Warum vergleichen wir uns mit anderen?
Laut Psychologie und Festingers Theorie braucht der Mensch den sozialen Vergleich, weil er sich nicht unabhängig definieren kann, sondern nur im Verhältnis zu anderen Menschen. Erst durch den sozialen Vergleich können wir uns selbst und unsere Fähigkeiten besser einschätzen – wo wir stehen, ob unser Verhalten angemessen ist, wo wir (von anderen) lernen können oder sollten. Das Vergleichen hilft uns letztlich dabei, die eigene Leistung und Persönlichkeit zu entwickeln und zu verbessern.
Eine weitere Funktion: Durch den Vergleich fühlen wir uns manchmal besser. Wer erkennt, dass es anderen Menschen schlechter geht, erlebt Trost. Wer sieht, dass er oder sie im Vergleich zu anderen besser abschneidet, stärkt sein Selbstvertrauen. Doch der Effekt funktioniert auch umgekehrt – und dann schaden und die Vergleich mit anderen, machen unzufrieden, unglücklich und erzeugen Schuldgefühle oder gar Minderwertigkeitsgefühle.
Die 3 Funktionen von sozialen Vergleichen
Laut dem US-Sozialpsychologen Leon Festinger, der sich an der Stanford-Universität schon Ende der Fünfzigerjahre mit der Frage wissenschaftlich beschäftigte, sind es vor allem drei Gründe, warum wir uns mit anderen regelmäßig vergleichen:
-
Einordnung
Vergleiche liefern uns wesentliche Informationen, um die eigene, aktuelle Situation besser einschätzen zu können.
-
Aufwertung
Gezielte Vergleiche mit Menschen, die uns in einem für uns wichtigen Merkmal unterlegen sind (sogenannter Abwärtsvergleich) stärken unser Statusgefühl. Oder knapper: Sie sind Balsam für unser Ego.
-
Ansporn
Vergleiche mit Menschen, die uns in einem für uns relevanten Bereich überlegen sind (sogenannter Aufwärtsvergleich), dienen der eigenen Verbesserung: Wir finden darin ein Ziel, auf das wir hinarbeiten können.
Ständiges Vergleichen ist also zunächst nichts Schlechtes. Es ist für unsere Entwicklung wichtig, dass wir uns regelmäßig hinterfragen, einschätzen, bewerten. Dahinter steckt eine Art Standortanalyse, um zu prüfen, ob wir unseren Zielen näher kommen. Auch in Bezug auf unseren Fleiß, unsere Hartnäckigkeit, Konsequenz und Fortschritt (siehe auch Studien von Abraham P. Buunk: „Social comparison“, 2005).
Wer bin ich und wo stehe ich aktuell?
Es ist nur menschlich, dass wir unseren Platz in der Gesellschaft suchen, einen entsprechenden Sozialstatus anstreben und zugleich unseren eigenen Wert darin suchen. Dahinter steckt das Bedürfnis die Welt einzuordnen – und uns selbst. Natürlich mit einem möglichst positiven Selbstbild.
Weil dazu aber in der Regel ein objektiver Maßstab fehlt, muss der soziale Vergleich herhalten: Status und Macht sind dabei für viele erstrebenswert. Beide machen aber weder automatisch glücklich, noch sind sie von Dauer. Es sind vielmehr Leihgaben – in der Regel gepaart mit hoher Verantwortung.
Was ist gutes und schlechtes Vergleichen?
Problematisch wird ständiges Vergleichen dann, wenn der Vergleich zum Maßstab für unseren Selbstwert beziehungsweise unser Selbstwertgefühl wird. Wenn zwanghaftes Vergleichen nicht dem Ansporn dient, sondern zu einem relativen Erfolgsdruck führt. Oder anders formuliert:
- Vergleiche sind „richtig“, wenn sie unseren Ehrgeiz beflügeln. Wenn sie uns inspirieren und nach höherem Streben lassen. Dann wirken sie wie ein Turbo für unsere Persönlichkeitsentwicklung. Auch Vorbilder sind nichts anderes als ein permanenter Vergleich – aber mit dem positiven Effekt, dass wir dem Guten nacheifern.
- Ständige Vergleiche sind „falsch“, wenn sie uns nur noch die eigenen Unzulänglichkeiten sehen lassen. Dann führen sie zu Bitterkeit, zu Neid, zu ungesundem Leistungsdruck und manchmal in eine Depression. Betroffene bedauern und bemitleiden sich dann nur noch und fühlen sich als Versager. Nicht selten verbirgt sich dahinter ein Gefühl der Leere und der Bedeutungslosigkeit.
Social Media fördert ständiges Vergleichen
Die sozialen Medien – allen voran Facebook und Instagram – ermöglichen nicht nur das ständige Vergleichen mit anderen, sie schüren es geradezu. Allerdings oft mit negativen Folgen: Weil wir dort nur das schöne, schillernde und erfolgreiche Leben der anderen sehen, wirkt unser eigenes dagegen langweilig, monoton, unbedeutend.
