Warum harte Arbeit uns beeindruckt
Beeindruckende Geschichten von Menschen, die sich scheinbar gegen alle Widrigkeiten durchgesetzt haben und mit harter Arbeit etwas erreicht haben, von dem weder sie noch andere jemals geglaubt hätten, dass es möglich sei.
Voll des Lobes werden die Chroniken solcher Siegeszüge erzählt und jeder zeigt sich beeindruckt vom Durchhaltevermögen, vom Ehrgeiz und nicht zuletzt vom Ergebnis. Kurz gesagt: Harte Arbeit imponiert.
Aber warum eigentlich? Sind wir tatsächlich so selbstlos, dass wir es den anderen gönnen und ohne Vorbehalte beeindruckt sind? Leider nein, das Motiv ist rein egoistischer Natur: Wir wollen uns selbst besser fühlen.
Zu sehen, wie ein anderer es durch harte Arbeit geschafft hat, platziert im eigenen Kopf einen kleinen, aber nicht unwichtigen Hintergedanken: Ich könnte das auch! Immer wenn wir von jemandem hören, der von unten kam und es dennoch bis an die Spitze geschafft hat, erkennen wir uns selbst, das eigene Kämpfen, die Überstunden und die nicht anerkannten Leistungen wieder. Vorbilder, die es mit harter Arbeit zum Erfolg gebracht haben, liefern uns den Beweis, dass auch wir es schaffen können.
Gleiches gilt beispielsweise in Filmen oder auch beim Sport: Wir wollen, dass die Außenseiter gewinnen, die, mit denen wir uns identifizieren können, weil sie es eben nicht einfach haben, sondern nur durch große Anstrengungen dorthin gekommen sind, wo sie jetzt stehen.
Gleichzeitig wird das Malochen gern als grundlegender Pfeiler des Erfolgs betitelt, das Fundament der beruflichen Laufbahn. Getreu dem Motto: Nur wer bereit ist, hart zu arbeiten, wird auch etwas erreichen. Ein anderer Aspekt wird dabei übersehen. Einige Menschen sind talentierter als andere. Das bedeutet noch lange nicht, dass ihnen der Erfolg in die Wiege gelegt wurde, manches fällt mit dem nötigen Talent einfach leichter – und macht einen Teil der harten Arbeit obsolet.
Talent oder harte Arbeit: Was zählt mehr?
Schwierig wird es, wenn man die beiden gegeneinander stellt und im direkten Vergleich aufeinander treffen lässt. Harte Arbeit oder Talent? Wenn man sich festlegen muss, tendieren die meisten Menschen dazu, der harten Arbeit einen höheren Stellenwert einzuräumen. Wir respektieren und belohnen die Anstrengungen, die jemand auf sich genommen hat. Allerdings nur solange es sich um ein reines Gedankenexperiment handelt.
Zu diesem überraschenden Ergebnis kam Chia-Jung Tsay vom University College London. Gemeinsam mit dem Harvard-Psychologen Mahzarin Banaji führte Tsay ein Experiment in zwei Phasen durch: Zunächst sollten die Teilnehmer – alles professionelle Musiker – einen Fragebogen ausfüllen und beurteilen, ob sie Talent oder harte Arbeit zum Erwerb der Fähigkeiten höher bewerten. Erwartungsgemäß wurde Talent durch die Bank ein geringerer Wert zugestanden.
In der zweiten Runde bekamen die Musikexperten zwei Lebensläufe präsentiert: Der eine dokumentierte den Werdegang eines talentierten jungen Musikers, der andere konzentrierte sich auf die investierte Anstrengung. Der Clou: Die jeweiligen Ausschnitte, die den Probanden vorgespielt wurden, kamen vom gleichen Künstler. Trotzdem änderten sich die Beurteilungen drastisch.
Dem „talentierten Musiker“ wurden bessere Fähigkeiten bescheinigt und ein größerer Erfolg vorausgesagt. Dieser Widerspruch ist jedoch nicht einmal die wichtigste Erkenntnis der Studie. Ein größeres Gewicht brachte die Erkenntnis, dass die erfahrensten Teilnehmer dem Talent besonders oft und in höherem Maß den Vorzug gaben – also genau die Gruppe, die häufig Personalentscheidungen trifft.
