Definition: Was ist eine Briefkastenfirma?
Eine Briefkastenfirma (englisch: shell company oder letterbox company) ist ein Unternehmen, das in erster Linie auf dem Papier existiert. Am angemeldeten Geschäftssitz befindet sich typischerweise nur ein Briefkasten, Büro- oder Geschäftsräume und Mitarbeiter gibt es nicht. Verwaltet wird diese Firma von einem anderen Ort aus. In der Regel hat die Briefkastenfirma ihren Sitz nicht in Deutschland, sondern im Ausland.
In Europa sind Luxemburg und die Niederlande beliebte Länder für eine Briefkastenfirma. Die meisten Briefkastenfirmen werden jedoch im Rechtskreis des Common Law gegründet. Diese Länder sind meist englischsprachig und entscheiden nach Case Law (Fallurteil).
Das Ganze dient oft Umgehung von Gesetzen im Interesse des Inhabers. Die Briefkastenfirma ist rechtlich existent, unterhält aber keinen Geschäftsbetrieb. Sie ist grundsätzlich nicht illegal – jedoch geeignet und oft genutzt, um illegale Unternehmungen und Geschäfte zu kaschieren.
Warum gründen Unternehmer eine Briefkastenfirma?
Eine Briefkastenfirma erfüllt den Zweck einer ladungsfähigen Adresse, an der die Geschäftsführung schriftlich erreichbar ist. Das ist legal und in den meisten Ländern sogar vorgeschrieben. Der Zweck einer solchen Firma: Den realen Standort eines Unternehmens verheimlichen, Geldflüsse verschleiern oder Haftungsansprüche umgehen. Teilweise werden solche Firmen für Straftaten wie Steuerhinterziehung und Betrug genutzt.
Beispiel: Steuerhinterziehung – Panama Papers
Das vielleicht bekannteste Beispiel für Briefkästenfirmen ist die Steuerhinterziehung, die durch die Panama Papers aufgedeckt wurde. Über Briefkästenfirmen verschleierten Prominente aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft Einkünfte sowie Vermögen, um Steuern zu sparen. Die Dokumente wurden Mossack Fonseca zugeordnet, einer Kanzlei in Panama, die vornehmlich mit der Errichtung von Briefkastenfirmen beschäftigt ist.
Funktionsweise einer Briefkastenfirma
Eine Briefkastenfirma betreibt kein aktives Geschäft, sondern verwaltet Finanzen. Sie wird an einem Ort mit geringen Steuern gegründet. Bekannt sind sie auch als „Offshore-Firmen“ – benannt nach Steueroasen, die oft auf Hochseeinseln liegen. Durch die Gründung an diesen Orten werden steuerliche Bestimmungen im Heimatland umgangen. Gründer wollen von niedrigen Steuersätzen im Ausland profitieren.
Beliebte Länder für Briefkastenfirmen liegen in der Karibik, aber auch in Europa gibt es Steueroasen. Zu den bevorzugten Sitzländern zählen:
- Bahamas
- Barbados
- Bermuda
- British Virgin Islands
- Cayman Islands
- Isle of Man
- Irland
- Liechtenstein
- Luxemburg
- Malta
- Niederlande
- Panama
- Schweiz
Sind Briefkastenfirmen legal?
Eine Briefkastenfirma ist nicht automatisch illegal. Seriöse Gründer verfolgen durchaus legale Ziele mit einer Firmengründung in anderen Ländern. So steht es jedem grundsätzlich frei, die günstigste Gestaltung zur Steuerersparnis zu wählen. Die bloße Einrichtung einer ausländischen Briefkastenfirma ist kein Rechtsmissbrauch – eine mögliche Nutzung ist das Erschließen neuer Geschäftsfelder.
Problematisch wird es, wenn die Gründer ihren Wohnwitz in Deutschland behalten, eine Briefkastenfirma im Ausland gründen und die Einnahmen nicht in der Steuererklärung offenlegen. Hierbei handelt es sich um Steuerhinterziehung.
Illegale Nutzung einer Briefkastenfirma
Die postalische Adresse des Unternehmens an einem Ort, die tatsächliche Verwaltung an einem anderen – das öffnet Möglichkeiten für Missbrauch und illegale Handlungen. Gerade die Kombination mehrerer Briefkastenfirmen verschleiert Geldflüsse, ermöglicht Geldwäsche und soll Sanktionen umgehen, weil die Nachverfolgung schwierig ist.
