückzulehnen und die Menschen ihre Arbeit machen zu lassen“, so Lee. „Man muss unterstützend und bereit sein, zuzuhören und nach Meinungen zu fragen. Es muss auf eine Weise geschehen, die Vertrauen schafft.“

An dieser Stelle gibt es noch ein anderes Problem. Denn in vielen Unternehmen werden die Arbeitsabläufe immer standardisierter und prozessorientierter. Sogar Kopfarbeit werde zunehmend standardisiert, darauf wies zuletzt die die Hans-Böckler-Stiftung hin.

Sie spricht von einem „digitalen Fließband“, das mittlerweile sogar auf Verwaltungen, Personal-, Finanzabteilungen oder Vertrieb übergreife. Aufträge werden über Tickets vergeben, für Kreativität bleibt nur sporadisch Zeit. Keine guten Voraussetzungen für Empowerment…

Empowerment: So macht es das Ritz-Carlton

Die Hotelkette scheint ihren Mitarbeitern wahrlich zu vertrauen. So darf jeder einzelne Mitarbeiter von Ritz-Carlton bis zu 2.000 Dollar ausgeben, um einem Gast entgegenzukommen – nach eigenem Ermessen.

Der Betrag sei symbolisch, schreibt die Kette auf ihrer Webseite. „Niemand läuft mit 2.000 Dollar in der Tasche herum. Vom ersten Tag an werden Sie jedoch ermutigt und befähigt, das Erlebnis eines Gastes zu verbessern, und Sie können bis zu 2.000 Dollar dafür ausgeben.“

Aber was, wenn die Beschäftigten das System missbrauchen? Kann man wirklich jedem Hotelmanager, Steward, Pagen oder Dienstmädchen trauen? Dafür brauche es fixierte Regeln, so Ritz-Carlton. Und man müsse die Mitarbeiter schulen, denn es gebe halt auch solche, die diese Form der Verantwortung nicht gerne übernehmen würden.

Und die Hoteliers liefern direkt ein Beispiel mit, wie Empowerment im Hotel konkret aussehen kann: So wurde eine Mitarbeiterin, die Reservierungen entgegennahm, regelmäßig mit Extra-Wünschen konfrontiert. Jedes Mal, wenn das passierte, vertröstete sie die Kundschaft und fragte ihren Vorgesetzten, was sie tun solle. Irgendwann sagte dieser ihr, sie solle die Kunden nicht immer warten lassen, sondern sofort entscheiden.

Ein Aha-Erlebnis! Beim nächsten Mal meldete sich ein frisch vermähltes Paar bei ihr. Die Mitarbeiterin organisierte einen exklusiven Hochzeitsabend für die Turteltauben – ganz ohne Erlaubnis des Managers.

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[Bildnachweis: Sjale by Shutterstock.com]

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