Was ist ein Wartesemester?
Ein Wartesemester ist jedes Halbjahr (Semester), das zwischen dem Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung (z.B. das Abitur) und der Aufnahme eines Studiums vergeht. Es sind Zeiten, in denen Sie trotz grundsätzlicher Berechtigung nicht an einer deutschen Universität oder Hochschule eingeschrieben sind.
Die wichtige Bedeutung: Wartesemester werden bei der Vergabe von Studienplätzen in zulassungsbeschränkten Studiengängen als Auswahlkriterium herangezogen. Je mehr Wartesemester Sie haben, desto größer die Chance auf eine Studienplatzzusage.
Wann sind Wartesemester wichtig?
Sie profitieren von Wartesemestern, wenn Ihre Noten für den Numerus clausus (NC) nicht reichen. So wird ein Teil der freien Studienplätze nach langer Wartezeit vergeben.
Ein verbreitetes Verfahren ist die Verrechnung der Wartesemester mit den Abschlussnoten. Beispiel: Jedes Wartesemester verbessert die Abiturnote um 0,1 – diese Regelung ist jedoch auf eine Maximalanzahl begrenzt.
Wurden Wartesemester abgeschafft?
Mit der Reform im Jahr 2022 wurde die Anrechnung von Wartesemestern für bundesweit zulassungsbeschränkte Studiengänge (Humanmedizin, Tiermedizin, Zahnmedizin, Pharmazie) abgeschafft. Viele Bundesländer begrenzen bei zulassungsbeschränkten Studiengängen zudem die Anzahl der gezählten Wartesemester.
Statt der Wartezeit ist nun die „Zusätzliche Eignungsquote“ (ZEQ) ein Entscheidungskriterium. Nach dieser Quote werden 10 Prozent der Studienplätze vergeben. Berücksichtigt werden:
- Eignungstest
- Auswahlgespräch
- Berufsausbildung
- Berufstätigkeit
- Vorbildungen & relevante Qualifikationen
Berechnung: Wie werden Wartesemester gezählt?
Ein Kalenderjahr entspricht 2 Wartesemestern (Winter- und Sommersemester). Ausgangspunkt ist der Zeitpunkt Ihrer Hochschulzugangsberechtigung – also die Frage: Wann haben Sie das Abitur oder Fachabitur gemacht?
Wichtig: Das Semester, in dem Sie Abitur machen, wird noch nicht gezählt! Bei der Berechnung der Wartesemester wird zunächst auf das nächste Semester aufgerundet.
Beispiel für die Berechnung von Wartesemestern
- Abitur im Juni 2026
- Kein Studium im Wintersemester 2026/2027
- Kein Studium im Sommersemester 2027
- Ergebnis: 2 Wartesemester bei Bewerbung im Wintersemester 2027/2028.
Muss ich Wartesemester beantragen?
Wartesemester müssen Sie nicht beantragen. Die Zeiten werden automatisch gezählt und bei einer Bewerbung für das Studium berücksichtigt.
Beispiele: Was zählt als Wartesemester?
Entscheidend für ein Wartesemester ist vor allem, dass Sie noch nicht immatrikuliert sind. Das gibt Ihnen viele Freiheiten. Diese Tätigkeiten zählen als Wartesemester:
- Berufstätigkeit (Vollzeit oder Teilzeit)
- Ausbildung
- Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ)
- Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ)
- Bundesfreiwilligendienst (BFD)
- Work & Travel
- Pflege von Angehörigen
- Elternzeit
- Arbeitssuche
- Sprachkurse (außerhalb einer Hochschule)
- Weiterbildungen (außerhalb einer Hochschule)
Was zählt nicht als Wartesemester?
Nicht alle Lücken oder Aktivitäten führen zu einer Anrechnung von Wartesemestern. Die folgenden Situationen werden nicht als Wartesemester gewertet:
- Immatrikulation an einer deutschen Hochschule (auch ohne Leistungen)
- Besuch eines Studienkollegs (zählt als Studium)
- Zweitstudium (bereits Studium abgeschlossen)
- Gasthörerstatus mit Immatrikulation
Diese Ausnahmen gelten auch, wenn Sie nicht das gesamte Semester andauern. Sind Sie nur kurz eingeschrieben und brechen das Studium wieder ab, zählt es trotzdem nicht als Wartesemester!
