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Straining: Mobbing durch Langeweile

Wenn es darum geht, einem Mitarbeiter am Arbeitsplatz eine möglichst unangenehme Zeit zu bereiten, um diesen zu einer Kündigung zu bewegen, sind einige Unternehmen leider erschreckend einfallsreich. Da wird gelästert, ausgeschlossen, kritisiert, sabotiert und gemobbt, wo es nur geht. In letzter Zeit hört man dabei immer wieder von einer besonders gemeinen Methode, dem sogenannten Straining. Gemeint ist mit diesem Begriff das bewusste Entziehen von Aufgaben, der Ausschluss von Entscheidungen, für die ein Mitarbeiter eigentlich verantwortlich wäre – kurz: erzwungene Langeweile am Arbeitsplatz. Aber ist Langeweile im Job automatisch ein Fall von Mobbing?

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Straining: Mobbing durch Langeweile

Straining Definition: Der Unterschied zum Boreout

Der Begriff selbst stammt ursprünglich vom englischen Verb „strain“, was so viel bedeutet wie „„ziehen“ oder „dehnen“. Gemeint ist damit der Arbeitsalltag des Opfers: Dessen Tag zieht und dehnt sich vor lauter Langeweile wie Kaugummi – ohne dass es etwas zu tun gäbe.

Beim Thema Langeweile im Beruf kommen sofort Gedanken an den oft thematisierten Boreout – das Gegenstück zum Burnout durch chronische Unterforderung am Arbeitsplatz – auf.

Zwar scheinen die beiden Begriffe auf den ersten Blick ein ähnliches Phänomen zu beschreiben, doch sollte man hier trotzdem ein wenig differenzieren:

  • Während man vom Boreout als Ergebnis spricht,
  • handelt es sich beim Straining vielmehr um einen Prozess, an dessen Ende es möglicherweise zu einem Boreout kommen kann.

Noch wichtiger jedoch: In vielen Fällen kann man selbst aktiv werden, um etwas gegen den Boreout zu unternehmen. Es gibt zwar auch hier Ausnahmefälle, doch nur die allerwenigsten Mitarbeiter sind tatsächlich gezwungen, sich auf der Arbeit zu langweilen, bis Unzufriedenheit und psychische Probleme auftreten.

Wer merkt, dass er unter der Unterforderung leidet, kann mit dem Chef sprechen, neue Aufgaben und mehr Verantwortung einfordern oder Ideen vorbringen, die er selbst gerne umsetzen möchte.

Anders beim Straining: Hier handelt es sich um die vorsätzlich aufgezwungene Langeweile, indem beispielsweise keine einzige Aufgabe mehr auf dem Schreibtisch eines Mitarbeiters landet, dieser zu keinem Meeting mehr eingeladen wird und somit wirklich den ganzen Arbeitstag nichts zu tun hat.

Tatsächlich versuchen einige Arbeitgeber inzwischen auf diesem Weg, zu alt oder teuer gewordene Mitarbeiter loszuwerden, die sie aufgrund des Kündigungsschutzes und auf legalem Weg so nicht loswerden könnten – oder jedenfalls nur für sehr viel Geld.

Beim Straining gilt aber ebenfalls, dass nicht jede Aufgabe, die an einen Kollegen geht, gleich einen Fall von Mobbing darstellt. Vielleicht war dieser einfach nur besser qualifiziert oder der Chef hat es sogar nett gemeint und wollte Ihnen nicht zu viel zumuten.

Damit es sich beim Straining tatsächlich um Mobbing handelt, sollte man sich an den Voraussetzungen orientieren und der Definition des klassischen Mobbings orientieren.

Mobbing Definition Infografik

Die Anlehnung ans Mobbing ist umso wichtiger, da Straining fast nie alleine stattfindet. Der Aufgabenentzug ist vielmehr in der Regel ein Teilaspekt des Mobbings.

Ein Fall von Straining in Frankreich

Vor kurzem fand Straining in den Medien vermehrte Aufmerksamkeit. Der Grund: Frédéric Desnard, ein französischer Angestellter, verklagte seinen Arbeitgeber auf 358.000 Euro Schadensersatz. Die Begründung hinter dieser immensen Forderung: Er sei am Arbeitsplatz zur Langeweile und Faulheit gezwungen worden. Keine Aufgaben, nur reines Absitzen der Arbeitszeit von früh bis spät – und das über vier Jahre.

In der Folge sei er depressiv geworden und habe Magengeschwüre bekommen. Der Franzose ist überzeugt, dass sein Arbeitgeber ihn durch das Straining und die Langeweile zu einer Kündigung drängen wollte – die auch folgte, als Desnard nach einem Unfall mehrere Monate krank war.

Der Arbeitgeber sieht dies natürlich anders und so entscheidet nun ein Gericht darüber, ob es sich tatsächlich um Mobbing durch Langeweile gehandelt hat. Ein Urteil steht noch aus.

