Was ist Bildungsurlaub – einfach erklärt?
Bildungsurlaub (auch „Bildungsfreistellung“ oder „Bildungszeit“) ist der gesetzliche Anspruch von Arbeitnehmern auf Weiterbildung während der Arbeitszeit. Bedeutet: Arbeitnehmer haben das Recht auf bezahlte Freistellung, können sich in Seminaren oder Kursen fortbilden, ohne dafür Urlaubstage oder Freizeit zu opfern. Der Bildungsurlaub wird nicht vom Erholungsurlaub abgezogen.
Bildungsurlaub Anspruch: Der Arbeitsort entscheidet
Der Anspruch auf Bildungsurlaub ist in Deutschland nicht einheitlich geregelt. Bildungspolitik ist Ländersache. Deshalb haben die Bundesländer jeweils eigene Gesetze erlassen. Dadurch ist der Bildungsurlaub Anspruch in erster Linie von Ihrem Arbeitsort abhängig. In diesen Ländern besteht ein gesetzlicher Anspruch auf Bildungsurlaub für Arbeitnehmer:
- Baden-Württemberg (5 Tage pro Kalenderjahr)
- Berlin (10 Tage in zwei Jahren)
- Brandenburg (10 Tage in zwei Jahren)
- Bremen (10 Tage in zwei Jahren)
- Hamburg (10 Tage in zwei Jahren)
- Hessen (10 Tage in zwei Jahren)
- Mecklenburg-Vorpommern (5 Tage pro Kalenderjahr)
- Niedersachsen (10 Tage in zwei Jahren)
- Nordrhein-Westfalen (10 Tage in zwei Jahren)
- Rheinland-Pfalz (10 Tage in zwei Jahren)
- Saarland (6 Tage pro Kalenderjahr)
- Sachsen-Anhalt (14 Tage in zwei Jahren)
- Schleswig-Holstein (10 Tage in zwei Jahren)
- Thüringen (5 Tage pro Kalenderjahr)
Wer in Bayern oder Sachsen arbeitet, hat keinen Rechtsanspruch auf Arbeitnehmerweiterbildung. Generell gilt das auch für Studenten, Hausfrauen oder Rentner.
Wie viele Tage im Jahr hat man dafür?
Anspruchsberechtigte Arbeitnehmer können meist 5 Tage Bildungsurlaub im Jahr beziehungsweise maximal 10 Tage in zwei Jahren nehmen. Dazu wird der Anspruch aus dem ersten Jahr auf das Folgejahr übertragen. Im Saarland gibt es sogar 6 Tage. Allerdings müssen Arbeitnehmer dafür 3 Tage arbeitsfreie Zeit einbringen (z.B. Wochenende). Ausgangspunkt für die Dauer ist die regelmäßige Wochenarbeitszeit. Wer eine 5-Tage-Woche hat, besitzt Anspruch auf 5 Tage Bildungsurlaub. Bei Teilzeitkräften mit einer 3-Tage-Woche verringert sich der Anspruch entsprechend auf 3 Tage.
Einfluss auf Anspruch und Höhe des Bildungsurlaubs hat auch die Betriebsgröße. So gilt beispielsweise in Nordrhein-Westfalen (NRW):
- In Betrieben mit weniger als zehn Beschäftigten gibt es keinen Bildungsurlaub.
- Hat der Betrieb bis zu 50 Beschäftigte und davon zehn Prozent schon freigestellt, gibt es für den Rest keinen Bildungsurlaub.
Weitere Informationen finden Sie auf der Seite des Deutschen Bildungsservers (iwwb.de).
Sonderregelungen für Beamte und Azubis
Auch bei Beamten und Auszubildenden variieren die Gesetze von Bundesland zu Bundesland. Bildungsurlaub gibt es für Beamte in nur sechs Bundesländern: Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern (ohne Lohnerstattung), Rheinland-Pfalz, Saarland, Schleswig-Holstein und Thüringen.
