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Realismus (Epoche): Merkmale, Hintergrund, Literatur

Der Realismus ist eine wichtige literarische Epoche in Deutschland, in der die Wirklichkeit objektiv, aber auch künstlerisch beschrieben wird. Was sind typische Merkmale im Realismus und von wann bis wann dauerte die Epoche? Wir erklären den historischen Hintergrund, erläutern die typischen Merkmale der Epoche und zeigen die bekanntesten Vertreter des bürgerlichen und poetischen Realismus…



Realismus (Epoche): Merkmale, Hintergrund, Literatur

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Realismus (Epoche): Einfach erklärt!

Der Realismus ist eine bekannte literarische Epoche, die in Deutschland die Epik und Lyrik zwischen 1848 und 1890 prägte. Im Zentrum steht die objektive Abbildung der Wirklichkeit, ohne zu urteilen. So können Leser sich selbst ein Bild machen und Schlussfolgerungen ziehen.

Auch wenn Schriftsteller im Realismus nicht idealisieren wollen (wie in der Epoche der Romantik), so werden schlechte und negative Seiten der Wirklichkeit ausgeblendet. Alltägliches wird beschönigt und die Wirklichkeit verherrlicht. Diese verklärende Darstellung wird auch als poetischer Realismus bezeichnet.

Wirklichkeitsnah und lebensecht

Im Realismus stehen einzelne Personen und ihr direktes, überschaubares Umfeld im Fokus. Dabei dreht es sich oft um einfache Menschen, die ein bürgerliches oder bäuerliches Leben führen.

Der Begriff Realismus wird vom lateinischen Wort „res“ (Sache oder auch Ding) sowie von „realis“ (sachlich) abgeleitet. Eine realistische Darstellung soll einen Gegenstand oder eine Person also möglichst wirklichkeitsnah und lebensecht darstellen.

Abgrenzung zum Naturalismus

Realismus und die Epoche des Naturalismus zielen beide auf eine exakte Abbildung der Wirklichkeit ab. Im Naturalismus steht dabei aber die gesellschaftliche Kritik und die Beobachtung aktueller Probleme im Vordergrund. Während der bürgerliche und poetische Realismus das Negative nicht darstellt oder verklärt, wird es im Naturalismus aufgegriffen und detailliert beschrieben.

Übersicht zum Realismus

Um die Epoche des Realismus besser zu verstehen, haben wir eine zusammenfassende Übersicht erstellt:

  • Zeitraum: 1848 bis 1890
  • Merkmale: Objektive Darstellung, nüchtern und urteilsfrei.
  • Historischer Hintergrund: Märzrevolution, Industrialisierung, technische Entwicklungen, wenig Zugehörigkeitsgefühl, gesellschaftliche Spannungen und Werteverfall.
  • Gattung: Epik und Lyrik, wenig Dramatik
  • Themen: Einzelne Menschen und ihre Lebensgeschichten. Wenige Figuren, überschaubares Umfeld. Fester Schauplatz und Zeitpunkt.
  • Vertreter: Theodor Fontane, Theodor Storm, Gottfried Keller, Marie von Ebner-Eschenbach


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Historischer Hintergrund zum Realismus

Wie andere literarische Epochen wird auch der Realismus maßgeblich vom historischen Hintergrund beeinflusst. Ausschlaggebend sind dabei mehrere Themen und Veränderungen, die das Leben im 19. Jahrhundert prägten.

Märzrevolution

Armut, Hungersnöte und der Wunsch nach einem demokratischen, vereinigten Deutschland führte 1848 zur Märzrevolution (auch Deutsche Revolution genannt). Die Bevölkerung wünschte sich mehr Rechte und eine allgemeine deutsche Volksvertretung. Auslöser war auch der Sturz der französischen Julimonarchie, die den Revolutionsgedanken in ganz Europa beflügelte.

Nach anfänglichen Erfolgen und einigen Zugeständnissen von König Friedrich Wilhelm IV. sowie dem Rücktritt des österreichischen Staatskanzlers Clemens Wenzel von Metternich scheiterte die Märzrevolution jedoch. Entsprechend groß war die Enttäuschung und Ernüchterung in weiten Teilen der Bevölkerung. Es fehlte weiterhin an grundlegenden Rechten zur politischen Mitbestimmung und einem Zusammengehörigkeitsgefühl.

Industrialisierung

Eine große Rolle spielt im 19. Jahrhundert auch die fortschreitende Industrialisierung. Es werden mehr Maschinen eingesetzt, wodurch Teile der Bevölkerung arbeitslos werden. Durch den Einsatz von Dampfmaschinen wurde die Produktion schneller und günstiger. Immer mehr Menschen zogen deshalb in Städte, weil es dort Fabriken und neue Arbeitsplätze gab – aber nicht für alle genug.

Mit dem Wandeln vom Land- zum Stadtleben änderte sich die Bedeutung von Zusammenhalt und Familie. Während Bauernfamilien mit mehreren Generationen und vielen Menschen zusammenwohnten, stand in der Stadt der einzelne Mensch im Fokus. Die Individualität und die mögliche Selbstbestimmung wird in der Literatur aufgegriffen.

