Karriereknick: Scheitern als Chance

Höher, schneller, weiter: Das ist der Traum vieler Menschen, wenn es um die berufliche Entwicklung geht. Bis zum Karriereknick. Dann bekommt diese Vorstellung erst einmal einen Dämpfer. Was ist passiert? Manche erwischt es eiskalt und völlig unvorbereitet. Auf die berufliche Stagnation folgt ein Rückschritt. Viele empfinden das als elementare Niederlage. Aber das muss nicht sein! Wie Sie mit einem Karriereknick professionell umgehen und warum dieser keinesfalls das berufliche Aus bedeuten muss, sondern die Etappe auf dem Weg zu etwas Neuem sein kann…

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Karriereknick Definition: Rückschlag in der Laufbahn

Von einem Karriereknick (englisch = downturn, career break, career setback) spricht man, wenn eine bisher erfolgreiche Karriere eine ungeplante, unfreiwillige Veränderung erfährt. Die berufliche Laufbahn stagniert mindestens oder entwickelt sich zum Schlechteren. Der Knick wird zum Einbruch.

Die Gründe für einen beruflichen Knick oder Rückschritt sind unterschiedlich und können jeden betreffen: Erfolgreiche Manager, die ein Millionenprojekt vor die Wand fahren und gekündigt werden, ebenso Mitarbeiter, deren Unternehmen Insolvenz anmeldet oder deren Jobs gestrichen werden. Teils scheitern manche auch schon in den ersten 100 Tagen im neuen Job: Was vielversprechend anfing, entpuppt sich als Fehlentscheidung und Karriere-Sackgasse.

Die eigene Karriere – im Sinne eines beruflichen Aufstiegs – hängt eben nicht nur von der eigenen Leistung ab. Auch ungünstige Entwicklungen und der Zufall spielen eine Rolle. Entscheidend sind aber nie die Umstände, sondern wie wir diese selbst bewerten und was wir daraus machen. Bedeutet: Ein Karriereknick ist erst dann ein „Karriereknick“, wenn wir ihn als solchen einschätzen und uns selbst als Versager sehen oder damit gleich einen sozialen und finanziellen Abstieg verbinden. Das ist aber unsere eigene Interpretation. Die Realität kann eine andere sein!

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Die 4 Phasen des Karriereknicks

Wer einen Karriereknick erlebt, nimmt diesen unterschiedlich wahr. Die meisten Menschen in Deutschland glauben noch immer, dass Karrieren linear verlaufen müssen – stets nach oben. Das ist aber falsch. Der Begriff „Karriere“ stammt ursprünglich aus dem Französischen und bedeutet „Laufbahn“ oder „Rennbahn“. Es geht dabei also lediglich um das Vorankommen, um Fortschritt. Der muss aber nicht zwangsläufig mit einem hierarchischen Aufstieg verbunden sein. Ebenso denkbar sind Fachkarrieren oder ein geplanter Abschied vom Aufstieg aus privaten Gründen.

In Deutschland herrscht eine Leistungsgesellschaft. Das heißt: Betroffenen wird ein beruflicher Rückschritt oft noch negativ ausgelegt. Das verändert sich zwar allmählich, aber langsam. Hinzu kommt, dass Menschen Gewohnheitstiere sind. Eine unfreiwillige Veränderung des eigenen Plans löst bei manchen eine veritable Sinnkrise aus. Der berufliche Misserfolg – er kann sich sogar so anfühlen wie der Verlust eines geliebten Menschen. Tatsächlich durchlaufen die meisten Menschen im Falle eines Karriereknicks 4 typische Phasen…

Karriereknick in 4 Phasen

Karriereknick 4 Phasen Grafik

1. Schock

Der Moment, in dem der Karriereknick offenbar wird. Der Betroffene fühlt sich wie gelähmt, kann keinen klaren Gedanken fassen. In dieser Situation ist es gut, wenn man echte Freunde und stützende Familie an seiner Seite hat. Zu diesem Zeitpunkt sollten keine überstürzten Entscheidungen getroffen werden, besser ist, wenn der Betroffene sich eine Auszeit zum Sammeln nimmt.

2. Verdrängung

Es folgt die Phase des Leugnens: „Das kann nur ein Irrtum sein, die meinen jemand anderen.“ Das Offensichtliche wird ignoriert, man redet sich ein, dass die Dinge bald wieder im Lot sind.

