Ausstiegsgespräch: Was ist das eigentlich?
Zunächst ist das Ausstiegsgespräch unabhängig davon, ob dem Mitarbeiter gekündigt wurde oder dieser selbst die Kündigung gewählt hat. Viel wichtiger sind die Kündigungsgründe für das Exit-Gespräch (wie es auch genannt wird):
- Gab es ein wiederholtes Fehlverhalten?
- Oder gab es Probleme mit dem Vorgesetzten?
- Waren Stress mit den Kollegen oder die Arbeitsbelastung ausschlaggebend?
- Fühlte sich der Mitarbeiter überfordert?
- Warum musste das Unternehmen diese Stellen abbauen?
- Waren es persönlich-familiäre Gründe?
- Waren es fehlende Entwicklungsperspektiven?
- Bot der Wettbewerb mehr Geld und gab es ein lukrativeres Angebot?
Eine Trennung kann unterschiedliche Gründe haben, aber reden hilft immer. Beiden Seiten! Das Ausstiegsgespräch bietet dem Unternehmen die Chance, zu erkennen, warum ein Mitarbeiter sich nicht mehr wohl fühlt und lieber zu einem neuen Arbeitgeber wechselt. Damit dient es der Personalentwicklung und Personalbindung für die verbleibenden Mitarbeiter, denn die Einsichten und Erklärungen des ausscheidenden Mitarbeiters können große Potenziale enthüllen. Und nicht zuletzt ist es ein wichtiger Baustein für eine positive Arbeitgebermarke.
Haben Sie eine Trennungskultur?
Umgekehrt kann die Kündigung für den Arbeitnehmer völlig überraschend sein. Entsprechend groß sind dann der Frust und die mögliche Wut. Nach einem Ausstiegsgespräch wird der Betroffene den Jobverlust zwar nicht unbedingt besser finden, aber vielleicht besser verstehen oder nachvollziehen können. Und er oder sie nimmt den Rausschmiss vielleicht auch weniger persönlich. All das trägt entscheidend dazu bei eine sinnvolle und nachhaltige Trennungskultur zu etablieren.
Die Praxis sieht leider oft anders aus: Viele Unternehmen bemühen sich gar nicht erst, herauszufinden, warum Mitarbeiter gehen. Der Austritt des Mitarbeiters wird stillschweigend hingenommen, und die Suche nach einem Ersatz beginnt. Dabei wird großes Potenzial verschenkt, das durch ein Gespräch genutzt werden könnte. Häufig gehen Arbeitnehmer und Arbeitgeber so im Streit auseinander. Beiden bleibt die Beziehung negativ in Erinnerung, was sich womöglich sogar irgendwann im Internet entlädt. Schade. Chance vertan.
Ausstiegsgespräch: Diese Vorteile hat es
Laut Umfragen nutzt in Deutschland nur jedes dritte Unternehmen ein Ausstiegsgespräch. Das überrascht. Denn richtig durchgeführt, hat das Gespräch zum Abschied so gut wie keine Nachteile. Weder für die Firma, noch für scheidende Mitarbeiter. Dafür hat es zahlreiche Vorteile für beide Seiten:
- Mitarbeiter fühlen sich nach der Kündigung respektiert und ernst genommen.
- Es entsteht das Gefühl, trotz Kündigung ist man dem Unternehmen wichtig.
Auch Arbeitgeber profitieren von dem Gespräch:
- Schwächen im Personalmanagement werden erkannt.
- Krisenherde – in der Abteilung oder bei Führungskräften – offenbaren sich.
- Verbleibende Mitarbeiter werden besser ans Unternehmen gebunden.
- Künftige Kündigungen können minimiert werden.
- Das Unternehmensimage wird verbessert.
Es gibt kein echtes Argument gegen ein Ausstiegsgespräch, aber viele dafür.
Worauf Sie beim Ausstiegsgespräch achten sollten
Leider reicht der gute Wille nicht aus, um einen wirklich positiven Effekt durch ein Ausstiegsgespräch zu erzielen. Wenn Sie sich dazu entscheiden, diese Art von Dialog Mitarbeitern anzubieten, kommt es darauf an, die passende Vorgehensweise zu finden. Um Sie vor Fehlern zu bewahren, die den Ruf Ihres Unternehmens beim austretenden Mitarbeiter schädigen könnten, haben wir drei Punkte identifiziert, auf die Sie beim Ausstiegsgespräch unbedingt achten sollten:
1. Nutzen Sie keinen Fragebogen
Ein Ausstiegsgespräch muss immer persönlich und individuell geführt und nicht mithilfe eines Fragebogens standardisiert werden. Der Fragebogen kann sogar den ursprünglichen Eindruck verstärken, dass der Mitarbeiter nur eine statistische Nummer war – und selbst jetzt will man noch immer nicht persönlich mit ihm sprechen… Na, danke!
2. Nehmen Sie sich alle nötige Zeit
Ein solches Gespräch findet nie zwischen zwei engen Terminen statt. Planen Sie genügend Zeit dafür ein. Schließlich erhoffen Sie sich ein ernsthaftes und ehrliches Feedback. Zeigen Sie daher schon bei der Terminsuche, dass Ihnen das Interview und der Gesprächspartner wichtig sind und Sie sich die Zeit dafür gerne nehmen.
