Was ist elternunabhängiges Bafög?
Elternunabhängiges Bafög ist eine besondere Form der Ausbildungsförderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz. Im Unterschied zum normalen Bafög wird das Gehalt der Eltern nicht angerechnet. Das bedeutet: Selbst wenn Ihre Eltern gut verdienen, hat das keinen Einfluss auf Anspruch und Höhe der Förderung.
Diese Ausnahmeregelung gilt für Fälle, in denen die Pflicht der Eltern zur Finanzierung der Berufsausbildung des Kindes nicht mehr besteht. Es greift keine Unterhaltspflicht mehr, das Kind gilt als wirtschaftlich eigenständig und soll nicht mehr von den Eltern abhängig gemacht werden.
Warum gibt es elternunabhängiges Bafög?
Bafög soll Chancengleichheit schaffen und verhindern, dass Studierende aufgrund fehlender finanzieller Unterstützung ein Studium nicht aufnehmen oder abbrechen müssen.
Das elternunabhängige Bafög richtet sich gezielt an angehende Studierende, die bereits eine längere Zeit im Berufsleben standen oder deren Lebenssituation eine Abkopplung von den Eltern rechtfertigt.
Voraussetzungen: Wer bekommt elternunabhängiges Bafög?
Elternunabhängiges Bafög ist nicht die Regel, sondern die Ausnahme. Gesetzlich regelt § 11 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetz genau die Bedingungen für einen möglichen Anspruch. Hier sind die verschiedenen Voraussetzungen, unter denen das Einkommen der Eltern nicht berücksichtigt wird:
- Sie besuchen ein Abendgymnasium oder Kolleg.
- Beispiel: Abitur auf zweitem Bildungsweg
- ⇨ Elternunabhängiges Bafög möglich
- Sie haben bei Beginn des Ausbildungsabschnitts das 30. Lebensjahr vollendet.
- Gilt unabhängig von Studiengang oder Beruf
- ⇨ Elternunabhängiges Bafög möglich
- Sie waren nach Vollendung des 18. Lebensjahres mindestens 5 Jahre lang erwerbstätig.
- Sie haben in dieser Zeit selbst Ihren Lebensunterhalt finanziert.
- ⇨ Elternunabhängiges Bafög möglich
- Sie waren nach einer mindestens 3-jährigen Ausbildung anschließend mindestens 3 Jahre lang erwerbstätig.
- Sie haben in dieser Zeit selbst Ihren Lebensunterhalt finanziert.
- ⇨ Elternunabhängiges Bafög möglich
1. Abendgymnasium
2. Alter
3. Vorherige Erwerbstätigkeit
4. Vorherige Ausbildung und Erwerbstätigkeit
Härtefälle für Anspruch auf elternunabhängiges Bafög
Zusätzlich gibt es Härtefälle, bei denen das Bafög-Amt ebenfalls Ausnahmen macht und auf die Anrechnung des elterlichen Einkommens verzichtet. In diesen Situationen ist das Einfordern von Unterhalt unzumutbar oder unmöglich. Zu diesen Sonderfällen zählen:
- Kein Kontakt zu den Eltern, Aufenthaltsort lässt sich nicht ermitteln
- Die Eltern sind nicht in der Lage, den Unterhalt im Inland zu leisten.
- Besondere familiäre Belastungen
- Gerichtliche Auseinandersetzungen über den Unterhalt
Was zählt zur Erwerbstätigkeit?
Für viele ist die vorherige Erwerbstätigkeit ein wichtiges Kriterium für elternunabhängiges Bafög. Dabei spielt es keine Rolle, ob Sie in Vollzeit, Teilzeit oder einer selbstständigen Beschäftigung arbeiten. Die Ausbildung zählt jedoch nicht dazu.
Die Erwerbstätigkeit muss auch nicht komplett am Stück erfolgen. Zudem werden Ihnen weitere Zeiten angerechnet:
- Wehrdienst
- Zivildienst
- Freiwilligendienst
- Mutterschutz
- Erwerbsunfähigkeit
- Reha-Maßnahmen
- Arbeitslosengeld
- Krankengeld
Elternunabhängiges Bafög beantragen
Elternunabhängiges Bafög beantragen Sie nicht speziell, sondern über den normalen Bafög Antrag. Das Bafög-Amt prüft während der Bearbeitung, welche Voraussetzungen Sie erfüllen und ob das Einkommen der Eltern berücksichtigt wird.
Wichtige Angaben für den Antrag sind deshalb Ihre bisherigen Ausbildungen und Erwerbstätigkeiten, Ihr Alter, Ihre finanzielle Lage und (falls vorhanden) die eines Ehe- oder Lebenspartners. Folgende Formblätter können dafür notwendig sein:
- Antrag auf Ausbildungsförderung
- Bescheinigung nach § 9 BAföG
- Einkommenserklärung (von Eltern/Ehegatten/Lebenspartnern)
- Kinder der auszubildenden Person
- Leistungsbescheinigung nach § 48 BAföG
- Ausbildung im Ausland (Zusatzblatt)
- Aktualisierung des Einkommens
- Antrag auf Vorausleistung
- Folgeantrag auf Ausbildungsförderung (nur für Studierende)
Schritt für Schritt elternunabhängiges Bafög beantragen
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Formulare besorgen
Kümmern Sie sich um alle notwendigen Unterlagen. Anträge und Formblätter finden Sie online bei Bafög Digital oder beim Studierendenwerk. Ihre persönlichen Dokumente müssen Sie selbst zusammentragen.