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Die 4 Phasen des Strainings

Laut wissenschaftlichen Untersuchungen – unter anderem durch den Arbeitspsychologen und Professor Harald Ege (er hat den Begriff „Straining“ maßgeblich mitgeprägt, PDF) – vollzieht sich das Langeweile-Mobbing in der Regel in vier typischen Phasen:

  1. Aufgabenentzug

    Dem Straining-Opfer werden gezielt und zunehmend Aufgaben und Verantwortlichkeiten entzogen. Allerdings schleichend und nicht etwa – wie beim Mobbing – aus einer akuten Feindseligkeit oder Konfrontation heraus. Indem aber Abteilungen oder Projekte umstrukturiert und Zuständigkeiten anders verteilt werden, wird das Opfer Schritt für Schritt kalt gestellt und zur Untätigkeit verdammt.

  2. Langeweile

    Der betroffene Mitarbeiter muss zwar weiterhin zur Arbeit erscheinen, hat aber nichts zu tun. Es entsteht permanente Langeweile, die nicht nur lähmend wirkt, sondern natürlich auch langfristig die Überflüssigkeit des Arbeitsplatzes dokumentiert.

  3. Rechtfertigungsdruck

    Die künstlich erzeugte Langweile sorgt nicht nur für permanenten Leerlauf, das Opfer gerät zunehmend auch unter Rechtfertigungsdruck: Wozu bin ich überhaupt noch nütze? Wofür bekomme ich mein Geld? Akuter Stress setzt ein – gerade weil man den ganzen Tag nichts zu tun hat und sich wie das fünfte Rad am Wagen fühlt. In der Folge – was vom Täter oft auch beabsichtigt ist – erkranken die Diskriminierungs-Opfer, psychisch und auch physisch. Folgen können zum Beispiel auch Ängste, Depressionen, Magen-Darm-Störungen, Schlafstörungen, Aggressivität und eine posttraumatische Verbitterungsstörung.

  4. Kündigung

    Und zwar freiwillig oder unfreiwillig. Entweder die Straining-Opfer kündigen von sich aus, weil sie die psychische Belastung, den Stress und die Langeweile nicht länger ertragen – oder sie werden gekündigt. Das sogar aus dokumentiertem, legitimem Grund: Wer nichts zu tun hat, ist ganz offensichtlich überflüssig. Das ist gerade das Perfide an dieser Masche.

In Italien, wo das Thema deutlich bewusster erkannt und verfolgt wird, gehen laut Ege bereits rund 60 Prozent aller Mobbingfälle vor Gericht auf Straining zurück, bei nur 20 Prozent der Fälle handele es sich dagegen um klassisches Mobbing.

In Deutschland gibt es dazu noch keine verlässlichen Studien. Ege vermutet aber, dass unter den rund einer Million jährlichen Mobbingfällen, die Straining-Vorfälle ähnlich hoch liegen könnten.

Immerhin: Hierzulande fällt das Straining juristisch unter den sogenannten „Verstoß gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht“ (Paragraph 823 Absatz 1 BGB). Wer vor Gericht damit Recht bekommt und den Tatbestand nachweisen kann, kann unter Umständen Schmerzensgeld von bis zu 60.000 Euro und eine Entschädigung zugesprochen bekommen.

Checkliste Straining Erkennen Phasen Modell

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Straining: Was tun?

Wie beim klassischen Mobbing kann es auch beim Straining grundsätzlich jeden treffen. Betroffene sehen in dem Mobbing durch Langeweile meist den Versuch des Arbeitgebers, eine Kündigung zu erzwingen. Fakt ist jedoch, dass Sie sich das Straining nicht einfach gefallen lassen müssen.

Das lässt sich dagegen unternehmen:

  1. Holen Sie sich Hilfe

    Wer Opfer von Mobbing oder Straining wird, fühlt sich oft erstmal allein gelassen – und dadurch besonders hilflos. Es empfiehlt sich daher, Hilfe bei einem Anwalt oder – falls vorhanden – beim Betriebsrat zu holen. Hier kann man nicht nur über seine Probleme sprechen, sondern erfährt auch, wie man sich verhalten soll und welche Möglichkeiten es gibt, um etwas an der Situation zu ändern.

  2. Bleiben Sie nicht untätig

    Auch wenn Ihr Chef versucht, Sie zur Langeweile zu zwingen, sollten Sie sich nicht einfach untätig in dieses Schicksal ergeben. Versuchen Sie weiterhin, sich um Aufgaben und Verantwortung zu bemühen – und halten Sie am besten schriftlich fest, wie der Arbeitgeber Ihnen Aufgaben vorenthält oder Sie von Projekten ausschließt, damit Sie nichts zu tun haben. Sollte es tatsächlich zur gerichtlichen Auseinandersetzung kommen, haben Sie so bereits etwas in der Hand.

  3. Denken Sie an Ihre Gesundheit

    Niemand möchte seinen Job verlieren und es scheint eine Niederlage zu sein, sich vom Verhalten des Arbeitgebers tatsächlich in eine Kündigung drängen zu lassen. Doch am Ende des Tages sollte man immer an die eigene Gesundheit denken und überlegen, ob es wirklich sinnvoll ist, krampfhaft am Job festzuhalten. Macht der Arbeitgeber Ihnen das Leben absichtlich so schwer, ist an eine weitere Zusammenarbeit meist eh nicht mehr zu denken, also riskieren Sie dafür nicht Ihre Gesundheit.

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[Bildnachweis: vchal by Shutterstock.com]

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