Definition: Was ist Bossing?
Bossing (Englisch: downward bullying) ist „Mobbing von oben“. Hierbei schikaniert, terrorisiert und attackiert der Chef systematisch einen oder mehrere Mitarbeiter mit dem Ziel, das oder die Opfer zu demütigen und auszugrenzen.
Merkmale von Bossing
Damit man von Mobbing bzw. Bossing sprechen kann, müssen mehrere Voraussetzungen und Merkmale erfüllt sein:
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Hierarchie
Bossing findet immer von oben nach unten statt – vom Vorgesetzten zum Untergebenen. Die Machtposition erschwert es den Betroffenen zugleich, sich zu wehren.
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Systematik
Beim Bossing und Mobbing geht es um systematische und wiederholte Angriffe, die sich über einen längeren Zeitraum von 3-6 Monaten erstrecken. Einmalige Vorfälle zählen nicht dazu.
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Belastung
Bossing ist eine Zermürbungstaktik, die für Betroffene eine enorme psychische Belastung darstellt. Häufig hat sie das Ziel, dass die Mitarbeiter freiwillig kündigen.
Das Gegenteil von Bossing ist Staffing. Hierbei tun sich Mitarbeiter (= staff) zusammen, um den Vorgesetzten zu drangsalieren oder rauszuekeln (Englisch: upward bullying).
Arbeitsrecht: Ist Bossing strafbar?
Zwar erfüllt Bossing in Deutschland keinen eigenständigen Straftatbestand, einzelne Handlungen aber schon – zum Beispiel Beleidigung (§185 StGb), üble Nachrede (§186), Verleumdung (§187) sowie Körperverletzung (§223 StGB). Den Tätern drohen hier hohe Geldstrafen oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren. Überdies haben Bossing- und Mobbingopfer Anspruch auf Schmerzensgeld (BAG, AZR 351/15).
Bossing Anzeichen
Bossing am Arbeitsplatz hat unterschiedliche Formen. Typische Bossing-Angriffe lassen sich in zwei Kategorien unterteilen:
- Sinnlose, nicht zu bewältigende Tätigkeiten
- Manipulation der Arbeitsergebnisse
- Öffentlich, unsachliche Kritik
- Überzogenes Mikromanagement
- Gezielter Entzug von Privilegien oder Informationen
- Wiederholte Ausgrenzung aus dem Team
- Negative Anspielungen oder Unterstellungen
- Einschüchterung oder Lächerlichmachung vor dem Team
- Völlige Ignoranz von Äußerungen oder Vorschlägen („kaltstellen“)
- „Wenn Sie hoch hinaus wollen, gehen Sie klettern! Hier wird das nichts!“
- „Sie arbeiten halbtags? Bei mir sind das 12 Stunden.“
- „Seien Sie dankbar, dass Sie täglich Überstunden machen dürfen!“
- „Natürlich schätze ich Ihre Meinung. Aber weniger als die meine.“
- „Ich bin beschäftigt, kann ich Sie ein andermal ignorieren?“
- „Finden Sie sich damit ab: Sie sind die Statue, ich bin die Taube.“
- „Kommen Sie doch mal in mein Büro – ist auch das letzte Mal.“
Bossing Beispiele auf Arbeitsebene
Bossing Beispiele auf persönlichen Ebene
Beispiele für fiese Chefsprüche
Lesen Sie dazu auch: Kritik vom Chef – jetzt richtig reagieren!
Bossing-Checkliste: Bin ich betroffen?
Nicht jede Standpauke, jeder böser Kommentar vom Chef oder „Come-to-Jesus-Meeting“ ist gleich Bossing. Ob Ihr Vorgesetzter wirklich Psychoterror betreibt und Sie systematisch ausschließt und schikaniert, zeigt die folgende Bossing-Checkliste.
Haken Sie gleich online ab, was auf Sie zutrifft. Bei mehr als drei Merkmalen über einen längeren Zeitraum, spricht Vieles für Mobbing von oben:
- Ich werde regelmäßig unsachlich kritisiert.
