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Stärken stärken: Voll Kraft voraus

Talente sind bedeutende Fähigkeiten, die wir nicht durch Lernen oder eine Ausbildung erworben haben, sondern bereits von Geburt an besitzen. So lautet die Definition. Natürliche Stärken eben. Denen aber eben leider auch unsere Schwächen gegenüberstehen. Wie also gehen wir damit um? Eine klassische Empfehlung lautet: Die Stärken stärken, um die Schwächen zu schwächen. Das aber setzt Zweierlei voraus: Wer seine Stärken stärken will, muss diese überhaupt erst einmal kennen. Gleichzeitig benötigt diese Strategie die Akzeptanz und Toleranz der persönlichen Defizite. Schwächen verschwinden ja nicht einfach, indem man irgendeine Schokoladenseite verstärkt. Doch an der Stelle hapert es bereits in vielen Unternehmen…



Stärken stärken: Voll Kraft voraus

Stärken stärken um Schwächen zu schwächen?

Schwächen sind uns in die Wiege gelegt. Von Kindesbeinen an ist der Unvollkommenheitsmakel eine Kampfansage an unser Selbstbewusstsein. Ständig vergleichen wir uns, achten darauf, was wir schlechter oder gar nicht können, was uns misslingt und sind frustriert.

Schon in der Schule lernen wir, wer seine Defizite nicht ausmerzt, bleibt mindestens sitzen, wenn er später nicht gar scheitert. Auf jeden Fall aber wird er aus dem Kreis der Erfolgreichen verbannt. So sind nun mal die Spielregeln, die uns in der Schule eingebimst werden und später noch am Arbeitsplatz begleiten.

Entsprechend beginnen wir schon früh, unsere Defizite aufzuspüren, zu analysieren und zu korrigieren.

Das Gallup-Institut hat dazu schon vor Jahren rund 1,7 Millionen Mitarbeiter in über 100 Unternehmen und 39 Ländern (darunter auch 80.000 Manager) befragt und wollte wissen, was ihnen angeblich am meisten hilft, sich zu verbessern: die Kenntnis ihrer Stärken oder die ihrer Schwächen?

Sie ahnen es längst: Das Gros fokussierte sich allein auf seine Schwächen. Selbst in den USA – in dieser Jeder-kann-vom-Tellerwäscher-zum-Millionär-aufsteigen-wenn-er-nur-will-Kultur – antworteten noch 59 Prozent der Befragten so. Fatal!

Das Ergebnis ist, dass diese Leute enorme Energien aufwenden, um etwas nachzuholen, was sie eh nicht können, was sie kraftlos macht, sie doktern an ihren Defiziten herum und betreiben am Ende doch nur Schadensbegrenzung.

Wir alle verbringen viel Zeit und Mühen mit den Unvollkommenheiten des Lebens:

  • Die Krankheitsforschung ist viele hundert Jahre älter als die Glücksforschung.
  • Sozialwissenschaftler kennen zig Scheidungsgründe, aber wenig Geheimnisse glücklicher Ehen.
  • Qualitätsmanagement bedeutet meist Fehler zu minimieren, aber seltener Innovationen zu fördern.

Kollektiviert sich dieser Irrglaube, manifestieren sich schließlich solche Thesen, wie…

Ein Team ist immer nur so stark wie sein schwächstes Mitglied.

Oder:

Der Vorschlag übersteigt leider Ihre Gehaltsstufe.

Bei der Gallup-Studie wurden die Mitarbeiter und Manager zum Beispiel auch gefragt, ob sie bei ihrer täglichen Arbeit ihre wahren Stärken voll ausspielen konnten.

Ergebnis: Bei nur 20 Prozent kamen die Begabungen zum Einsatz, 80 Prozent verharrten im Mittelmaß. Was für eine Verschwendung!

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Stärken stärken: Eine Herausforderung für Chefs

Warum also nicht den Spieß herumdrehen, die guten Anlagen und Stärken stärken und sich seine Schwächen leisten?

Es gibt es schließlich kaum eine natürliche Begabung, die sich nicht ausbauen ließe – etwa durch gezielte Weiterbildung oder indem man sich Projekte sucht, in denen man über sich (und seine Komfortzone) hinaus wachsen kann.

