Arbeitslose Akademiker: Mit Weiterbildung ans Ziel

Arbeitslose Akademiker sind – statistisch – seit Jahren die kleinste Gruppe unter den Arbeitslosen. Wer Jahre in eine hochqualifizierte Ausbildung investiert, hat immer noch beste Chancen auf einen gut bezahlten Arbeitsplatz. Trotzdem verläuft der Berufseinstieg nicht immer glatt. Daran ändern auch Bestnoten nichts. So bleibt manchen Akademikern nach vielen gescheiterten Bewerbungen nur der Gang zum Jobcenter. Was Sie dagegen tun können…

Arbeitslose Akademiker Statistik Nach Studienrichtung Depression

Arbeitslose Akademiker nach Studienrichtung

Auf den ersten Blick scheint ein Studienabschluss vor Arbeitslosigkeit zu schützen. Seit Jahrzehnten sind die Arbeitslosenzahlen in dieser Bevölkerungsgruppe niedrig; selbst in Krisenzeiten sind es nie mehr als vier Prozent gewesen. Aber der Teufel liegt im Detail. Viele arbeitslose Akademiker kommen aus geistes- und sozialwissenschaftlichen Studiengängen. Ebenfalls nicht wenige gibt es in beruflichen Feldern der Biologie, Werbung, Marketing, Redaktion und Journalismus.

Anders Absolventen der Ingenieurwissenschaften. Laut einer Studie des Instituts für Hochschulforschung (HIS) kommen aufgrund des Bedarfes in der Industrie 90 Prozent unter. Es sind die sogenannten MINT-Fächer, die vergleichsweise wenig arbeitslose Akademiker haben. Also solche aus den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. Allerdings: Auch Geographen, Forst-, Geo- und Agrarwissenschaftler kämpfen mit Arbeitslosigkeit. Selbst wenn es sich teilweise nur um eine Episode handelt, so ist der Weg zur Festanstellung in Vollzeit oft ein steiniger.

Arbeitslose Akademiker: Statistik trotz Corona positiv

Deutschlandweit sind gemäß der Bundesagentur für Arbeit derzeit 238.000 Akademiker arbeitslos gemeldet. Das sind 51.000 mehr arbeitslose Akademiker im Vergleich zum Vorjahr. Damit gab es einen Anstieg um 27 Prozent, der klar pandemiebedingt ist.

Immerhin: Zwar hat sich die Arbeitslosenquote unter Akademikern von 2,1 auf 2,6 Prozent erhöht. Jedoch ist sie immer noch niedriger als die Quote von Arbeitnehmern mit beruflicher Ausbildung (3,6) und liegt weit unter derjenigen von Arbeitnehmern ohne Berufsabschluss (20,9).

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Raus aus der Arbeitslosigkeit: Jobchancen durch Weiterbildung

Auch wenn man gerade erst das Lernen für beendet erklärt hat: Der Erwerb von Zusatzqualifikationen bei privaten Bildungsanbietern kann ein Anfang von etwas Neuem sein. Die haben oft bis zu 12-monatige Weiterbildungsangebote zu IT, Medien, Technik oder kaufmännischen Berufen im Programm. Die Kurse sind in der Regel modular aufgebaut und können auch fächerübergreifend belegt werden. Oft wurden sie in enger Zusammenarbeit mit Unternehmen und den eventuell späteren Arbeitgebern der Studierenden entwickelt. Und diese Kontakte lassen sich natürlich nutzen. Achten Sie bei der Auswahl also auch darauf!

Diese Weiterbildungsangebote wenden sich nicht nur an arbeitslose Akademiker. Auch für Arbeitnehmer, die nach Einsparungen, betriebsbedingten Kündigungen oder beim Wiedereinstieg nach Elternzeit nicht sofort einen Arbeitsplatz finden, ist der Erwerb neuer Fachqualifikationen ein wichtiger Schritt. Eine Möglichkeit, solche Kurse zu finanzieren, ist der Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein (AVGS). Dabei handelt es sich um ein Förderinstrument der Agentur für Arbeit beziehungsweise des Jobcenters. Der AVGS kann Coachings oder Qualifizierungsmaßnahmen beinhalten, die der Wiedereingliederung von Arbeitslosen dienen (§ 45 SGB III).