3. Trauer

Diese Phase ist sehr emotional und von Schmerz und Wut – beispielsweise gegen die Verursacher – begleitet. Rational hat der Betroffene verstanden, was passiert ist. Aber die Gefühle überwiegen zu diesem Zeitpunkt noch. Das könnte im schlimmsten Fall zu unüberlegten Handlungen führen, beispielsweise üble Nachrede über den ehemaligen Arbeitgeber. Freunde und Familie haben hier auch die Funktion, den Betroffenen wieder zu beruhigen. Hier ist es wichtig, die aufkommenden Gefühle ernst zu nehmen und zuzulassen, nicht mit Alkohol zu betäuben. Absolut empfehlenswert hingegen ist Sport; joggen, schwimmen oder Rad fahren hilft dabei, den Stress und das Adrenalin abzubauen und mit den Gedanken nicht ständig um ein und dieselbe Sache zu kreisen.

4. Akzeptanz

Das Unausweichliche wird als Realität akzeptiert. Der Betroffene fängt langsam wieder an, nach Lösungen zu suchen, einen Plan B aufzustellen. Er erkennt neue Möglichkeiten, die ihm niemals aufgefallen wären, wenn er noch die alte Stelle hätte. Außerdem gelangt er zu der Erkenntnis, dass er eine Krise bewältigen kann und das (Berufs-)Leben danach weitergeht.

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Kinder und Elternzeit als Risikofaktor und Karriereknick?

Einer der häufigsten Auslöser für einen Karriereknick ist in Deutschland – leider – noch immer die Elternzeit. Oder kurz: Kinder. Vor allem Frauen sind nach wie vor davon betroffen – Männer aber auch. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf stellt Arbeitnehmer und Arbeitgeber weiterhin vor große Herausforderungen. Für nicht wenige (Führungskräfte) endet die Elternzeit und bis zu 3-jährige Auszeit mit einem Karrierestopp.

Entweder reduzieren viele Rückkehrer danach ihre Arbeitszeit und wandeln beispielsweise ihre Vollzeitstelle in eine Teilzeitbeschäftigung um. Oder sie scheiden sogar noch länger aus oder suchen sich einen ganz neuen Job. Teilweise – auch das wollen wir nicht unerwähnt lassen – findet sogar eine gezielte Diskriminierung von jungen Frauen statt: Sie werden bewusst nicht auf eine Führungsposition befördert, wenn der Arbeitgeber befürchtet, dass sie bald wegen Kindern ausfallen.

Auszeiten strategisch vorbereiten

Wer solche Konflikte und Rückschritte vermeiden möchte, sollte sich bereits vor der Elternzeit Gedanken machen, wie es danach weitergeht. Überlegen Sie, welche Bedeutung Ihr Job für Sie hat wie Sie neben der Familiengründung weiterhin den Anschluss behalten oder an Ihrer Karriere arbeiten können. In vielen Fällen ist es nicht sinnvoll, die kompletten drei Jahre Elternzeit zu nehmen, sondern sich diese Phase mit dem Partner zu teilen und schnellstmöglich in den Beruf zurückzukehren.

Signalisieren Sie ihrem Arbeitgeber überdies, dass Sie weiterhin über Abläufe am Arbeitsplatz Bescheid wissen wollen oder an Webinaren und Fortbildungen interessiert sind. Halten Sie auch Kontakt zu Kollegen, so fällt ein Wiedereinstieg leichter. Heute sind zudem oft Homeoffice-Regelungen möglich: Während der Elternzeit dürfen Sie bis zu 30 Stunden pro Woche nebenher arbeiten!

Wichtig sind im Vorfeld auch Pläne zur Kinderbetreuung (auch für die Zeit danach). Kommen für Sie Kita oder Tagesmutter infrage? Müssen Sie sich rechtzeitig anmelden? Für solche Fragen ist in der Regel wenig Zeit, wenn Sie erst einmal wieder im Job sind. Eine gute Vorbereitung macht deshalb rund 70 Prozent des späteren Erfolgs aus.

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Schöner Scheitern: Karriereknick als Anfang

Auch wenn ein Karriereknick häufig vom Gefühl des Scheiterns begleitet wird: Er muss kein Scheitern sein! Abgesehen davon, dass Sie nun wissen, welche Fehler Sie künftig vermeiden sollten, zeigen sich in Krisen oft, wer die wahren Freunde sind und es tun sich meist auch ganz neue Türen auf.

