Definition: Was ist die Gleitzone?
Die Gleitzone könnte man als den Bereich umschreiben, der zwischen dem Mini-Job und einer voll sozialversicherungspflichten Beschäftigung liegt. Die Gleitzonenregelung findet Anwendung, wenn Sie im Monat zwischen 450,01 und 850 Euro verdienen. Dann haben Sie einen sogenannten Midi-Job.
Das bedeutet konkret: Erhöht der Arbeitgeber Ihr Arbeitsentgelt von 450 Euro um einen einzigen Cent auf 450,01 Euro, müssen Sie Sozialabgaben abführen – allerdings reduzierte Abgaben. Liegen Sie oberhalb von 850 Euro, müssen Sie hingegen die vollen Beiträge zahlen. Innerhalb der Gleitzone steigt die Last der Sozialversicherungen progressiv an, je näher der Verdienst also an die 850 Euro heranrückt, desto höher fallen die Abgaben aus.
Das Sozialgesetzbuch definiert die Gleitzone so:
Eine Gleitzone im Sinne dieses Gesetzbuches liegt bei einem Beschäftigungsverhältnis mit einem daraus erzielten Arbeitsentgelt von 450,01 Euro bis 850,00 Euro im Monat vor, das die Grenze von 850,00 Euro im Monat regelmäßig nicht überschreitet; bei mehreren Beschäftigungsverhältnissen ist das insgesamt erzielte Arbeitsentgelt maßgebend.
Im Sommer 2019 soll die Obergrenze der Gleitzone auf 1.300 Euro deutlich angehoben werden. Dies würde es mehr Arbeitnehmern ermöglichen, von dem Übergangsbereich zu profitieren und geringere Sozialabgaben zu bezahlen.
Welche Vorteile hat die Gleitzone?
Die Vorteile eines Minijobs liegen auf der Hand. Geringfügig Beschäftigte zahlen auf ihren Minijob-Verdienst weder Steuern noch Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung. Sie bekommen somit den vollen Verdienst ausgezahlt und müssen nicht noch Beiträge vom ohnehin geringeren Gehalt abtreten.
Nachteil für Mini-Jobber: Sie haben nur verringerten bis gar keinen Anspruch auf Leistungen aus den Sozialsystemen.
In der Gleitzone befindet sich Ihr Arbeitsverhältnis genau in der Mitte und liefert somit einen Kompromiss beider Extreme. Sie zahlen als Arbeitnehmer Sozialbeiträge – wenngleich stark reduzierte – und haben unmittelbaren Anspruch auf das gesamte Spektrum der Sozialleistungen, zum Beispiel auch auf Krankengeld und Mutterschaftsgeld.
Ergo: Es kann sich unter Umständen lohnen, den Mini- gegen einen Midi-Job einzutauschen.
Die grundsätzlichen Ziele der Gleitzonenregelung, die im Rahmen der Hartz-IV-Gesetze Anfang des 21. Jahrhunderts eingeführt wurde, sind:
- Trend zur geringfügigen Beschäftigung stoppen
- Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung attraktiver machen
- Sozialkassen entlasten
Gleitzone: Wie werden die Beiträge berechnet?
Bei Arbeitnehmern, die in der Gleitzone beschäftigt sind, wird für die Berechnung ihres Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeitrags nicht das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt als beitragspflichtige Einnahme zugrunde gelegt, sondern ein Betrag, der nach einer speziellen Gleitzonenformel berechnet wird. Dementsprechend verringern sich ihre Abgaben.
Grundsätzlich steigt die Beitragsbelastung innerhalb der Gleitzone progressiv an. Bedeutet: Wer 500 Euro verdient, zahlt prozentual geringere Abgaben als jemand, der 650 Euro verdient. Dieser wiederum weniger als jemand, der 800 Euro verdient und so weiter.
Die vereinfachte mathematische Formel für die Berechnung der zu versteuernden Einnahmen in der GLeitzone lautet aktuell:
1,2759625 mal Arbeitsentgelt – 234,568125
Verdienen Sie nun beispielsweise 700 Euro, ergibt sich nach der Gleitzonenformel: 1,2759625 mal 700 – 234,568125 = 658,61 Euro – dieser wird als beitragspflichtiges Gehalt für die Berechnung Ihrer Sozialabgaben zugrunde gelegt. Statt auf die vollen 700 Euro müssen Sie nur für einen kleineren Betrag Abgaben zahlen.
