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Digitalisierung: Wie arbeiten wir künftig?

Immer mehr Maschinen, immer mehr Technik… Für Otto-Normalarbeitnehmer verheißt die Zukunft und fortschreitende Digitalisierung vor allem Verdrängung. So prognostiziert es Studie um Studie. „Stimmt nicht“, sagen drei Deloitte-Ökonomen. Ihrer Einschätzung nach ist die Digitalisierung keine Einbahnstraße, sondern schafft sogar neue Jobs. Aber welche? Und welche sind von der Digitalisierung tatsächlich bedroht? Wie werden wir in Zukunft arbeiten? Alles, was Sie zum Thema Digitalisierung auf dem Schirm haben müssen…


Digitalisierung: Wie arbeiten wir künftig?

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Definition: Digitalisierung einfach erklärt

Ursprünglich – und in dieser Bedeutung nach wie vor existent – bedeutete Digitalisierung die Transformation analoger Daten und Werte in digitale Formate. Beispiele für eine derartige Digitalisierung sind Uhren – von der analogen Anzeige mit Zeigern hin zur digitalen mit Zahlen.

Oder alte Datenträger wie Schallplatten, Musikkassetten, Videokassetten, die durch CDs und USB-Sticks abgelöst wurden. Andererseits ist Digitalisierung ein mediales Buzzword, das ganz verschiedene Dinge bedeuten kann. Zum Beispiel kann es bedeuten, dass…

  • Maschinen, Roboter und Rechner die Aufgaben von Menschen übernehmen.
  • Produktionsabläufe in der Fabrik automatisiert und digitalisiert werden.
  • Die Verbreitung von Informationen oder Waren über digitale Kanäle erfolgt.
  • Branchen von digitalen Geschäftsmodellen disruptiv umgekrempelt werden.
  • Neue Berufe aufgrund oder in Folge der Digitalisierung entstehen.
  • Digitale Kompetenzen in bestimmten Berufen und auf dem Arbeitsmarkt insgesamt eine immer größere Rolle spielen.

Statt Digitalisierung (englisch: digitalisation) ist auch von der digitalen Revolution die Rede. Beide Begriffe existieren in Analogie zur Industrialisierung beziehungsweise der industriellen Revolution.

Der Unterschied zwischen Digitalisierung und Industrialisierung einerseits und digitale beziehungsweise industrielle Revolution andererseits besteht darin, dass das eine einen eher schleichenden Prozess beschreibt, das andere von plötzlichen Veränderungen ausgeht.

Und das ist auch die große Angst vieler: Die Digitalisierung passiert und sie werden plötzlich abgehängt.

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Beispiele für Digitalisierung in Deutschland

Es gibt Beispiele, in denen Digitalisierung lediglich die oben beschriebene Transformation in andere Formate bedeutet. Vielerorts in Deutschland gehen die Dinge noch so weiter wie vor 20, 30 Jahren – der Datenträger hat vielleicht gewechselt, aber das reale Leben findet eben analog statt.

In anderen Fällen geht sie deutlich weiter: Moderne Uhren können nicht nur die Zeit anzeigen, sondern enthalten Apps, die mit Ihrem Smartphone verbunden sind. Überhaupt ist das Smartphone ein gutes Beispiel dafür, wie verschiedene Funktionen in einem Gerät gebündelt werden. Es ist Telefon, Wecker, Kamera, Radio und Musikdatenträger in einem; Sie können Ihre Fitness damit tracken und Erinnerungen für Termine einstellen.

Damit ist noch längst nicht das Potenzial digitaler Möglichkeiten ausgeschöpft; Fitness Tracker liefern Ihnen heutzutage bereits einen Überblick darüber, wie viel Sie gelaufen sind und wie viele Kalorien dabei verbraucht wurden. Sie können Ihren Puls messen und Auskunft darüber erteilen, in welcher körperlichen Verfassung Sie sind.

Digitalisierung bedeutet Informationsvernetzung. Ein Horrorszenario für Datenschützer wäre, wenn die gewonnenen Informationen beispielsweise an Ihre Krankenkasse übermittelt würden. Auf der einen Seite sind durch diese Daten vielleicht Vorhersagen zur Herzinfarktwahrscheinlichkeit oder Übergewicht möglich, die ein rechtzeitiges Gegensteuern oder Eingreifen gestatten und hilfreich sind.

