Die Crux mit der Zulassungsbeschränkung
Selbst wenn Bewerber grundsätzliche Voraussetzungen wie Hochschulreife, bestimmte Fächerkombinationen und Fertigkeiten erfüllen: Die Bewerbung und Einschreibung an einer Uni gestaltet nicht immer reibungslos. Wer nämlich das Pech hat, einen Massenstudiengang studieren zu wollen, wird mit großer Wahrscheinlichkeit auf Zulassungsbeschränkungen stoßen. Betroffen sind vor allem Studienwillige bei den vier bundesweit zulassungsbeschränkten Studiengängen:
- Medizin
- Pharmazie
- Tiermedizin
- Zahnmedizin
Diese Fächer werden über das Portal hochschulstart.de von der Stiftung für Hochschulzulassung vergeben. Bewerbungsfrist ist der 15. Januar für das Sommersemester beziehungsweise der 15. Juli für das Wintersemester.
Entscheidend für die Vergabe sind verschiedene Quoten. Zum einen die Abiturbestenquote, nach der die besten Abiturienten sich ihre Universität aussuchen dürfen. Zum Zweiten die Zusätzliche Eignungsquote (ZEQ), bei der die Unis bestimmte Tätigkeiten und Qualifikationen besonders gewichten und derzeit noch als Wartezeit anrechnen. Dazu zählen:
- Ausbildung
- Wehrdienst
- Zivildienst
- FSJ (freiwilliges soziales Jahr)
- FÖJ (freiwilliges ökologisches Jahr)
Achtung: Nicht als Wartesemester (und daher kontraproduktiv fürs Nachrückverfahren) zählt übrigens, wenn Sie ein anderes Fach an einer anderen Uni oder ein Fernstudium in der Zwischenzeit absolvieren.
Und drittens schließlich die Quote, die sich aus dem hochschuleigenem Auswahlverfahren (AdH) ergibt: Kriterien der Hochschule können hier fachspezifische Studierfähigkeitstests wie beispielsweise der Test für medizinische Studiengänge (TMS) oder Einzelnoten des Zeugnisses sein. Die Verteilungsquoten für die bundesweit zulassungsbeschränkten Fächer zeigt nachfolgende Grafik:
Besonderheiten bei örtlichen Zulassungsbeschränkungen
Neben den bundesweit zulassungsbeschränkten Studiengängen gibt es noch die mit örtlicher Zulassungsbeschränkung. Die Quoten und Bedingungen sind meist ähnlich wie bei den bundesweit zulassungsbeschränkten Fächern. Allerdings kann es Abweichungen geben. Hier müssen sich die Bewerber über ein Onlineportal der Hochschule bewerben und/oder ihre Bewerbungsunterlagen direkt an die Hochschule senden. Die Bewerbungsfrist erfahren Sie auf der Seite der jeweiligen Hochschule oder HIER.
Was ist ein Nachrückverfahren?
Aus den obigen Ausführungen wird bereits deutlich: Nicht jeder hat das Glück, gleich im ersten Anlauf an seine Wunschuni zu kommen. Fächer mit einem Numerus Clausus sind ein Problem, denn der wird jedes Semester neu berechnet. Wer nur um ein, zwei Prozentpunkte vom aktuellen NC abweicht, hat leider Pech gehabt und wird im Hauptverfahren nicht berücksichtigt. Und hier kommt das Nachrückverfahren ins Spiel: Grundvoraussetzung dafür ist zunächst die fristgerechte Bewerbung zum vorhergehenden Hauptverfahren. Erste Zusagen können bereits kurz nach dem jeweiligen Bewerbungsschluss, also im August für das Wintersemester oder im Februar für das Sommersemester eintrudeln.