Überdies sind Sie mit dem Knick nicht allein. Zahlreichen Prominenten erging es in ihrer Karriere genauso. Der Künstler Pablo Picasso zum Beispiel schuf mehr als 1800 Gemälde, 1200 Skulpturen, 2800 Keramiken und 1000 Zeichnungen. Davon ist aber nur ein Bruchteil wirklich bemerkenswert. Der Ausnahmemusiker Prince wiederum soll weit mehr als 1000 Songs komponiert haben. Davon blieb aber der Großteil unveröffentlicht. Und der Schauspieler und Oscar-Preisträger Tom Hanks sagt selbst: „Ich habe viele Filme gemacht, die weder Hand noch Fuß hatten und kaum Geld eingespielt haben. Es ist schön, wenn es klappt, aber in Wirklichkeit ist das Verhältnis von Misserfolg zu Erfolg eher 80:20 – 80 Prozent von dem, was man tut, funktioniert nicht.“

Einbruch oder Aufbruch?

Ein Karriereknick ist immer auch eine Gelegenheit, sich mit den eigenen Werten und Bedürfnissen auseinanderzusetzen, die eigenen Ziele zu hinterfragen oder vielleicht neu zu setzen. Das hätten Sie unter den bisherigen Bedingungen vermutlich nicht gemacht…

Krisen gehören zum Leben dazu. Das sollten Sie sich stets bewusst machen. Wichtig ist daher weniger, was passiert ist, sondern wie Sie darauf reagieren. Ein gutes Vorbild hierfür ist die Fehlerkltur in Amerika: Scheitern gilt hier nicht als Ende, sondern als Anfang von etwas Neuem. Von dem Unternehmer Max Levchin stammt beispielsweise das kluge Zitat: „Das erste Unternehmen, das ich gegründet habe, ist mit einem großen Knall gescheitert. Das zweite ist ein bisschen weniger schlimm gescheitert. Und wissen Sie, das Dritte ist auch anständig gescheitert, aber das war irgendwie okay. Ich habe mich rasch erholt, und das vierte Unternehmen überlebte bereits. Es war keine großartige Geschichte, aber es funktionierte. Nummer fünf war dann Paypal.“

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Was tun bei einem Karriereknick?

Den meisten Menschen gelingt der große Wurf nicht auf Anhieb. Ein Karriereknick ist keine Katastrophe. Wie schnell wir uns dabei wieder berappeln, aufstehen und aufrichten, ist auch eine Frage der Resilienz. Diese lässt sich aber trainieren und verbessern. Ein wesentlicher Baustein hierfür ist Selbstreflexion. Statt eine Opferhaltung einzunehmen, suchen Sie aktiv und konstruktiv nach Lösungen.

Auch wenn das gefährlich nach Kalenderspruch klingt: Machen Sie das Beste aus dem Shit! Es ist nur ein Knick – kein bodenloser Absturz. Außerdem können Sie einem drohenden Karriereknick immer vorarbeiten, indem Sie beispielsweise immer einen Plan B in der Tasche haben. Dann sind Sie im Falle des Falles vorbereitet. Dazu gehört zum Beispiel:

Netzwerken

Viele Menschen unterschätzen ein aktiv gepflegtes Netzwerk. Sie fangen erst an, ihre Kontakte zu aktivieren, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen und etwa eine Kündigung ausgesprochen ist. Dann ist es aber schon zu spät. Netzwerke baut und pflegt man, wenn man sie nicht braucht, um davon zu profitieren, wenn man sie braucht. Halten Sie daher vorher Kontakt – zu Schulkameraden, Studienkollegen, ehemaligen Arbeitskollegen und so weiter. Legen Sie sich ein Profil in Business-Netzwerken wie Linkedin oder Xing an. Auch da gibt es die Möglichkeit des aktiven Austauschs mit anderen Mitgliedern.

Weiterbilden

Halten Sie Ihr Wissen auf dem neusten Stand. Manche Menschen entwickeln im Laufe der Jahre eine so feste Routine und verpassen so wichtige Entwicklungen. Machen Sie also ruhig in regelmäßigen Abständen eine sogenannte Stärken-Schwächen-Analyse, damit Sie wissen, welche Ihrer Bereiche noch ausbaufähig sind oder wozu Sie besser eine Weiterbildung absolvieren. So bleiben Sie attraktiv für den Arbeitsmarkt und für potenzielle Arbeitgeber.


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[Bildnachweis: Karrierebibel.de]