Auf der anderen Seite wäre damit einer Verwendung zu Ihren Ungunsten Tür und Tor geöffnet – Krankenkassen könnten auf die Idee kommen, Ihnen eine bestimmte Lebensweise oder Sportprogramm vorzuschreiben oder anderenfalls die Mitgliedsbeiträge zu erhöhen.

Digitalisierung in Wirtschaft und Gesellschaft

Ganz gleich, ob Sie ein Smartphone oder einen Fitness Tracker nutzen: Die Digitalisierung hat längst unzählige Bereiche durchzogen und das vor allem weltweit. Und es sind bereits deutliche gesellschaftliche Konsequenzen spürbar: Die Wahl des amerikanischen Präsidenten Donald Trump als auch der Ausgang des britischen Referendums („Brexit“) sind auf Einflüsse durch Social-Media-Kanäle zurückzuführen.

So lässt sich also nicht nur eine unmittelbare, sondern auch eine mittelbare Auswirkung der Digitalisierung beobachten. Was heißt das für die Arbeitswelt?

„Rund 47 Prozent der Jobs in den USA werden überflüssig.“ So stand es 2013 in einer Studie der Oxford-Ökonomen Carl Benedikt Frey und Michael Osborne. Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) übertrug die Berechnungen daraufhin auf Deutschland und kam zu dem Schluss, dass hierzulande 42 Prozent aller Tätigkeiten gefährdet seien.

In der Tat mehren sich die Anzeichen für eine graduelle Übernahme von Maschinen, in Forschung und im Alltag. Maschinen werden immer cleverer, immer besser, übernehmen immer mehr Aufgaben. Einige Beispiele:

  • Amazon und andere führen Feldversuche mit Lieferdrohnen durch, in Ruanda und Ghana werden in unzugänglichen Gegenden Menschen bereits mit Medikamenten durch Lieferdrohnen versorgt.
  • Automobilhersteller und -dienstleister wollen den Straßenverkehr mit selbstfahrenden Autos revolutionieren.
  • Sogenannte Concierge-Roboter können in Hotels an der Rezeption oder als Assistenten eingesetzt werden.
  • Drohnen werden auch im Kampf gegen illegale Fischerei und Wilderer zur Überwachung von maritimen Schutzzonen und Nationalparks eingesetzt.
  • Ein Berliner Startup namens Leverton hat eine Software entwickelt, die komplexe Verträge ausliest, zum Beispiel beim Kauf einer Immobilie.

Insgesamt können so Aufgaben bewältigt werden, die momentan noch von Briefträgern und Paketboten, Taxifahrern, Rezeptionisten, Park-Rangern und Anwälten übernommen werden.

Werden sie nun alle überflüssig? Manche wahrscheinlich ja, andere nicht. Auch könnten sich viele auf ihre Kernkompetenzen fokussieren und Maschinen ungeliebte Routine-Tätigkeiten übernehmen lassen.

Ein weiterer Vorteil ist die Flexibilität: Die eigene Arbeit kann dank Internet häufig bereits von Zuhause aus erledigt werden; auch Weiterbildung muss nicht mehr zwangsläufig vor Ort stattfinden: Homeoffice und E-Learning werden selbstverständlich. Aber nicht nur für den Arbeitnehmer ändert sich etwas:

Die Digitalisierung ermöglicht virtuelle Teams – das wiederum heißt, dass Vorgesetzte ihre Teammitglieder im Regelfall nicht zu Gesicht bekommen. Hier ist Digital Leadership gefragt, also Führungskräfte, die die notwendige Medienkompetenz besitzen und das Team durch den digitalen Transformationsprozess begleiten können.

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Steigende Erwerbstätigkeit trotz digitalen Wandels

Eine andere Richtung schlagen die Ökonomen Ian Stewart, Debapratim De und Alex Cole von Deloitte ein. Sie zeigen in einem Arbeitspapier auf, dass die Automatisierung der Wirtschaft auch zu positiven Konsequenzen, zu einer schöpferischen Zerstörung, führen kann.

Ihre Grundthese: Fortschreitende Maschinisierung sorgt für größeres Wachstum. Dieses führt zu höheren Einkommen, die dann wiederum für neuartige Dienstleistungen ausgegeben werden. Und in diesen Bereichen entstehen dann neue Jobs.

Dafür haben sie Arbeitsmarkt- und Zensusdaten aus England und Wales bis ins Jahr 1871 zurückverfolgt. In ihrer Arbeit stellen sie also keine vagen, unüberprüfbaren Thesen über eine mögliche Zukunft auf, sondern zeigen, wie sich der Austausch menschlicher Arbeit durch Maschinen in der Vergangenheit ausgewirkt und neue Jobs geschaffen hat.

