Definition: Was ist Prüfungsstress?
Unter Prüfungsstress oder Prüfungsangst (englisch test anxiety) versteht man die Angst eines Prüflings vor einer Prüfung. Konkret geht es um die Angst vor der Bewertung der individuellen Leistung. Jemand kann so stark unter Prüfungsstress stehen, dass er seine Leistung nicht abrufen kann. Diese Angst zu empfinden bedeutet nicht, dass die Person generell ängstlich ist. Auch hat das Empfinden von Prüfungsstress nichts mit Intelligenz oder tatsächlicher Vorbereitung zu tun. Bewegt sich der Prüfungsstress auf mittlerem Level, ist eine leistungssteigernde Wirkung möglich.
Etwa 70 Prozent aller Studierenden leidet unter Prüfungsstress, so die Schätzungen der Gesellschaft für Angstforschung. Der FU Berlin zufolge erleben 40 Prozent der Studierenden sie sogar als besonders belastend. Kein Wunder: Je nach Studienfach stehen fünf oder mehr Prüfungen zum Semesterende an. Das Lernpensum liegt beim drei- bis fünffachen des Abiturs, allerdings ohne die Jahre der Vorbereitung.
Symptome: Wie äußert sich Prüfungsstress?
Abhängig von der Persönlichkeit und der individuellen Ausprägung zeigt sich Prüfungsstress in verschiedenen Symptomen. Auffälligstes Symptom bei vielen ist Nervosität und Angespanntheit. Kalte Hände, Schwitzen, Herzklopfen und Magen-Darm-Probleme sind verbreitet. Hinzu kommt das Gedankenkarussell: Was, wenn ich die Prüfung nicht bestehe? Die Angst vor möglichen negativen Konsequenzen kann zu Schlafstörungen bis hin zu depressiven Verstimmungen führen. Aber: Sie können dem Prüfungsstress einiges entgegensetzen.
Häufige Fragen und Antworten zu Stress
Stress ist eine natürliche Reaktion des Körpers auf herausfordernde Situationen und mentale Belastung. Der menschliche Organismus spult daraufhin ein Ur-Programm ab, das Energie-Reserven freisetzt und ihn ursprünglich auf Kampf oder Flucht vorbereitete. Gibt es kein Ventil, um die Anspannung abzubauen, kann Stress zu psychischen und körperlichen Erkrankungen führen.
Stress zeigt sich in unterschiedlichen Symptomen und Reaktionen. Dazu gehören erhöhte Reizbarkeit und innere Unruhe, Schweißausbrüche und Angstgefühle, ebenso wie Konzentrationsstörungen, Übelkeit, Kopf- und Nackenschmerzen sowie Schlafstörungen. Chronischer Stress schwächt das Immunsystem und erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfall oder Burnout.
Die Ursachen für Stress (sog. Stressoren können im Privaten wie im Beruf liegen. Zu den häufigsten Auslösern und Stressfaktoren gehören:
- Ängste und (finanzielle) Sorgen
- Zu hohe Ansprüche an sich selbst
- Über- oder Unterforderung
- Hohe Arbeitsbelastung und Zeitdruck
- Ständige Erreichbarkeit
- Konkurrenzkampf und Mobbing im Job
- Konflikte in Partnerschaft oder Familie
- Unerfüllte Wünsche und Sehnsüchte
- Verlust eines geliebten Menschen
- Chronische Erkrankungen und Schmerzen
- Lärm und unangenehme Geräusche
- Extreme Klimaverhältnisse (Hitze, Kälte)
Positiver Stress („Eustress“) entsteht, wenn wir zwar eine Herausforderung erleben – uns dieser aber gewachsen fühlen. Für eine gewisse Zeit kann der Körper dann zusätzliche Kräfte mobilisieren. Beispiele für positiven Stress erleben wir bei sportlichen Wettkämpfen oder beim sogenannten Flow im Job. Wer sich jedoch überfordert fühlt, erlebt negativen Stress (= „Disstress“).