Die eigene Timeline – sie ist nicht nur Spiegel der Eitelkeiten und Selbstinszenierung. Sie bildet ebenso eine permanente Herausforderung: „Das alles haben andere schon erreicht, so toll sehen die aus, entspannen an Traumstränden und feiern das süße Leben… – und was mache ich?“
Vergleiche mit anderen sind Selbstverletzung
Dieser falsche Umgang mit Vergleichen – erst recht, wenn er chronisch wird – wirkt wie Gift auf unsere mentale und seelische Gesundheit. Neben Magen-Darm- sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und erhöhtem Stress erzeugen solche Vergleiche Frust, Leid und Ohnmachtsgefühle.
Dahinter stecken oft eine Reihe falscher Schlussfolgerungen – sogenannte „Mindtraps“:
- „Wenn ist nicht mehr verdiene als mein Kollege, bin ich weniger wert.“
- „Wenn ich dicker bin als die Nacktschnecken im Bikini, bin ich hässlich.“
- „Wenn ich nicht auch in der Südsee Urlaub mache, finden mich die anderen langweilig.“
- „…“
Wer so denkt, macht die eigene Wertschätzung von willkürlichen Vergleichen abhängig – und unterstellt, dass dies die anderen mit uns genauso tun. Blödsinn! Es ist vielmehr wie der französische Moralist und Essayist Joseph Joubert einst warnte: „Wenn du dich mit anderen vergleichst, könntest du bitter werden und dir nichtig vorkommen; denn immer wird es jemand geben, größer ist als du.“ Man könnte auch sagen: Solche Vergleiche mit anderen sind eine permanente Selbstverletzung und subtile Strategie zum Unglücklichsein.
Was ist eine Mind Trap?
Der Begriff tauchte gerade auf: Mindtrap ins Deutsche übersetzt bedeutet so viel wie „Gedankenfalle“. Gemeint ist damit, dass wir durch destruktive Gedanken, wie ständige Vergleiche, in eine selbst gestellte Falle tappen. Dauerhafte Mindtraps können sich negativ auf die Gesundheit auswirken. Deshalb ist so wichtig, Gedankenfallen zu identifizieren und zu stoppen. Eine der häufigsten davon ist die sogenannte Vergleichsfalle.
Ursachen und Auslöser für falsche Vergleiche
Vergleiche zeigen uns Unterschiede zu anderen oder Mängel. Manche Menschen können diese akzeptieren, viele aber versuchen sie zu reduzieren. Entweder durch Selbstoptimierung oder durch Runtermachen, Kleinreden, Diffamieren, Umdeuten… Solche Reaktionen deuten meist auf eigene ungelöste Probleme hin. Schon aus diesem Grund ist es wichtig, mögliche Auslöser für Vergleiche zu identifizieren und zu analysieren.
Ursachen für unbewusste Vergleiche
- Unerfüllte Träume
- Fehlendes Selbstvertrauen
- Private Beziehungsprobleme
- Akute Lebens- und Sinnkrisen
- Jobfrust, beruflicher Stillstand
- Generelle Unzufriedenheit
- Mangelnde Wertschätzung
In all diesen Fällen ist ständiges Vergleichen nur Symptom – nicht Ursache! Lösen wir die unbewussten Probleme dahinter, verschwinden auch die ständigen Vergleiche mit anderen. Oder aber sie machen uns weniger aus. Entwickeln Sie daher ein Bewusstsein für potenziell ungelöste Probleme, die Sie bisher nicht erkannt haben und machen Sie sich zugleich bewusst, dass nicht „die anderen“ die Kontrolle über Ihr Leben und Ihr Selbstwertgefühl haben, sondern Sie ganz alleine!
Wie kann ich das ständige Vergleichen mit anderen stoppen?
Sie wissen jetzt: Sich mit anderen vergleichen, macht unglücklich. Vergleichen ist Gift – vor allem das zwanghafte Vergleichen. Durch ständige Vergleiche mit anderen verlieren wir den Fokus für uns selbst. Umso wichtiger ist, dass wir diese ständigen Vergleiche stoppen – die negativen vor allem. Die gute Nachricht ist: Der richtige Umgang mit Vergleichen lässt sich lernen. Hier 7 Tipps, wie Sie der Vergleichsfalle entkommen:
1. Wertschätzung üben
Lernen Sie wieder zu schätzen, was Sie bereits erreicht haben. Seien Sie dankbar für Freundschaften oder Menschen, die Sie schon weitergebracht haben. Auch materielle Dinge, die Sie besitzen, dürfen Sie feiern. Egal, wie groß oder klein! Alles zusammen bereichert schon jetzt Ihr Leben. Das sollten Sie sich öfter bewusst machen. Mehr Wertschätzung und Achtsamkeit sind das Gegengift zu dem häufigen Höher-, Weiter-, Schneller-Streben.
