Sozialverhalten Definition: Was schließt das Sozialverhalten ein?
Mit Sozialverhalten (englisch = social behaviour) beschreibt man alle Verhaltensweisen eines Menschen oder Tieres, die sich auf andere Mitglieder der Gruppe beziehen. Der Begriff wird in der Psychologie (da vor allem in der Sozialpsychologie), der Pädagogik und der Verhaltensbiologie unterschiedlich thematisiert.
Das Sozialverhalten bei Tieren umfasst Bereiche wie das Auffinden von Nahrung, die Warnung vor Gefahren und insgesamt die Weitergabe von Erfahrung an den Nachwuchs. Ähnlich ist es beim Menschen, hier regelt es das Gemeinwohl.
Zu Sozialverhalten gehört allerdings nicht nur das einträchtige Zusammenleben, sondern auch Verhaltensweisen, die als agonistisch bezeichnet werden. Das bedeutet, dass Verhaltensweisen, die durch Rivalität und Konkurrenz mit anderen gekennzeichnet sind, ebenso dazu gehören.
Das schließt wiederum auch Aspekte wie Aggressivität, Verteidigung und Flucht mit ein. Wie wir uns verhalten, ist das Resultat eines hochkomplexen Lernprozesses über viele Jahre hinweg; üblicherweise weiß jeder aufgrund dieses Lernprozesses sich in hunderten von Situationen adäquat zu verhalten.
Da das Sozialverhalten maßgeblich von intensiven Kontakt mit den Bezugspersonen abhängt, also in der Regel den Eltern, haben diejenigen später große Probleme, die in der Kindheit Vernachlässigung, Misshandlung und/oder Missbrauch erfahren haben.
Dazu kommen im Laufe des Lebens immer wieder Situationen, die einen Menschen prägen und sein Sozialverhalten entsprechend beeinflussen. Dazu zählen beispielsweise:
- traumatische Erfahrungen wie Gewalt und Verlust, die Ängste auslösen
- Erlebnisse wie Erfolg oder Niederlagen in der Schule oder Beruf
Solche Erfahrungen können je nachdem dazu führen, dass eine besonders ängstliche Person mit geringem Selbstwertgefühl heranwächst. Oder aber jemand hat nie existenzielle Bedrohung erfahren und zeichnet sich durch große Selbstsicherheit aus.
Sozialverhalten: Vom Umgang mit anderen
Charles Darwin hat es einmal so ausgedrückt:
Jedermann wird zugestehen, dass der Mensch ein soziales Wesen ist. Wir sehen es in seiner Abneigung gegen Einsamkeit sowie seinen Wunsch nach Gesellschaft über den Rahmen seiner Familie hinaus.
Es ist aber nicht nur der Wunsch nach Gesellschaft, sondern tatsächlich eine nachweisliche Notwendigkeit, dass Menschen soziale Kontakte brauchen, um sich geistig und psychisch zu entwickeln. Von psychologischen Definitionen einmal abgesehen, ist Sozialverhalten also nichts anderes als Betragen oder auch Umgangsformen:
Wie verhalten wir uns anderen Menschen gegenüber? Nehmen wir Rücksicht oder drücken wir egoistisch unseren Willen durch? Finden wir schnell Anschluss, wenn wir irgendwo neu sind oder benehmen wir uns eigenbrötlerisch?
Solange nichts davon in Extreme ausartet, ist alles gut – mal ein wenig introvertiert sein, mal an sich selbst zuerst denken ist absolut normal.
Gutes Sozialverhalten zeichnet sich dadurch aus, dass wir beispielsweise auf der Arbeit unserem Kollegen Hilfe anbieten, wenn wir merken, dass er in Arbeit ertrinkt. Oder auch mal anbieten, eine zusätzliche Schicht für ihn zu übernehmen, wenn er eher nach Hause muss.
Hilfsbereitschaft und damit gutes Sozialverhalten zeigt sich, wenn wir Schwächeren helfen und sie verteidigen. Das bedeutet natürlich nicht, sich ausnutzen und bis zur Selbstaufgabe ausschließlich für andere da zu sein. Es geht mehr darum, Verantwortung zu zeigen und anderen mit Respekt und Freundlichkeit begegnen.