1871 2011
Arbeit in Pflegeberufen 1,1 % 12,2 %
Arbeit mit Muskelkraft 23,7 % 8,3 %
[Quelle: England and Wales Census records, Deloitte]


Beispiel Landwirtschaft: 1871 schufteten noch 6,6 Prozent aller Arbeitskräfte in England und Wales auf Feldern und Wiesen. Ihr Anteil ging bis 2011 auf 0,2 Prozent zurück – ein Rückgang um 95 Prozent. Muskelkraft wurde ersetzt durch Traktoren, Mähdrescher, Melkmaschinen.

Das Gleiche gilt für den produzierenden Bereich. Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, 1948, waren noch 38 Prozent aller Beschäftigten in England und Wales in der Produktion beschäftigt. 2012 waren es gerade noch acht Prozent (in Deutschland liegt dieser Anteil heute allerdings noch bei fast 20 Prozent – für viele Wirtschaftswissenschaftler ein klarer Wettbewerbsvorteil).

Die Erwerbstätigkeit insgesamt stieg dennoch.

Die Autoren liefern außerdem noch ein schönes historisches Fallbeispiel: Im Jahr 1901 gab es in England und Wales 32,5 Millionen Einwohner, von denen 200.000 hauptberuflich damit beschäftigt waren, Wäsche zu waschen – damals eine mühsame, zeitraubende Angelegenheit.

2011 arbeiteten, bei einer Gesamtbevölkerung von 56,1 Millionen, nur noch 35.000 Menschen in diesem Bereich – hauptsächlich in Waschsalons und Großwäschereien. Mehr Bedarf für menschliche Arbeitskraft gibt es in Zeiten kostengünstiger automatischer Waschmaschinen nicht mehr.

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Diese Jobs haben Zukunft

Bessere Technologie führt zu schlankeren Arbeitsabläufen, purzelnden Preisen. Das betrifft Wäsche, Lebensmittel oder TV-Geräte, die immer erschwinglicher werden. Ergebnis: Den Verbrauchern steht mehr Geld für andere Dienstleistungen zur Verfügung. Auch für solche, die es noch gar nicht gibt.

Zum Beispiel für Dienstleistungen aus dem Beauty-Bereich. 1871 kamen auf jeden Friseur oder Barbier in England und Wales 1.793 andere Bürger, heute kommen auf jeden nur noch 287.

Es deutet auch heute vieles darauf hin, dass der Friseur ein Beruf mit Zukunft bleibt. Friseure erledigen keine Routinetätigkeiten, müssen immer wieder aufs Neue auf die individuellen Wünsche ihrer Kunden eingehen. Kein Roboter kann das, auch nicht auf mittlere Sicht.

Gute Voraussetzungen, um von der Digitalisierung halbwegs verschont zu bleiben. Ohnehin werde die Arbeit der Zukunft, so die Deloitte-Autoren, geprägt durch folgende Eigenschaften und Merkmale:

  • Soziale Interaktion
  • Empathie
  • Kreativität und besondere Fähigkeiten

Welche Berufsbilder haben in den letzten 20 bis 25 Jahren an Bedeutung gewonnen? Und welche sind nahezu untergegangen.

Dazu liefert das Arbeitspapier diese Zahlen:

Technologischer Wandel: Diese Berufe haben seit 1992 in England und Wales gewonnen
Beruf Beschäftigung 1992 Beschäftigung 2014 Veränderung seit 1992
Gesamtbeschäftigung 24.746.881 30.537.415 +23 %
Krankenpfleger, Pflegeassistenten 29.743 300.201 +909 %
Lehrer, Bildungsberufe 72.320 491.669 +580 %
Unternehmensberater, Wirtschaftsanalysten 40.458 188.081 +365 %
IT-Manager 110.946 327.272 +195 %
Sozialarbeit, Jugendhilfe, gemeinnützige Arbeit 82.921 234.462 +183 %
Häusliche Pflege, Altenpflege, Kinderbetreuung 296.029 792.003 +168 %
Schauspieler, Tänzer, Moderatoren, Produzenten, Regisseure 47.764 122.229 +156 %
[Quelle: Labour Force Survey, Deloitte]