2. Dankbarkeitstagebuch schreiben
Im Dankbarkeitstagebuch können Sie beispielsweise täglich fünf Dinge aufschreiben, für die Sie an diesem Tag besonders dankbar sind. Es geht dabei aber nicht nur um große Meilensteinen, sondern ebenso um Kleinigkeiten. Dankbarkeit ist der erfolgreichste und edelste Weg zu mehr Glück und Zufriedenheit, mit dem Sie überdies Vergleiche sofort stoppen. Die Verhaltensforscherin Joyce E. Bono von der Warrington Universität in Florida konnte nachweisen: Wer jeden Abend nur drei Erfolge und positive Erlebnisse des Tages schriftlich festhält, ist nach kurzer Zeit glücklicher und zufriedener mit sich und der eigenen Arbeit.
3. Gedanken hinterfragen
Viele unterschätzen die Macht der Gedanken. Diese prägen nicht nur unser (Selbst-)Bewusstsein, sondern auch unser Handeln. Reflektieren Sie daher regelmäßig Ihre Reaktionen etwa auf die Erfolge oder Errungenschaften anderer: Können Sie gönnen und sich für andere freuen? Bewährt hat sich, aufkommende negative Gedanken durch positive zu ersetzen. Seien Sie beispielsweise nicht neidisch, sondern schöpfen Sie aus fremden Erfolgen neue Ideen oder Motivation für eigene Projekte. Mehr noch: Holen Sie sich gleich ein paar Insider-Tipps! So wird aus potenziellem Neid eine nützliche Lernstunde – und eine gute Beziehung.
4. Veränderung beginnen
Wenn es Dinge gibt, mit denen Sie unzufrieden sind, dann reagieren Sie nicht auf andere, sondern starten Sie IHRE Lebensveränderung! Stoppen Sie das passive Vergleichen – und kommen Sie selbst ins Handeln. Keine Frage: Das wird unbequem und führt Sie aus der Komfortzone heraus. Aber eigene Aktivität stoppt sofort die Vergleiche mit anderen – und ist ein mächtiger Schlüssel zum persönlichen Erfolg.
5. Inspiration schöpfen
Gibt es eine Person, die schon umgesetzt hat, wovon Sie träumen? Dann nutzen Sie deren Wissen und Erfahrungen als Inspiration und Motivationskick. Sagen Sie sich: „Wenn das andere schon geschafft haben, kann ich das ebenfalls erreichen!“ Vielleicht ist es sogar möglich, Kontakt zu der Person aufzunehmen, um sich Tipps aus erster Hand zu holen…
6. Fokus lenken
Das Gras auf der anderen Seite ist eben nicht immer grüner! Wenn wir nicht aufhören können, uns mit anderen zu vergleichen, haben wir letztlich den Fokus auf uns selbst verloren. Erinnern Sie sich daran, dass Sie schon heute „gut genug“ sind. Vergleichen Sie sich nicht mit anderen, sondern mit Ihrem früheren ICH: Was haben Sie selbst schon erreicht? Wie gut haben Sie sich schon entwickelt? Was alles haben Sie schon gelernt? Klasse, oder?! Indem Sie das Gesamtbild betrachten (und nicht die anderen), erkennen Sie Ihre eigenen „Superkräfte“. Gewiss, das ist ein Prozess, den man lernen muss. Aber er lohnt sich!
7. Zweifler meiden
Ständiges Vergleichen kann auch an einem toxischen Umfeld liegen. Manche Menschen, die es selbst nicht weit gebracht haben, müssen andere auf ihr Level runterziehen, um sich selbst besser zu fühlen. Sie reden auch Ihnen ein, dass Sie nicht gut sind oder infizieren Sie mit ewigem Nörgeln und Lästereien. Solche Menschen können Sie nicht ändern, aber Sie können ändern, dass solche Menschen um Sie herum sind und Sie runterziehen. So bekommen wir auch wieder eine gesündere Beziehung zu uns selbst.
Machen Sie sich bewusst: Vergleiche mit anderen bringen Sie keinen Schritt weiter! Davon, dass Sie feststellen, dass der Kollege oder die Kollegin unfair viel mehr verdient, bekommen Sie keine Gehaltserhöhung. Sie bekommen auch keine bessere Figur vom Meckern über Magermodels oder Photoshop-Queens auf Instagram. Positiv verändern wird sich Ihr Leben erst, wenn Sie die Verantwortung dafür übernehmen und ins Handeln kommen.
Sie brauchen niemanden zu beneiden oder zu verachten – jeder Mensch ist unvergleichlich wertvoll!
Was andere dazu gelesen haben
- Konkurrenzdenken: Im Wettbewerb mit anderen
- Eifersucht: So bekämpfen Sie das Neidgefühl
- Selbstwirksamkeit: Definition und Tipps