Sozialverhalten bei Kindern: Früh übt sich
Wie bereits angesprochen, ist das Elternhaus für die Ausprägung bestimmter Verhaltensweisen essentiell, besonders prägend ist die frühe Kindheit. Denn Eltern sind oftmals die ersten und auch einzigen Bezugspersonen. Wie sie sich verhalten, gibt dem Kind die entsprechenden Werkzeuge für vergleichbare Situationen mit.
Während bei kleinsten Säuglingen anfangs das Verhalten der Bezugsperson lediglich imitiert wird, lassen sich in den nächsten Monaten im ersten Lebensjahr Emotionen ablesen. Zwischen dem zweiten und dritten Lebensjahr kommt die Interaktion mit anderen Spielkameraden dazu.
In dieser Phase lernen Kinder sowohl mit anderen Kompromisse zu schließen, aber ebenso, sich durchzusetzen. In Form von Rollenspielen erwerben sie hier soziale Kompetenzen.
Spielen, vor allem Wettspielen kommt eine wichtige Funktion zu, da Kinder hier lernen, sich mit anderen zu vergleichen. Sie können hier ihre Persönlichkeit und Selbständigkeit entwickeln, da sie Regeln und Rücksichtnahme lernen, eben soziales Miteinander.
Wie sich soziale Störungen äußern
Störungen des Sozialverhaltens können sich auf vielfältige Art äußern. Um bei einem Kind oder Jugendlichen das Sozialverhalten entsprechend einzuordnen, reicht nicht allein die Tatsache, dass jemand sich aggressiv oder aufmüpfig verhält.
Vielmehr muss ein durchgehendes Muster aus normverletzenden Verhaltensweisen erkennbar sein:
- aggressives Verhalten bei Menschen und Tieren
- mutwillige Zerstörung von Eigentum
- Betrügereien
- Diebstahl
- schwere Regelverstöße
- Schwänzen des Schulunterrichts
- Wutausbrüche
- Rücksichtsloser Umgang
- Mobben von Mitschülern
- Streitigkeiten
Eltern sollten ebenfalls aufmerksam werden, wenn sie Symptome wie Magersucht, Schlafstörungen oder wenig soziale Kontakte bei ihrem Kind beobachten, denn auch das zeigt, dass es eine Störung im sozialen Miteinander gibt. Besonders bei Gewalt und Rücksichtslosigkeit sind Eltern in der Pflicht:
Dem Kind sollte klar werden, dass derartig aggressives Verhalten und mangelnde Empathie nicht nur gesellschaftlich unerwünscht sind. Eltern sollten an das Gewissen und die eigenen Gefühle des Kindes appellieren, dass es selbst ebenfalls keinen Aggressionen ausgesetzt sein möchte.
Wenn Kinder nicht durch Anleitung die eigenen Gefühle lernen zu erkennen und zu regulieren, hat das enorme Auswirkungen auf die Selbstkontrolle und damit auf das weitere Leben. Eine Studie von etlichen Forschern rund um die amerikanische Psychologin und Kriminologin Terrie E. Moffitt kommt zu dem Ergebnis:
Die kindliche Selbstkontrolle sagt signifikant
- Gesundheit
- den sozioökonomischen Status
- das Einkommen und
- die Kriminalität
im Erwachsenenalter (32 Jahre) voraus.
Nicht nur familiär bedingt: Hitze hemmt Hilfsbereitschaft
Was wie ein Witz klingt, wurde von den Forschern Liuba Belkin von der Lehigh University in Bethlehem, Pennsylvania, und Maryam Kouchaki von der Northwestern University in Evanston, Illinois in drei Studien untermauert:
Wem die Hitze zu schaffen macht, der scheint anderen Menschen gegenüber weniger hilfsbereit zu sein. Die Forscherinnen beobachteten dazu das Sozialverhalten von Mitarbeitern einer russischen Einzelhandelskette.
War diesen viel zu warm, wirkte sich das derart aus, dass sie um die Hälfte weniger Kunden ihre Hilfe anboten, ihnen aktiv zuhörten oder ihnen beim Einkauf beratend zur Seite standen.
