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Studieren mit ADHS: Erfolgreich trotz ADHS mit diesen 9 Tipps

Ist Studieren mit ADHS möglich? Das Leben mit dem Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Syndrom ist nicht einfach: immer unter Strom, immer „on“, immer getrieben. Die Gedanken fahren Karussell im Kopf und bewegen sich auf 30 Ebenen gleichzeitig. Die Konzentration auf das Wesentliche, das Filtern von Reizen und Emotionen fällt den Betroffenen deutlich schwerer als anderen. Kann man unter diesen Voraussetzungen dann überhaupt studieren? Wir sagen: ja. Studieren mit ADHS – das geht unter bestimmten Voraussetzungen…



Studieren mit ADHS: Erfolgreich trotz ADHS mit diesen 9 Tipps

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Voraussetzungen für ein Studium mit ADHS

Jeder angehende Studierende braucht eine Hochschulzugangsberechtigung. Die wird klassischerweise über das Abitur erworben. Hier scheitern allerdings Betroffene zum Teil bereits. Obwohl sie nicht weniger intelligent als andere sind, bleiben sie oft hinter ihren Möglichkeiten zurück. Aber ein Studium ohne Abitur ist ebenfalls unter bestimmten Bedingungen möglich.

Vermutlich gibt es gar nicht so wenige Personen, die mit ADHS studieren. Allerdings war bis vor wenigen Jahren diese Diagnose in Deutschland bei Erwachsenen gar nicht akzeptiert. Man ging davon aus: ADHS kommt bei Kindern vor und „verwächst“ sich irgendwann. Erst so langsam gewinnt diese Diagnose auch bei Erwachsenen in Deutschland an Akzeptanz. Insgesamt geht die Fachwelt von 1,3 bis 4,7 Prozent aller Erwachsenen aus, die von ADHS betroffen seien. Genaue Angaben über die Zahl derer, die ein Studium trotz ADHS versuchen, gibt es aber noch nicht. In den USA schätzt man, dass 2 bis 8 Prozent aller Erstsemester eine ADHS-Diagnose haben.

Symptome von ADHS

Kinder und Jugendliche sind häufiger als Erwachsene betroffen. Und viermal häufiger wird die Diagnose bei Jungen im Gegensatz zu Mädchen gestellt. Dabei ist unklar, ob Jungen tatsächlich häufiger ADHS haben oder es bei Mädchen schlichtweg übersehen wird, da sie anders sozialisiert sind. Denn bei Jungen tritt die Erkrankung erkennbar durch aggressives und hyperaktives Verhalten nach außen, während Mädchen es eher verstecken.

Bei etwa zwei Dritteln aller Betroffenen verwächst sich ADHS tatsächlich, bei einem Drittel dauert es bis ins Erwachsenenalter fort. Manche Studien gehen sogar von mehr als Dreiviertel aller Betroffenen aus, die als Erwachsene noch mit ADHS-spezifischen Problemen zu kämpfen haben. ADHS bedeutet, dass einige Verhaltensweisen aus dem Gleichgewicht gebracht sind. Das führt zu einer Reihe von Störungen wie beispielsweise:

ADHS hat häufig genetische Ursachen, allerdings haben viele Betroffene durch Ihre Umgebung negative Erfahrungen gemacht, die die Ausprägung begünstigt haben. Zu Druck und Stress gesellen sich noch Drogen- und Alkoholkonsum und teilweise Medikamente. Das alles kann weitere Begleiterscheinungen hervorrufen, die alles andere als förderlich sind und Studieren mit ADHS erschweren:


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7 Lerntipps fürs Studieren mit ADHS

1. Geeignetes Fach wählen

Die wichtigste Voraussetzung für ein Studium mit ADHS ist daher, dass Sie für Ihr Studienfach regelrecht brennen. Dabei gibt es kein bestimmtes Fach oder besonders geeignete Berufe für ADHS, denn es hängt mit Ihrem persönlichen Interesse zusammen. Alles, was nach langweiliger Routine für Sie aussieht, ist potenziell geeignet, Sie scheitern zu lassen. Das Studium abzubrechen ist zwar keine Schande. Aber Sie ersparen sich Zeitverschwendung und Frustration, wenn Sie sich vorab mit Ihren besonderen Anforderungen auseinandersetzen. Neben dem passenden Studienplatz müssen Sie die richtigen Rahmenbedingungen schaffen.

