Wie hoch ist mein Jahresurlaubsanspruch?
Wie viele Tage Urlaub stehen mir zu? – Das fragen sich viele Arbeitnehmer zurecht. Geregelt ist das im Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Hier sind der gesetzliche Urlaubsanspruch, Jahresurlaub und gesetzlicher Mindesturlaub genau beschrieben. Das Urlaubsrecht kann zudem durch Einzelvereinbarungen ergänzt, erweitert und angepasst werden. So können Tarifverträge oder Arbeitsverträge weitere Regelungen enthalten. Das BUrlG gibt aber immer die Mindestanforderungen vor.
§ 3 des BUrlG regelt den Mindesturlaubsanspruch. Danach beträgt der gesetzliche Jahresurlaubsanspruch jedes Arbeitnehmers 24 Werktage pro Jahr bei einer 6-Tage-Woche. Umgerechnet auf fünf Werktage liegt der gesetzliche Urlaubsanspruch bei 20 Urlaubstagen. Also vier Wochen.
Jahresurlaubsanspruch berechnen: Einfache Faustformel
Die einfachste Möglichkeit zur Berechnung des Jahresurlaubsanspruchs: Multiplizieren Sie die Anzahl Ihrer Arbeitstage pro Woche mit 4. Auf diese Weise lässt sich ebenso der Anspruch auf gesetzlichen Mindesturlaub bei Teilzeitarbeit berechnen. Beispiele:
- Gesetzlicher Jahresurlaubsanspruch bei einer 5-Tage-Woche
4 x 5 Arbeitstage = 20 Werktage Urlaub - Gesetzlicher Jahresurlaubsanspruch bei einer 4-Tage-Woche
4 x 4 Arbeitstage = 16 Werktage Urlaub - Gesetzlicher Jahresurlaubsanspruch bei einer 3-Tage-Woche
4 x 3 Arbeitstage = 12 Werktage Urlaub
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Laut § 1 BUrlG haben Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr nicht nur Anspruch auf Erholungsurlaub, sondern auch auf BEZAHLTEN Urlaub. Während des Urlaubs muss der Arbeitgeber das volle Gehalt weiterzahlen. Etwas anderes gilt nur, wenn Sie Ihren Chef um Freistellung bitten. In dem Fall handelt es sich um unbezahlten Urlaub.
Sonderregelungen für Jugendliche und Schwerbehinderte
Der Jahresurlaubsanspruch kennt allerdings auch Ausnahmen und Sonderregelungen für besonders schützenswerte Arbeitnehmer. Dazu zählen zum Beispiel Jugendliche unter 18 Jahren. Sie fallen noch unter das Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG). Maßgeblich für die Anzahl der Urlaubstage ist das Alter zu Beginn des Kalenderjahres:
- Jugendliche bis 16 Jahre haben mindestens 30 Werktage Urlaub im Jahr.
- Jugendliche bis 17 Jahre haben mindestens 27 Werktage Urlaub im Jahr.
- Jugendliche bis 18 Jahre haben mindestens 25 Werktage Urlaub im Jahr.
Im Jugendarbeitsschutzgesetz ist außerdem festgelegt, dass Urlaub während der Berufsschulferien gewährt werden muss. Anderenfalls bekommen Azubis für jeden Berufsschultag, an dem sie die Berufsschule während des Urlaubs besuchen, ein weiteren Urlaubstag als Ausgleich.
Anspruch auf mehr Urlaubstage haben ebenso Schwerbehinderte. Wer eine körperliche, geistige oder seelische Behinderung ab einem Grad von mindestens 50 hat, erhält einen Zusatzurlaub von fünf weiteren Arbeitstagen. Damit erhöht sich für Schwerbehinderte die Zahl der Urlaubstage insgesamt und über den Arbeitsvertrag hinaus. Schwerbehinderte Arbeitnehmer, deren Arbeitsvertrag 29 Urlaubstage vorsieht, erhalten damit de facto 34 Urlaubstage.
Wann haben Arbeitnehmer Anspruch auf vollen Jahresurlaub?
Den vollen Anspruch auf ihren Jahresurlaub haben Arbeitnehmer erst nach sechs Monaten Betriebszugehörigkeit. Die ersten sechs Monate im neuen Job werden juristisch „Wartezeit“ genannt und sind in § 4 BUrlG geregelt. Sie können also nicht gleich in der zweiten Woche im neuen Job den gesamten Jahresurlaub am Stück nehmen. Das geht erst nach der Wartezeit.
Die Wartezeit ist übrigens von der „Probezeit“ zu unterscheiden. Die dauert zwar oft auch ein halbes Jahr, kann aber auch kürzer sein. Ausschlaggebend für den vollen Jahresurlaubsanspruch ist jedoch allein die Wartezeit. Und damit immer die ersten sechs Monate des neuen Arbeitsverhältnisses.
Kann ich während der Probezeit Urlaub nehmen?