Am besten und schnellsten lässt sich Stress abbauen durch Bewegung oder Sport, tiefes Durchatmen (z.B. 4-6-8 Methode) sowie gezielte Entspannungsübungen (z.B. Autogenes Training, Meditation, Yoga oder Achtsamkeit). Langfristig sollten Sie auf ausreichend Schlaf, ein positives Umfeld sowie ausreichend Ausgleich (z.B. durch Freunde, Hobbys) achten.
So kommen Sie durch die Prüfung
Das beste Mittel gegen Prüfungsstress ist die Überzeugung, den Anforderungen gewachsen zu sein. Dann kann Stress sogar als etwas Positives empfunden werden, denn Sie können Ihre Leistung abrufen und werden mit Erfolg belohnt. Folgende Tipps, damit Sie durch die Prüfung kommen und Prüfungsangst minimieren:
1. Plan entwerfen
Gute Prüfungsvorbereitung ist das A und O, deshalb sollten Sie einen langfristigen Lernplan erstellen. Sammeln Sie zunächst alle Themen und Bereiche, die Sie lernen müssen. Dann ermitteln Sie, wie viel Zeit Ihnen bis zur Prüfung bleibt und verteilen Sie den Lernstoff möglichst gleichmäßig auf die Wochen. So gehen Sie die Sache strukturiert an, anstatt planlos in Prüfungsstress zu verfallen.
2. Lerntyp berücksichtigen
Für schwierige Themen ist es sinnvoll, den eigenen Lerntyp zu kennen. Manche Themen lassen sich besser durch visuelle oder auditive Lernmittel und -wege begreifen. Hinzu kommt das Lernumfeld: Wer zuhause zu viele Ablenkungen hat, ist vielleicht besser in der Bibliothek aufgehoben. Andere zieht es zum Lernen ins Café oder an die frische Luft. Ihr Stresslevel vor Prüfungen sinkt, wenn Sie so lernen, wie es für Sie am besten ist.
3. Erwartungen senken
Prüfungsstress entsteht zum Großteil durch hohe Erwartungen – teils Ihre eigenen an sich selbst, teils von außen an Sie herangetragene. Senken Sie diese Erwartungen. Wenn Sie mit einer realistischeren Einstellung in die Klausurenphase zu gehen, wird auch der Prüfungsstress sofort spürbar nachlassen. Natürlich wollen Sie bestehen und gute Noten schreiben. Aber es geht die Welt nicht unter, wenn es nicht nur Bestnoten gibt oder eine Prüfung daneben geht.
4. Unterstützung suchen
Jeder Student hat Angstfächer, mit denen er auf Kriegsfuß steht und zu denen einfach kein richtiger Zugang gelingen will. Der Prüfungsstress wächst dadurch. Sie müssen sich dem Problem nicht alleine stellen. Suchen Sie sich Unterstützung vor den Prüfungen. Gründen Sie eine Lerngruppe und sprechen Sie mit Kommilitonen, die Ihnen Dinge erklären können, die Sie selbst noch nicht verstanden haben. Das steigert Ihr Verständnis und Sie werden weniger Prüfungsstress empfinden. Zudem tut es gut, mit anderen zu reden, die vielleicht ebenfalls unsicher sind.
5. Pausen machen
Es bringt nichts, wenn Sie stundenlang ohne Pause in Ihre Unterlagen blicken. Nach spätestens 90 Minuten lassen Konzentration und Aufnahmefähigkeit nach. Legen Sie deshalb regelmäßige Pausen ein, in denen sich das Gelernte verankern kann. Die vermeintliche Zeitverschwendung holen Sie anschließend wieder herein. Am besten für die Pausen ist ein Spaziergang an der frischen Luft oder eine andere Entspannung, ohne große Ablenkungen.
6. Schlafzeiten einhalten
Einige Prüflinge neigen dazu, bis zur letzten Minute zu lernen und opfern ihren Schlaf. Damit steigern Sie Ihren Prüfungsstress allerdings und erreichen damit das genaue Gegenteil von dem, was Sie anstreben. Behalten Sie Ihren Schlafrhythmus bei. Ihr Körper braucht die Erholung. Im Schlaf werden Informationen ins Langzeitgedächtnis verlagert – genau das, was Sie für die Prüfung brauchen. Meist rächt sich Schlafmangel in der Klausur, da Konzentrationsprobleme die Folge sein können.
