Zu selbstkritisch: Die Folgen von falscher Selbstkritik
Vorweg: Die Fähigkeit zu selbstkritischem Denken ist zunächst mal eine Stärke und enorm wichtig. Nur wer sein eigenes Handeln reflektiert, dabei Fehler und Schwächen erkennt und für die Zukunft daraus lernt, kann sich weiterentwickeln.
Fehlende Selbstkritik und Selbstreflexion auf der anderen Seite führen zu Stillstand.
Frei nach Paracelsus gilt allerdings auch hierbei: Die Dosis macht das Gift.
Ohne selbstkritisches Verhalten findet keine Entwicklung statt, zu viel davon aber blockiert diese genauso. Obendrein macht es unglücklich und bitter. Wenn Sie zu selbstkritisch mit sich sind, werden Sie bald von Selbstzweifeln geplagt und trauen sich nichts mehr zu. Mehr noch: Es entsteht eine Art Abwärtsspirale aus Fehlern, sich selbsterfüllender Prophezeiung und Scheitern.
Die Betroffenen fühlen sich dann nicht mehr gut genug – egal, für was. Sie können aus der eigenen Perspektive bei keinem Vergleich mithalten, verfallen in Minderwertigkeitsgefühle oder sogar in eine Depression.
Erfolgreich sein oder Ziele erreichen?
Wer zu selbstkritisch ist, kann sich davon meist verabschieden. Solche Menschen haben das Gefühl, unzulänglich und nutzlos zu sein, über keine nennenswerten Fähigkeiten zu verfügen oder generell auf der Schattenseite des Lebens zu stehen. Kurz: Sie reden sich solange schlecht, bis Sie es wirklich sind.
Oder sie meiden Herausforderung, um ja keine Fehler zu machen (die das negative Selbstbild nur bestätigen würden). Je größer und destruktiver die Selbstkritik, desto schwächer das Selbstwertgefühl.
Um aus diesem zerstörerischen Kreislauf auszubrechen und etwas daran zu ändern, müssen wir allerdings zunächst erkennen, dass wir tatsächlich zu selbstkritisch sind. Kritische Kommentare von außen sind nicht zwangsläufig eine Bestätigung des eigenen Unvermögens oder ein Angriff auf unser Selbstbewusstsein. Sie können ebenso eine Chance zur Korrektur sein. Und damit eine Gelegenheit zu wachsen und unsere Potenziale besser auszunutzen…
Frauen sind häufig zu selbstkritisch
Grundsätzlich kann jeder zu selbstkritisch sein. Studien zeigen jedoch, dass vor allem Frauen zu selbstkritisch sind. Sie unterschätzten insbesondere im Berufsleben regelmäßig Ihre eigenen Stärken und Kompetenzen.
In den zugrunde liegenden Experimenten nahm das Umfeld die Fähigkeiten der Frauen wesentlich stärker und positiver wahr als sie selbst. Die Männer wiederum fielen auf der anderen Seite vom Sattel: Sie neigten eher zur Selbstüberschätzung.
Zwar sind beide Denkweisen einer falschen Selbstwahrnehmung geschuldet. Im Vergleich wirkt die Haltung der Frauen für diese in der Berufswelt aber wesentlich schädlicher: Während die Kollegen selbstbewusst auftreten, die eigenen Stärken und Fähigkeiten betonen und offensiv in den Vordergrund stellen, treten viele Frauen zu bescheiden (oder gar zu selbstkritisch) auf, wenn es um ihre Kompetenzen geht – und werden von den Männern ausgebootet.
Hier liegen aber auch wieder Chancen: Vor allem Frauen können enorm davon profitieren, wenn sie eine zu selbstkritische Haltung reflektieren und in ein gesundes Maß zurückführen.
Selbsttest: Sind Sie zu selbstkritisch?
Zugegeben, es ist nicht leicht, die Grenze zwischen angebrachter Selbstkritik und Selbstzerfleischung zu ziehen. Entscheidend ist dabei auch die Art, wie die Selbstkritik geübt wird. Also etwa in Form von konstruktiver beziehungsweise destruktiver Kritik.
