Definition: Was ist eine Privatinsolvenz?
Die Privatinsolvenz ist ein gerichtliches Verfahren zur Schuldenbefreiung für Privatpersonen. Ein Teil Ihres Einkommens (pfändbarer Betrag) wird an Gläubiger abgeführt. Nach einer Dauer von 3 Jahren werden alle restlichen Schulden erlassen (Restschuldbefreiung).
Es ist ein vereinfachtes Insolvenzverfahren für zahlungsunfähige Privatpersonen. Sie ist gesetzlich im Insolvenzrecht geregelt und richtet sich speziell an Verbraucher, die keine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit ausüben.
Privatinsolvenz Dauer
Die Dauer der Privatinsolvenz beträgt in Deutschland 3 Jahre. Durchlaufen Sie das Verfahren erfolgreich, sind Sie im Anschluss schuldenfrei. Früher mussten Betroffene einer Privatinsolvenz 6 Jahre bis zum Schuldenschnitt warten. Die EU hat aber eine kürzere Dauer empfohlen, um Schuldner schneller zu entlasten.
Privatinsolvenz beantragen: 3 Schritte
Haben Sie nicht mehr genügend Geld, um Ihre Schulden zu begleichen, können Sie Privatinsolvenz beantragen. Der Weg dorthin erfordert mehrere Schritte:
- Versuch der Einigung mit Gläubigern
- Schuldenbereinigungsplan mit Anwalt oder Beratung
- Einigung = Umsetzung, keine Einigung = Bescheinigung
- Übersicht aller Gläubiger
- Aufstellung sämtlicher Schulden
- Angaben zu Einkommen und Vermögen
- Nachweis zum gescheiterten Einigungsversuch
- Startpunkt der offiziellen Privatinsolvenz
- Aufteilung in pfändbares und unpfändbares Einkommen sowie Vermögen
- Beginn der Dauer von 3 Jahren
1. Außergerichtlicher Einigungsversuch
Im ersten Schritt müssen Sie eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern anstreben. Mit einem Anwalt für Insolvenzrecht oder einer Schuldnerberatung wird ein Schuldenbereinigungsplan erstellt. Stimmen alle zu, wird er umgesetzt – gibt es keine Einigung, wird eine Bescheinigung über das Scheitern ausgestellt.
2. Antrag beim Insolvenzgericht
Mit der Bescheinigung über das Scheitern der außergerichtlichen Einigung beantragen Sie die Privatinsolvenz beim zuständigen Amtsgericht. Der Antrag ist umfangreich und umfasst unter anderem:
3. Eröffnung des Verfahrens
Das Gericht prüft alle Unterlagen und eröffnet im Anschluss das Verfahren. Ab diesem Zeitpunkt sind Sie als Schuldner offiziell in der Privatinsolvenz.
Voraussetzungen: Wer kann eine Privatinsolvenz beantragen?
Die Privatinsolvenz ist nur für überschuldete Privatpersonen ohne selbstständige Tätigkeit möglich. Gehen Sie einer Selbstständigkeit nach und fallen in die Zahlungsunfähigkeit, müssen Sie eine Regelinsolvenz anmelden.
Ausnahme: Bei ehemaligen Unternehmern mit höchstens 19 Gläubigern ist eine Privatinsolvenz möglich, wenn keine offenen Forderungen aus Arbeitsverhältnissen (Gehaltszahlungen ehemaliger Mitarbeiter) bestehen.
Siehe auch: Arbeitgeber insolvent: Was tun?
Privatinsolvenz: Ablauf des Verfahrens
Der Ablauf einer Privatinsolvenz ist klar geregelt und besteht aus einem mehrstufigen Prozess. Hier die einzelnen Phasen im Überblick:
- Offenlegung aller Einnahmen und Vermögensgegenstände
- Vermögen wird gesichert und verwaltet
- Aufteilung in pfändbares und nicht pfändbares Einkommen
- Kontakt zu allen Gläubigern
- Gläubiger melden ihre Forderungen an
- Pfändbares Einkommen geht direkt an den Treuhänder
- Restlicher Teil bleibt beim Schuldner (Pfändungsfreigrenze)
- Keine neuen, unangemessenen Schulden
- Pflicht zur Erwerbstätigkeit (oder aktives Bemühen)
- Abgabepflicht: Erbschaft zu 50 Prozent pfändbar, Lottogewinne zu 100 Prozent
- Keine eigenen Zahlungen an Gläubiger, nur über den Treuhänder
- Erlassung aller restlicher Schulden nach 3 Jahren
- Unabhängig von der Höhe geleisteter Rückzahlungen (Mindestquote)
- Unabhängig von noch nicht beglichenen Forderungen
- Wegfall der Vorgaben aus der Wohlverhaltensphase
- Finanzieller Neuanfang durch Schuldenfreiheit
1. Eröffnung des Insolvenzverfahrens
Nachdem das Gericht das Verfahren zur Privatinsolvenz eröffnet, übernimmt ein Insolvenzverwalter die Kontrolle. Dieser wird bestimmt oder Sie schlagen selbst einen vor – zum Beispiel einen Anwalt oder Schuldnerberater.
