Ungerechte Noten: Was tun bei unfairer Bewertung?

Ob in Schule, Ausbildung oder Studium: Ungerechte Noten sind nicht nur ärgerlich, sie verderben den Notenschnitt und können schlimmstenfalls sogar den Abschluss gefährden. Wir erklären, wie unfaire Bewertungen entstehen und wie Sie sich gegen ungerechte Noten wehren…

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Was sind ungerechte Noten?

Ungerechte Noten sind Bewertungen von schulischen, akademischen oder beruflichen Leistungen, die nicht angemessen, unzutreffend oder unverhältnismäßig sind. Eine solch ungerechte Note kann verschiedene Bedeutungen haben:

  • Die Note spiegelt nicht die tatsächliche Leistung wider.
  • Die Bewertung ist willkürlich oder voreingenommen.
  • Es wurden Bewertungsfehler gemacht (z.B. Rechenfehler, falsche Gewichtung)
  • Vergleichbare Arbeiten wurden besser bewertet – ohne nachvollziehbaren Grund.

Synonyme Bezeichnungen für ungerechte Noten sind: Benotungsfehler, Beurteilungsfehler oder Bewertungsungerechtigkeit. Diese gibt es nicht nur in der Schule, sondern auch bei Prüfungen an der Universität oder in der Ausbildung.

Beispiele für ungerechte Noten

Lehrer und andere Prüfer sollten fair bewerten. In der Praxis gelingt das nicht immer. Hier sind einige Beispiele für ungerechte Noten:

  • Schüler mit gleichem Ergebnis bekommen unterschiedliche Noten.
  • Prüfer wertet formale Fehler unverhältnismäßig stark.
  • Die Bewertung für eine Präsentation fällt ohne Begründung schlecht aus.
  • Bewertungsmaßstäbe sind unklar oder werden kurzfristig geändert.
  • Rechtschreibfehler werden in einem Fach ohne Sprachbewertung übermäßig abgezogen.
  • Ein Gutachter der Bachelorarbeit bewertet deutlich strenger als der Zweitgutachter.
  • Der Lehrer macht einen Fehler bei der Notenberechnung.
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Gründe für ungerechte Noten

Eine schlechte Note ist nicht zwangsläufig unfair. Manchmal haben Sie in einer Prüfung einfach schlecht abgeschnitten. In anderen Fällen ist die Bewertung wirklich unangebracht. Für ungerechte Noten gibt es verschiedene Gründe:

  • Subjektivität

    Noten sind nie vollständig objektiv. Lehrkräfte haben immer einen gewissen Ermessensspielraum. Besonders bei Aufsätzen, Präsentationen oder mündlichen Prüfungen ist der Bewertungsrahmen weiter gefasst. So kann das Gefühl ungerechter Noten entstehen, wenn die subjektiven Erwartungen nicht erfüllt werden.

  • Fehlende Transparenz

    Leider werden Bewertungskriterien oftmals nicht klar kommuniziert. Fehlt die Transparenz, wissen Schüler nicht genau, was auf sie zukommt und wo der Fokus liegt. Obwohl ein Thema grundsätzlich verstanden wurde, kommt es zu ungerechten Noten.

  • Formale Fehler

    Auch Lehrer machen Fehler. Schon ein unbeabsichtigter Rechenfehler bei der Punktevergabe kann die Note beeinflussen. Andere formale Fehler sind zum Beispiel die falsche Gewichtung einer Aufgabe oder schlicht das Übersehen von Punkten in einer Klausur.

  • Persönliche Vorurteile

    Leider zeigt die Praxis, dass Sympathie, Antipathie und (bewusste oder unbewusste) Vorurteile die Notenvergabe beeinflussen. Studien zeigen, dass Schüler mit bestimmten Namen schlechter bewertet werden als andere. Auch Herkunft und Verhalten der Schüler kann zu ungerechten Noten beitragen.