Prüfungsstress bewältigen: Was hilft?
Ob Sie innerlich überzeugt sind, die Prüfung meistern zu können, hängt auch von Ihrer individuellen Stressresistenz ab. Diese können Sie durch verschiedene Methoden und Übungen stärken. Die nachfolgenden Tipps zur Entspannung beinhalten sowohl kurzfristige Übungen als auch langfristige Methoden, die Sie idealerweise bereits vor der eigentlichen Prüfungsphase regelmäßig anwenden.
Entspannung bei Prüfungsstress
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Bewegung
Sport ist ein Allheilmittel für nahezu alles. Wer sich so richtig auspowert, kriegt den Kopf frei, der Körper belohnt einen anschließend mit Glückshormonen. Sie stärken außerdem Ihr Immunsystem, das infolge von Stress leichter schlappmacht. Bauen Sie wann immer möglich Bewegung in Ihren Alltag ein, Treppen statt Aufzug, häufiger mal spazieren gehen. Netter Nebeneffekt: Das Grün in Parks oder Wäldern hat zusätzlich beruhigende Wirkung.
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Atemtechnik
Unter Prüfungsstress „vergessen“ viele richtig zu atmen, es kommt zu Verkrampfung oder gar Hyperventilation. Mit bewusster, tiefer Bauchatmung (ausatmen nicht vergessen!) erhöhen Sie die Sauerstoffmenge im Körper, Ihr Gehirn kann wieder besser arbeiten. Wirkungsvoll auch die Sternatemtechnik (4-6-8-Methode). Setzen oder stellen Sie sich dazu aufrecht hin, die Schultern gerade. Legen Sie Ihre Hand auf den Bauch und versuchen Sie nur durch die Nase dorthin zu atmen – möglichst, ohne dass sich der Brustkorb hebt. Dann gehen Sie so vor: Langsam und tief einatmen, bis vier zählen. Die Luft anhalten, bis sechs zählen. Langsam durch den Mund ausatmen und bis acht zählen. Das Ganze fünf Mal (oder nach Bedarf häufiger) wiederholen.
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Stressball
Simpel in der Anwendung, effektiv in der Wirkung ist der Stressball. Dazu einfach den Quetschball solange pressen, bis der Prüfungsstress nachlässt. Der Münchener Sportpsychologe Jürgen Beckmann hat die Wirkung bei Fußballspielern, Basketballern, Volleyballern und Kampfsportlern untersucht. Quetschten die Athleten vor dem Wettkampf einen Stressball, verbesserte sich die Leistung merklich und die Fehlerquote sank. Der Effekt nennt sich „Aufmerksamkeitsfokussierung“. Das manuelle Ablenkungsmanöver kann so regelrecht Denkblockaden lösen.
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Summen
Dieser Trick geht zwar nicht während der Prüfung, aber in der Lernphase zuhause: Summen oder singen Sie und der Prüfungsstress verschwindet im Nu. Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Vibrationen eine beruhigende Wirkung auf den Körper haben. Die Stimmbänder massieren Sie von innen. So signalisiert die Kehlkopfmuskulatur dem Vagusnerv (Entspannungsnerv), dass alles in Ordnung ist. Das senkt wiederum den Blutdruck.
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Innehalten
Wenn Sie der Prüfungsstress droht zu überwältigen, sollten Sie kurz innehalten. Eine Methode dafür ist beispielsweise Achtsamkeit, bei der Sie die Aufmerksamkeit gezielt aufs Hier und Jetzt lenken. Versuchen Sie, Ihre Umgebung bewusst wahrzunehmen. Eine andere Methode ist die sogenannte Freeze-Frame-Methode. Bei der „frieren“ Sie den Augenblick ein und wenden Ihre Aufmerksamkeit bewusst einer positiven Sache zu. Diese kurzfristige Ablenkung mit positivem Gefühl ermöglicht Ihnen, anschließend wieder konzentriert weiterzuarbeiten.
