Ist es möglich, ohne Abitur zu studieren?
Sie können in Deutschland auch ohne Abitur studieren. Voraussetzung hierfür ist in der Regel eine abgeschlossene Berufsausbildung plus 2-3 Jahre Berufserfahrung – oder eine berufliche Aufstiegsfortbildung, etwa zum Fachwirt oder Meister.
Damit gelten Betroffene als „beruflich Qualifizierte“ und erhalten ein Zugangsrecht zu Fachhochschulen oder Universitäten – oft jedoch mit fachgebundenem Recht. Bedeutet: Das Studium muss zum bisherigen Beruf passen. In Einzelfällen erhalten Sie mithilfe einer Fortbildungsprüfung auch ein Studienplatz ohne weitere Eignungsprüfungen.
Studieren ohne Abitur: Wie funktioniert das?
Bildung ist in Deutschland Ländersache. Deshalb kann es in jedem Bundesland dazu andere Regelungen geben, die Sie beachten müssen. Grundsätzlich haben Sie aber folgende Möglichkeiten, um auch ohne Abitur zu studieren:
1. Studium nach Berufsausbildung
Der häufigste Weg für ein Studium ohne Abitur führt über den Abschluss einer beruflichen bzw. dualen Ausbildung. Dafür gibt es zwei etablierte Wege:
-
Berufserfahrung plus Hochschulzugangsprüfung
Absolvieren Sie zunächst eine staatlich anerkannte Ausbildung. Danach arbeiten Sie mindestens 2 Jahre in Ihrem erlernten Ausbildungsberuf. Anschließend können Sie eine sog. Hochschulzugangsprüfung ablegen, damit erwerben Sie die „fachgebundene Hochschulreife“. Jetzt dürfen Sie sich für Studiengänge einschreiben, die fachlich zu Ihrer Ausbildung und Berufserfahrung passen.
-
Aufstiegsfortbildung als Alternative
Oder aber sie absolvieren nach der erfolgreichen Ausbildung eine Aufstiegsfortbildung. Dabei handelt es sich um eine berufliche Weiterbildung, die Sie für höhere Aufgaben qualifiziert und gleichzeitig den Zugang zu einem Studium eröffnet. Dazu gehören etwa der „Fachwirt“ oder „Fachkaufmann“. Mit der Aufstiegsfortbildung besitzen Sie sogar die „allgemeine Hochschulreife“ – und können nun eine Vielzahl von Studiengängen studieren, auch ohne Abitur!
Wichtige Ratgeber zur Ausbildung
Nutzen Sie zusätzlich unsere ausführlichen Ratgeber zur Ausbildung:
- Ausbildung auch ohne Schulabschluss
- Ausbildung mit Hauptschulabschluss
- Ausbildung für Ausländer in Deutschland
- Bewerbung für eine Ausbildung
Tipp: Mit einem sogenannten Aufstiegsstipendium können Sie sich finanziell unterstützen lassen, wenn Sie einen höheren Berufsabschluss wie ein Studium anstreben – unabhängig ob Sie Abitur haben oder nicht.
2. Studium nach Meisterprüfung
Mit einer bestandenen Meisterprüfung und dem Meister-Titel in der Tasche haben Sie an vielen Hochschulen in Deutschland die Möglichkeit, ein Studium aufzunehmen. Wählen ein passendes Studienfach an der gewünschten Hochschule und schreiben Sie dafür eine Studium-Bewerbung.
Beachten Sie jedoch, dass es hierbei unterschiedliche Zulassungsvoraussetzungen gibt. Für manche Fächer besteht weiterhin ein Numerus Clausus (NC), für andere Fächer können Sie sich nur einschreiben, wenn die bisherigen Berufsausbildung dazu passt – also zum Beispiel Kfz-Mechatroniker, die Ingenieurwissenschaften studieren wollen.
Welche Berufe kann man ohne Abi studieren?
Auch ohne Abitur können Sie in Deutschland verschiedene Studienfächer studieren, wobei die Wahl des Studiengangs eben meist an die berufliche Vorbildung oder Berufserfahrung gebunden ist.
Beliebte Studiengänge, die ohne Abitur studiert werden, sind:
- Medizin, Zahnmedizin – oft nach Meister- oder Technikerprüfung plus Berufserfahrung.
- Ingenieurwissenschaften – meist nach Mechatroniker oder Elektroniker-Ausbildung.
- Jura – über fachbezogene Ausbildung wie Rechtsanwaltsfachangestellte.
- BWL – häufig nach kaufmännischer Ausbildung und Berufserfahrung.
- Soziale Arbeit – nach sozialen Berufsausbildung wie Erzieher/in.