Kurze Antwort: Ja. Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass Arbeitnehmer in der Probezeit keinen Urlaub nehmen können. Tatsächlich erwerben Arbeitnehmer mit jedem Monat der Betriebszugehörigkeit Anspruch auf ein Zwölftel ihres Jahresurlaubsanspruchs (§ 5 BUrlG). Bei 24 Tagen Jahresurlaub also schon zwei Tage nach dem ersten Monat (24:12=2). Wer nur 20 Urlaubstage im Jahr hat, erwirbt pro Monat Anspruch auf 1,66 Tage Urlaub (20:12=1,66). Bruchteile, die mindestens einen halben Tag ergeben (hier im Beispiel: 0,66), sind aufzurunden. Nach drei Monaten Betriebszugehörigkeit könnten Sie also schon 5 Tage Urlaub nehmen. Allerdings muss der Chef zwingend dem Urlaubsantrag zustimmen.
Achtung: Wer ohne Zustimmung des Arbeitgebers Urlaub macht (sogenannte „Selbstbeurlaubung“) riskiert mindestens eine Abmahnung, im Wiederholungsfall sogar die fristlose Kündigung. Lassen Sie sich den Urlaub daher immer schriftlich genehmigen (E-Mail reicht).
Wie kann ich Urlaub beantragen?
Die meisten Arbeitgeber haben für Urlaubsanträge entsprechende Formulare, die ausgefüllt und genehmigt werden müssen. Falls Sie einen Urlaubsantrag selber schreiben müssen, können Sie dazu folgendes Muster für den Urlaubsantrag nutzen:
Vor- und Nachname Arbeitnehmer
Abteilung, Personalnummer
Straße, Hausnummer
PLZ Ort
Arbeitgeber
Personalabteilung
Straße, Hausnummer
PLZ Ort
Urlaubsanstrag
Sehr geehrte(r) Herr/Frau (Name des/der Vorgesetzten),
hiermit beantrage ich ___ Urlaubstage für die Zeit vom ___ bis zum ___. Bitte geben Sie mir diesbezüglich eine kurze Bestätigung.
Mit freundlichen Grüßen
UNTERSCHRIFT (Arbeitnehmer)
Genehmigt durch _______________, am TT.MM.JJJJ
(Unterschrift des Arbeitgebers)
Kostenloser Download: Musterschreiben Urlaubsantrag (Word), PDF
Kann genehmigter Urlaub zurückgenommen werden?
Einmal genehmigter Urlaub kann so schnell nicht zurückgenommen werden. Genehmigt ist genehmigt. Auch kurzfristiger Personalmangel oder eine Urlaubssperre ändern daran nichts. Einzige Ausnahme sind absolute Notfälle, die das Unternehmen gefährden könnten, zum Beispiel eine drohende Insolvenz. Droht der gesamte Betrieb zum Erliegen zu kommen und es gibt keine Alternative, auf die der Arbeitgeber zurückgreifen kann, ist es möglich, Urlaub zu widerrufen. Hierbei handelt es sich aber um seltene Einzelfälle.
Kann ich Urlaub nehmen wann ich will?
Nach § 7 BUrlG sind „bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, daß ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen.“ Bedeutet: Sie können nicht jederzeit Urlaub nehmen. Arbeitnehmer haben zwar grundsätzlich einen Anspruch auf bezahlten Urlaub, nicht aber auf den Wunschzeitpunkt. Wunschterminen muss der Chef nicht zustimmen.
Der Chef darf den Urlaubswunsch in zwei Fällen verweigern:
- Vorrangige Urlaubswünsche anderer Kollegen
Der Chef muss die Urlaubswünsche ALLER Arbeitnehmer berücksichtigen. Bedeutet: Vor allem in der Ferienzeit (z.B. Sommerferien) sind die Urlaubsanträge von Mitarbeitern mit schulpflichtigen Kindern zu bevorzugen. Ebenso können das Alter, die Dauer der Betriebszugehörigkeit und gewährte Urlaubstage im Vorjahr als soziale Faktoren hinzugezogen werden. Heißt: Wer etwa im vergangenen Jahr viele Brückentage nehmen durfte, muss im kommenden Jahr womöglich anderen Kollegen den Vortritt lassen. - Dringende betriebliche Gründe
Dazu zählen etwa der Abschluss eines wichtigen Projekts, saisonale Hochphasen (zum Beispiel im Einzelhandel vor Weihnachten), Krankheitswellen oder der Abschluss dringender Projekte (Jahresabschlussbericht, Inventur, etc.). In solchen Fällen darf der Arbeitgeber eine generelle Urlaubssperre verhängen oder einzelne Urlaubsanträge ablehnen.
Wie lange muss Urlaub am Stück genehmigt werden?
Jahresurlaub darf nicht in viele Mini-Einheiten zerstückelt werden. Stattdessen sichert das BUrlG einen Anspruch auf zusammenhängenden Urlaub. Im Jahr muss der Arbeitgeber danach mindestens einmal zwölf zusammenhängende freie Werktage als Jahresurlaub genehmigen – rund zwei Wochen am Stück. Wer jedoch drei Wochen Urlaub am Stück nehmen will, braucht wieder die Zustimmung des Chefs.
Umgekehrt: Sollten Sie viele kleine Kurzurlaube nehmen wollen, ist eine Stückelung des Jahresurlaubsanspruchs natürlich möglich.