In die Aufstellung dieser Formel fließt der sogenannte Faktor F ein, der jedes Jahr vom Bundesarbeitsministerium festgelegt und im Bundesanzeiger veröffentlicht wird. Für das noch laufende Jahr beträgt der Faktor F: 0,7545.
Das bedeutet grundsätzlich auch: Die Berechnung der Beiträge ändert sich regelmäßig. Vor allem Arbeitgeber müssen das im Auge behalten.
Gleitzonenverzicht: Ihrer Rente zuliebe!
Als Arbeitnehmer können Sie gegenüber Ihrem Arbeitgeber auf die Anwendung der Gleitzonenregelung zur Rentenversicherung verzichten – und damit verhindern, dass die Gleitzone Ihre Rentenansprüche absenkt.
Sie zahlen dann weiterhin die ermäßigten Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung, für die Rentenversicherung allerdings den vollen Arbeitnehmeranteil, der auf das gezahlte Arbeitsentgelt entfällt. Das hat den Vorteil, dass Sie mehr in die Rentenversicherung einzahlen und damit im Alter auch größere Ansprüche geltend machen können. Auf der anderen Seite bedeutet es natürlich auch: Noch weniger netto vom brutto.
Entscheidend ist deshalb die individuelle Situation, wer aktuell mit dem etwas geringeren Nettogehalt auskommt, kann allerdings mit dem Gleitzonenverzicht für die Rentenversicherung etwas für die Zukunft tun.
Dafür müssen Sie eine schriftliche Erklärung abgeben, die allerdings nicht rückwirkend gültig werden kann. Zudem gilt: Der Verzicht auf die Versicherungsfreiheit bleibt für die Dauer der Beschäftigung bindend und kann nicht widerrufen werden.
Gleitzonenregelung: Für wen gilt sie?
Die Zahl möglicher Szenarien ist groß. Zunächst noch mal der Hinweis: Wer bis zu 450,00 Euro im Monat verdient, ist geringfügig beschäftigt und von Sozialabgaben befreit. Wer auf über 850 Euro kommt, zahlt die regulären Beiträge. Nur wer sich innerhalb dieser Spanne bewegt, zahlt gemäß Gleitzonenregelung verringerte Abgaben.
Was aber, wenn ich ein schwankendes Gehalt habe? Wenn der Verdienst zum Beispiel in einem Monat bei 325 Euro und im nächsten bei 650 Euro liegt? In diesem Fall müssen Sie die monatlichen Gehälter addieren und aufs Jahr hochrechnen – Einmalzahlungen wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld inklusive. Dann teilen Sie die Gesamtsumme durch zwölf und sehen so, ob Sie sich mit Ihrem Einkommen in der Gleitzone befinden.
Kurz gesagt fallen Sie in die Gleitzone, wenn Ihr durchschnittliches Gehalt zwischen 450,01 Euro und 850,00 Euro liegt. Denken Sie daran, dass Einmahlzahlungen grundsätzlich für die Bestimmung, ob Ihr Arbeitsverhältnis in die Gleitzone fällt, miteinbezogen werden – Bonus, Weihnachtsgeld oder Urlaubsgeld können somit dazu führen, dass Sie in der Gleitzone landen, statt eine geringfügige Beschäftigung zu haben oder dass Sie die Obergrenze überschreiten und die Vorteile der Gleitzone nicht mehr nutzen können.
Zur Verdeutlichung ein simples Beispiel: Sie verdienen monatlich 700 Euro und erhalten vor Weihnachten eine Einmalzahlung von 300 Euro. Ihr monatliches Arbeitsentgelt beträgt nun 725 Euro im Schnitt. Diese Summe bildet die Grundlage zur Berechnung Ihrer Sozialbeiträge.
Ein zweites Beispiel: Sie erhalten pro Monat 800 Euro und befinden sich somit in der Gleitzone. Nun dürfen Sie sich kurz vor Jahresende noch über eine Einmalzahlung in Höhe von weiteren 800 Euro freuen. Diese erhöht Ihr monatliches Entgelt allerdings auf 866,67 Euro. Sie befinden sich somit außerhalb der Gleitzone und müssen die vollen Beitragssätze zahlen.