Solange Sie dabei analytisch-wohlwollend über Ihre Schwächen nachdenken und dabei die Stärken nicht außer Acht lassen, ist dagegen wenig einzuwenden. Sobald Sie aber beginnen, sich selbst nur noch runterzumachen, ist die Grenze überschritten. Das nutzt niemandem mehr. Im Gegenteil: Sie schaden sich selbst – nachhaltig.
Wir haben daher hier noch einen kurzen Selbsttest entwickelt, der Ihnen dabei helfen kann, herauszufinden, ob Sie vielleicht zu selbstkritisch sind.
Ein erstes Indiz kann dabei schon sein, wie Sie auf diesen Artikel und Selbsttest gestoßen sind: Haben Sie gezielt danach im Internet gesucht, weil Sie bereits vermuten, dass Ihr kritisches Verhalten Ihnen selbst nicht gut tut? Dann sollten Sie den Test auf jeden Fall absolvieren.
Unser Selbsttest hat zwar keinen wissenschaftlichen Anspruch. Er kann Ihnen aber bei der Selbstwahrnehmung helfen und diese verbessern. Nehmen Sie sich dafür ein paar Minuten Zeit, um die folgenden 10 Fragen für sich – ehrlich – zu beantworten. Versuchen Sie bitte nicht, das Ergebnis zu verfälschen, um vor sich selbst besser dazustehen. Das bringt Sie nicht weiter.
Klicken Sie jeweils die Antwort an, die auf Sie am ehesten zutrifft und zählen Sie zusammen, wie oft Sie A, B oder C angekreuzt haben. Die meistgewählte Antwort bringt Sie am Ende zur Auflösung. Und los geht’s…
1. Frage: Wie reagieren Sie auf Lob und Komplimente?
- Ich freue mich darüber, dass jemand meine Vorzüge und Fähigkeiten richtig erkannt hat und bedanke mich mit einem Lächeln. (A)
- Ich bin verunsichert und glaube nicht, dass der andere es ernst meint. Warum sollte ich ein Kompliment bekommen? (B)
- Ich finde es sehr nett, wenn das Lob meiner Meinung nach gerechtfertigt ist. (C)
2. Frage: Kennen Sie Ihre größten Stärken?
- Da fallen mir schon ein oder zwei ein, an einigem könnte ich aber sicherlich noch arbeiten. (C)
- Aber natürlich, das sollte doch jeder. Vor allem mein Selbstbewusstsein zeichnet mich aus, aber auch meine Spontaneität, meine Geduld und mein Durchsetzungsvermögen… (A)
- Stärken? So auf Anhieb eher nicht. Da müsste ich erstmal überlegen. (B)
3. Frage: Was essen Sie, wenn Sie mit Freunden gemeinsam zum Abendessen verabredet sind?
- Selbst wenn ich den ganzen Tag noch nichts gegessen habe, belasse ich es sicherheitshalber bei einer kleinen Beilage oder einem Salat. (B)
- Ich achte schon darauf, was die anderen bestellen. Wenn alle nur eine Kleinigkeit nehmen, passe ich mich an. (C)
- Immer das, worauf ich gerade Hunger habe. (A)
4. Frage: Wie fühlen Sie sich, wenn Sie ein Foto von sich selbst sehen?
- Wenn es sich um schöne Fotos handelt, gucke ich mir diese gerne an. Auf den meisten Bildern gefalle ich mir gut. (C)
- Ich liebe Fotos von mir und mache eigentlich ständig Selfies, die ich dann gleich poste. (A)
- Falls möglich schaue ich mir erst gar keine Bilder von mir an. Darauf sehe ich eigentlich immer ganz grausam aus. (B)
5. Frage: Sie haben eine Idee für bessere Prozesse im Job. Schlagen Sie es Ihrem Chef vor?
- Ich schaue mir mein Konzept noch einmal an oder halte Rücksprache mit einem Kollegen, aber dann stelle ich dem Chef vor, was ich mir überlegt habe. (C)
- Erst einmal natürlich nicht. Wer weiß, ob die Idee wirklich etwas taugt. Ich warte lieber erst ab. (B)
- Aber sofort! Wieso Zeit verschwenden, wenn die optimierten Abläufe schon in ein paar Tagen umgesetzt werden könnten? (A)
