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Briefkastenfirma: Definition und einfache Erklärung

Mit dem Skandal um die sogenannten Panama Papers tauchte häufiger der Begriff der Briefkastenfirma in den Medien auf. Briefkastenfirmen haben eine Adresse – Sie können dorthin schreiben. Aber wenn Sie versuchen, jemanden vor Ort anzutreffen, werden Sie vergeblich suchen. Nicht selten befindet sich der Firmensitz noch nicht einmal in Deutschland, sondern Luxemburg, Holland oder außerhalb Europas. Was sich genau hinter einer Briefkastenfirma verbirgt, Informationen zur Funktionsweise und ob eine Briefkastenfirma automatisch illegal ist, erfahren Sie hier…



Briefkastenfirma: Definition und einfache Erklärung

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Definition: Briefkastenfirma einfach erklärt

Eine Briefkastenfirma – auch Briefkastengesellschaft genannt – ist der umgangssprachliche Begriff für ein Unternehmen, das sich nach dem Recht des Sitzlandes orientiert und somit zwar rechtlich existent ist, aber de facto keinen Geschäftsbetrieb aufrecht hält.

Sie werden oft im Rechtskreis des Common Law gegründet. Diese Länder sind meist englischsprachig und entscheiden nach Case Law (Fallurteil). Es existieren noch nicht einmal wirkliche Büros – ein angemieteter Briefkasten reicht für die Unternehmung, daher der Name.

Eine Briefkastenfirma ist einfach erklärt nichts weiter als eine Hülle für eine Organisation, die lediglich auf dem Papier existiert. Das Ganze dient oft der Umgehung bestimmter Gesetze und verfolgt ökonomische Interessen des Inhabers.

Mit anderen Worten: Wie geschaffen, um illegale Unternehmungen und krumme Geschäfte zu kaschieren.

Beispiel für eine Briefkastenfirma

Nicht wenige Leser werden das Phänomen der Gewinnbenachrichtigungen kennen. Das existiert einerseits im E-Mailformat, ist aber längst nicht so aufwendig gestaltet wie das analoge Original und leichter zu durchschauen. Verbraucher bekommen über den Postweg gerne mal mit Wasserzeichen und Büttenpapier vermeintlich seriöse Mitteilungen über einen Lotteriegewinn und Ähnliches.

Im Gegensatz zu vergleichbaren Mails sind sie nicht sofort durch fehlerhafte Rechtschreibung verdächtig. Das Besondere in beiden Fällen: Für gewöhnlich haben Sie an gar keinem Gewinnspiel teilgenommen – aber trotzdem gewonnen. Phänomenal!

Nur steckt hinter diesen Gewinnbenachrichtigungen in der Regel eine Briefkastenfirma. Immer wieder fallen vermeintliche Gewinner auf solche Aktionen rein, die so Adressierten brauchen lediglich eine „Übertragungsgebühr“ auf das angegebene Konto überweisen und dann würde der versprochene Gewinn überwiesen – was natürlich nie passiert, da es sich um Betrug handelt.

Der wird selten geahndet, denn im Kleingedruckten stehen dann meist Informationen, mit denen sich die verantwortliche Briefkastenfirma rechtlich absichert, beispielsweise, dass es sich doch nicht um eine „Gewinnbenachrichtigung“ handele und noch nichts gewonnen worden sei.

Das Kleingedruckte zu lesen lohnt sich

Briefkastenfirma einfach erklärt englisch Luxemburg Gewerbesteuer Panama Papers HollandViele Absender solcher Gewinnbenachrichtigungen wissen ihre Briefe so zu gestalten, dass der Adressat im ersten Augenblick einen Gewinn vermutet – im Kleingedruckten findet sich meist eine Formulierung, die das zuvor Gesagte revidiert.

Allerdings ist nicht jede Briefkastenfirma so clever. 2014 gab das Oberlandesgericht Oldenburg einer Klägerin recht. Denn seit 2000 ist das Gesetz über Gewinnzusagen, § 661 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), in Kraft. Und das besagt:

Ein Unternehmer, der Gewinnzusagen oder vergleichbare Mitteilungen an Verbraucher sendet und durch die Gestaltung dieser Zusendungen den Eindruck erweckt, dass der Verbraucher einen Preis gewonnen hat, hat dem Verbraucher diesen Preis zu leisten.

Entscheidend ist, dass so ein Schreiben keine einschränkenden Formulierungen enthält. Falls Sie so etwas lesen wie: „Sie haben gewonnen, sobald Sie die Überweisung über XYZ Summe tätigen“ oder „Sie sind der Gewinner, wenn Sie diesen Bestellschein ausfüllen“, wird eine Klage erfolglos sein.

Auch empfiehlt sich eine Rechtsschutzversicherung und langer Atem: Die Frau klagte sich durch diverse Instanzen – aber war am Ende um 20.000 Euro reicher.

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Funktionsweise einer Briefkastenfirma

International sind völlig unterschiedliche Bestimmungen vorhanden, die das Steuerrecht, den Umgang mit Daten und deren Übermittlung an andere Staaten anbelangen. Ebenfalls sind sehr unterschiedliche Besteuerungen von Land zu Land üblich, so dass die Gründung einer Briefkastenfirma überhaupt erst interessant wird.

So eine Briefkastenfirma wird an einem Ort mit geringen Steuern gegründet. Teilweise ist die Rede von sogenannten „Offshore-Firmen“. Offshore – Englisch für „weg von der Küste“ – steht synonym für Finanzplätze mit wenig Steuerregularien, also wahre Steueroasen.