- Ich werde verbal angegriffen oder beschimpft.
- Mir wird mit einer ungerechtfertigten Abmahnungen gedroht.
- Ich werden gemieden und ausgegrenzt.
- Mein Chef überwacht jeden meiner Schritte.
- Mein Vorgesetzter verbreitet Gerüchte über mich.
- Mein Vorgesetzter unterstellt mir regelmäßig Fehlverhalten.
- Mir werden Fehler angelastet, die ich nicht gemacht habe.
- Mir werden wichtige Informationen vorenthalten.
- Ich werde aufgrund von Meinungen, Herkunft oder anderen Faktoren diskriminiert.
- Der Chef unterbricht mich bei allem, was ich sage.
- Mir werden Aufgaben zugeteilt, die nicht zu schaffen sind.
- Der Boss macht mich vor anderen lächerlich.
- Mir werden grundlos Verantwortungen entzogen.
Die Checkliste können Sie sich zusätzlich kostenlos als PDF herunterladen.
Bossing Ursachen: Warum macht der Chef das?
Die Bossing Ursachen sind vielfältig und können sowohl in der Persönlichkeit des Täters als auch in der Unternehmenskultur begründet sein. zu den häufigsten Auslösern gehören:
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Mangelndes Selbstbewusstsein
Vorgesetzte mit geringem Selbstwertgefühl oder Selbstvertrauen neigen dazu, ihre Unsicherheit zu kompensieren, indem andere erniedrigen oder kontrollieren (siehe: Cheftypen).
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Angst vor Konkurrenz
Führungskräfte, die sich von kompetenteren Mitarbeitern bedroht fühlen, versuchen diese durch Bossing zu schwächen oder aus dem Unternehmen zu drängen.
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Fehlende Kompetenz
Fachlich und persönlich ungeeignete Chefs kaschieren ihre Führungsfehler oder Inkompetenz häufig mit einem autoritären Führungsstil und überzogener Härte.
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Überforderung
Manch überforderte Führungskräfte ventilieren akuten Stress durch destruktive Kritik oder Bossing-Methoden wie schikanösem Verhalten.
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Konkurrenzdenken
Herrscht im Unternehmen hoher interner Wettbewerb und eine Ellbogenmentalität, steigt die Wahrscheinlichkeit für Bossing. Der Leistungsdruck fördert ein aggressives Führungsverhalten.
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Hierarchische Strukturen
Ausgeprägte hierarchische Strukturen (im Gegensatz zu flachen Hierarchien) sowie fehlende Eigenverantwortung der Mitarbeitenden begünstigen Machtmissbrauch durch Vorgesetzte.
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Schlechtes Arbeitsklima
Ein generell ungesundes Arbeitsklima mit unklaren Zuständigkeiten, widersprüchlichen Anweisungen und mangelnder Kommunikation schafft ein Umfeld, das Bossing und Mobbing begünstigt.
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Antipathie
Auch Chefs sind Menschen und können sich nicht immer davon frei machen, einen Mitarbeiter persönlich unsympathisch oder gar nicht ausstehen zu können.
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Konflikte
Auch persönliche Differenzen, starke Meinungsverschiedenheiten Strategien sowie inkompatibler Arbeitsstile können zu systematischer Ausgrenzung der kritischen Mitarbeiter führen.
1. Unsicherheit
2. Unternehmenskultur
3. Abneigung
Oft entsteht Bossing aus einer Kombination allen drei Faktoren – aus persönlichen Schwächen, strukturellen Defiziten im Unternehmen und inkompatiblen Persönlichkeiten.
Teilweise versuchen Vorgesetzte mithilfe des Bossings eine Eigenkündigung zu erzwingen – insbesondere bei sonst eigentlich unkündbaren Mitarbeitern oder Kollegen mit starkem Kündigungsschutz.
Bossing Folgen
Bossing ist kein Kavaliersdelikt und geht über schlechtes Führungsverhalten hinaus. Für die Opfer sind die Folgen existenzbedrohlich und psychisch schwerwiegend. Sie reichen von ernsten psychischen Erkrankungen, wie Burnout oder Depression bis hin zu nackter Existenzangst durch den drohenden Jobverlust.