  • Inkonsequente Bewertung

    Eine Ursache für ungerechte Noten ist die inkonsequente und ungleiche Bewertung. Das gilt zum Beispiel, wenn zwei Schüler für gleiche oder vergleichbare Antworten sehr unterschiedliche Punkte bekommen.

  • Kommunikationsprobleme

    Missverständnisse führen zu ungerechten Noten. Schüler oder Studierende interpretieren eine Aufgabe anders, als sie gedacht war. Die scheinbar gut und gründlich bearbeitete Aufgabe bringt keine oder nur geringe Punkte.

Wie werden Noten vergeben?

Das Benotungssystem in Deutschland hat eine Abstufung von insgesamt 6 Stufen:

  • Sehr gut (1)
    Anforderungen in hohem Maße erfüllt
  • Gut (2)
    Anforderungen voll erfüllt
  • Befriedigend (3)
    Anforderungen im Allgemeinen erfüllt
  • Ausreichend (4)
    Anforderungen erfüllt, aber mit Mängeln
  • Mangelhaft (5)
    Anforderungen nicht erfüllt, aber Grundkenntnisse vorhanden
  • Ungenügend (6)
    Anforderungen nicht erfüllt und Grundkenntnisse sehr lückenhaft

Leistungsbewertungen schlechter „ausreichend“ gelten als nicht bestanden. In die Gesamtnote fließen mündliche und schriftliche Prüfungsleistungen (Diktate, Klausuren, Hausaufgaben), aber auch das Sozialverhalten und die allgemeine Mitarbeit ein.

Im Rahmen einer Ausbildung kommen praktische Prüfungen wie z.B. die Herstellung einer Torte (Ausbildung zum Bäcker) oder einer Arbeitsprobe oder eines Gesellenstücks (Gesellenprüfung eines Schreiners) zur Bewertung hinzu. Mündliche Prüfung und Hausarbeiten, je nach Studiengang aber auch praktische Anteile fließen in die Benotung von Studierenden.

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Ungerechte Note an der Schule – was tun?

Beim Verdacht auf ungerechte Noten an der Schule sollte der erste Weg immer ein persönliches Gespräch mit dem Lehrer sein. Besonders gut eignen sich Elternsprechtage oder Elternabende, alternativ können Sie kurzfristig einen Gesprächstermin vereinbaren. Wenden Sie sich persönlich an den Lehrer oder bitten Sie schriftlich per E-Mail um ein Gespräch. Hier ein Muster für eine mögliche Formulierung:

Sehr geehrte Frau XY,
das diesjährige Halbjahreszeugnis meines Sohnes ist unerwartet schlecht ausgefallen, vor allem die Noten in Fach 1 und Fach 2 weichen stark vom letzten Zeugnis ab. Gerne möchte ich mit Ihnen über die fachlichen Leistungen von [Name] persönlich sprechen. Leider ist mir eine Teilnahme am Elternsprechtag aufgrund meines Schichtdienstes nicht möglich. In der Zeit von 17 bis 19 Uhr bin ich unter der Telefonnummer 0123-456789 oder sonst jederzeit unter der angegebenen E-Mail-Adresse erreichbar. Ich hoffe sehr, dass wir zu einer konstruktiven Lösung finden, wie sich mein Sohn noch besser einbringen kann.

Mit freundlichen Grüßen
Unterschrift

Im Gespräch sollten Sie herausfinden, wie genau die Note zustande kommt und an welcher Stelle die erbrachte Leistung von den Erwartungen abweicht. Hier bekommen Sie eine Erklärung und können besser einschätzen, ob die Benotung wirklich ungerecht ist.

Kann ich Widerspruch gegen ungerechte Noten einlegen?

Gegen die Vergabe einzelner Fachnoten können Sie in der Regel keinen Widerspruch einlegen. Rechtlich handelt es sich dabei nicht um einen Verwaltungsakt, die Noten sind deshalb nicht in einem Widerspruchsverfahren anfechtbar. Sie können aber eine Beschwerde einreichen.

