Konfliktgespräch führen: Aufbau, Regeln & Leitfaden

Auf der Arbeit müssen Sie mit unterschiedlichen Persönlichkeiten auskommen. Konfliktgespräche sind da unvermeidbar. Wir zeigen Ihnen in diesem Leitfaden, wie Sie ein konstruktives Konfliktgespräch führen und Konflikte nachhaltig lösen – inklusive 10 Regeln und Checkliste…

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Definition: Was ist ein Konfliktgespräch?

Ein Konfliktgespräch (auch: Kritikgespräch) ist eine strukturierte Aussprache, um eine Auseinandersetzung über unterschiedliche Standpunkte, Ziele oder Bedürfnisse zu klären und einen bestehenden Konflikt zu beenden bzw. eine Konflikteskalation zu vermeiden.

Konfliktgespräche sind eine zentrale Methode im Konfliktmanagement und dienen dazu Missverständnisse oder Spannungen auf der Arbeit zu bereinigen, die Zusammenarbeit zu verbessern sowie stabile Beziehungen zu fördern.

Charakteristische Merkmale

  • Ziel

    Konfliktgespräche haben das Ziel, einen Konflikt zu lösen – nicht allein Schuld zuzuweisen oder Vorwürfe zu machen.

  • Struktur

    Das Gespräch folgt häufig einem klaren Ablauf in 5 Phasen (Auftakt, Selbsterklärung, Dialog, Lösung, Abschluss).

  • Kommunikation

    Im Dialog kommen unterschiedliche Techniken zum Einsatz: Aktives Zuhören, Perspektivwechsel, Ich-Botschaften und Empathie sorgen für eine gezielte Deeskalation.

  • Hilfe

    Je nach Konflikt und Ausmaß werden zum Konfliktgespräch neutrale Schlichter einbezogen – etwa in der Mediation, Supervision oder vor Gericht.

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Konfliktgespräch Aufbau – 5 typische Phasen

Für ein Konfliktgespräch gibt es zwar keinen streng festgelegten Ablauf. Dennoch orientiert sich die Aussprache oder Verhandlung meist an einem typischen Aufbau in 5 Phasen:

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1. Auftaktphase

Um einen Konflikt beizulegen brauchen Sie die richtige Atmosphäre, den richtigen Ort und Zeitpunkt. In der Auftaktphase (auch: Kontaktphase) vereinbaren beide Konfliktparteien einen Termin für ein 4-Augen-Gespräch und verpflichten sich zu Sachlichkeit und fairen Spielregeln. Auch ein zeitlicher Abstand zum Auslöser kann helfen, die erhitzten Gemüter zu beruhigen – zu lange Verzögerungen sind jedoch nicht empfehlenswert.

2. Selbsterklärungsphase

Beide Parteien stellen nun sachlich und respektvoll ihre Position dar: Wie kam es zum Streit? Worum geht es im Kern? Was hat zur Eskalation beigetragen? In dieser Phase geht es in erster Linie darum, die jeweiligen Standpunkte anzuhören und zu verstehen – ohne sich zu unterbrechen oder zu bewerten. Schuldzuweisungen und Verallgemeinerung sind tabu! Empfohlen werden stattdessen sogenannte Ich-Botschaften – Beispiel: „Ich habe mich gedemütigt und missachtet gefühlt, als…“

3. Dialogphase

Der folgende Dialog soll ebenfalls das gegenseitige Verständnis fördern. Vermeiden Sie jedoch eine Diskussion über die jeweilige Sichtweise. Das führt zu nichts. Vielmehr sollten mögliche Gemeinsamkeiten und Kompromisse gesucht, nicht die bestehenden Gegensätze betont werden.

4. Lösungsphase

Anschließend werden Lösungen für jeden einzelnen Streitpunkt gesucht. Wichtige Fragen hierfür sind:

  • Was wäre eine faire Lösung?
  • Welche Vorschläge sind machbar?
  • Welche Lösung ist für beide akzeptabel?

Schließlich einigen sich beide Parteien auf den größtmöglichen gemeinsamen Nenner und vereinbaren dessen konkrete Umsetzung.

5. Abschlussphase

Am Ende des Gesprächs werden alle akzeptierten Lösungsvorschläge noch einmal von beiden Parteien geprüft und beschlossen – eventuell schriftlich in einem Protokoll dokumentiert. Bei einem Konfliktgespräch zwischen Chef und Mitarbeiter ist es sinnvoll, dass beide das Protokoll unterschreiben und eine Kopie davon erhalten. So gibt es über die Zielvereinbarung später keine neuen Missverständnisse.