In Deutschland und vielen europäischen Ländern muss die postalische Adresse auch eine physische Adresse sein. Es muss eine juristische oder natürliche Person dort gemeldet sein. Das ist in anderen Ländern nicht so. Schätzungen zufolge werden 95 Prozent aller Briefkastenfirmen eingerichtet, um kriminelle Geschäfte zu vertuschen. Steuerbetrug ist nur ein kleiner Anteil. Die organisierte Kriminalität verschleiert so die Herkunft von Geldern und Machthaber bewegen Vermögen unbemerkt ins Ausland.
Beispiel: Betrug – Gewinnbenachrichtigungen
Briefkästenfirmen werden für einen Betrug mit Gewinnbenachrichtigungen genutzt. Opfer erhalten per Post oder Mail eine Benachrichtigung zum Preis in einem Gewinnspiel. Für die Auszahlung soll im Vorfeld eine Bearbeitungsgebühr (oder eine andere Gebühr) überwiesen werden. Teilweise wird im Kleingedruckten ein Anspruch auf den Gewinn bereits ausgeschlossen. Ist das Geld erst überwiesen, haben Betroffene kaum Chancen, es je zurückzubekommen.
Wie lässt sich eine legale Briefkastenfirma eröffnen?
Eine Briefkastenfirma gründen Sie genauso wie jede andere Firma auch: Den zuständigen Behörden muss vorab der Zweck der Gründung erklärt und transparent gemacht werden. Wenn dies den rechtlichen Regelungen entspricht, ist die legale Gründung einer Briefkastenfirma möglich.
Wichtig ist: Machen Sie deutlich, dass Gelder nicht aus kriminellen Machenschaften stammen und auch nicht dafür verwendet werden. Erklären Sie, wie Sie die Einnahmen und vorhandenes Kapital korrekt versteuern. Die Kosten im Inland sind identisch wie bei einer normalen Firmengründung. Im Ausland fallen unterschiedliche Gebühren an. Zusätzliche Kosten entstehen für Briefkastenmiete, Weiterleitung der Post und möglicherweise das Honorar für einen Verwalter.
Vorteile einer legalen Briefkastenfirma
Eine legale Briefkastenfirma bietet eine Reihe von Vorteilen und wird für unterschiedliche Zwecke eingesetzt:
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Steueroptimierung realisieren
Eine Briefkastenfirma ist eine Möglichkeit, auf legale Art Steuern zu sparen. Bei Tätigkeiten im Ausland profitieren Sie unter bestimmten Bedingungen von den dort geltenden niedrigeren Steuersätzen. Dafür muss jedoch auch eine Geschäftstätigkeit im Ausland stattfinden. Es ist wichtig, dies zu allen Seiten transparent zu kommunizieren.
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Geschäftsgeheimnisse schützen
Wenn Sie als bekannter Investor ein Unternehmen aufkaufen, sorgt dies oft für einen deutlichen Kursprung der Unternehmensaktien. Wollen Sie den Unternehmenskauf anonym tätigen und die Öffentlichkeit meiden, bietet sich eventuell ein Kauf über eine Briefkastenfirma an.
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Nachlass absichern
Manche Menschen wollen ihr Vermögen vor Erbschleichern oder anderen potenziellen Erben in Sicherheit bringen, die schnell reich werden wollen. Wenn Sie das Vermögen an eine ausländische Briefkastenfirma verteilen, haben Sie zwar keinen direkten Zugriff darauf, Sie müssen jedoch auch keine Rücksicht mehr auf das deutsche Erbrecht nehmen. Das ist grundsätzlich legal, solange Sie das Geld ordnungsgemäß versteuert haben.
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Vermögen verschleiern
Haben Sie ein großes Vermögen und möchten Ihren Reichtum geheim halten (etwa vor einem Partner), lässt sich über eine Briefkastenfirma die Offenlegung Ihrer Vermögensverhältnisse umgehen. Dies mag sinnvoll sein, wenn Sie befürchten, dass eine Ehe eventuell nur wegen des Geldes zustande kommt. Allerdings müssen Sie im Falle einer Scheidung Ihre Vermögensverhältnisse offenlegen.
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