Teilweise können Sie über die Webseiten der Hochschulen erfahren, ob bereits Zulassungsbescheide für den jeweiligen Studiengang raus sind. Wer in dem Hauptverfahren allerdings nicht berücksichtigt wird, dem bleibt die Hoffnung aufs Nachrückverfahren. Hier werden in einem gesonderten Verfahren die unbesetzt gebliebenen Studienplätze an die „rangnächsten“ Bewerber verteilt. Teilweise führen die Universitäten mehrere Nachrückverfahren durch, bis sämtliche Plätze vergeben sind.
Beispiel: Wie funktioniert das Verfahren in der Praxis?
Angenommen, Sie und Ihre zwei besten Freunde haben einen Notendurchschnitt von 2,0 und bewerben sich für ein zulassungsbeschränktes Studienfach, das im Hauptverfahren einen NC von 1,8 verlangt. Dann werden alle drei Bewerber einen Ablehnungsbescheid bekommen, in dem die Uni die Modalitäten zur Bewerbung für das Nachrückverfahren mitteilt.
Sollte ein Freund beispielsweise die genannte Frist zur Teilnahme verpassen, werden nur noch Sie und Ihr anderer Freund am Nachrückverfahren teilnehmen. In einer ersten Runde kann der NC auf 1,9 sinken – da Sie beide aber mit Ihrer Abschlussnote nach wie vor darüber liegen, werden Sie bei diesem Nachrückverfahren erneut leer ausgehen. Dennoch können Sie an einem zweiten Nachrückverfahren teilnehmen. Für eine zweite Runde wird die Uni erneut Fristen setzen, die es einzuhalten gilt. Sinkt im zweiten Nachrückverfahren der NC auf 2,0, stehen die Chancen gut, bei freien Studienplätzen berücksichtigt zu werden.
Anmeldung für Teilnahme unterschiedlich
Je nach Hochschule müssen Sie sich für das Nachrückverfahren aktiv anmelden oder nehmen automatisch (bei der Uni Paderborn) im Falle eines Ablehnungsbescheids dran teil. Wie in Ihrem Fall die genauen Konditionen sind, müssen Sie mit Ihrer Hochschule klären. Für die Zeit, in der die Studienplatzzusage aussteht, sollten Sie regelmäßig Ihre Post, Ihre E-Mails und gegebenenfalls die Uniplattform oder das Onlineportal checken. Falls Sie verhindert sind, sollten Sie unbedingt eine Vertrauensperson damit beauftragen. So stellen Sie sicher, dass Sie im Falle eines erfolgreichen Nachrückverfahrens nicht die Frist zur Anmeldung verpassen. Unter hochschulkompass.de/studium/studienplatzboerse.html können Sie sich informieren, an welchem Hochschulort es für welche Fächer freie Studienplätze gibt. Der Hochschulkompass stellt zweimal im Jahr ein Zeitfenster von jeweils drei Monaten zur Verfügung:
- Für das Sommersemester: Februar, März und April.
- Für das Wintersemester: August, September und Oktober.
Wann bekommt man Bescheid vom Nachrückverfahren?
Üblicherweise dauert das Nachrückverfahren nur wenige Wochen. Spätestens bis zum Vorlesungsbeginn sollten Sie also wissen, ob es für Sie erfolgreich war. Sie erhalten allerdings nicht zwangsläufig einen postalischen Bescheid: Die Uni Köln stellt beispielsweise weder Ablehnungsbescheide noch Bescheinigungen über erfolgte Bewerbungen aus. Diese Informationen müssen Sie je nachdem dem hochschulinternen Onlineportal oder Hochschulstart entnehmen.
Wie kommt es, dass Plätze frei werden?