Der Konflikt wird abschließend beigelegt und die Konfliktparteien können sich wieder auf Augenhöhe begegnen und die Hand reichen…

Voraussetzungen für ein erfolgreiches Konfliktgespräch

Damit die Konfliktbewältigung per Gespräch funktionieren kann, müssen ein paar Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Konfliktfähigkeit
    Konfliktfähigkeit bezeichnet die grundsätzliche Fähigkeit, Konflikte offen anzusprechen und konstruktiv lösen zu wollen.
  • Kommunikationsstärke
    Dabei geht es weniger um Rhetorik, dafür umso mehr um Einfühlungsvermögen und die Fähigkeit, seinen Standpunkt verständlich, nachvollziehbar und respektvoll zu formulieren.
  • Kompromissbereitschaft
    Beide Seiten müssen bereit sein, dem anderen entgegenzukommen, um eine Lösung zu ermöglichen. Ohne Kompromissfähigkeit und mit Sturheit, ist eine Konfliktlösung unmöglich.
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Konfliktgespräch führen: Wichtige Regeln

Wenn Sie ein Konfliktgespräch führen, sollten Sie sich nicht nur gründlich vorbereiten, sondern gleichzeitig an den klassischen Gesprächsregeln bzw. Feedbackregeln orientieren. Zu den 10 wichtigsten Regeln gehören:

  1. Atmosphäre schaffen

    Nehmen Sie sich für das Konfliktgespräch ausreichend Zeit (30-60 Minuten) und finden Sie dafür einen geeigneten Zeitpunkt sowie einen geschützten, neutralen Raum. Nie im Affekt kritisieren!

  2. Sachlichkeit wahren

    Formulieren Sie Ihr Problem sachlich und präzise. Bleiben Sie bei belegbaren Fakten – Pauschalurteile oder Verallgemeinerungen sind tabu! Dasselbe gilt für persönliche oder polemische Angriffe.

  3. Beobachtungen formulieren

    Erklären Sie Ihren Standpunkt und Ihre Gefühle, indem Sie Beobachtungen zunächst schildern, ohne diese oder den Verursacher zu bewerten. Bewährt haben sich hierfür Ich-Botschaften: „Mir ist aufgefallen, dass…“, „Ich fühle mich dabei als…“

  4. Fairness zeigen

    Wer das Wort hat, darf ausreden. Das beweist Wertschätzung und Respekt und sorgt dafür, dass alle Standpunkte und Perspektiven gehört werden oder das Betroffenen Zeit bleibt, das Gehörte zu verdauen.

  5. Körpersprache nutzen

    Setzen Sie bewusst langsame Bewegungen ein und vermeiden Sie hektische oder bedrohliche Gesten sowie eine laute Stimme oder verächtliche Mimik. Halten Sie stattdessen Blickkontakt – ohne zu starren! Eine friedliche Körperhaltung baut Vertrauen auf.

  6. Aktiv Zuhören

    Stellen Sie sicher, dass Sie alles richtig verstanden haben und beugen Sie Missverständnissen durch aktives Zuhören und Rückfragen vor. Fassen Sie Verstandenes in eigenen Worten zusammen („Verstehe ich richtig, dass…?“).

  7. Kontrolle bewahren

    Auch wenn Ihr Gegenüber weiter provoziert und beleidigt: Reagieren Sie nicht impulsiv darauf und behalten Sie die Selbstkontrolle. Zeigen Sie eher Verständnis für die Emotionen, ohne eigene Grenzen zu überschreiten.

  8. Bedürfnisse identifizieren

    Die meisten Konflikte kratzen nur an der Oberfläche, darunter aber stecken die wahren Bedürfnisse oder Gefühle (siehe: Eisbergmodell). Versuchen Sie diese im Konfliktgespräch zu verstehen und zu lösen!

  9. Lösungen entwickeln

    Erarbeiten Sie gemeinsam (!) machbare Lösungsvorschläge, die für alle Beteiligten akzeptabel sind. Vermeiden Sie unbedingt einseitige Forderungen und achten Sie auf ein Win-Win-Ergebnis (siehe: Harvard-Konzept).

  10. Gespräch nachbereiten

    Halten Sie die Vereinbarungen möglichst schriftlich fest und überprüfen Sie deren Umsetzung in einem Folgetermin. Das fördert die Verbindlichkeit und Ernsthaftigkeit des Gespräch.

Warten Sie mit dem Konfliktgespräch nicht zu lange, sonst leidet die Nachvollziehbarkeit und die Details und Erinnerung verschwimmen. Wir empfehlen, Feedback möglichst innerhalb von 48 Stunden zu geben. Bei Beziehungskonflikten sollten Sie diese sogar möglichst noch vor dem Schlafengehen lösen.