Stellt sich die Frage, ob Bewerber ihre Chancen erhöhen können, indem sie ihre natürlichen Talente in den Vordergrund stellen. In der Praxis wird dies aber nur schwer umzusetzen sein, schließlich drehen sich die meisten Lebensläufe und Anschreiben um die eigenen Erfolge und Leistungen. In Vorstellungsgesprächen könnte man sich eher auf seine Talente beziehen.
Es besteht vielmehr ein Handlungsbedarf auf Unternehmensseite: Die Studien legen den Schluss nahe, dass harte Arbeit zwar geschätzt und bewundert wird, in der tatsächlichen Entscheidung im Vergleich mit natürlichen Talenten aber den Kürzeren zieht. Dies kann soweit gehen, dass Mitarbeiter nicht eingestellt werden, obwohl die Leistungen und Fähigkeiten besser zur ausgeschriebenen Stelle passen würden.
Der Anteil an Talent beim Erfolg
Der psychologische Aspekt bei der Diskussion um Talent oder Arbeit beziehungsweise: wieviel Fleiß letztlich im Erfolg steckt, ist nicht zu unterschätzen.
Denn Talent lässt sich natürlich leicht als gottgegebenes Schicksal erklären, während keiner so gerne zugeben möchte, dass er in Wirklichkeit eine faule Socke ist. Zwar wird die 10.000-Stunden-Regel durchaus angefochten, andererseits sind die Beispiele von erfolgreichen Menschen, denen nachweislich nichts in den Schoß gefallen ist, beeindruckend.
Als ein Beispiel wird immer wieder Mozart angeführt. Lange als Wunderkind tituliert, da er bereits im zarten Alter von sieben Jahren diverse Instrumente beherrschte, weiß man ebenso gut, dass ein ehrgeiziger Vater dahinter steckte.
Die Frage ist vielleicht auch weniger, wie viel Talent Sie brauchen, um weiterzukommen, sondern vielmehr: Wie viel Ehrgeiz haben Sie und wie viel Energie sind Sie bereit, in Ihren Erfolg zu investieren? Denn niemand ist so talentfrei, dass er oder sie nicht noch etwas aus sich machen könnte.
Es reicht vielleicht nicht zum Rockstar oder zur Primaballerina, aber vielleicht müssen die Ziele realistisch gesteckt werden? Und die Frage ist ja auch, ob Sie sich selbst verwirklichen wollen und wenn ja, im beruflichen Bereich oder in einem Hobby? Beides ist möglich.
Sie werden dann vielleicht nicht Geschäftsführer des Unternehmens, in dem Sie arbeiten, aber dafür vielleicht deutscher Meister im Tischtennis. Oder umgekehrt.
Erfolg ist nicht nur eine Frage des Talents oder der Arbeit, sondern auch eine Frage des Planens und des Verzichts. Eine Führungskraft hat nun mal keine 40-Stunden-Woche, sie investiert Arbeit in ihren Erfolg. Das bedeutet natürlich, Einschränkungen in der Freizeit hinzunehmen.
Und es bedeutet den konstanten Willen, Dinge zu lernen und voranzukommen:
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Sie können mit Niederlagen umgehen.
Das ist quasi die Grundvoraussetzung, denn man muss immer mal wieder mit Rückschlägen rechnen. Dann den Mut nicht zu verlieren, sondern am Ball zu bleiben und sich selbst motivieren zu können zeichnet ambitionierte Menschen aus.
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Sie versuchen mehr als nur normal.
Dieses Bild ist aus dem Sport entlehnt: Wer beispielsweise immer nur 20 Wiederholungen einer Übung macht, wird sich nicht steigern können. In diesem Fall bedeutet es, dass Erfolgreiche mehr Anstrengungen investieren, beispielsweise neben dem Job noch ihre Fähigkeiten anderweitig ausbauen.
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Sie trauen sich Fehler zu machen.
Sie haben eine höhere Risikobereitschaft. Dadurch passieren auch Fehler – aber sie lernen daraus.
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Sie suchen sich einen Mentor.
Oder anderweitige Hilfe. Jedenfalls wissen erfolgreiche Menschen, dass der Weg nach oben schwer genug ist. Warum sich also keine Unterstützung sichern? Ein gut ausgebautes Netzwerk entsteht nicht über Nacht und die Kontakte werden kontinuierlich gepflegt.