Wie viele Wartesemester brauche ich für einen Studienplatz?
Leider gibt es keine allgemeine Regel, ab wie vielen Wartesemestern Sie eine Zusage für Ihr Wunschstudium erhalten. Wichtige Faktoren sind der konkrete Studiengang, die Hochschule und das Bundesland sowie die aktuelle Zahl der Bewerber und der Numerus Clausus in diesem Jahr.
Der NC wird jedes Semester neu ermittelt – es ist die Abschlussnote des letzten Kandidaten, der nach Noten noch einen Platz bekommen hat. Eine genaue Prognose der benötigten Wartesemester ist somit nicht möglich. Viele Kandidaten mit guten Noten und andere Bewerber mit mehr Wartesemestern senken Ihre Chancen.
Maximale Wartesemester beachten
Wenn es nicht klappt, sammeln Sie einfach mehr Wartezeit, bis Sie studieren können? Das funktioniert nicht. Meist werden höchstens 7 Wartesemester angerechnet. Es bringt somit keinen weiteren Vorteil, wenn Sie seit 5 oder 6 Jahren auf eine Zusage zum Studienplatz warten.
Wartesemester richtig nutzen: 6 Tipps
Viele Studierende sammeln Wartesemester, bevor es in den angestrebten Studiengang an der Wunschuniversität geht. Das ist kein grundsätzliches Problem – Sie sollten diese Phase aber richtig nutzen, um nicht mehrere Semester oder gar Jahre zu verschwenden.
Schließlich müssen Sie die Wartesemester auch bei späteren Bewerbung erklären. Damit die Zeit nicht zur unangenehmen Lücke im Lebenslauf wird, haben wir einige Vorschläge für Sie:
-
Studieren Sie im Ausland
Sie sind sich der Studienwahl absolut sicher und wollen nicht warten? Dann starten Sie mit einem Auslandsstudium. Sie sind in diesem Auslandssemester nicht an einer deutschen Hochschule eingeschrieben und sammeln trotzdem Wartezeit. Informieren Sie sich aber sicherheitshalber im Studierendensekretariat.
-
Machen Sie ein Praktikum
Mit einem Praktikum überbrücken Sie die Wartezeit sinnvoll und sammeln Erfahrung. Sie lernen die spätere Tätigkeit kennen, erleichtern den Berufseinstieg und knüpfen hilfreiche Kontakte zu möglichen Arbeitgebern.
-
Verdienen Sie sich Geld fürs Studium
Sie können Wartesemester gleich doppelt sinnvoll nutzen, wenn Sie in dieser Zeit jobben: Mit einem Nebenjob verdienen Sie Geld und legen etwas für das Studium zurück. Gleichzeitig sammeln Sie bereits Berufserfahrung.
-
Machen Sie ein freiwilliges soziales Jahr
In einem freiwilligen sozialen Jahr arbeiten Sie in einer sozialen Einrichtung und nutzen Ihre Zeit, um etwas für Menschen und die Gesellschaft zu tun. Ziel ist es, Menschen zu unterstützen, die Hilfe benötigen. Doppelter Vorteil: Soziales Engagement ist häufig ein Bonus, wenn Sie sich für ein Stipendium bewerben.
-
Machen Sie eine Berufsausbildung
Eine längere Wartezeit gibt Ihnen Zeit für eine Ausbildung in Ihrem angestrebten Berufsfeld. Sie erhöhen dadurch Ihre Qualifikation und haben dann schon einen inhaltlichen Vorteil im Studium. Die Pluspunkte sind besonders groß, wenn es viele Überschneidungen zwischen Job und Studiengang gibt – zum Beispiel an einer Fachhochschule.
-
Verreisen Sie für längere Zeit
Die Phase zwischen Schulabschluss und Studium ist beliebter Zeitpunkt für längere Reisen und einen Auslandsaufenthalt: Sie lernen dabei andere Länder kennen und fördern Ihre interkulturelle Kompetenz. Das ist nützlich, wenn Sie auch später weltweit arbeiten wollen.
Was andere dazu gelesen haben