Auch das wurde übrigens untersucht: Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand nach oben kommt, weil er eine Stärke bewusst fördert, ist um 50 Prozent höher, als wenn er nur seine Schwächen repariert. Niemand muss alles gleich gut können, aber jeder ist für etwas gut. Mehr noch: Permanente Weiterentwicklung, vor allem in unseren talentierten Bereichen, sorgt nicht nur für zunehmende Spitzenleistungen auf diesem Gebiet – durch die stetigen Erfolgserlebnisse verbessern wir uns auch insgesamt.

Doch darin liegt zugleich eine Herausforderung für Führungskräfte und eine Schwäche mancher Organisation: Das Konzept der Stärkenförderung fällt nicht überall auf fruchtbaren Boden.

In letzter Konsequenz betrifft die Stärken-/Schwächenanalyse schließlich auch die Führungselite selbst. Die müsste dabei nicht nur anerkennen, eigene Schwächen zu besitzen, sondern auch eingestehen, dass manche Mitarbeiter in bestimmten Bereichen die größeren Stärken haben. Für manches Chef-Ego ist das eine unüberwindbare Hürde.

Und es verändert den Spielraum für mögliche Führungsstile – weg von einem kontrollierenden-dirigierenden Führungsstil und hin zu einem koordinierenden, motivierenden und partizipierendem Führungsstil:

Fuehrungsstile definition uebersicht vor und nachteile kooperativ autoritaer laissez faire

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Interview: Was ist eine Stärkenkultur?

Frank-RebmannDas Ergebnis könnte etwas völlig Neues sein – eine Stärkenkultur. Wir haben dazu den Stuttgarter Führungskräfte- und Stärkentrainer Frank Rebmann gefragt:

Herr Rebmann, Sie machen sich für eine Stärkenkultur in Unternehmen stark. Wie sieht diese aus?

Eine Gewohnheit in vielen Unternehmen ist leider immer noch, die Schwächen der Mitarbeiter zu identifizieren und zu versuchen, diese zu beheben. Das führt aber auf beiden Seiten nur zu Frust und Enttäuschung. Konzentrieren sich Führungskräfte auf die Beseitigung von Schwächen, sind die Fortschritte extrem langsam und das Ergebnis ist höchstens durchschnittlich. Werden Mitarbeiter hingegen nach ihren Stärken eingesetzt und weiterentwickelt, können sie ihr volles Potenzial entfalten. Darum geht es im Kern bei einer Stärkenkultur.

Ist das ein Plädoyer vorhandene Schwächen zu ignorieren?

Nein. Eine stärkenbasierte Unternehmenskultur ignoriert in keiner Weise die Schwächen der Mitarbeiter – genau das Gegenteil ist der Fall.

Das müssen Sie erklären…

Indem wir anerkennen, dass wir von Natur aus in manchen Dingen herausragende Ergebnisse erzielen, implizieren wir bereits, dass uns das bei anderen Dingen nicht gelingt. Das Erkennen – und vor allem das Anerkennen – unserer Stärken und Schwächen ist entscheidend, um eine stärkenbasierte Kultur aufzubauen.

In Teams lässt sich das schnell daran erkennen, ob die Teammitglieder bereit sind, zu akzeptieren, dass andere Menschen anders ticken und dass dies nicht als Schwäche interpretiert wird. Erst wenn ein handlungsorientierter und schnell zupackender Mitarbeiter akzeptiert, dass ein gewissenhafter und detailverliebter Mitarbeiter auf andere Dinge wert legt als er selbst, besteht die Chance sich zu überlegen, wer für welche Aufgaben am besten geeignet ist.

Das setzt aber auch viel gegenseitiges Vertrauen voraus.

Das ist richtig. Vertrauen ist eine entscheidende Komponente stärkenorientierter Unternehmen. Mitarbeiter, die sich gegenseitig vertrauen, sind viel eher bereit, die Stärken anderer anzuerkennen. Umgekehrt gilt auch: Je eher Sie die Stärken Ihrer Kollegen erkennen und anerkennen, desto eher werden sie einander vertrauen. Eine Stärkenkultur hilft den Mitarbeitern, sich selbst so anzunehmen, wie sie sind, und unterstützt sie gleichzeitig bei der Entwicklung ihrer Talente und bei der Weiterentwicklung.

Und wie lässt sich – als Führungskraft – eine solche Stärkenkultur etablieren?

Zunächst einmal müssen Sie das Team für diese Idee gewinnen. Menschen unterstützen eine Kultur, die sie mitgestalten können. Es hat deshalb keinen Sinn, das Team vor vollendete Tatsachen zu stellen. Idealerweise führen Sie Ihre Mitarbeiter im Rahmen eines Workshops, eines Meetings oder in Einzelgesprächen an das Thema heran.