Gesellschaftliche Spannungen

Im Zuge der Verstädterung kam es Mitte bis Ende des 19. Jahrhunderts zu starken gesellschaftlichen Spannungen. Auf der einen Seite stand die arme Arbeiterklasse, die in den Fabriken schuftete, aber wenig Besitz hatte – auf der anderen die wohlhabenden Bürger. Zudem litt die Bevölkerung unter großer Arbeitslosigkeit und Armut. Weil immer mehr Menschen aufgrund fehlender Beschäftigungsmöglichkeiten auf dem Land in eine Stadt zogen, gab es auch hier nicht genügend Arbeitsplätze.

Werteverfall

Technischer Fortschritt und naturwissenschaftliche Erkenntnisse führten zu einem Werteverfall. Das traditionelle Weltbild wurde von vielen Menschen infrage gestellt. Eine zentrale Rolle spielte dabei beispielsweise die Evolutionstheorie von Charles Darwin. Christliche Werte verloren an Bedeutung und mehr Menschen wandten sich von der Kirche ab.

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Realismus in der Literatur

Der Realismus als Literaturepoche zeichnet sich durch die Darstellung der Wirklichkeit aus. Dabei geht es nicht darum, tatsächliche Geschehnisse wiederzugeben. Im Realismus geht es um eine realistische und wirklichkeitsnahe Beschreibung von fiktiven Geschichten. Es handelt sich nicht um wahre Begebenheiten, sondern um möglichst lebensecht dargestellte Erzählungen.

Die Werke im Realismus sind nicht so neutral und objektiv, wie der Name der Epoche vermuten lässt. Autoren in dieser Zeit lassen das Negative aus oder stellen es besser dar. Dabei nutzen sie rhetorische Mittel wie Metaphern, um das Schlechte im Leben zu verklären und Alltägliches zu beschönigen. Auch der Realismus ist somit nicht immer völlig realistisch. Weitere typische Merkmale sind:

  • Fokus auf einzelne Personen
  • Bezug zur direkten Umgebung und dem Schauplatz der Erzählung
  • Auseinandersetzung mit dem Alltag und alltäglichen Problemen
  • Einfache Lebensumstände
  • Einfache Sprache ohne Wertung
  • Teilweise Humor, Ironie oder Satire

Realismus Gustave Courbet

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Realismus in verschiedenen Gattungen

Die Epoche des Realismus zeigt sich in allen drei Gattungen der Literatur – aber in unterschiedlichem Ausmaß.

Epik

Die wichtigste Gattung für den Realismus war die Epik – die häufigsten Formen sind dabei der Roman und die Novelle. Diese Prosawerke bieten den besten Rahmen, um das Leben und die Probleme einzelner Personen in einer festen Umgebung zu erzählen. Bis heute sind viele dieser Werke bekannt und gehören im Deutschunterricht zu den Standardwerken. Unterschieden werden dabei historische Romane, Gesellschaftsromane und Entwicklungsromane.

Lyrik

Auch in der Lyrik zeigte der Realismus seine Auswirkungen, wenn auch weniger als in der Epik. Ein wichtiger Aspekt ist dabei die sprachliche Abgrenzung zu den vorangegangenen Epochen Romantik und Biedermeier. In dieser Zeit war die Sprache gerade in der Lyrik sehr bildhaft ausgeschmückt und voller rhetorischer Stilmittel. Mit der gesprochenen Sprache gab es kaum noch Ähnlichkeiten. Lyriker im Realismus kehren zu einer schlichteren und neutraleren Sprache zurück.

Beliebt im Realismus war das sogenannte Dinggedicht. Es beschreibt einen Gegenstand realistisch und detailliert. Dabei verzichtet das Dinggedicht auf alles Überflüssige und Nebensächliche. Eine weitere Form der Lyrik im Realismus sind Balladen. Ähnlich wie in den Romanen wird dabei ein Charakter in den Mittelpunkt gestellt.

Dramatik

In der Gattung der Dramatik spielt der Realismus nur eine untergeordnete Rolle. Der Hauptgrund: Das typische Merkmal des Individuums im Mittelpunkt lässt sich im Drama schlechter umsetzen. Hier geht es vielmehr um die Beziehungen der Menschen untereinander und zur Gesellschaft. Dennoch gibt es einige Vertreter, bekannt sind vor allem Friedrich Hebbel und Franz Grillparzer.

Realismus: Vertreter und Werke

Im deutschsprachigen Raum haben sich einige Autoren im Realismus einen Namen gemacht. Hier eine Übersicht von Schriftstellern und Schriftstellerinnen inklusive Werken – in alphabetischer Reihenfolge.

  • Jonas Breitenstein – „Der Herr Ehrli“
  • Marie von Ebner-Eschenbach – „Das Gemeindekind“
  • Felix Dahn – „Ein Kampf um Rom“
  • Theodor Fontane – „Effi Briest“, „Irrungen, Wirrungen“, „Der Stechlin“
  • Gustav Freytag – „Die Journalisten“
  • Friedrich Hebbel – „Maria Magdalena“
  • Gottfried Keller – „Der grüne Heinrich“, „Die Leute von Seldwyla“, „Kleider machen Leute“
  • Conrad Ferdinand Meyer – „Das Amulett“
  • Gabriele Reuter – „Aus guter Familie“
  • Theodor Storm – „Immensee“, „Der Schimmelreiter“

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