Technologischer Wandel: Diese Berufe haben seit 1992 in England und Wales verloren
Beruf Beschäftigung 1992 Beschäftigung 2014 Veränderung seit 1992
Schuh- und Lederwarenhandel 40.715 7.528 -82 %
Weber, Strickwarenhersteller 24.009 4.961 -79 %
Metallbauer 39.950 12.098 -70 %
Schreibkräfte 123.048 52.580 -57 %
Sekretärinnen 90.476 43.181 -52 %
Kraftwerksarbeiter 19.823 9.652 – 51 %
Arbeiter in der Landwirtschaft 135.817 68.164 -50 %
[Quelle: Labour Force Survey, Deloitte]


Die Frage ist aber nicht nur, inwiefern die verschiedenen Prognosen zutreffen werden. Sondern auch, wie wir als Arbeitnehmer damit umgehen: Sorgen die ganzen Schreckensszenarien für eine tiefgreifende Verunsicherung? Fürchten wir uns eigentlich vor dem Jobverlust oder vor der Veränderung?

Ist die digitale Transformation ein Grund zur Sorge?

Das Pew Research Center ist dieser Frage nachgegangen und hat über 2.000 Amerikaner befragt.

Demnach rechnen in den USA, dem Pionierland der Automatisierung, mittlerweile 65 Prozent der Bevölkerung damit, dass Maschinen in den kommenden 50 Jahren „auf jeden Fall“ oder „wahrscheinlich“ einen Großteil der Arbeit übernehmen werden, die heute noch von Menschen erledigt wird.

Resultat: Rund 15 Prozent sagen, das werde „auf jeden Fall“ passieren, für 50 Prozent wird es „wahrscheinlich“ passieren. Immerhin 25 Prozent aber glauben, dies werde „wahrscheinlich nicht“ passieren, sieben Prozent sind davon sogar überzeugt, dass es „auf keinen Fall“ geschehen werde.

Das Paradoxe: Noch viel mehr von ihnen, nämlich 80 Prozent, glauben, dass ihr eigener Job auch in 50 Jahren noch genauso oder in nahezu unveränderter Form bestehen wird.

Keine Spur von Digitalisierung.

Rund 36 Prozent der Amerikaner sagen sogar, dass ihr aktueller Job in fünf Jahrzehnten „auf jeden Fall“ noch in seiner jetzigen Form bestehen wird, für 44 Prozent wird er es „wahrscheinlich“. Zwölf Prozent vermuten hingegen, dass es ihn „wahrscheinlich nicht“ mehr geben wird, sechs Prozent sagen, er werde „auf keinen Fall“ mehr so existieren.

Interessant dabei: Menschen unter 50 sind skeptischer, was das Fortschreiten der Digitalisierung betrifft. So sagen 35 Prozent der 18- bis 49-Jährigen, es sei unwahrscheinlich, dass Roboter und Computer den Großteil menschlicher Arbeit übernehmen werden, bei den Über-50-Jährigen sind es nur 27 Prozent. Vermutlich steckt auch ein wenig Berufsoptimismus dahinter, immerhin haben die Jüngeren noch deutlich mehr Arbeitsjahre vor sich.

Auch Personen mit höherem Bildungsstatus haben weniger Angst vor der Automatisierung: 37 Prozent der Befragten mit College-Abschluss glauben nicht an die weitgehende Übernahme durch Maschinen, bei denjenigen ohne College-Abschluss sind es mit 28 Prozent deutlich weniger. Auch ein hohes Einkommen wiegt die Amerikaner in Sicherheit.

38 Prozent der Amerikaner mit einem jährlichen Haushaltseinkommen von über 75.000 Dollar erwarten nicht, dass die Digitalisierung den Menschen die Arbeit großflächig wegnehmen wird, bei denen mit einem Haushaltseinkommen von unter 30.000 Dollar sind es nur 27 Prozent.

Wovor sich die Amerikaner fürchten

Alles in allem kann die Angst der Amerikaner noch als sehr schwach bis vage bezeichnet werden. Auf die Frage, was sie ihren Job kosten könnte, antworteten nur elf Prozent mit „Maschinen und Computer“. Viel größer ist die Angst vor der unmittelbaren Zukunft – vor billigeren Konkurrenten auf dem Arbeitsmarkt im Ausland, vor Missmanagement oder vor Makro-Trends in der jeweiligen Branche.

