Niesen-Knigge: Sagt man noch Gesundheit?

Ha… Haaa… HATSCHI!!! – „Gesundheit!“ – Achso, darf man das überhaupt noch zu einem Kollegen sagen, wenn der niesen muss? Gerade in der kalt-feuchten Jahreszeit kommen Niesattacken häufiger im Büro vor. Mit Beginn des Pollenfluges und der Heuschnupfen-Saison aber auch. Nur wie reagiert man darauf laut Knigge und Benimmregeln heute korrekt? Und gibt es überhaupt so etwas wie einen Knigge fürs Niesen? Doch der Reihe nach…

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Knigge-Regeln fürs Niesen: Armbeuge schützt

Schon die Nieser unterscheiden sich in zwei Gruppen: die Unterdrücker und die Windmaschinen. Beides kriegt man aber trotzdem mit. Deshalb: Egal zu welchem Hatschi-Typ Sie gehören – wenden Sie sich dabei immer ab! Besser noch, Sie benutzen ein Taschentuch, um dort hineinzuniesen. Sollten Sie keins zur Hand haben, niesen Sie in die Armbeuge. Ansonsten bitte möglichst in die linke Hand.

Warum? Die Kollegen sehen das womöglich. Und mit der rechten geben Sie eventuell später noch mal jemandem die Hand. Brrr. Im Ausland hat das Handspiel sogar noch größere Bedeutung. In einigen Kulturen, zum Beispiel im arabischer Raum oder in Indien, gilt die rechte Hand als besonders rein – nur mit ihr wird gegessen. Wer vorher reinniest, könnte genauso gut ins Essen spucken. Unfein! Daher: Nach dem Niesen in die Hand bitte die Hände waschen.

Sagt man „Gesundheit“ oder „Entschuldigung“?

Abhängig ist das davon, ob der Niesende sich in größerer Runde befindet. In Gruppen oder Gesellschaften werden Körpergeräusche für gewöhnlich nicht kommentiert. Haben Sie selbst bei Tisch eine Niesattacke sowie links und rechts Tischnachbarn, dann rucken Sie mit dem Stuhl etwas zurück und niesen Sie bitte nach links (wegen der linken Hand). Danach gilt es als höflich, sich kurz und leise zu entschuldigen: Ein „Entschuldigung“ reicht völlig. Auch im Büro mit anwesenden Kollegen. Nur bitte kein Drama daraus machen.

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Niesen-Knigge: Warum sagt man Gesundheit beim Niesen?

Wo kommt das überhaupt her, dass man dem Niesenden Gesundheit wünscht? Die historischen Wurzeln reichen bis in das dunkle Mittelalter, als noch Pest und Tuberkulose wüteten. Vor einigen Jahren entstand die Legende, dass in jener Zeit diejenigen, die „Gesundheit“ wünschten, das in Wirklichkeit sich selbst und nicht nicht dem Niesenden wünschten. Demnach wären purer Eigennutz und Angst vor Ansteckung der Ursprung. Wegen dieser Annahme gab es dann vor rund zehn Jahren das Knigge-Dekret, nicht mehr Gesundheit zu wünschen, weil das ja eigentlich gar nicht höflich sei, sondern egoistische Wurzeln habe. Wer niese, möge sich stattdessen nur noch entschuldigen und die anderen dazu schweigen.

Allerdings ist diese Ansicht längst überholt. Schon ein Blick in andere europäische Länder zeigt, dass der Wunsch im Vordergrund steht, dem Niesenden alles Gute zu wünschen:

  • „Gesundheit“ nach Niesen: Englisch

    So heißt es „(God) bless you“ im angelsächsischen Raum, also: Gott segne (= schütze) dich.

  • „Gesundheit“ nach Niesen: Spanisch

    Das Pendant zu „Gesundheit“ nach Niesen heißt „Jesus“ auf Spanisch. Auch hier geht es um einen Segenswunsch.

  • „Gesundheit“ nach Niesen: Niederländisch

    Unsere niederländischen Nachbarn wünschen ebenfalls „Gezondheit“ wie wir.

  • „Gesundheit“ nach Niesen: Französisch

    Die Franzosen wünschen mit „À vos/tes souhaits“, dass die Wünsche des Niesenden in Erfüllung gehen mögen.

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Wie reagiert man richtig auf das Niesen?

Inzwischen hat sich die alte Benimmregel wieder etwas gelockert. Vor allem im privaten Umfeld sei es laut der Knigge Gesellschaft durchaus wieder angebracht, dem anderen von Herzen „Gesundheit!“ zu wünschen. Im Job, in Großraumbüros oder Meetings ist der Ausruf aber problematisch. Und zwar aus ganz pragmatischen Gründen. Nehmen wir an, Sie sitzen mit fünf Kollegen in einer Besprechung – und einer muss plötzlich niesen:

  • Sollten jetzt alle vier anderen der Reihe nach Gesundheit wünschen?
  • Wie sähe das aus, wenn nur drei „Gesundheit!“ rufen, einer aber nicht: ein Affront!
  • Und was passiert erst, wenn drei Kollegen Heuschnupfen haben und das Trio abwechselnd eine Niesattacke bekommt?

Sie sehen schon, eine solche Genesungswunsch-Motette wirkt irgendwann nur noch störend, lähmend – und hohl sowieso. Daher empfiehlt es sich im Büro, ebenso wie bei Geschäftsessen das Hatschi des Kollegen weiterhin höflich zu überhören und auf sein „Entschuldigung“ allenfalls taktvoll zu nicken. Noch höflicher ist, wer dem Kollegen unauffällig (!) ein Taschentuch reicht.

Nicht krank ins Büro gehen

Falls das Niesen seine Ursache in einer veritablen Erkältung oder gar ansteckenden Grippe hat, gehören Sie nicht ins Büro, sondern ins Bett. Krank ins Büro zu gehen, ist nicht nur unhöflich, sondern unkollegial. Auch wenn manche Chefs das nicht so sehen.



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