Zu dieser muss der Fachlehrer Stellung beziehen und entscheiden, ob die Note angepasst wird. Passiert das nicht, kann die Beschwerde an die Schulleitung oder im nächsten Schritt an die Schulaufsichtsbehörde weitergegeben werden. Unser kostenloses für eine Notenbeschwerde zeigt, wie das Schreiben aussehen kann:

Notenbeschwerde Muster

Name der Eltern
Musterweg 1
12345 Beispielstadt

Name der Schule
Bildungsstraße 5
12345 Beispielstadt

Widerspruch gegen die Benotung und das Zeugnis

Sehr geehrte Frau/sehr geehrter Herr [Name],

gegen die Benotung der Fächer/des Zeugnisses meiner/unserer Tochter (meines/unseres Sohnes) lege ich/legen wir aus folgendem Grund Widerspruch ein:

  • ________
  • ________
  • ________

Die Benotung ist ungerecht, weil vergleichbare Klausuren anderer Schüler bei gleichen Leistungen besser bewertet wurden. Zudem wurden bei der Berechnung der Gesamtpunktzahl zwei Punkte nicht berücksichtigt.

Daher bitte bitten wir um eine Überprüfung Ihrer Benotung.

Mit freundlichem Gruß

Max Muster



Notenbeschwerde Muster (Word)

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Ungerechte Noten: Hier lohnt sich die Beschwerde

Es gibt immer wieder Situationen in der Schule oder im Studium, in denen sich Schüler oder Studierende ungerecht behandelt fühlen. Nicht immer hat das mit einer ungerechten Note zu tun. Falls aber doch, trauen sich nur wenige, dagegen vorzugehen. Sie haben Angst vor den Folgen oder wissen nicht, wie sie sich wehren können.

Das Wichtigste zuerst: Sie müssen ungerechte Noten nicht akzeptieren und sich damit abfinden, weil Sie glauben, sich nicht durchsetzen zu können. Einen solchen Verdacht müssen Sie aber begründen können. Bei folgenden Fehlern in der Benotung und im Verfahren ist eine Beschwerde gerechtfertigt:

  • Verstoß gegen die Chancengleichheit
  • Fehlerhafte Darstellung der Prüfungsfragen
  • Sachfremde Erwägungen bei der Benotung
  • Nichtbeachtung des Antwortspielraums des Prüflings
  • Nichtberücksichtigung der Folgefehler
  • Kein unabhängiger Zweitprüfer (Zweiprüferprinzip)
  • Befangener Prüfer
  • Unzumutbare Prüfungsbedingungen
  • Nicht eingehaltene oder nicht ausgeschöpfte Prüfungszeit
  • Verstoß gegen Prüfungsvorschriften

Kann ich gegen eine Note klagen?

Eine Klage gegen eine ungerechte Note ist nicht sofort möglich. Bei Verwaltungsakten (zum Beispiel die Entscheidung über Versetzung oder Nichtversetzung) können Eltern oder volljährige Schüler Widerspruch einlegen. Die Schule kann diesem entsprechen und die Entscheidung ändern – oder der Widerspruch landet bei der Schulaufsichtsbehörde.

Weist auch die Schulaufsichtsbehörde den Widerspruch zurück, können Sie innerhalb eines Monats Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht einreichen. Dies sollte aber nur die letzte Lösung sein, wenn Sie weiterhin von der ungerechten Note überzeugt sind und klare Beweise vorlegen können.

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Ungerechte Noten an der Uni – was tun?

Auch bei ungerechten Noten an der Uni sollten Sie handeln. Setzen Sie sich nach dem Erhalt der Prüfungsergebnisse mit der Studierendenvertretung oder einem Vertrauensdozenten in Verbindung. Hier erhalten Sie weitere Informationen und Unterstützung.