Kann ich Urlaub ins nächste Jahr mitnehmen?
Der gesetzliche Urlaubsanspruch gilt für das Kalenderjahr. Eine Übertragung des Urlaubs ins nächste Jahr sieht das Urlaubsrecht eigentlich nicht vor. Bis zum Jahresende sollten Sie also Ihren vollen Jahresurlaub genommen haben. Manchmal ist das jedoch nicht möglich. Zum Beispiel, weil der Arbeitnehmer krank wurde oder aus betrieblichen Gründen keinen Urlaub nehmen durfte. In dem Fall ist die Urlaubsübertragung erlaubt und der Resturlaub darf auf das Folgejahr übertragen werden. Dieser angesparte Urlaub muss aber bis spätestens zum 31. März des Folgejahres genommen werden.
Glücklicherweise verfällt der Jahresurlaub nicht mehr automatisch zum Jahres- oder Übertragungsende. Laut Urteilen des Europäischen Gerichtshofs (EuGh) muss der Arbeitgeber inzwischen seine Mitarbeiter darauf hinweisen, dass sie noch Urlaub zu nehmen haben. Erst wenn diese nachweislich auf ihren Urlaub verzichten, verfällt er auch tatsächlich (EuGH, Az. C-619/16, C-684/16 und BAG, Az. 9 AZR 541/15).
Hat man ab 50 Jahre mehr Urlaubsanspruch?
Grundsätzlich haben alle Arbeitnehmer denselben Jahresurlaubsanspruch. Abweichende Regelungen könnten sonst dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) widersprechen. Aber: Keine Regel ohne Ausnahme.
Ein gesetzlicher Urlaubsanspruch nach Alter kann vorliegen, wenn ein Arbeitnehmer über 50 Jahre alt ist und einer körperlich besonders anspruchsvollen Arbeit nachgeht. In diesem Fall entscheiden Arbeitsgerichte regelmäßig zugunsten der älteren Arbeitnehmer. So urteilte das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (LAG 1 Sa 130/15): Zwei zusätzliche Urlaubstage für einen älteren Arbeitnehmer seien angemessen. Schließlich hätten ältere Arbeitnehmer ein erhöhtes Erholungsbedürfnis und längere Regenerationszeiten.
Ausschlaggebend für solche Ausnahmen ist aber immer die ausgeübte Arbeit und das Alter: Bei körperlich anstrengenden Arbeiten darf ein 35-Jähriger gegenüber einem 28-Jährigen nicht besser gestellt werden. Umgekehrt werden bei leichten Bürotätigkeiten 62-Jährige nicht mehr Urlaub eingeräumt als ihren 40-jährigen Kollegen.
Was passiert, wenn ich im Urlaub krank werde?
Keiner wünscht sich das, aber es kann passieren: Sie werden krank im Urlaub. Zwei Dinge müssen Sie in dem Fall sofort tun:
- Suchen Sie einen Arzt auf (auch im Ausland) und lassen Sie sich die Arbeitsunfähigkeit umgehend diagnostizieren und bescheinigen.
- Melden Sie sich danach sofort beim Arbeitgeber und informieren Sie diesen über die Krankmeldung.
Danach müssen Sie nicht sofort nach Hause zurückreisen (womöglich müssen Sie ja auch das Bett hüten). Beide Schritte – krankschreiben lassen und krankmelden – sind aber zwingend erforderlich, wenn Sie Ihren Urlaubsanspruch erhalten wollen. Nur wer im Urlaub „offiziell“ krank (geschrieben) wird, kann diese Urlaubstage später nachholen. Der Anspruch darauf verfällt dann nicht. Grund: Wer krank ist, kann sich nicht „erholen“, sondern allenfalls genesen.
Was passiert mit meinem Urlaub bei Kündigung?
Grundsätzlich verfällt Ihr Urlaubsanspruch weder bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber noch bei einer Eigenkündigung. Entscheidend dafür, wie viele Resturlaubstage noch zustehen, ist der Kündigungszeitpunkt:
- Kündigung bis zum 30. Juni: Wer in der ersten Jahreshälfte aus dem Unternehmen ausscheidet, hat Anspruch auf ein Zwölftel seines Jahresurlaubs für jeden vollen Monat Betriebszugehörigkeit.
- Kündigung nach dem 30. Juni: Erst ab der zweiten Jahreshälfte wird der volle Jahresurlaubsanspruch erworben.
Beispiel: Angenommen, Sie haben einen Arbeitsvertrag mit 24 Urlaubstagen. Im laufenden Jahr haben Sie noch keinen Urlaub genommen. Endet Ihr Arbeitsverhältnis im Februar, stehen Ihnen vier Urlaubstage zu (24:12=2 mal 2 Monate (JAN + FEB)). Endet Ihr Arbeitsverhältnis im Juli, stehen Ihnen die gesamten 24 Tage zu. Können Sie den Urlaub nicht mehr nehmen, steht Ihnen eine Urlaubsabgeltung zu. Heißt: Der Resturlaub wird ausgezahlt.
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