Tipp: WWW-Methode für besseres Feedback

Zusätzlich können Sie sich bei Ihrem Feedback an der sogenannten WWW-Regel orientieren:

  1. Wahrnehmung schildern
    Sagen Sie Ihrem Gegenüber zunächst, welches Verhalten Ihnen aufgefallen ist. Also Ihre Sicht der Dinge: Was haben Sie gesehen, beobachtet, empfunden?
  2. Wirkung aufzeigen
    Im zweiten Schritt folgt die Bewertung: Wie wirkt das auf Sie persönlich? Erklären Sie Ihren Standpunkt und die Folgen sachlich und neutral.
  3. Wunsch formulieren
    Abschließend sagen Sie, welches künftige Verhalten Sie sich wünschen oder welche Veränderung Sie erwarten. Formulieren Sie einen klaren Appell oder spezifische Erwartungen.
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Leitfaden & Checkliste: Konfliktgespräch moderieren

Ein Konfliktgespräch zu moderieren, erfordert eine strukturierte Herangehensweise, Empathie und das Ziel, eine für alle Parteien zufriedenstellende Lösung zu finden. Hier finden Sie einen Leitfaden samt Checkliste, die dabei helfen, ein solches Gespräch erfolgreich zu führen:

    1. Vorbereitung

  • Ziel des Gesprächs klären
  • Rahmenbedingungen (Ort, Zeit, Vertraulichkeit) festlegen
  • Neutralität wahren
  • Gesprächsregeln vorbereiten
  • 2. Gesprächseröffnung

  • Begrüßung und Atmosphäre schaffen
  • Gesprächsregeln erklären
  • Ziel des Gesprächs verdeutlichen
  • 3. Konfliktdarstellung

  • Jede Partei hat die Möglichkeit, ihre Sichtweise darzulegen
  • Aktives Zuhören und Nachfragen
  • Gefühle und Bedürfnisse der Beteiligten ansprechen
  • 4. Ursachen des Konflikts identifizieren

  • Hintergründe des Konflikts ermitteln
  • Gemeinsame Interessen herausarbeiten
  • 5. Lösungen entwickeln

  • Lösungsvorschläge einholen
  • Vor- und Nachteile der Vorschläge abwägen
  • Kompromisse und Konsens finden
  • 6. Vereinbarungen festlegen

  • Konkrete und klare Vereinbarungen treffen
  • Verbindlichkeit und Verantwortlichkeiten festlegen
  • 7. Gespräch abschließen

  • Wichtige Punkte zusammenfassen
  • Dank aussprechen und positives Ende finden

Den Leitfaden für ein Konfliktgespräch am Arbeitsplatz können Sie sich zusätzlich und kostenlos hier als PDF herunterladen:

Konfliktgespräche führen – Leitfaden (PDF)

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Anlässe für Konfliktgespräche am Arbeitsplatz

Auf der Arbeit gibt es zahlreiche Konfliktpotenziale. Vor allem folgende Konfliktarten gehören zu den häufigsten auf der Arbeit:

  • Sachkonflikte

    Sachkonflikte basieren auf unterschiedlichen Meinungen oder Sachfragen – etwa zur Arbeitsweise oder wie bestimmte Ziele erreicht werden können. Verschiedene Ideen und Lösungen konkurrieren dabei miteinander und erzeugen Teamkonflikte.

  • Beziehungskonflikte

    Beziehungskonflikte haben ihre Ursache meist in Antipathien und darin, dass die sprichwörtliche „Chemie“ nicht stimmt: Man kann sich nicht leiden. Was als subtile Abneigung beginnt, kann durch persönliche Angriffe oder Mobbing bzw. Bossing eskalieren.

  • Verständniskonflikte

    Schon banale Missverständnisse oder der vermeintliche Subtext in einer E-Mail können bei fehlender Aussprache zu einem schwelenden Konflikt zwischen Kollegen führen.

  • Verteilungskonflikte

    Bei Verteilungskonflikten geht es um eine als unfair oder ungerecht empfundene Verteilung von Ressourcen – zum Beispiel Dienstwagen, Bürogrößen, Gehalt oder Verantwortungen.

  • Zielkonflikte

    Beim Zielkonflikt (auch: Interessenkonflikt) prallen unvereinbare Ziele aufeinander. Beispiel: Es sollen Kosten gespart werden, gleichzeitig sollen Vertrieb und Marketing für mehr Umsatz sorgen. Zielkonflikte gehören zu den häufigsten Konflikten in Unternehmen.

  • Wertkonflikte

    Wertkonflikte treten bei unterschiedlichen Moralvorstellungen oder Arbeitsauffassungen auf – zum Beispiel beim richtigen Führungsstil oder (unlautere) Methoden in der Verkaufspsychologie.

  • Rollenkonflikte

    Menschen übernehmen ständig verschiedene Rollen – im Job, im Team, in der Familie. Mit jeder Rolle sind ausgesprochene und unausgesprochene Erwartungen verknüpft. Diese entsprechen nicht immer dem eigenen Selbstverständnis. Wird jemand befördert, kann das neue Selbstverständnis zu Rollenkonflikten führen.

  • Machtkonflikte

    Zu Machtkonflikten kommt es regelmäßig, wenn es um Kompetenzen und Zuständigkeiten geht oder wenn zwei Abteilungen zusammengelegt werden und beide Abteilungsleiter den Führungsjob beanspruchen. Typische Ausprägungen sind Machtspiele oder Silodenken.

Durch frühzeitiges Erkennen und professionelles Führen von Konfliktgesprächen können die negativen Folgen wie sinkende Produktivität oder erhöhte Fluktuation vermieden werden.


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