2. Extrinsische Motivation nutzen

Jedes Studienfach enthält Anteile, die wenig prickelnd sind. Studierende mit ADHS tun sich in solchen Fällen besonders schwer mit der Selbstmotivation. Es besteht die Gefahr, dass wichtige Lernphasen aufgeschoben werden oder der Inhalt einfach nicht in den Kopf will. Um etwaiges Prokrastinieren zu verhindern, sollten Betroffene bei solchen Inhalten sich mit anderen Studierenden zusammentun und Lerngruppen bilden. Das hat nicht nur den Vorteil, dass man sich gegenseitig motiviert, sondern die für ADHS-ler wichtigen sozialen Kontakte aufbaut oder festigt.

3. Reizarme Umgebung suchen

In einem Studentenwohnheim oder einer Wohngemeinschaft wird sich ein Betroffener kaum konzentrieren können. Hier ist das Ablenkungspotenzial einfach zu groß. Besser taugt ein ruhiges Zimmer in ländlicher Gegend. Genau aus diesem Grund sollten sich ADHS-ler in Vorlesungen auch nach Möglichkeit einen Platz in den vorderen Reihen suchen. Wer dennoch befürchtet, durch die Anwesenheit anderer zu stark abgelenkt zu werden, sollte sich überlegen, die Vorlesung mitzuschneiden.

4. Ausdauernde Sportarten betreiben

Prinzipiell sind alle Sportarten geeignet, die Spaß machen. Individualsportarten wie Jogging oder Radfahren haben den großen Vorteil, dass Sie durch Ihre Impulsivität nicht gegen Teamregeln verstoßen können. Teamsportarten sind häufig durch einen schnellen Wechsel gekennzeichnet. Das kommt der Neigung nach ständigen Abwechslungen entgegen. Auf der anderen Seite sind Individualsportarten dazu geeignet, längere Zeit den Fokus auf ein und dieselbe Sache zu richten.

5. Bewusste Lernzeiten wählen

Finden Sie heraus, wann Sie zuhause am aufnahmefähigsten sind. Dementsprechend sollten Sie Ihre Lernphasen einplanen. Möglicherweise ist der frühe Abend eine bessere Lernzeit als der späte Nachmittag: Das milde Dämmerlicht des ausklingenden Tages wirkt beruhigend und draußen ebbt langsam der Alltagsstress ab. Auch geräuschdämpfende Ohrstöpsel und heruntergezogene Jalousien können unterstützen, weil Sie somit alles potenziell Ablenkende ausblenden. Ganz wichtig in diesem Zusammenhang: Handy aus, Fernseher aus, E-Mail-Programm am Laptop aus, so lange Sie auf diesem Ihre Hausarbeit schreiben. Nicht-ADHS-Betroffene können kleine akustische Störungen wegstecken. Für Betroffene birgt jedes noch so kleine „Bing“ am Handy die Gefahr, nicht mehr in das Thema zurückzufinden.

6. Geplante Auszeiten nehmen

Selbst das reizärmste Umfeld wird spontane Impulse und Gedanken nicht unterdrücken können. Das wäre auch der falsche Ansatz. Betroffene sollten ihren Gedanken Raum und Tagträume zulassen, sonst kreisen sie im Kopf weiter. Dann geht gar nichts mehr. Unser Tipp: Die Ideen in einem Impulsbuch niederschreiben. Der Effekt: Der Studierende hat sich ihnen gewidmet und sie dokumentiert. Das verschafft Sicherheit. Er kann sie erstmal ablegen, aber jederzeit wieder zu ihnen zurückkehren.