6. Frage: Was denken Sie, wenn Sie sich für einen neuen Job bewerben?
- Ich weiß genau, was ich kann und wieso ich genau richtig für den Job bin. Wenn ein Personaler das nicht erkennt, dann halt der nächste. (A)
- Natürlich gibt es viele Bewerber, aber wenn ich meine Qualifikationen und Erfahrungen gut einsetze, stehen meine Chancen ganz gut. (C)
- Leider ist die Konkurrenz in der Bewerbung immer sehr groß und hoch qualifiziert. Das wird nicht leicht. (B)
7. Frage: Versetzen Sie sich in die Lage Ihrer Kollegen: Worum beneiden diese Sie?
- Meine Büronachbarin hat einmal gesagt, dass sie es toll findet, dass ich ihr immer bei Aufgaben helfe und Projekt übernehme. (B)
- Ich hoffe, dass sie meine Motivation und fachliche Kompetenz schätzen – und meine freundliche Art. Das sind die Dinge, die mir selbst besonders gut gefallen. (C)
- Das dürfte vor allem mein beruflicher Erfolg und mein sicherer Umgang mit wichtigen Kunden und der Führungsetage sein. (A)
8. Frage: Sie beobachten ein Gespräch unter vier Augen. Was geht Ihnen als erstes durch den Kopf?
- Darüber mache ich mir wirklich keine Gedanken. Wenn es um mich geht, werden sie es mir schon sagen. (A)
- Vermutlich reden die beiden über mich. Ich hatte schon den ganzen Tag das Gefühl, dass etwas nicht stimmt. (B)
- Man kommt schon ins Grübeln, ob vielleicht gelästert wird. Aber selbst wenn: Man kann es nicht jedem recht machen. (C)
9. Frage: Ihnen ist ein dummes Missgeschick unterlaufen. Wie gehen Sie damit um?
- Ich ärgere mich ein wenig über mich selbst. Eigentlich bin ich besseres von mir gewohnt. (C)
- Ach, das ist jedem schon einmal passiert. Keine große Sache. (A)
- Das ist einfach so typisch für mich. Ich kann einfach nichts richtig machen. Hoffentlich nehmen die anderen meine Entschuldigung an. (B)
10. Frage: Wie reagieren Sie auf Kritik von anderen?
- Ich nehme mir die Aussagen sehr zu Herzen und fühle mich in meinen eigenen Zweifeln bestätigt. (B)
- Ich schaue mir die Kritik an, analysiere das Gesagte und überlege, ob ich davon etwas für mich persönlich nutzen kann. (C)
- Das lässt mich in der Regel kalt. Oft ist es nur Neid oder schlechte Laune, die aus anderen spricht. (A)
Zu selbstkritisch? Auflösung zum Selbsttest
Wenn Sie sich am häufigsten für Antwort A entschieden haben, brauchen Sie sich überhaupt keine Gedanken machen, dass Sie zu selbstkritisch sind. Eher das genaue Gegenteil. Sie scheinen vor Selbstsicherheit nur so zu sprühen und sind fest von sich und Ihren Fähigkeiten überzeugt. Hin und wieder würde Ihnen ein wenig mehr Selbstkritik nicht schaden, um weiterhin offen für positive Veränderungen und Entwicklungen zu bleiben.
Haben Sie sich mehrheitlich für Antwort C entschieden, verfügen Sie über ein gutes Mittelmaß an Selbstkritik. Sie können sich selbst durchaus kritisch gegenüber stehen, übertreiben es damit aber nicht und wisse auch, was Sie gut können und dass es keinen Grund gibt, das eigene Licht unter den Scheffel zu stellen.
Zu selbstkritisch sind Sie in jedem Fall, wenn Sie bei den meisten Fragen Antwort B gewählt haben. Sie machen sich grundlos schlecht, sind destruktiv sich selbst gegenüber und verkennen Ihre Vorteile, Vorzüge und Kompetenzen. Bleiben Sie fair sich selbst gegenüber und machen Sie sich bewusst, dass Sie viel mehr können, als Sie sich selbst eingestehen.
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