- Lehramt – jedoch begrenzte Studienplätze für bestimmte Schulformen.
Wichtig ist, dass bei vielen Studiengängen ohne Abitur oft eine fachliche Bindung zwischen Berufsausbildung und Studium erforderlich ist. Je nach Studienfach und Hochschule können auch Eignungsprüfungen oder spezielle Auswahlverfahren nötig sein.
In welchen Bundesländern kann man ohne Abitur studieren?
Das Studium ohne Abi ist bundesweit möglich, also in allen 16 Bundesländern. Die Kultusministerkonferenz hat hierfür zwar einheitliche Richtlinien geschaffen, dennoch variieren die konkreten Voraussetzungen und Verfahren von Bundesland zu Bundesland deutlich. Beispiele:
- Bayern erlaubt den Zugang mit fachlich passender Ausbildung und meist 3-jähriger Berufserfahrung. Es ist zudem ein Probestudium oder eine Eignungsprüfung üblich.
- Berlin hat einen pragmatischen Zugang mit fachlich passender Ausbildung und die Möglichkeit einer Eignungsprüfung, aber kein Probestudium.
- Rheinland-Pfalz bietet den direkten Zugang, bei dem teils nicht mal Berufserfahrung erforderlich ist.
- Bremen ist sehr offen und erlaubt neben Berufsausbildung und Berufserfahrung auch den Nachweis außerhochschulischer Kompetenzen.
- Das Saarland und Thüringen setzen dagegen auf kombinierte Wege mit Probestudium und Prüfungen.
- In Schleswig-Holstein wird wiederum häufig eine Eignungsprüfung verlangt, alternativ gibt es ein Probestudium.
Kurzum: Sie kommen nicht umhin, sich über die jeweils bestehenden Regelungen in Ihrem Bundesland zu informieren. Konkrete Informationen zum Studieren ohne Abitur geben die Hochschulen oft auf ihren Webseiten. Zusätzlich können Sie die Berufsberatung der Bundesagentur für Arbeit nutzen.
Die besten Tipps fürs Studium ohne Abitur
Studieren ohne Abitur lohnt sich und hat zahlreiche Vorteile – insbesondere beim späteren Gehalt (siehe: Bildungsrendite). Zum Abschluss deshalb noch wertvolle Tipps fürs erfolgreiche Studium ohne Abitur:
-
Frühzeitig informieren
Informieren Sie sich rechtzeitig über die Zulassungsvoraussetzungen und Studienangebote an Ihrer Wunschhochschule und in Ihrem Bundesland. Auch die Bewerbungsfristen sollten Sie im Blick haben!
-
Studiengang wählen
Idealerweise wählen Sie ein Studienfach, dass zu Ihrem bisherigen Werdegang und der Ausbildung passt. Dann liegen die Einstiegshürden tiefer und der fachgebundene Zugang ist erleichtert.
-
Berufserfahrung dokumentieren
Sammeln Sie unbedingt alle Nachweise über Berufsausbildung und Berufserfahrung! Diese sind entscheidend für die Zulassung. Auch Fortbildungen und Weiterbildungen zählen mit.
-
Vorbereitungskurse nutzen
Nehmen Sie Brückenkurse oder Onlinemodule zur Auffrischung von Grundlagenwissen (z.B. Mathe, wissenschaftliches Arbeiten) wahr! Sie erleichtern den Einstieg ins Studium enorm.
-
Zeitmanagement planen
Da die Mehrheit ohne Abitur berufsbegleitend studiert, ist ein effektives Zeitmanagement sowie ein cleverer Lernplan extrem nützlich. Auch flexible Studienmodelle (Fernstudium, Teilzeitstudium) sind hierfür geeignet.
-
Eignungsprüfungen ernst nehmen
Falls erforderlich, sollten Sie sich auf Zugangs- oder Eignungsprüfungen rechtzeitig vorbereiten. Manche Hochschulen bieten Probestudien oder ein Self Assessment an, das ebenfalls als Nachweis dient und Klarheit bringt.
-
Finanzierung klären
Informieren über eine mögliche Studienförderung – etwa durch Stipendien oder einen Bildungskredit. Auch manche Arbeitgeber bieten spezielle Förderprogramme zur Studienfinanzierung. Frühzeitige Planung verhindert finanzielle Engpässe.
Ohne den klassischen Weg über das Abitur erfordert das Studium oft mehr Eigeninitiative und -motivation, weil Zugang und Studienbedingungen anspruchsvoll sein können. Trotzdem empfehlen wir Ihnen, die Mühen auf sich zu nehmen. Allein, dass Studieren ohne Abitur möglich ist, zeigt dessen hohe Bedeutung.
Was andere dazu gelesen haben