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Lächeln
Auch wenn Ihnen nicht nach Lächeln zumute ist: Sie sollten bewusst lächeln, um Ihren Prüfungsstress zu verringern. Forscher konnten nachweisen, dass Lächeln ohne Anlass denselben Effekt hat wie Lächeln aus Freude: Die beteiligten Muskeln signalisieren dem Gehirn, dass Sie lächeln und im Gegenzug schüttet es Glückshormone aus. Das nimmt Ihnen Angst und Druck von der Seele und führt im Endeffekt zu besserer Konzentration.
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Entspannungstechniken
Entspannungsübungen wie Yoga, Meditation oder Autogenes Training bedürfen einer gewissen Routine, um ihre vollständige Wirkung zu entfalten. Dafür wirken sie nachhaltig. Sie versetzen Sie in einen tranceähnlichen Zustand, in dem Sie gedanklich vom Stressauslöser wegkommen. Stattdessen fokussieren Sie sich auf Ihren Körper und die erforderlichen Bewegungen. Das alles dient der Entspannung und führt zu innerer Ruhe.
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Ausgleich
Der wohl wichtigste Tipp während der Prüfungsphase: Sorgen Sie für Ausgleich. Statt sich mit Lernstoff zuhause zu vergraben, sollten Sie genügend Freizeit und Ablenkungen einplanen. Natürlich wohl dosiert und ohne Alkohol vor dem Prüfungstag. Wer aber seine soziale Kontakte in der Lernphase völlig herunterfährt, beraubt sich der Motivation und steigert eher noch den Prüfungsstress.
Medikamente & Globuli
Um die eigene Leistung bei Klausuren und Prüfungen zu steigern, greifen manche auf Hirndoping zurück. Laut einer Befragung der Deutschen Angestellten-Krankenkasse (DAK) versuchen immerhin vier Prozent aller Abiturienten und Studierenden mit Tabletten über die Runden zu kommen. Mittel wie Methylphenidat (Ritalin), Antidepressiva (Fluoxetin, Citalopram), Antidementiva (Domepezil) oder Betablocker (Metoprolol) sollen die Hirnleistung steigern, stimmungsaufhellend und beruhigend wirken.
Im Gegensatz zu Globuli und Homöopathie sind alle diese Medikamente verschreibungspflichtig. Sie stellen einen massiven Eingriff in die biochemischen Abläufe im Körper dar, Nebenwirkungen und Abhängigkeit können die Folge sein. Das Problem ist aber noch ein anderes: Wer mittels Medikamente Prüfungsstress beseitigt, wird nie das Gefühl kennenlernen, es aus eigener Kraft geschafft zu haben. Stattdessen dominiert die Angst vor der Angst. Ein Rückschlag fürs Selbstwertgefühl, der auch künftige Erfolgserlebnisse erschwert. Medikamente sollten daher nur bei starkem Prüfungsstress in ärztlicher Absprache zum Einsatz kommen.
Genialer Tipp gegen Blackout: Wackeln mit den Zehen!
Trotz aller Tipps und Vorbereitung kann es passieren, dass es in der Prüfung zum Blackout kommt – was nun? Der ultimative Tipp: Wackeln mit den Zehen! Kein Scherz. Die beiden dicken Zehen können Sie nie vergessen, und sie versagen auch bei Stress nicht. Zudem sind am weitesten von Ihrem Gehirn entfernt. Um sie bewusst und aktiv bewegen zu können, muss das Gehirn etwas von seiner geblockten Energie abzweigen. Das funktioniert aber nur, wenn Sie bewusst mit den Zehen wackeln.
Viele Menschen machen bei Aussetzern instinktiv das Richtige: Sie wackeln und wippeln mit den Füßen. Nur leider unbewusst. Das sieht dann weniger sourverän aus. Machen Sie das aber bewusst, tritt sofort Ruhe in der Oberstube ein. Denn nun muss der der Körper seine bewährten Stressmuster verlassen. Durch die Bewegung löst sich überdies die stressbedingte Starre in den Muskeln. Außerdem kann man das Zehenwackeln immer und überall machen – ohne, dass es wem auffallen würde.
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