Konkret sind das die größten Sorgen:

  1. 26 Prozent machen sich Sorgen, dass sie ihren Job verlieren könnten, wenn ihr Unternehmen schlecht geführt wird.
  2. 22 Prozent befürchten Jobverlust, weil ihre Branche schwächeln könnte.
  3. 20 Prozent fürchten, dass ihr Arbeitgeber einen neuen Mitarbeiter finden könnte, der den Job für ein geringeres Gehalt übernimmt.
  4. 13 Prozent sind besorgt, dass ihre technischen Fähigkeiten nicht Schritt halten können, um im Job konkurrenzfähig zu bleiben.
  5. 11 Prozent fürchten, dass ihr Arbeitgeber menschliche Arbeitskräfte durch Maschinen oder Computer ersetzen könnte.

Digitalisierung: Interview mit Joël Luc Cachelin

Wie verändert die Digitalisierung die Wirtschaft? Was macht sie mit uns Menschen? Und wie müssen wir ihr begegnen? Fragen, die sich Joël Luc Cachelin mehr als einmal gestellt hat. Der Schweizer hat an der Universität St. Gallen studiert und promoviert. Seit 2009 ist er Geschäftsführer der Wissensfabrik, einer Beratungsfirma für die „digitale Transformation“.

Herr Cachelin, waren Sie heute schon auf Facebook?

Ja, ich gehe oft auf Facebook, vielleicht zu oft. Es ist Zeitvertrieb und auch ein wichtiges Marketinginstrument für meine Wissensfabrik. In den letzten Monaten hat es sich zudem zu einem wichtigen Informationsmedium entwickelt. Die Nutzer und Institutionen, deren Neuigkeiten ich erhalte, übernehmen eine Filterfunktion. Dabei bin ich mir schon bewusst, dass Algorithmen mitbestimmen, was zu mir vordringt.

Ich frage deshalb, weil Sie der Digitalisierung ja im Grunde sehr skeptisch gegenüberstehen.

Zunächst einmal bin ich ein grosser Befürworter der digitalen Gesellschaft. Das Internet bringt große Errungenschafen mit sich. Es macht unsere Leben einfacher, intensiver, ermöglicht, unsere Ressourcen effizienter einzusetzen und bringt neue Formen der Intelligenz hervor. Ich lebe sehr intensiv digital. Genauso bringt es aber auch neue Gefahren mit sich. Diese sind nicht immer sichtbar und mir ist wichtig, dass Chancen und Gefahren gleichzeitig betrachtet werden. Zum Beispiel bringt die Digitalisierung neue Formen der Überwachung oder der ökonomischen Verführung. Darüber hinaus ist die digitale Gesellschaft sehr ressourcenintensiv. Als Gesellschaft müssen wir aktiver steuern, in welcher digitalen Gesellschaft wir leben wollen.

In Ihrem Buch „Offliner“ beschreiben Sie 16 Offliner-Typen, zum Beispiel Entschleuniger, Romantiker und Datenschützer. Welcher Typ sind Sie?

Das Buch stellt weniger eine Typologie im Sinne von ‚Du bist das‘ und ‚Ich bin das‘. Wichtiger war mir zu zeigen, dass es unterschiedliche Motive gibt, um der steigenden Digitalisierung skeptisch gegenüberzustehen. Insofern denke ich, dass wir alle zu Teilen Offliner sind. Dabei mischen sich die unterschiedlichen Motive, die Typologie ist also nicht trennscharf.

Sie warnen, wie viele andere auch, vor dem Verlust von Arbeitsplätzen, die in Zukunft von Robotern und Maschinen übernommen würden. Welche Eigenschaften, neudeutsch: Skills, werden Ihrer Meinung nach in der heraufziehenden Arbeitswelt denn dann für uns Zurückgebliebene besonders wichtig sein?

Ich denke, dass alle Fähigkeiten wichtiger werden, die mir als Individuum erlauben, mich in einer digitalen vernetzten Gesellschaft selbständig zu bewegen. Es geht also um eine umfassende Selbstkompetenz, die bei der Selbstreflexion beginnt und sich mit Selbstmanagement und Selbstvertrauen fortsetzt. Wichtig sind darüber hinaus Kommunikationsfähigkeiten, wozu auch die Selbstvermarktung und die Vernetzung gehören. Wichtig scheint mir zudem die Fähigkeit, Fragen zu stellen. Das ist eine zentrale Fähigkeit, die uns bis jetzt von den Maschinen unterscheidet.

Welchen Rat würden Sie einem Schüler geben, der gerade vor der Entscheidung steht, was er lernen, studieren oder welche Ausbildung er machen soll?

