Definition: Moral einfach erklärt
Unter Moral lässt sich die Gesamtheit der Verhaltensnormen, Tugenden, Sitten und Gebräuche zusammenfassen, die sich eine Gesellschaft gibt. Solche Werte können beispielsweise Nächstenliebe, Barmherzigkeit und Rechtschaffenheit sein. Oft finden sie Eingang in Regeln und Gesetze. So basieren beispielsweise viele davon im Judentum und Christentum auf den zehn Geboten im Alten Testament. Der Begriff geht auf das lateinische „moralis“ zurück, was so viel wie „die Sitten betreffend“ bedeutet.
Moralisch einwandfreies Verhalten heißt, dass jemand sich gut verhält: Nämlich so, wie die Gesellschaft (oder zumindest weite Teile) es für richtig erachtet. Unmoralisch ist jemand demnach, wenn er gegen geltende Normen und Werte verstößt. Somit ist der Begriff Moral meist positiv, mindestens aber neutral besetzt. Im Gegensatz dazu Unmoral oder Amoral: Ersteres meint den Verstoß, letzteres die Abwesenheit jeglicher Moralvorstellungen. So werden beispielsweise Gier, Lügen und Egoismus gesellschaftlich verurteilt und als unmoralisch empfunden.
Unterschied zwischen Moral und Ethik
Oft werden Moral und Ethik in einem Atemzug genannt. Sie hängen auch zusammen, es gibt allerdings einen Unterschied. Während Moral die jeweiligen Werte und Normen an sich meint, bezeichnet Ethik die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Frage nach gut und falsch. Moralische Anforderungen bilden die Basis für eine philosophische Reflexion über verschiedene Fragen. Ein Synonym für Ethik ist daher der Begriff Moralphilosophie.
Die Ethik hat es sich zur Aufgabe gemacht, Moralvorstellungen zu hinterfragen. Beispielsweise, ob bestimmte Werte und Normen noch zeitgemäß sind. Gleichzeitig stößt sie mitunter an ihre Grenzen.
Woher kommt Moral?
Ob man will oder nicht: Die meisten Menschen haben die Moralvorstellungen ihrer Umgebung verinnerlicht. Wenn sie dagegen verstoßen, haben sie ein schlechtes Gewissen. So betrachtet ist Moral ein innerer Kompass: Er sagt einem, was zu tun ist, was richtig und was falsch ist. Und er gibt damit Aufschluss darüber, was im Falle eines Verstoßes zu tun ist. Nämlich Strafe verbüßen oder Wiedergutmachung für den Geschädigten. Doch woher kommt dieser innere Kompass?
Wissenschaftler gehen davon aus, dass Erziehung und Sozialisation, hier vor allem durch die Religion, eine wichtige Rolle spielen. Gleichzeitig spricht einiges dafür, dass Moral vor allem evolutionsbedingt ist. Schon Primaten und andere Säugetiere zeigen prosoziales Verhalten. Und in der Steinzeit führte moralisch korrektes Verhalten zur Hilfsbereitschaft – nur so konnten Mitglieder einer Gruppengemeinschaft überleben.
Hier zeigen sich allerdings die Grenzen moralischen Verhaltens. Entscheidend sind nämlich Faktoren wie persönliche Nähe und Empathie. So verhält man sich sehr viel wahrscheinlicher moralisch, wenn man sich Menschen emotional verbunden fühlt. Ein Mangel an Empathie und Bindung erklärt übrigens auch unmoralisches Verhalten, beispielsweise bei Psychopathen. Sie können sehr wohl Recht von Unrecht unterscheiden, aber es stört sie nicht, ob sie gegen geltende Normen verstoßen oder nicht.
Beispiele für Moral
Forscher wie der Harvard-Wissenschaftler Marc Hauser sprechen vom Moralinstinkt, um zu betonen, dass die Wurzeln unseres moralischen Handelns tief in den Genen liegen. Verschiedene Beispiele verdeutlichen dies. So ist es für die meisten selbstverständlich, einer schwer verletzten Person am Straßenrand zu helfen. Gleichzeitig haben viele kein Problem damit, eine beträchtliche Summe Geld für ein Luxusgut auszugeben, statt es für Notleidenden in armen Ländern zu spenden.