Wollen Sie sich an der Uni gegen eine Note wehren, sollten Sie sich von Anfang an gut vorbereiten und Belege sammeln, die Ihre Argumentation untermauern. Diese drei Instanzen können Sie durchlaufen:

1. Gespräch mit dem Dozenten

Wie an der Schule ist auch an der Uni der erste Schritt ein Gespräch. Es ist ein Vorteil, wenn der Dozent Sie bereits persönlich (zum Beispiel aus einer Sprechstunde) kennt. Das steigert Ihre Chancen, dass der Dozent sich zu einer erneuten Einsicht der Arbeit überreden lässt.

Überlegen Sie sich im Vorfeld, wie Sie Ihren Standpunkt deutlich machen. Klare Verweise auf den Lernstoff, Literaturausschnitte, die Ihre Ansicht stützen, und weitere Beweise sollten Sie zum Gespräch mitbringen. Vermeiden Sie dabei offene Anklagen und Vorwürfe, das bringt Sie nicht weiter. Sprechen Sie stattdessen sachlich und freundlich Ihr Problem an.

2. Widerspruch beim Prüfungsausschuss

Bringt ein Gespräch keine Lösung, sollten Sie sich an das Prüfungsamt wenden. Dort geben Sie einen schriftlichen Widerspruch gegen die Benotung ab. Falls Sie sich für diese Option entscheiden, sollten Sie so schnell wie möglich Widerspruch einlegen – meist verfällt der Rechtsanspruch einen Monat nach der Prüfung.

Legen Sie Ihre Argumente in einem Schreiben verständlich dar und beschreiben Sie gegebenenfalls das bereits erfolglose Gespräch mit dem Dozenten. Falls der Prüfungsausschuss Ihren Einspruch als berechtigt bewertet, wird die Prüfung oder die Klausur wiederholt. Ein anderer Dozent kann Ihre Hausarbeit oder Ihre Abschlussarbeit neu bewerten. Weist der Prüfungsausschuss Ihren Einspruch ab, bleibt Ihnen nur doch der letzte Schritt.

3. Klage beim Verwaltungsgericht

Der letzte Schritt ist die juristische Unterstützung durch einen Rechtsanwalt. Diesen Schritt ist aber teuer – schon eine unverbindliche Rechtsbelehrung kostet bis zu 250 Euro. Kommt es zum Verfahren, erreichen die Kosten schnell einen 4-stelligen Betrag. Es lohnt sich deshalb meist nur, wenn Ihre gesamte Studienlaufbahn auf dem Spiel steht – zum Beispiel bei einer drohenden Zwangsexmatrikulation.

Auch wenn Sie durch ein gerichtliches Verfahren gute Chancen auf erneute Benotung haben, sollten Sie die Risiken beachten: Jeder Dozent hat einen Beurteilungsspielraum. Er alleine bestimmt den Schwierigkeitsgrad der Aufgaben und die einzelne Gewichtung untereinander. Eine Klage aufgrund von prüfungsspezifischen Wertungen ist schwerer durchzusetzen. Hingegen haben Klagen aufgrund von formellen oder faktischen Fehlern häufiger Aussicht auf Erfolg.

Das Noten-Paradoxon

Eine Studie des Wissenschaftsrates zeigt: Es gibt große Unterschiede in der Benotung zwischen den Fächern und Unis in Deutschland. In Hamburg hat ein Sportstudent bessere Chancen ein „sehr gut“ zu bekommen als in Bochum. Das liegt nicht an den Studierenden, sondern am unterschiedlichen Niveau der Anforderungen und an anderen Maßstäben. Der allgemeine Durchschnitt der Noten an Universitäten steigt seit Jahren an.

Das Paradoxon dieser Noteninflation: Die Benotung hat immer weniger Aussagekraft, gleichzeitig entscheidet sie weiterhin über die Vergabe von Masterstudienplätzen, Stipendien, Wissenschaftsförderungen und auf lange Sicht auch über die Jobchancen.



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