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Persönliche Daten angeben
Tragen Sie alle persönlichen Daten auf Ihrem Antrag ein. Dazu zählen Ihre persönlichen Informationen (Vorname, Nachname, Geburtsdatum, Kontaktdaten…) sowie das angestrebte Studium und die Hochschule.
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Einkommen nachweisen
Geben Sie Ihre Einkünfte und – soweit vorhanden – auch die Ihrer Eltern oder eines Ehepartners an. Wichtig sind dabei konkrete Nachweise durch Arbeitsverträge, Lohnnachweise oder Sozialversicherungsnachweise.
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Ausbildungen und Erwerbstätigkeit nachweisen
Haben Sie bereits eine Ausbildung gemacht und waren erwerbstätig, müssen Sie dies für elternunabhängiges Bafög unbedingt angeben und nachweisen. Reichen Sie Ihr Ausbildungszeugnis und Nachweise über Ihre Erwerbstätigkeit (oder andere angerechnete Zeiten) mit ein.
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Härtefall angeben
Falls ein Härtefall auf Sie zutrifft: Fügen Sie dem Antrag auf elternunabhängiges Bafög Nachweise bei. Mögliche Dokumente sind Gerichtsbeschlüsse oder einer schriftliche Erklärung, dass Sie keinerlei Kontakt zu Ihren Eltern haben.
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Antrag einreichen
Reichen Sie den Antrag direkt beim Bafög-Amt ein. Besonders einfach können Sie online elternunabhängiges Bafög beantragen. Über „Bafög Digital“ melden Sie sich an, registrieren sich und laden alle Anträge und Unterlagen hoch. Der Antrag ist aber ebenso persönlich oder per Post möglich.
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Bearbeitung abwarten
Nach dem Antrag dauert es in der Regel rund 2-3 Monate, bis Sie einen Bescheid von Bafög-Amt bekommen. Hier erfahren Sie, ob und in welcher Höhe Sie Anspruch auf die Förderung haben. Bekommen Sie eine Absage, haben Sie einen Monat Zeit, um Widerspruch einzulegen.
Checkliste: Benötigte Unterlagen und Nachweise
Für den Antrag müssen Sie einige Dokumente einreichen. Haken Sie gleich hier online im Browser die Unterlagen und Nachweise ab, die Sie schon haben:
- Immatrikulationsbescheinigung
Das Exemplar, bei dem „Bescheinigung nach § 9 BAföG“ vermerkt ist. - Krankenversicherungsnachweis
Sofern Sie nicht gesetzlich familienversichert sind. - Nachweis vom Vermieter
Auszüge aus dem Mietvertrag mit Angaben zu Vermieter & Mieter, Mietobjekt, Miethöhe, Unterschriften – sofern Sie nicht mehr zuhause wohnen. - Arbeitsvertrag
Oder letzte Gehaltsabrechnung sofern Sie einen Nebenjob haben. - Aktuelle Kontoauszüge
Von sämtlichen Bankkonten, Sparbüchern, Bausparverträgen, Lebensversicherungen (nur Kopien!). - Steuerbescheid der Eltern
Es reicht der vom vorletzten Kalenderjahr. - Ausbildungsbescheinigung der Geschwister
Wie viel elternunabhängiges Bafög wird gezahlt?
Die Höhe des elternunabhängigen Bafögs unterscheidet sich nicht von der normalen Förderung: Der Höchstsatz liegt aktuell bei 992 Euro pro Monat (Stand 2025). Wie viel Sie bekommen, hängt von Ihrer finanziellen Lage, der Wohnsituation und auch Ihrer Kranken- und Pflegeversicherung ab.
Auswirkungen haben auch Ihr Vermögen und Ihr Einkommen. Der Freibetrag beim Vermögen liegt bei 15.000 Euro (ab 30 Jahren sind es 45.000 Euro). Beim Gehalt gilt ein monatlicher Freibetrag von 556 Euro (siehe: Minijob).
Dauer: Wie lange bekomme ich elternunabhängiges Bafög?
Elternunabhängiges Bafög wird für die Dauer der Regelstudienzeit beziehungsweise für die vorgesehene Ausbildungszeit gezahlt. Das sind im Bachelorstudium 6 Semester, für einen darauf aufbauenden Masterstudiengang sind es weitere 4 Semester.
Für den Bezug gilt: Ab dem 5. Semester müssen Sie Leistungsnachweise vorlegen, um weiterhin elternunabhängiges Bafög zu beziehen. Das sind zum Beispiel Zeugnisse von Prüfungen oder Nachweise über die erworbenen ECTS-Punkte.
Elternunabhängiges Bafög zurückzahlen
Die Rückzahlung für Ihr elternunabhängiges Bafög beginnt 5 Jahre nach Ende der Förderung. Großer Vorteil: Sie müssen nur die Hälfte des Betrages zurückzahlen – begrenzt auf einen Höchstbetrag von maximal 10.010 Euro.
Der Betrag ergibt sich aus dem sogenannten 77-Raten-Erlass. Nach spätestens 77 monatlichen Raten erlöschen Ihre restlichen Schulden, und Sie müssen kein weiteres Bafög zurückzahlen.
Wie hoch ist die monatliche Rate?
Die normale Rate liegt bei 130 Euro im Monat (= 10.010 Euro in 77 Raten). Gezahlt wird einmal im Quartal (390 Euro). Haben Sie nur ein sehr geringes Einkommen, liegt die Mindestrate bei 42 Euro monatlich.
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