Viele zukünftige Berufe und Tätigkeiten werden sich durch die Maschinen verändern. Die zukünftige Elite wird sich wohl aus den Menschen zusammensetzen, welche die Maschinen entwickeln und das Zusammenspiel von Mensch und Maschinen managen. Konkret geht es um Robotik, das Programmieren und Statistik, aber auch um sämtliche Managementtätigkeiten, die einen mit einem wirtschaftlichen, die anderen mit eher einem sozialen oder spielerischen Fokus. Je mehr die Maschinen Einzug halten, desto mehr wird das Handwerk eine Renaissance erleben. Warum also nicht Schumacher oder Gärtner lernen.

Und welche Jobs oder Berufsbilder haben Ihrer Einschätzung nach keine Zukunft?

Ich glaube, sämtliche Berufe und Berufsbilder geraten unter Druck. Einerseits verändern sich Berufe und Stellen immer schneller. Man kann auch vom Ende des Berufes oder dem Ende der Stelle sprechen. An deren Stelle rücken Kompetenzsets beziehungsweise die Fähigkeit, sich zu verändern. Die meisten von uns werden in Zukunft mehrere Jobs in mehreren Unternehmen durchlaufen und dabei auch unterschiedliche Tätigkeiten wahrnehmen. Verschwinden werden sämtliche Tätigkeiten, bei denen wir als Gesellschaft beschließen, dass sie besser von Maschinen erledigt werden können. Das kann Mitarbeitende an Kassen, in Callcentern, Ticketcontrolleure, Chauffeure, Chirurgen und Piloten betreffen. Letztlich ist es auch eine Frage der gesellschaftlichen Akzeptanz, was wir an Maschinen delegieren wollen.

Sie schreiben auch, dass sich Unternehmensführung und Management durch die Digitalisierung radikal ändern müssen. Inwiefern?

Die Digitalisierung setzt zahlreiche Branchen unter Druck. Das ist vielerorts schon spürbar, andernorts wie bei Banken, Versicherungen, aber auch dem Einzelhandel oder den Mobilitätsanbietern tut man noch so, als würde sich gar nichts verändern. Unternehmen müssen sich viel schneller verändern, anpassen als früher, sonst schrumpfen sie massiv oder gehen ganz ein. Zudem verändern die Maschinen die Rolle des Menschen im Wertschöpfungsprozess. Damit meine ich nicht nur die Roboter, sondern auch die Automaten, Algorithmen und Drohnen. Den Menschen bleibt das kreative und kritische Denken, das Erkennen von Bedürfnissen, Ängsten und Hoffnungen, das Ausdrücken und Verstärken von Emotionen. Letztlich bringt die Generation Y in Bezug auf Freiheit, IT und Arbeitsverhältnisse neue Erwartungen in die Unternehmen. Von dieser dreifachen Veränderung scheinen viele Unternehmen wenn nicht überfordert, dann doch herausgefordert zu sein.

Auf welche Seiten oder Dienstleistungen im Netz können Sie denn ganz persönlich nicht mehr verzichten?

Für mich sind die Schweizer Tageszeitungen wichtig, um mich über das Weltgeschehen zu informieren. Die Trendrecherche mache ich mehrheitlich mit Facebook und Twitter. Ohne Suchmaschine geht es natürlich auch nicht. Ich finde auch virtuelle Speicher wie Dropbox, Icloud, Spotify und Netflix wichtig, um von überall auf alle Dateien zugreifen zu können. Ich bin also ein gewöhnlicher User, der die dominanten Player der digitalen Infrastruktur nutzt und sich zu wenig mit Alternativen auseinandersetzt. Wobei es immer darauf ankommt, wie man die Dinge nutzt. Ich kann Facebook nutzen, um Katzenbilder zu veröffentlichen, was ich auch tue, oder eben zur kritischen Reflexion des Internets aufrufen.

Was machen Sie in 20 Jahren beruflich?

Die Digitalisierung wird mein Kernthema bleiben. Ich werde vermutlich weiterhin Unternehmen im digitalen Transformationsprozess inspirieren, begleiten und beraten. Die Digitalisierung ist noch lange nicht abgeschlossen, sondern hat erst gerade begonnen. Wir sind gerade daran, in eine andere – die digitale – Dimension umzuziehen. Das erfordert viel Planung, Veränderung und Reflexion. Persönlich machen mir die Bücher sehr viel Spaß, weil ich hier diese Reflexion ausleben und teilen kann. Als nächstes werde ich mir der religiösen Dimension der Digitalisierung widmen.

Herr Cachelin, Danke für das Gespräch.

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[Bildnachweis: Karrierebibel.de]

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