Im zweiten Schritt sollten Sie jedem Teammitglied die Möglichkeit geben, seine individuellen Stärken zu identifizieren. Das kann ein guter Online-Test zur Selbsteinschätzung sein, ein 360-Grad-Feedback oder ein Stärken-Workshop. Tauschen Sie sich anschließend mit den Teammitgliedern über deren Stärken aus. Dadurch findet ein echter Perspektivenwechsel statt. Der übliche Blick auf die Schwächen und das, was beim anderen nicht stimmt, verändert sich zu einem Blick auf die Stärken und das, was der andere besonders gut kann.

Im dritten Schritt gilt es, die vorhandenen Schwächen im Team durch entsprechende Stärken auszugleichen. Setzen Sie die Mitarbeiter also stärkenorientiert ein und kommunizieren Sie das auch so. Dadurch lässt sich nicht nur das Engagement der Mitarbeiter erhöhen, sondern auch deren finanzielle Ergebnisse verdoppeln, manchmal sogar verdreifachen.

Verpuffen solche Jetzt-wird-alles-besser-Ansätze nicht regelmäßig nach ein paar Wochen?

Zugegeben, das passiert oft. Umso wichtiger ist es, dass es nicht nur bei diesem Auftakt bleibt. Gerade Führungskräfte müssen den Stärkenansatz regelmäßig vorleben, Mitarbeitern regelmäßig dazu Feedback geben, und nicht nur besondere Leistung loben, sondern auch, welche Stärken der Kollege dabei eingesetzt hat. Nach dem Motto: Durch Ihre besondere Ausdauer haben Sie es geschafft, den Auftrag bei unserem Kunden zu gewinnen.

Darüber hinaus hilft es natürlich, wenn Sie den Stärkenansatz in regelmäßige Routinen integrieren. Zum Beispiel, indem Sie sich in Mitarbeitergesprächen vor allem auf die Stärken des Mitarbeiters konzentrieren. Oder indem Sie sicherstellen, dass die Teammitglieder einander Unterstützung geben und sie ebenso bekommen. Oder indem Sie den Mitarbeitern das Gefühl, dass sie über die notwendigen Stärken verfügen, um die Ziele zu erreichen.

Herr Rebmann, Danke für das Gespräch.

Kritik am Konzept, vor allem die Stärken zu stärken

So schön die Überlegung auch ist, Stärken zu stärken, um Schwächen zu schwächen – sie ist nicht unumstritten. Dem Osnabrücker Wirtschaftspsychologen Uwe Kanning etwa greifen die „humanistischen Überlegungen“ zu kurz:

  • Er wendet beispielsweise ein, dass die besonderen Fähigkeiten und Stärken nicht an jedem Arbeitsplatz zwangsläufig sinnvoll eingesetzt werden können oder gefragt sind. Seine Kritik: „Was macht man mit den vielen Menschen, die einem Arbeitsplatz haben, der so gar nicht zu ihren Stärken passen mag? Setzt hier das große Stühlerücken ein?“
  • Zudem sei es bei kleinen Unternehmen zunehmend unwahrscheinlich, dass Mitarbeiter – zum Beispiel durch Neuplatzierungen – jedes Mal einen Arbeitsplatz finden, der allein ihren Stärken entspricht. Und was nutzt einem schon eine Stärke, wenn der Kollegen am Schreibtisch gegenüber darin sogar noch stärker ist?
  • Überdies erschwerten die heute komplexen Anforderungsprofile, dass Mitarbeiter durch eine einzelne Fähigkeit ihre Aufgaben erfolgreich bewältigen können. Je mehr Fähigkeiten gefordert seien, „desto unwahrscheinlicher ist es, dass es viele Menschen gibt, die all diesen Aufgaben von Natur aus gewachsen sind.“

Folglich lassen sich bestimmte Schwächen nicht (und erst recht nicht alle) durch Stärken kompensieren.

Gleichwohl, das räumen selbst die Kritiker ein, ist der Kerngedanke richtig, die jeweils Bestqualifizierten an den passenden Stellen einzusetzen – und an beidem zu arbeiten: den Stärken, um sie zu stärken und den Schwächen, um sie zu minimieren. Nur so entsteht am Ende wahre Exzellenz.

[Bildnachweis: andrewshka by Shutterstock.com]

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