Ende der Arbeitslosigkeit nur mit Eigeninitiative

Egal, für welchen Weg Sie sich letztlich entscheiden: Ohne Eigeninitiative gelingt es nicht. Die Berater der Arbeitsagentur oder des Jobcenters kennen praktisch nie alle auf dem Markt befindlichen Optionen. Daher hier ein paar Tipps:

  • Informationen einholen

    Informieren Sie sich bei Industrie- und Handelskammern. Diese verfügen ebenfalls über ein umfassendes Weiterbildungsangebot, das entsprechend zertifiziert ist. Daneben haben Sie die Möglichkeit, sich ausführlich über die verschiedenen Fördermöglichkeiten zu informieren.

  • Jobbörsen nutzen

    Viele große Zeitschriften wie Die Zeit oder die Süddeutsche Zeitung haben bereits einen eigenen Stellenmarkt, oftmals können Interessierte einen Newsletter abonnieren. Außerdem gibt es zahlreiche berufs- und branchenspezifische Jobbörsen, die sich auf bestimmte Bereiche konzentrieren.

  • Zuversicht bewahren

    Angesichts zahlreicher Absagen die Zuversicht zu bewahren, ist hart. Aber Grundvoraussetzung dafür, dass Sie sich nicht hängen lassen und aktiv bleiben. Welche Alternativen bleiben arbeitslosen Akademikern noch nach beziehungsweise neben dem Bewerbungsmarathon?

  • Netzwerk erweitern

    Nutzen Sie verschiedene Gelegenheiten, Ihr Netzwerk zu erweitern – über Hobbys und Vereine in der Freizeit, das Ehrenamt oder den Besuch von fachspezifischen Messen und Konferenzen. Für arbeitslose Akademiker bieten sich auch Arbeitskreise oder Alumni-Programme an Hochschulen an.

  • Anforderungen überdenken

    Vor allem bei längerer Arbeitslosigkeit sollten Sie Ihre Anforderungen überdenken: Auch kleinere und mittlere Unternehmen bieten interessante Jobs. Auch ist dort ein Aufstieg oft wahrscheinlicher als im Großkonzern, wo Sie vielleicht nur eine Nummer sind. Überlegen Sie, ob Sie bei Ihren Gehaltswünschen oder dem Wohnort Kompromisse eingehen können: In manchen Regionen sind einige Jobs überrepräsentiert, in anderen wiederum händeringend gesucht.

  • Berufserfahrung sammeln

    Die Aushilfs- und Nebenjobs in der Zwischenzeit sollten etwas mit dem späteren Beruf zu haben oder zumindest Qualifikationen trainieren, die gefragt sind. Dazu zählt insbesondere Wissen rund um die Fachbereiche Informatik, Marketing, Betriebswirtschaftslehre oder Projektmanagement. Diese Kenntnisse sind in der Industrie aktuell besonders gesucht und helfen, Lücken im Lebenslauf zu vermeiden. Gleichzeitig bringen gerade arbeitslose Akademiker aus den Geistes- und Sozialwissenschaften solche Kenntnisse nicht mit. Dieser Tipp gilt aber nicht endlos, genauso wenig wie Sie noch fünf weitere Praktika auf das letzte setzen sollten.

  • Weiterbildungsangebote nutzen

    Für Hochschulabsolventen gilt das Gleiche wie für andere Berufsgruppen: Konzentrieren Sie sich nicht nur auf einen Bereich, ziehen Sie sämtliche Quellen für einen Arbeitsplatz in Erwägung. Die Arbeitsagentur bietet beispielsweise mit Kursnet (arbeitsagentur.de/kursnet) ein Portal für die berufliche Aus- und Weiterbildung, bei dem Sie sich über die deutschlandweiten Angebote informieren können.

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Arbeitslose Akademiker häufiger von Depression betroffen

Arbeitslosigkeit ist eine bittere Erfahrung, die viele Menschen in die Krise stürzt: Elementare Existenzängste begleiten die Betroffenen und können zu Schlafstörungen, Panikattacken bis hin zu Depressionen führen. Arbeitslose Akademiker haben doppelt damit zu kämpfen: Die weitverbreitete Ansicht ist, dass das Studium quasi einen Garant für einen Job darstellt. Mit anderen Worten: Wer dennoch arbeitslos ist, muss „irgendwie selbst schuld“ sein.