7. Feste Rituale einbauen

Klare Regeln und Pläne sind wichtig, da ADHS-Patienten mit Unvorhersehbarkeiten nur schlecht umgehen können. Daher sind Rituale wichtig. Sie bringen Struktur und Entlastung in den Alltag. Feste Essenszeiten, Lernpläne, ein klar geregelter Tagesablauf können hier viel bewirken. Auch Regeln, die mantraartig wiederholt werden, helfen dabei, sich wieder zu fokussieren, eins nach dem anderen. Betroffene sollten sich bewusst machen: Monotasking führt zum Ziel.

2 Extra-Tipps: Stipendien + Nachteilsausgleich beantragen

Um ein Studium mit ADHS zu bewältigen, greifen manche zu Medikamenten gegen die Konzentrationsschwäche. Diese bringen aber oft Nebenwirkungen mit sich. Besser ist es, sich von vornherein nicht zu sehr unter Druck zu setzen und mehr Zeit für das Studium einzuplanen. Das ist aber nicht zuletzt eine Frage der Studienfinanzierung. Studierende mit ADHS haben genauso viel (oder wenig) Anspruch auf Bafög. Extra ein Stipendium bei ADHS gibt es nicht. Aber es gibt welche für benachteiligte Studierende. Auskunft dazu erteilt das Studentenwerk. Außerdem empfiehlt sich die Recherche über die Stipendiendatenbank stipendienlotse.de/.

Das Versorgungsamt kann ADHS als Behinderung anerkennen. In solchen Fällen oder bei anerkannter Teilleistungsstörung haben Betroffene Anspruch auf Nachteilsausgleich an Universitäten. Studierende erhalten beispielsweise Zeitverlängerungen für die Bearbeitung von Hausarbeiten oder Schreibzeitverlängerungen bei Klausuren. Auch bekommen sie die Möglichkeit, Klausuren in einem gesonderten Raum zu schreiben oder eine Prüfung durch Pausen zu unterbrechen. Erkundigen Sie sich frühzeitig über die genauen Modalitäten beim Prüfer oder Prüfungsamt.

Das ermöglicht Ihnen, rechtzeitig einen Antrag auf Nachteilsausgleich zu stellen, heißt: vor der Anmeldung zur Prüfung. Hierfür wird ein Nachweis beispielsweise in Form eines ärztlichen Attests notwendig sein. Wer seine Chancen und Möglichkeiten nutzt, kann sicher sein: Dann klappt’s auch mit dem Abschluss. Weitere Informationen für Studierende mit Beeinträchtigung erhalten Sie hier und bei den Studentenwerken vor Ort und unter studentenwerke.de/de/content/nachteilsausgleiche-im-studium-und-prüfungen.


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Erfolgreich trotz ADHS: Berühmte Persönlichkeiten

Trotz aller Schwierigkeiten: Studieren mit ADHS ist möglich. Selbst Medizin studieren mit ADHS geht. Bestes Beispiel: der Kabarettist und Arzt Dr. Eckart von Hirschhausen. Hirschhausen absolvierte mit der Erkrankung nicht nur ein Medizin-Studium, sondern startete auch eine erfolgreiche Karriere als Komiker und Moderator. Seiner Meinung nach hat die Erkrankung ihre positiven Seiten. In einem offiziellen Bekennerschreiben konstatiert er:

Ich lebe sehr gut damit. Ich lebe sogar davon. Denn ohne meine sprunghafte Aufmerksamkeit wäre ich nie Komiker geworden. (…) Komik springt um die Ecke. Und um auf so etwas zu kommen, braucht man eine gelockerte Assoziationsfähigkeit.

Auch Microsoft-Gründer Bill Gates erfüllt nach eigenen Aussagen alle Kriterien von ADHS. Nach aktuellen Erkenntnissen ist das auf eine neurobiologische Entwicklungsverzögerung zurückzuführen. Das hielt ihn aber nicht davon ab, sich 1973 an der renommierten Harvard University einzuschreiben. Parallel widmete er sich dem Aufbau seiner Firma Microsoft. Der Rest ist Geschichte: Unter Gates‘ Führung entwickelte sich das Unternehmen zu einem der mächtigsten IT-Imperien der Welt. Die Beispiele zeigen: In einem Leben mit ADHS ist nichts ausgeschlossen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass ADHS-Betroffene ihre persönlichen Vorlieben und Neigungen kennen und diesen Rechnung tragen. Ansonsten wird Studieren mit ADHS zum Desaster.