Auszubildende haben in 13 Bundesländern Anspruch auf Bildungsurlaub – teils aber mit Einschränkungen:
- Baden-Württemberg: 5 Tage in der Ausbildung
- Berlin: 10 Tage pro Kalenderjahr
- Brandenburg: 5 Tage pro Kalenderjahr
- Bremen: 5 Tage pro Kalenderjahr
- Hamburg: 5 Tage pro Kalenderjahr
- Hessen*: 5 Tage pro Kalenderjahr
- Mecklenburg-Vorpommern*: 5 Tage in der Ausbildung
- Nordrhein-Westfalen*: 5 Tage in der Ausbildung
- Rheinland-Pfalz*: 3 Tage nach 12 Monaten
- Saarland: 3 Tage pro Kalenderjahr + eigenen Urlaub
- Sachsen-Anhalt: 5 Tage pro Kalenderjahr
- Schleswig-Holstein: 5 Tage pro Kalenderjahr
- Thüringen: 3 Tage pro Kalenderjahr
*In diesen Bundesländern muss es sich beim Bildungsurlaub um eine politische Weiterbildung handeln. In Hessen können 5 zusätzliche Arbeitstage gewährt werden, wenn die Fortbildung mit einem Ehrenamt zusammenhängt.
Bildungsurlaub Angebote: Wer zahlt was?
Während der Bildungsmaßnahmen zahlt der Arbeitnehmer das Gehalt wie gewohnt weiter. Die Kosten für Kurs, Workshop oder Seminar, Reisekosten und Lehrmittel müssen hingegen die Arbeitnehmer bezahlen. Immerhin lassen sich die Kosten und Kursgebühren später (teilweise) von der Steuer absetzen. Manchmal gibt es regionale Förderprogramme, die von 500 Euro bis 50 Prozent der Kosten übernehmen. Informationen dazu finden Sie unter foerderdatenbank.de.
Kann der Chef Bildungsurlaub ablehnen?
Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Vorgesetzte den Antrag auf Bildungsurlaub ablehnen:
- Der Antrag geht zu spät ein.
- Die Weiterbildung ist nicht als Bildungsurlaub anerkannt.
- Der Fortbildung fehlt die fachliche Relevanz für den Job.
- Betriebliche Gründe (weil schon Kollegen Bildungsurlaub haben).
Die Ablehnung des Bildungsurlaubs muss allerdings immer schriftlich und mit Begründung erfolgen.
Was kann ich bei einer Ablehnung tun?
Falls der Chef Ihren Antrag ablehnt, können Sie die Ablehnung durch einen Anwalt oder den Betriebsrat prüfen lassen und Ihr Recht gegebenenfalls einfordern. Die Erfolgschancen stehen und fallen aber mit der Einhaltung der obigen Voraussetzungen und dem klaren Bezug und Nutzen der Weiterbildung für Ihren Job.
Bildungsurlaub beantragen: Was beachten?
Um Bildungsurlaub beantragen zu können, muss das Arbeitsverhältnis in den meisten Bundesländern mehr als sechs Monate bestehen. Im Saarland sind es zwölf Monate, in Rheinland-Pfalz sogar zwei Jahre. Erst wenn diese sogenannte Wartezeit absolviert ist, kann Bildungsurlaub beantragt werden. Weitere Voraussetzungen und Regeln sind:
- Ort
Für Anspruch und Antrag auf Bildungsurlaub ist allein der Arbeitsort entscheidend. Nicht der Wohnort. - Fristen
Halten Sie Antragsfristen ein! Diese können je nach Bundesland 6 bis 8 Wochen betragen. In Niedersachsen reicht eine Vorlaufzeit von 4 Wochen. In Thüringen muss der Antrag beim Arbeitgeber 8 Wochen vor Seminarbeginn eingereicht werden. - Umfang
Die Weiterbildung muss mindestens sechs Stunden pro Tag umfassen, um als Bildungsurlaub anerkannt zu werden. In manchen Bundesländern wird zudem die Gesamtdauer der Weiterbildung vorgegeben: In Hamburg zum Beispiel 5 Tage oder ein 2- und 3-Tage-Block innerhalb von acht Wochen. - Übertragung
Bei einem Jobwechsel können die (angesparten) Ansprüche auf Bildungsurlaub nicht auf den neuen Arbeitgeber übertragen werden.
Bildungsurlaub Anstrag: Fomulierung & Beispiel
Sollte es in Ihrem Unternehmen kein offizielles Antragformular geben, können Sie auch ein formloses Schreiben einreichen. Dazu reicht oft schon diese Formulierung:
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit beantrage ich die Freistellung im Rahmen eines Bildungsurlaubes in der Zeit vom TT.MM.JJJJ bis TT.MM.JJJJ. Die Unterlagen zur geplanten Weiterbildung haben ich Ihnen angefügt. Gerne reiche ich auf Wunsch Antragsformulare und Ablaufprogramme nach.