Grund dafür ist der Umstand, dass die verletzte Person im ersten Beispiel aus dem unmittelbaren Umfeld des Zeugen stammt. Er sieht das Leid mit eigenen Augen. Im zweiten Fall hingegen besteht bestenfalls eine unpersönliche, abstrakte Beziehung. Viele Gebote und Vorstellungen können wir nicht rational erklären, aber unsere Emotionen und Instinkte sind damit verwoben.
Daneben sollte man nicht vergessen: Es gibt immer wieder Ausnahmen von Regeln und Gesetzen, etwa beim Tötungsverbot. Einerseits ist das nahezu universell, andererseits hindert das zahlreiche Staaten nicht daran, als staatliche Sanktion bei Verbrechern eine Ausnahme zu machen.
Werte der Moral sind kulturabhängig
Welche Werte, Sitten und Gebräuche eine Kultur für wichtig erachtet, ist zum Teil sehr unterschiedlich. Das fängt schon mit Umgangsformen an: In asiatischen Ländern ist es unüblich, zur Begrüßung die Hand zu schütteln. Tut man es doch, verstößt man gegen geltende Sitten. Nicht selten ist Moral mit der Sexualmoral der Frauen verknüpft: Für sie gelten noch einmal deutlich strengere Regeln als für Männer.
Oft ist es wichtig, bestimmte Kleidernormen einzuhalten. Hierzulande lässt sich das beispielsweise an der Frage ablesen, ob Mädchen in der Schule einen Minirock tragen dürfen sollten oder nicht. Dieser gilt als häufig als sexuell aufreizend und daher unangebracht. In patriarchalen Gesellschaften reicht schon ein sichtbarer Fußknöchel oder ein verrutschtes Kopftuch, um einer Frau unmoralisches Verhalten zu bescheinigen.
Und obwohl es zum Teil fundamentale Unterschiede gibt, existieren kulturübergreifend viele Gemeinsamkeiten. Forscher um den Anthropologen Oliver Scott Curry vom Institut für Kognitive und Evolutionäre Anthropologie der Universität Oxford haben 600.000 ethnografische Berichte ausgewertet. Aus den 60 Kulturen konnten sie folgende moralische Grundsätze herausfiltern:
- Man muss die eigene Familie unterstützen.
- Ebenso wichtig ist die Unterstützung der eigenen (sozialen) Gruppe.
- Bei Gefälligkeiten revanchiert man sich: Quid pro quo.
- Mut ist eine erstrebenswerte Eigenschaft.
- Vorgesetzte verdienen Respekt.
- Ressourcen sollten gerecht verteilt sein.
- Der Besitz anderer ist zu respektieren.
Arbeitsmoral durch Gesellschaft und Job geprägt
Auch der Arbeitsmoral liegen bestimmte gesellschaftliche Vorstellungen darüber zugrunde, welches Verhalten am Arbeitsplatz richtig ist. Beispielsweise ist die Arbeitsethik viele westlicher Staaten maßgeblich durch den Protestantismus geprägt. Dahinter verbirgt sich die Vorstellung von der Arbeit als Pflicht eines gottesfürchtigen Menschen. Erfolg wird oft als sichtbares Zeichen eines nach göttlichen Maßstäben rechtschaffenen Menschen gesehen. Diese Überzeugungen haben sich in den letzten Jahrzehnten grundlegend gewandelt.
Dennoch nimmt der Beruf im Leben der meisten Menschen eine wichtige Rolle ein. Er ist nicht nur Erwerbstätigkeit, sondern auch eine Möglichkeit zur Selbstverwirklichung. Eine hohe Arbeitsmoral lässt sich daher besonders bei Menschen beobachten, die sich mit ihrer Tätigkeit identifizieren. Umgekehrt kann ein schlechtes Arbeitsumfeld dafür sorgen, dass Menschen nur noch Dienst nach Vorschrift machen oder sogar wenig Skrupel haben, dem Unternehmen zu schaden – etwa durch Diebstahl.