Psychische und körperliche Bossing Symptome
- Schlafstörungen
- Denk- und Konzentrationsstörungen
- Hilflosigkeit und Ohnmachtsgefühle
- Schuldgefühle
- Minderwertigkeitsgefühle
- Übersteigerte Selbstkritik
- Niedergeschlagenheit & Traurigkeit
- Antriebslosigkeit & innere Leere
- Freud- & Interessensverlust
- Gefühl der Sinnlosigkeit
Oft verändert sich bei den Bossing-Opfern die gesamte Einstellung zur Arbeit: Motivation, Spaß oder Leidenschaft für den Beruf weichen der wachsenden Angst und Belastung. Die Folgen sind auch außerhalb der Arbeitszeit spürbar und belasten schließlich die Familie.
Bossing Tipps: Was tun?
Niemand muss Bossing einfach hinnehmen. Im Gegenteil: Sind Sie vom „Mobbing von oben“ betroffen, müssen Sie handeln. Natürlich bleiben Ihnen in letzter Konsequenz immer die Kündigung und ein Jobwechsel. Vorher gibt es aber noch weitere Optionen, was Sie gegen Bossing tun können:
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Beweise sichern
Dokumentieren Sie alle Vorfälle schriftlich (E-Mails, Screenshots) und in einem sog. Mobbing-Tagebuch – inklusive Datum und Uhrzeit, um im Ernstfall Beweise vorlegen zu können.
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Unterstützung finden
Führen Sie Gespräche mit dem Betriebsrat (falls vorhanden) oder externen Beratungsstellen und bauen Sie ein persönliches Netzwerk innerhalb und außerhalb des Unternehmens aufbauen. Zum Beispiel mit anderen betroffenen Kollegen.
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Gespräch suchen
Falls es noch nicht zu spät ist, suchen Sie das persönliche 4-Augen-Gespräch mit dem Vorgesetzten, um das Problem direkt ansprechen und Missverständnisse zu klären (siehe: Vorwürfe kontern).
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Resilienz stärken
Entwickeln Sie Strategien, um mit dem psychischen Druck besser umzugehen: Stärken Sie Ihre Resilienz durch mentale Übungen und gute Gespräche mit Partner und Freunden.
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Unternehmenskultur verbessern
Etablieren Sie klare Anti-Mobbing-Richtlinien im Betrieb und fördern Sie eine positive Arbeitsumgebung, die von Respekt und Fairness geprägt ist. Täter dürfen nicht ungestraft davonkommen!
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Führungskräfte entwickeln
Regelmäßige Weiterbildungen und Schulungen für Führungskräfte zu Kommunikation und Konfliktmanagement helfen, Spannungen abzubauen und verhindern typische Bossing-Spiralen.
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Transparenz schaffen
Anonyme Mitarbeiterbefragungen, Beschwerdestellen und offene Feedback-Kanäle sorgen dafür, dass negative Entwicklungen und heimliche Täter frühzeitig erkannt werden. Auch regelmäßige Mitarbeitergespräche der Personalabteilung können Bossing vorbeugen.
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Betroffene unterstützen
Lassen Sie Betroffene nicht alleine, sondern unterstützen Sie diese durch (rechtliche) Beratung. Der Opferschutz wiegt schwerer als der Täterschutz (teils gibt es auch falsche Anschuldigungen).
Tipps für Betroffene
Die wichtigsten Punkte und Informationen haben wir in einem Ratgeber zusammengefasst, den Sie sich hier kostenlos als PDF herunterladen können.
Tipps für Unternehmen
Es ist entscheidend, dass Unternehmen frühzeitig handeln und präventiv gegen das Mobbing von oben tätig werden, um die negativen Auswirkungen von Bossing zu reduzieren und ein gesundes Arbeitsklima zu fördern.
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- Straining: Mobbing durch Langeweile
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