Checkliste für Ihren Bildungsurlaub
Um die Erfolgschancen für Ihren Antrag auf Bildungsurlaub zu steigern, sollten Sie diese Punkte beachten:
- Angebote prüfen
Informieren Sie sich ausführlich darüber, ob Sie einen Anspruch auf Bildungsurlaub haben und welche Fortbildungsmaßnahmen in Ihrem Bundesland angeboten werden. Ebenso ob diese als Bildungsurlaub anerkannt sind. - AGB lesen
Prüfen Sie zudem die Stornierungsbedingungen. Oft müssen Sie sich vor dem Antrag anmelden. Seriös sind Weiterbildungen, von denen Sie kostenlos zurücktreten können, sollte Ihr Antrag auf Bildungsurlaub nicht genehmigt werden. - Kosten kalkulieren
Rechnen Sie mit privaten Kosten falls der Arbeitgeber nur die Lohnfortzahlung übernimmt. Mit Kursgebühren, An- und Abreise, Hotelaufenthalt und Materialien kommt schnell eine größere Summe zusammen. - Arbeitgeber einbeziehen
Sprechen Sie mit Ihrem Vorgesetzten rechtzeitig über etwaige Pläne. Mit 8 Wochen vor Antritt des Seminars sind Sie meist auf der sicheren Seite. Vergessen Sie nicht zu klären, wie Sie mit eventuellen Engpässe im Unternehmen umgehen. - Antrag stellen
Für den Antrag beim Arbeitgeber müssen Anmeldebestätigung, Anerkennung der Weiterbildung nach dem jeweiligen Gesetz und gegebenenfalls ein Ablaufplan vorgelegt werden. Warten Sie danach auf die Bestätigung des Arbeitgebers. - Unterlagen aufbewahren
Bewahren Sie alle Unterlagen auf. Bei der Steuererklärung können Sie Ausgaben im Bereich „Aufwendungen für Weiterbildung“ geltend machen. Informieren Sie sich vorab beim Steuerberater oder Finanzamt.
Bildungsurlaub Anerkennung: Was ist anerkannt?
Die meisten Bundesländer verbinden die Anerkennung mit der Relevanz für den Job. In NRW heißt es zum Beispiel in § 9 des Arbeitnehmerweiterbildungsgesetzes (AWbG): Veranstaltungen, die „der Erholung, der Unterhaltung, der privaten Haushaltsführung, der Körper- und Gesundheitspflege, der sportlichen, künstlerischen oder kunsthandwerklichen Betätigung“ dienen, werden nicht als Bildungsurlaub anerkannt. Ausgenommen sind auch Studienreisen. In Baden-Württemberg und Hessen müssen Bildungsveranstaltungen entweder politischer oder beruflicher Natur sein, um als Bildungsurlaub anerkannt zu werden.
Gute Chancen auf Anerkennung haben Sprachkurse (Business-Englisch, Chinesisch, Arabisch), IT-Fortbildungen (Programmiersprachen), Rhetorik-Kurse und Ähnliches (sogar Yoga oder Klangmassage). Dies variiert aber von Bundesland zu Bundesland.
Bildungsurlaub Anbieter prüfen
Prüfen Sie etwaige Bildungsurlaub Angebote immer genau und sprechen Sie Ihre Pläne mit dem Arbeitgeber ab. Vor dem Antrag beim Arbeitgeber müssen sich Arbeitnehmer oft beim Weiterbildungsträger für die Maßnahme anmelden. Die Träger schicken dann alle notwendigen Unterlagen zu, inklusive der Bestätigung der Anerkennung für den Bildungsurlaub. Der Arbeitgeber kann vorher aber noch einen genauen Ablaufplan der Maßnahme fordern.
Manche Arbeitgeber erlauben auch Weiterbildungen im Ausland. Vorsicht: Die Anerkennung ist deswegen nicht automatisch sichergestellt. Manche Bundesländer geben eine Begrenzungen oder maximale Entfernung für den Bildungsurlaub vor. In Nordrhein-Westfalen zum Beispiel legt das Gesetz einen Radius von maximal 500 Kilometern rund um NRW vor.
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