2. Insolvenzverfahren
Der Insolvenzverwalter kümmert sich ab jetzt um alle finanziellen Angelegenheiten rund um Ihre Schulden, das Einkommen und die Tilgung. Er sorgt für einen Überblick über das pfändbare Vermögen und Einkommen.
3. Wohlverhaltensphase
Mit Eröffnung der Privatinsolvenz beginnt die Wohlverhaltensphase. Für die Dauer von 3 Jahren (Abtretungsfrist) wird der pfändbare Teil Ihres Einkommens direkt an den Treuhänder (der vorherige Insolvenzverwalter) abgeführt. In der Wohlverhaltensphase gelten strenge Regeln, mit denen Sie Ihre finanzielle Gewissenhaftigkeit beweisen müssen.
4. Restschuldbefreiung
Nach 3 Jahren werden Sie als Schuldner von allen restlichen Schulden befreit. Für die Restschulderlassung gibt es keine Mindestquote an Rückzahlungen. Es spielt keine Rolle, wie viel Sie bisher zurückzahlen konnten und ob die Forderungen aller Gläubiger befriedigt werden konnten.
Laden Sie sich hier noch die kostenlose Checkliste herunter: Pflichten bei Privatinsolvenz…
Checkliste: Pflichten bei Privatinsolvenz
Was kostet eine Privatinsolvenz?
Mit Eröffnung der Privatinsolvenz wird geprüft, ob Sie die Kosten des Verfahrens tragen können. Diese müssen sofort gedeckt sein oder werden gestundet – und müssen nach Ablauf des Verfahrens gezahlt werden. Anders als vorherige Schulden fallen die Kosten für die Privatinsolvenz nicht unter die Restschuldbefreiung.
Die Kosten für das Verfahren betragen ungefähr 2.000 Euro, der genaue Betrag variiert aber je nach Insolvenzmasse und Anzahl der Gläubiger. Bei viel Vermögen und einem großen pfändbaren Gehalt sind die Kosten höher. Hinzu kommen mögliche Kosten für einen Fachanwalt.
Privatinsolvenz: Was darf ich behalten?
Der aktuelle Pfändungsfreibetrag (Stand: 2025) liegt bei einem Nettogehalt von 1.559,99 Euro im Monat. Ab einem Gehalt von 1.560 Euro kann ein Betrag von 3,50 Euro gepfändet und für die Tilgung der Schulden genutzt werden. Je mehr Sie verdienen, desto höher auch der pfändbare Betrag (siehe: Pfändungstabelle) – bei einem Einkommen von 2.130 Euro netto sind zum Beispiel 402,50 Euro pfändbar.
Berücksichtigt wird auch die Unterhaltspflicht für andere Personen. So kann bei Unterhaltspflicht für zwei Personen das Einkommen erst ab einem Nettolohn von 2.470 Euro gepfändet werden.
Privatinsolvenz: Rechner
Mit diesem kostenlosen Rechner können Sie herausfinden, was von Ihrem Gehalt gepfändet werden kann:
Vor- und Nachteile einer Privatinsolvenz
Eine Privatinsolvenz muss immer individuell abgewogen und entschieden werden. Lassen Sie sich von einem Experten beraten und sprechen Sie Ihre Situation durch. Berücksichtigen Sie dabei auch die Vor- und Nachteile:
Vorteile
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Keine Schulden
Mit einer Privatinsolvenz rückt die Schuldenfreiheit in greifbare Nähe. Sie bekommen einen kompletten wirtschaftlichen Neustart.
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Kein Druck
Durch das Verfahren wird großer psychischer Druck gelöst. Sie haben einen wichtigen Schritt zur Lösung des Problems getan.
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Keine Pfändungen
Im Verbraucherinsolvenzverfahren gibt es einen Pfändungsschutz. Ihr Existenzminimum darf nicht angerührt werden.
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Kein langes Warten
Es dauert nur noch 3 Jahre bis zum Schuldenschnitt. Im Vergleich zu früher hat sich die Dauer halbiert.
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Keine Rückzahlungsquote
Sie müssen für die Restschuldbefreiung keine bestimmte Rückzahlungsquote Ihrer Schulden erfüllen.
Nachteile
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Dauer
Trotz verkürzter Dauer bleibt ein Zeitraum von 3 Jahren, bis Sie tatsächlich schuldenfrei sind.
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Einkommen
Ihr Einkommen beschränkt sich auf den pfändungsfreien Anteil. Sie müssen also mit weniger Geld auskommen.
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Vermögensgegenstände
Vermögensgegenstände, die Sie nicht zum Leben benötigen, fallen in die Insolvenzmasse, werden verkauft und verwertet. Das kann beispielsweise Ihr Auto betreffen.