Diese liegen gerne mal in der Karibik, aber Steuerparadiese gibt es auch mitten in Europa. Zu den klassischen Sitzländern gehören:

  • Bahamas
  • Barbados
  • Bermuda
  • British Virgin Islands
  • Cayman Islands
  • Holland
  • Isle of Man
  • Irland
  • Liechtenstein
  • Luxemburg
  • Malta
  • Panama
  • Schweiz

Die Briefkastenfirma hat einen Firmennamen und wird mit einem Scheindirektor ausgestattet, der ebenfalls nur auf dem Papier besteht. Als Strohmann kann ein Hausmeister oder eine Reinigungskraft fungieren. Es wird dann ein Briefkasten angemietet, womöglich in einem Gebäudekomplex, aber es gibt keine Angestellten.

In so einer Briefkastenfirma wird nichts erwirtschaftet, sie dient einfach nur dem Zweck der Verwaltung von Finanzen. Die können so bequem auf irgendwelche Konten geschoben werden oder es werden anderweitige Geschäfte unter dem Firmennamen getätigt. Die einzigen, die wirklich Bescheid wissen, sind neben dem Inhaber die Bank (gebunden ans Bankgeheimnis) und die Kanzlei, die eine Briefkastenfirma anbietet.

Auch wohnt der Eigentümer meist nicht in demselben Land. Das allein macht die Gründung einer Briefkastenfirma noch nicht illegal – auch ist es legitim, Steuern sparen zu wollen. Solange Sie beispielsweise eine Briefkastenfirma gründen wollen und hierzulande wohnen, aber die Steuern Ihres Unternehmens gegenüber dem zuständigem Finanzamt transparent machen, ist alles im grünen Bereich.

Ebenso gut können Sie den Sitz Ihres Unternehmens ins Ausland verlegen und dorthin ziehen – so profitieren Sie ebenfalls von günstigeren Steuersätzen.

Wer allerdings seinen Wohnsitz hier behält und eine Briefkastenfirma in so einer Steueroase gründet, ohne seine Einnahmen in einer Steuererklärung offenzulegen, begeht Steuerhinterziehung.

Was verbirgt sich hinter den Panama Papers?

Panama Papers oder auch Panama-Papiere steht synonym für vertrauliche Unterlagen, die am 3. April 2016 an die Öffentlichkeit gelangten. Enthüllt wurden hier Steuersünden zahlreicher Prominenter aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft, die ihre Steuergelder durch Briefkastenfirmen an den Finanzämtern vorbeigeschleust haben.

Ermöglicht wurde die Aufdeckung dieser Machenschaften durch die Recherchen eines internationalen Journalisten-Netzwerks, bestehend unter anderem aus deutschen Journalisten der Süddeutschen Zeitung, dem WDR und dem NDR.

Die Panama Papers bestehen aus insgesamt 11,5 Millionen Dokumenten, unter anderem Gründungsurkunden, E-Mails, Bankauszüge und PDF-Dokumente, die in den Jahren 1977 bis 2015 gesammelt wurden. Die Dokumente konnten Mossack Fonseca zugeordnet werden, einer Kanzlei in Panama, die vornehmlich mit der Errichtung von Briefkastenfirmen beschäftigt ist.

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Sind Briefkastengesellschaften illegal?

Wie oben erwähnt, eine Briefkastenfirma muss nicht automatisch illegal sein und der Gründer kann auch legale Ziele mit so einer Firmengründung verfolgen.

Als Steuerpflichtiger steht es ihm frei, die günstigste Gestaltung zur Steuerersparnis zu wählen. Die bloße Einrichtung einer ausländischen Briefkastenfirma wird noch nicht als Rechtsmissbrauch betrachtet. Grund kann beispielsweise sein, dass ein Unternehmer beispielsweise neue Geschäftsfelder erschließen und gegenüber Wettbewerbern geheim halten will.

Die Besonderheit einer Briefkastenfirma, nämlich die postalische Adresse an dem einen, aber die tatsächliche Verwaltung an einem anderen Ort, öffnet allerdings dem Missbrauch Tür und Tor. Denn gerade wenn ein Geflecht aus mehreren Briefkastengesellschaften entwickelt wird, lassen sich damit Geldflüsse hervorragend verschleiern.

Ebenso sind kriminelle Machenschaften, etwa Geldwäsche und Umgehung von Sanktionen, durch solche Briefkastenfirmen möglich. Während in Deutschland und vielen europäischen Ländern die postalische Adresse auch eine physische Adresse sein muss, also eine juristische oder natürliche Person gemeldet sein muss, gilt dies längst nicht für alle Länder.

Ein Anreiz für manchen Unternehmer, unlautere Praktiken in Erwägung zu ziehen. Schätzungen zufolge werden 95 Prozent aller Briefkastenfirmen mit dem Ziel eingerichtet, kriminelle Geschäfte zu vertuschen. Der Steuerbetrug nimmt noch den geringsten Anteil darunter ein.

Deutlich häufiger nutzt die organisierte Kriminalität diese Möglichkeit, um so die Herkunft ihrer Gelder zu verschleiern. Machthabern dienen Briefkastenfirmen dazu, unauffällig Gelder ins Ausland zu schaffen, damit sie im Falle eines Umsturzes finanziell abgesichert sind.

Klar, dass solchen Nutznießern sehr daran gelegen ist, dass ihre Machenschaften schön im Dunkeln bleiben. Um so größer die Bedeutung und der Schutz von Whistleblowern wie im Fall der Panama Papers.

[Bildnachweis: Palto by Shutterstock.com]

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