In so einem Fall könnte es also sinnvoll sein, auf das Weihnachtsgeld (oder zumindest einen Teil davon) zu verzichten.
Hier sind noch weitere Konstellationen der Gleitzone:
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Mehrfachbeschäftigung
Üben Sie mehr als einen Job aus, müssen Sie die Arbeitsentgelte prinzipiell addieren. Liegen Sie in der Addition zwischen 450,01 und 850 Euro, gilt für Sie die Gleitzonenregelung. Allerdings nur dann, wenn mindestens einer von beiden Jobs sozialversicherungspflichtig ist.
Beispiel: Sie haben zwei versicherungspflichtige Jobs. Der eine bringt Ihnen 520 Euro im Monat, der andere 480 Euro. Beide Summen liegen in der Gleitzone. Addiert ergeben sie aber 1.000 Euro. Das liegt oberhalb der Gleitzonengrenze. Sie müssen volle Beitragssaätze zahlen.
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Mini-Jobs
Sollten Sie mehr als einen Mini-Job bei unterschiedlichen Arbeitgebern haben, werden die Entgelte ebenfalls zusammengerechnet. Liegt der Gesamtbetrag zwischen 450,01 und 850 Euro, kommt wieder die Gleitzonenregelung zur Anwendung.
Beispiel: Ihr erster Mini-Job bringt Ihnen 275 Euro im Monat. Mit dem zweiten Mini-Job erwirtschaften Sie 350 Euro monatlich. Beide zusammen aber ergeben ein Einkommen von 625 Euro – das liegt in der Gleitzone. Sie rutschen damit in beiden Jobs in die Versicherungspflicht der Gleitzone.
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Hauptjob und Mini-Job
Angenommen, Sie haben einen sozialversicherungspflichtigen Job und daneben noch einen Mini-Job. Der erste Job bringt Ihnen 800 Euro im Monat, der Mini-Job zusätzlich 400 Euro. Zusammen wären das 1.200 Euro.
Aber: Der erste Mini-Job wird bei der Berechnung generell nicht berücksichtigt.
Das gilt auch, wenn sie mehr als zwei Beschäftigungen nachgehen. Auch dann bleibt die erste geringfügige Beschäftigung versicherungsfrei. Die zweite allerdings nicht.
Der zweite und jeder weitere Mini-Job wird mit der Hauptbeschäftigung zusammengerechnet. Sie können also nicht beliebig viele Mini-Jobs aneinanderreihen, um dadurch die Versicherungspflicht zu umgehen.
Informieren Sie Ihren Arbeitgeber!
Für die Berechnung der Beiträge in der Gleitzone ist Ihr Gesamtverdienst ausschlaggebend. Darum muss Ihr Arbeitgeber über Ihre Arbeitssituation komplett im Bilde sein.
Informieren Sie ihn daher umgehend, wenn Sie eine neue Nebentätigkeit aufnehmen. Dazu sind Sie im Übrigen sogar verpflichtet.
Gleitzone: Welche Ausnahmen gibt es?
Keine Regel ohne Ausnahme: Auch die Gleitzonenregelung gilt nicht für jeden. Von ihr ausgenommen sind:
- Auszubildende
- Praktikanten
- Studenten von dualen Studiengängen
- Teilnehmer am Bundesfreiwilligendienst
- Teilnehmer eines freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahres
- Arbeitnehmer, für deren Beitragsberechnung fiktive Arbeitsentgelte zu Grunde gelegt werden, zum Beispiel Menschen mit Behinderung in speziellen Werkstätten oder Mitglieder geistlicher Genossenschaften
- Beschäftigte in Altersteilzeit oder mit sonstigen Vereinbarungen zur flexiblen Arbeitszeit, in denen nur das reduzierte Arbeitsentgelt in die Gleitzone fällt
- Arbeitsentgelte aus Wiedereingliederungsmaßnahmen nach einer Arbeitsunfähigkeit
- Versicherungspflichtige Arbeitnehmer, deren monatliches Arbeitsentgelt regelmäßig mehr als 850,00 Euro beträgt und nur wegen Kurzarbeit oder im Baugewerbe wegen schlechten Wetters so weit gemindert ist, dass das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt die obere Gleitzonengrenze von 850,00 Euro unterschreitet