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Schufa
Die Privatinsolvenz wird in der Schufa vermerkt. 3 Jahre nach der Restschuldbefreiung wird der Eintrag gelöscht.
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Verträge / Wohnung
Ihre Bonität ist deutlich geschwächt. Das kann ein Problem bei der Wohnungssuche sein. Auch andere Verträge (Strom, Gas, Smartphone, Kredit…) können abgelehnt werden.
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Öffentlichkeit
Im Rahmen der Insolvenzbekanntmachungen werden Insolvenzverfahren öffentlich gemacht. So kann theoretisch jeder erfahren, dass Sie pleite sind.
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Arbeitgeber
Der Arbeitgeber wird über die Privatinsolvenz informiert, da in der Lohnbuchhaltung der pfändbare Teil des Gehalts direkt an den Treuhänder überwiesen wird.
Privatinsolvenz beim Ehepartner: Wer haftet?
Ein besonderer Fall ist die Privatinsolvenz beim Ehepartner. Die entscheidende Frage: Wer haftet und muss für die Begleichung der Schulden aufkommen? In Deutschland gilt dabei zunächst der Grundsatz: Jeder Ehepartner haftet nur für eigene Schulden. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Schulden vor der Hochzeit oder nach der Eheschließung entstanden sind.
Allerdings gibt es zu dieser Regelung einige Ausnahmen und Sonderfälle. Die wichtigsten Aspekte zur Privatinsolvenz beim Ehepartner im Überblick:
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Gemeinsame Kredite
Bei einem gemeinsamen Kredit sind im Falle einer Privatinsolvenz beide Ehepartner haftbar. Egal, ob der Kredit für ein Auto oder eine andere Anschaffung ist: Haben beide den Kreditvertrag unterschrieben, haften auch beide.
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Gemeinsames Haus
Eine gemeinsame Immobilie fällt typischerweise in die Insolvenzmasse und wird im Insolvenzverfahren vollumfänglich zur Schuldentilgung genutzt. Ausnahme ist eine Freigabe des Insolvenzverwalters – zum Beispiel, wenn die Immobilie hoch verschuldet oder schwer zu verkaufen ist.
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Gehalt
Das Gehalt des nicht-insolventen Ehepartners darf in der Regel nicht gepfändet werden. Ausnahme: Bei der Ehe wurde eine Gütergemeinschaft (keine Zugewinngemeinschaft) vereinbart. Ehepartner dürfen ihr Gehalt somit weiterhin in voller Höhe beziehen.
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Gemeinsames Konto
Bei einem gemeinsamen Konto können auch die Vermögenswerte des nicht-insolventen Ehepartners betroffen sein. Zur besseren Zuordnung sollten deshalb getrennte Konten geführt werden.
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Gemeinsame Gegenstände
Wertvolle Gegenstände aus dem Hausstand können bei einer Privatinsolvenz des Ehepartners in die Insolvenzmasse aufgenommen werden. Grundsätzlich gilt die gesetzliche Vermutung, dass diese dem Schuldner gehören. Das verhindern Sie mit Nachweisen oder Quittungen auf den Namen des anderen (nicht-insolventen) Ehepartners.
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Steuern
Werden Ehepartner bei der Steuer gemeinsam veranlagt, können Steuerschulden bei einer Privatinsolvenz des Ehepartners auch vom jeweils anderen eingefordert werden. Bei Steuerschulden ist somit möglicherweise auch das Vermögen des Partners betroffen.
Sollten beide Ehepartner durch gemeinsame Schulden zahlungsunfähig sein, müssen auch beide eine Privatinsolvenz beantragen. Dabei stellt jeder gesondert für sich einen Antrag. Die Privatinsolvenzen werden getrennt voneinander durchlaufen – Gerichte beauftragen aber meist denselben Insolvenzverwalter.
Häufige Fragen zur Privatinsolvenz
Die Privatinsolvenz ist sinnvoll, wenn Sie große finanzielle Schwierigkeiten haben und die Schulden auf absehbare Zeit nicht zurückzahlen können. Es sollte der letzte Ausweg sein, wenn alle anderen Versuche scheitern.
Bei einer Privatinsolvenz wird auch der Arbeitgeber und Vermieter informiert. Ebenso Bankinstitute oder Register. Durch die Veröffentlichung kann grundsätzlich jeder davon erfahren, dass eine Person privat insolvent ist.
Nein. Erst müssen Sie eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern suchen. Scheitert diese, benötigen Sie eine Bescheinigung von einer anerkannten Schuldnerberatungsstelle.
Um zu verhindern, dass die Privatinsolvenz missbraucht wird, gibt es eine Sperrfrist von 3 Jahren. Wurde ein Insolvenzverfahren beendet, können Sie 3 Jahre lang keinen neuen Insolvenzantrag stellen.
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