Selbstzweifel machen sich breit, viele fragen sich, ob sie vielleicht das Falsche studiert haben. Das psychische Befinden ist bei arbeitslosen Akademikern deutlich schlechter als bei anderen Berufsgruppen. Das wundert nicht, denn Arbeit bedeutet so viel mehr als nur Geld zu verdienen:

  • Aktivität
    Die Person muss aktiv handeln, geht zur Arbeit, hat Aufgaben zu erledigen und bekommt dadurch Bestätigung.
  • Tagesablauf
    Arbeit strukturiert den Tag; sie gibt vor, welche sonstigen Tätigkeiten wie geplant werden müssen.
  • Selbstverwirklichung
    Beschäftigte entwickeln und erreichen Ziele.
  • Status
    Wer arbeitet, steigt im gesellschaftlichen Ansehen. Umgekehrt bedeutet Arbeitslosigkeit oftmals eine Stigma.
  • Kontakt
    Durch die Arbeit lernen Menschen neue soziale Kontakte neben Familie und Freunden kennen.

All das fällt weg. Nicht zu unterschätzen: der Status. So hat der Bremer Sozialwissenschaftler Benedikt Rogge in seiner Dissertation „Wie Arbeitslosigkeit unter die Haut geht“ das Selbstbild und die psychische Gesundheit von Arbeitslosen untersucht. Wer in prekären Beschäftigungsverhältnissen arbeitet und häufig von Arbeitslosigkeit bedroht ist, verkraftet demnach Arbeitslosigkeit psychisch besser als jemand, der einen sozialen Abstieg befürchtet.

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Arbeitslos nach dem Studium: Hartz 4 für Akademiker

Ein großes Problem für arbeitslose Akademiker: Da sie aufgrund ihres Studiums nicht in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben, besteht kein Anspruch auf Arbeitslosengeld (ALG I). Wer unmittelbar nach der Uni arbeitslos ist, rutscht somit direkt in den ALG-II-Bezug (auch als Hartz 4 bekannt). Damit ist das Jobcenter verantwortlich, das strenge Auflagen an die Arbeitslosen stellt. Vorrangiges Ziel der Behörde ist, Sie in Arbeit zu vermitteln. Dabei wird je nach Jobcoach wenig Rücksicht auf persönliche Neigungen oder Qualifikation genommen. Bedeutet: Auch geringqualifizierte (und entsprechend vergütete) Tätigkeiten kommen infrage.

Grundsätzlich besteht die Option, über verschiedene Programme oder Angebote wie beispielsweise den Bildungsgutschein Weiterbildungen finanziert zu bekommen. Allerdings existiert kein Anspruch darauf, es liegt somit im Ermessen des Beraters. Für arbeitslose Akademiker ist es daher besonders wichtig, dass sie beim Jobcenter einen Berater finden, der sich mit Hochschulabschlüssen, den Angeboten und den Weiterbildungsmöglichkeiten danach auskennt.

Jobs für Akademiker

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Arbeitslose Akademiker über 50: Beratung durch Arbeitsagentur

Anders sieht es aus, wenn Sie nach dem Studium erst einige Jahre berufstätig gewesen sind. In diesem Fall werden Sie Versicherungsleistungen der Arbeitsagentur in Form von ALG I beziehen. Das Team „Akademische Berufe“ ist in diesem Fall für Sie zuständig. Dort erhalten Sie folgende Leistungen:

  • Informationen zum aktuellen lokalen beziehungsweise regionalen Arbeitsmarkt
  • Beratung zu Berufseinstiegs- und Umstiegsmöglichkeiten
  • Hinweise zu Bewerbungsstandards sowie Tipps zu Bewerbungsstrategien
  • Informationen zur beruflichen Weiterbildung
  • Beratung rund um die Existenzgründung
  • Hilfe in Form von weiteren vermittlungsunterstützenden Förderleistungen

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