3. Führen Sie ein Vier-Augen-Gespräch
Je mehr Leute auf der anderen Seite des Tisches sitzen, desto schwieriger wird es, offen zu sprechen und Kritik zu äußern. Bauen Sie keinen unnötigen Druck während des Ausstiegsgesprächs auf, indem viele Leute daran teilnehmen. Das wirkt schnell wie ein Verhör oder Tribunal. Ein Gespräch unter vier Augen wird meist als angenehmer empfunden und erhöht die Chance, die wahren Kündigungsgründe zu erfahren.
Ausstiegsgespräch: Abschied nehmen mit Stil
Selbstverständlich bleibt das Ausstiegsgespräch ein heikles Thema. Das Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber hat in den meisten Fällen im Vorfeld gelitten, und es besteht das Risiko, dass ein gut gemeintes Gespräch in einer Schlammschlacht endet.
Ziel des Dialogs ist es daher, zu verhindern, dass Schuldzuweisungen und Vorwürfe das Gespräch dominieren – und dabei das offene Ohr für die Motive und Erklärungen beider Seiten verloren geht. Deshalb finden Sie hier noch Tipps, wie Sie ein Ausstiegsgespräch professionell absolvieren:
Timing
Die Kündigung liegt seit ein paar Minuten auf dem Schreibtisch… Also nichts wie ran ans Ausstiegsgespräch? Fehler! Der richtige Zeitpunkt entscheidet oft über den erfolgreichen Ausgang des Ausstiegsgesprächs. Vereinbaren Sie den Termin erst kurz vor dem endgültigen Austritt. Auch das Arbeitszeugnis sollte dem Mitarbeiter dann schon vorliegen. So kann dieser frei sprechen, ohne Angst haben zu müssen, seine Äußerungen würden sich negativ auf die Bewertung auswirken.
Atmosphäre
Um über die Missstände zu sprechen, die zu seiner Kündigung geführt haben, sollte der Mitarbeiter sich wohl fühlen. Das Gespräch sollte daher am besten unter vier Augen und in angenehmer Atmosphäre stattfinden. Manchmal ist der direkte Vorgesetzte sogar die falsche Person, um das Gespräch zu führen, weil dieser selbst Teil des Problems war oder ist. Besser geeignet ist daher häufig ein neutraler Kollege aus der Personalabteilung oder eine externe Fachkraft, die regelmäßig Exit-Gespräche durchführt.
Beschuldigungen
Mitarbeiterkündigungen sind allenfalls in Ausnahmen eine Kurzschlussreaktion. Die Regel ist, sich die Ex-Kollegen in spe vorher lange und viele Gedanken gemacht haben und ihnen der Schritt nicht leicht gefallen ist. Entsprechend viele Emotionen fließen in die Entscheidung mit ein. Das Ausstiegsgespräch ist dafür aber der falsche Ort. Stattdessen sollte das Gespräch – von beiden Seiten – sachlich geführt werden. Kritik darf und sollte geäußert werden, pauschale Vorwürfe aber sind tabu.
Auswertung
Ein Ausstiegsgespräch anzubieten, ist der erste Schritt. Aber auch nur die halbe Miete. Nach dem Gespräch sollten Sie die gewonnenen Erkenntnisse unbedingt Revue passieren lassen und auswerten – und nutzen. Auch das gilt übrigens für beide Seiten: Als Mitarbeiter lässt sich lernen, wie die eigenen Leistungen auf andere gewirkt haben und wo man besser noch an sich arbeiten sollte, um nicht auch den nächsten Job wieder zu verlieren. Umgekehrt erfahren Firmen, welche Kündigungsgründe sich künftig vermeiden lassen. Nur durch diese Analyse erfüllt das Ausstiegsgespräch seinen vollen Zweck.
Übrigens: Einen Zwang zum Exit-Gespräch gibt es nicht. Der scheidende Mitarbeiter ist nicht verpflichtet, zu dem Gespräch zu erscheinen. Der Abschiedsdialog bleibt stets freiwillig. Die Erfahrung zeigt, wenn ein Ausstiegsgespräch angeboten wird, wird es auch genutzt. Nicht nur, um sich zu erklären oder dem Frust wenigstens ein bisschen Luft zu machen, sondern auch, um noch etwas Gutes für die bleibenden Kollegen zu tun. Und wer weiß, vielleicht erfährt mancher dabei auch, was wirklich gut war…
Ausstiegsgespräch: 5 Beispielfragen
Stehen Sie als Mitarbeiter nach einer Kündigung vor einem Exit-Gespräch? Oder wollen Sie Ausstiegsgespräche in Ihrem Unternehmen etablieren? Wir haben fünf Beispielfragen gesammelt, die in diesen Gesprächen gestellt werden sollten:
- Welche Veränderungen hätten Sie veranlasst, zu bleiben?
- Haben Sie Ihre Bezahlung als angemessen empfunden?
- Welche Verbesserungen erhoffen Sie sich bei dem neuen Arbeitgeber?
- Wurde Ihre Meinung in unserem Unternehmen erfragt und ernst genommen?
- Was hat Ihnen bei uns besonders gut (und besonders schlecht) gefallen?
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