Tageszeit beeinflusst die Moral
So konnten zum Beispiel Maryam Kouchaki von der Harvard Universität und Isaac Smith von der Universität von Utah in einer Reihe von Studien nachweisen, wie sich die bloße Tageszeit auf die Moral der Probanden und deren Verhalten auswirkte. Um es kurz zu machen: Morgens handelten sie allesamt ehrlicher und moralischer als am Abend. Die Forscher selbst nannten diese Phänomen „morning morality effect“.
Im konkreten Experiment ließen die Forscher ihr Studienteilnehmer verschiedene Aufgaben absolvieren, von denen einige lösbar, andere unlösbar waren. Am Ende sollten sie angeben, wie viele Aufgaben sie gelöst hatten, um dafür eine Belohnung zu erhalten. Angeblich prüften die Wissenschaftler die tatsächlichen Leistungen nicht nach. Das allerdings war ebenso gelogen, wie die Angaben der Teilnehmer am Nachmittag oder Abend.
In dieselbe Richtung weist auch eine Studie der Universität von Washington. Die Forscher fanden heraus, dass ausgeschlafene Menschen moralischer entscheiden als müde. Der Joballtag raubt oftmals kostbare Kraft. Fehlen dann noch die Pausen, um die Batterien wieder aufzuladen, fehlt bald auch die Energie für wichtige Werte. Die Erklärung der Forscher: Je schlapper wir werden, desto anfälliger sind wir für Versuchungen. Und so kann es eben passieren, dass ein Mensch, der morgens hohe moralische Maßstäbe an sich und seine Umwelt legt, abends vieles davon wieder über Bord wirft und, nun ja, lockerer sieht…
Die Moral von dieser Geschichte: Wer wichtige (moralische) Entscheidungen treffen will, sollte dies vor allem in den Morgenstunden erledigen – und auch eher am Wochenanfang, wenn noch alle Kräfte zur Selbstkontrolle vorhanden sind.
Moral Hazard und Doppelmoral
Viele moralische Wertvorstellungen beruhen auf Verboten. Das zeigt sich bereits bei den zehn Geboten: „Du sollst nicht…“ Der Philosoph Immanuel Kant versuchte eine allgemeingültige Formel für moralisches Handeln zu finden und formulierte daraus den Kategorischen Imperativ. Der besagt Folgendes: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“ Mit anderen Worten: Man sollte nur selbst so handeln, wie man es anderen auch zubilligt.
Genau das geschieht im Alltag jedoch nicht. Allenthalben lassen sich Verstöße beobachten, die später durch Ausreden gerechtfertigt werden. Oder sie können umständehalber nicht sanktioniert werden. Genau das ist beispielsweise beim sogenannten Moral Hazard der Fall: Dabei handelt es sich um opportunistisches Verhalten auf Kosten anderer. Der Begriff stammt aus der Ökonomie und charakterisiert beispielsweise das Verhalten einiger, die keine Konsequenzen für ihr unmoralisches Verhalten fürchten müssen:
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Vollkasko-Police
Autofahrer mit einer Vollkasko-Police fahren nachweislich riskanter, weil sie nicht fürchten müssen, auf den Kosten sitzen zu bleiben.
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Arbeitsplatz
Besonders Beamten sagt man eine sehr entspannte Arbeitsmoral nach, da sie niemals um ihren Job fürchten müssen. Der Moral Hazard ist aber auch in Privatunternehmen zu beobachten, wenn sich einzelne Teammitglieder auf der Leistung der anderen ausruhen.
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Banken
Riskant auch der Umgang mit Aktien an der Börse. Ob die steigen oder fallen, kann einem Aktienhändler egal sein – am Ende badet der Anleger aus.
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