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Typische Probleme beim Studieren mit ADHS

Im Rahmen ihres Studiums sind ADHS-Betroffene Stressoren ausgesetzt, die auf sie stärker und behindernder wirken, als auf andere Menschen: Dazu gehören unregelmäßige Vorlesungszeiten, enge Prüfungsintervalle, überfüllte Hörsäle und intensive Lerneinheiten. Allesamt Herausforderungen für ADHS-Patienten. Sie haben häufig Probleme, sich in Gruppensituationen einzufügen und können mitunter den Gedanken anderer nur schwer folgen. Hinzu kommt, dass der Lernstoff in großen Teilen selbstständig zu erarbeiten ist. Das verlangt hohe intrinsische Motivation , Strukturiertheit und Eigenorganisation – was ADHS-Betroffenen schwerfällt.

Zum Beispiel verzetteln sie sich oft, wenn sie mehrere Aufgaben zeitgleich bearbeiten sollen, weil sie zwischen den einzelnen Stoffen hin und herspringen. Am Ende haben sie alles angefangen, aber nichts wirklich zum Abschluss gebracht. Und weil sie sich durch ihre „Hibbeligkeit“ mitunter körperlich verausgaben, sind sie phasenweise erschöpft und müde. Das führt dazu, dass sie sich nicht konzentrieren können und Arbeiten aufschieben oder nur langsam bearbeiten. Diese Verhaltensweisen sind außerdem typisch bei ADHS:

  • Häufige Unterbrechungen durch spontane Aufnahme anderer Aktivitäten
  • Vergessen von Terminen und Erledigungen
  • Vermeiden von Aufgaben, die dauerhafte und erhöhte Aufmerksamkeit erfordern
  • Nicht-Einhaltung von Fristen
  • Vermeidung uninteressanter Aktivitäten
  • Niedrige Frustrationstoleranz, daher schnelle Resignation und häufige Gedanken an Studienabbruch

Positive Eigenschaften bei ADHS

Zugegeben, all das scheint gegen die Aufnahme eines Studiums zu sprechen. Doch erstens sind die Symptome nicht bei jedem gleich intensiv ausgeprägt, es gibt viele verschiedene Abstufungen. Zweitens bringt die Erkrankung nicht nur Negatives mit sich. Als positive Eigenschaften von Menschen mit ADHS werden immer wieder folgende in die Waagschale geworfen:

Zwar sind Impulsivität und Hyperaktivität ambivalent, da sie Teil der ADHS-Symptomatik sind, aber es kommt eben auf die Ausprägung an. Impulsive Menschen können kurzweilige Gesprächspartner sein und bringen frischen Wind in Unterhaltungen und Freizeitaktivitäten, wo andere noch öde Bedenkenträger sind. Hyperaktivität kommt ADHS-lern bei sportlichen Aktivitäten zugute, denn häufig haben sie einen großen Bewegungsdrang – das zahlt aufs Gesundheitskonto.

Bezogen auf Eigenschaften wie Begeisterungsfähigkeit heißt das im Umkehrschluss: Wer seine Leidenschaft für ein Fachgebiet entdeckt, das ihm liegt, wird sich voll darauf stürzen und einlassen können. Und die Chance ist groß, dass gerade aufgrund der Sprunghaftigkeit der Gedanken Ideen entstehen, die in der Form noch niemand hatte. So ähnlich, wie es auch Eckhart von Hirschhausen in seinem Brief beschreibt. Um auch nochmal auf das Beispiel von Bill Gates zurückzukommen: Es verdeutlicht, wie weit es ADHS-Betroffene bringen können, wenn sie den Kern ihrer Leidenschaft entdecken. Gates erkannte früh, welche Inhalte ihn am meisten bewegen und konnte sich sehr gut auf sie einlassen. Heute gilt er als einer der reichsten Männer der Welt.

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