Störung des Sozialverhaltens: Ursachen und Therapie
Wie so häufig sind die Ursachen für ein gestörtes Sozialverhalten in verschiedenen Faktoren zu suchen. So spielen biologische, als auch psychische und umweltbedingte Einflüsse eine Rolle. Zu beobachten ist eine gewisse Häufigkeit, wenn beispielsweise ein Elternteil bereits ähnliche Störungen hatte, was für eine genetische Disposition spricht.
Gleichzeitig haben Jugendliche mit gestörtem Sozialverhalten häufig ein liebloses Elternhaus erlebt, das von Gewalt und Vernachlässigung gekennzeichnet war. Allerdings gibt es auch andere Faktoren. So lässt sich beispielsweise ein deutlicher Unterschied zwischen Mädchen und Jungen erkennen:
- Bei Jungen liegt die Ursache für ein gestörtes Sozialverhalten häufig außerhalb des Elternhauses, hier ist die Peer Group von großer Bedeutung.
- Anders bei Mädchen: Hier spielt der Umgang der Familienmitglieder miteinander eine größere Rolle.
Zusätzlich gilt: Der Konsum von Rauschmitteln oder die Zugehörigkeit zu einer aggressiven Peer Group erhöhen das Risiko für ein gestörtes Sozialverhalten. Zwar nehmen auch Eigenschaften wie Temperament Einfluss auf das eigene Verhalten, aber zumeist wiegt die Erziehung schwerer.
Das bedeutet, wenn ein Kind sich von klein auf selbst durchschlagen muss und wenig Unterstützung oder Aufmerksamkeit erfährt, ist der Weg zu abweichendem Sozialverhalten ein kurzer. Dafür müssen nicht gleich schwere Misshandlungen die Erziehung begleiten, es reicht bereits, wenn die Eltern dem Kind Desinteresse und wenig Wertschätzung signalisieren.
Kommen dann noch Suchtverhalten oder psychische Erkrankungen der Eltern wie beispielsweise Depressionen hinzu, dann steigt das Risiko für Kinder enorm an.
Experten raten zur sogenannten Multisystemischen Therapie (MST) bei straffälligen Jugendlichen. Im Ausland, vor allem in den USA, wird diese bereits seit 30 Jahren erfolgreich angewendet. Sie ist recht aufwendig, da sie das soziale Umfeld des Jugendlichen mit einbezieht.
Dazu gehören alle relevanten Systeme wie Schule, der Freundeskreis und und die Nachbarschaft, die von drei bis vier Therapeuten betreut, das heißt, aufgesucht werden. Der Zeitraum erstreckt sich über vier bis sieben Monate in hoch dosierter Form, das heißt, dass die Therapie etwa vier- bis fünfmal pro Woche stattfindet.
Sozialverhalten: Hilft es bei der Karriere?
Auf den ersten Blick neigen wohl viele zu einem klaren „Nein“ – angesichts zahlreicher manischer Verhaltensweisen auf der Chefetage, gelebter Ellbogenmentalität, Vetternwirtschaft und ganz zu Schweigen von gepflegtem Mobbing und Bossing. Doch der Eindruck trügt.
Es ist zwar richtig, dass erstaunlich viele Arschlöcher (sorry, aber das trifft es wohl am besten) auf der Karriereleiter die Sprossen scheinbar nach oben fallen. Aber sie bleiben dort selten lange. Früher oder später scheitern sie an sich selbst und ihrem toxischen Charakter. Dann müssen sie den Job wechseln, sich erst wieder verstellen, durchboxen, intrigieren, bis ihr infektiöses Wesen das Klima erneut vergiftet und entweder die besten Talente den Laden verlassen (was sie zum Kapitän auf einem sinkenden Schiff macht) oder sie selbst erneut gegangen werden.
So oder so: Kurzfristig betrachtet mag der Soziopath Erfolg haben. Aber er lebt ein Leben in ständiger Existenzbedrohung, ein permanentes Macht-, Verstell- und Versteckspiel. Erst recht, wenn mehrere dieser Typen aufeinander treffen. Erstrebenswert? Wohl eher nicht.
Andersrum wird der bessere Schuh daraus: Gutes Sozialverhalten trainieren und vor allem weise werden im Umgang mit anderen. Sozialweisheit, zu der auch die soziale Kompetenz, emotionale Reife und Empathie gehören (siehe weiterführende Links), zahlt sich im Leben viel öfter und insbesondere langfristig aus. Nicht nur im Job, sondern auch privat.
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