Die Universitäten und Hochschulen haben nur eine begrenzte Zahl an Studienplätzen. In der jüngeren Vergangenheit stießen etliche Hochschulen an die Grenzen ihrer Aufnahmekapazität. Doppelte Jahrgänge an Schulabgängern, Wegfall der Wehrpflicht – all das führte zu einem regelrechten Run an die Unis. Für die plötzlich frei werdenden Plätze und das daraus folgende Prozedere des Nachrückverfahrens gibt es verschiedene Gründe:
- Nichterscheinen
Manche Studierenden treten ihren Studienplatz schlicht nicht an – beispielsweise, weil auch sie sich einen anderen Ort erhofft hatten. Andere entscheiden sich kurzfristig anders und planen einen Auslandsaufenthalt nach dem Abitur, beispielsweise Work and Travel. - Mehrfachbewerbung
Die Bewerber können sich für bis zu 12 Studienfächer bewerben, letztlich aber nur für ein Fach (1-Fach-Bachelor) beziehungsweise zwei Fächer (im 2-Fach-Bachelor) einschreiben. Für die anderen 10 bis 11 Fächer wird also wieder ein Platz frei. - Desinteresse
Studienabbrecher gibt es auch zu Beginn des Studiums: Wenn jemand merkt, dass die Inhalte ihn nicht interessieren oder das Fach grundsätzlich anders aufgebaut ist als gedacht.
In all diesen Fällen greift also das Nachrückverfahren, das es bisher unberücksichtigt gebliebenen Studienbewerbern ermöglicht, doch noch an die Wunsch-Uni zu kommen. Das genaue Verfahren ist Sache der jeweiligen Universität: Zumeist erstellt die Uni eine Rangfolge der Bewerber nach Wartesemester und Abiturnote. Bei identischen Wartesemestern beziehungsweise Abiturnote entscheidet das Los. Selbst beim Losverfahren können sich noch neue Lücken für Studienwillige auftun: Auch unter den potenziellen Nachrückern gibt es welche, die sich zwischenzeitlich für etwas anderes entschieden oder die Hochschule gewechselt haben. Das Nachrückverfahren dauert daher so lange, bis alle freien Studienplätze besetzt sind.
Was tun, wenn es nicht klappt?
Auch bei erfolglosem Nachrückverfahren haben Sie noch zahlreiche Möglichkeiten:
Alternativstudium wählen
Ist das angestrebte Studium wirklich Ihr Traumstudium oder bietet ein inhaltlich verwandtes Fach ohne Zulassungsbeschränkung womöglich eine Alternative? Allerdings sei an dieser Stelle gesagt, dass Sie von einem anderen Studiengang nicht einfach in Ihr ursprüngliches Fach wechseln können.
Hochschulort überdenken
Besonders hoch dürften die Hürden für Studienwillige in beliebten Hochschulorten sein. Wer sich auch mit eher kleinen Universitäten oder einem Studium in Ostdeutschland anfreunden kann, hat oftmals die besseren Karten: Hier liegen häufig geringere Bewerberquoten und ein niedrigerer NC vor.
Zeit überbrücken
In einigen Fällen kommt vielleicht Arbeiten im Ausland infrage. Das hat den Vorteil, die Sprachkenntnisse in der jeweiligen Landessprache zu verbessern. Im Übrigen weitet die Arbeit in völlig fremden Bereichen – etwa Kokosnussplantage oder Schafzucht – den Horizont und trägt zu einem besseren Verständnis für Zusammenhänge bei.
Studienplatzklage erwägen
Eine andere Alternative, bei der Sie etwas Geld in die Hand nehmen müssen, ist die Studienplatzklage: Hier überprüft ein Anwalt in Ihrem Namen, ob die von der Hochschule angegebenen Kapazitäten tatsächlich ausgeschöpft wurden oder ob die Berechnungsunterlagen fehlerhaft sind. In diesem Fall könnte es sein, dass Sie doch noch einen Studienplatz erhalten, da vorhandene Plätze noch nicht vergeben wurden.
Ausbildung machen
Mit blick auf die Zusätzliche Eignungsquote kann es sich anbieten, vor Studienbeginn Zeit in ein Praktikum oder sogar eine Ausbildung zu investieren. Wer beispielsweise ein Medizinstudium plant, könnte zuvor eine Ausbildung zum Rettungssanitäter oder als Pflegefachkraft machen. So eignen Sie sich bereits viel praktisches Wissen an, was Ihnen im Studium zu Gute kommt.
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