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Fallstudie lösen: Definition, Aufbau, Beispiele, Tipps

Eine Fallstudie kann Teil der Bachelorarbeit oder Masterarbeit im Studium sein. Dabei wird das Problem empirisch untersucht und der Fall aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet. Häufiger ist die sogenannte Case Study als Teil deer Personalauswahl – bei der Bewerbung oder im Assessment-Center. Dabei müssen die Kandidaten eine komplexe Aufgabe aus der Praxis unter Zeitdruck bearbeiten und lösen. Wir zeigen Ihnen, wie Sie die Fallstudie meistern – inklusive Aufbau, Beispielen und Definition…



Fallstudie lösen: Definition, Aufbau, Beispiele, Tipps

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Fallstudie Definition: Was ist eine Case Study

Die Fallstudie ist eine typische Methode der Personalauswahl. Der Begriff (engl. „Case Study„) beschreibt meist eine Aufgabe im Vorstellungsgespräch oder Assessment Center, die zwischen 30 Minuten oder mehrere Stunden dauern kann. Dabei werden die Bewerber mit einem praxisnahen, aber komplexen Problem konfrontiert, das sie unter Zeitdruck lösen müssen. Sie simulieren im Fallbeispiel den Joballtag und müssen die Aufgabe analysieren, strukturieren, eingrenzen und schließlich das Ergebnis präsentieren und begründen.

Fallstudien sind typisch bei der Bewerberauswahl im Consulting oder Marketing. Ebenso kommt das Auswahlinstrument in der Wirtschaftsprüfung, im Business Development oder Projektmanagement zum Einsatz. Überdies wird das Personalauswahlverfahren bei künftigen Führungskräften oder Trainees genutzt.

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Fallstudien Arten und Beispiele

Unterschieden werden bei den Fallstudien vor allem drei Arten:

1. Business-Cases

Die klassische Fallstudie. Die Bewerber müssen ein praxisnahes Problem analysieren, lösen und präsentieren. Wirtschaftliches Grundverständnis ist für solche Planspiele unerlässlich. Erfahrungen aus dem Studium oder aus Praktika helfen enorm. Typische Fallstudien Beispiele sind die Erweiterung des Produktsortiments oder ein schwieriges Mitarbeitergespräch. Weitere Aufabenstellungen können sein:

  • Markteinführung eines neuen Produkts: Wie lassen sich neue Märkte finden? Kann das neue Produkt gewinnbringend auf den Markt gebracht werden?
  • Profitabilität im Unternehmen: Wie lassen sich Gewinne steigern, Verluste eindämmen, wo liegen die Gründe für Verluste?
  • Verhalten gegenüber Konkurrenten (Competetive Response): Auswertung der Marktdaten. Wie könnte ein Konzept für das Verhalten gegenüber Konkurrenz aussehen?
  • Veränderung des Marktumfelds: Welchen Einfluss haben technische Neuerungen, politische Umbrüche?
  • Fusionen und Übernahmen (Mergers & Acquisitions): Wie können die Rahmenbedingungen für eine Fusion/Übernahme aussehen? Welche Auswirkungen auf das eigene Unternehmen sind zu erwarten?

2. Marktgrößenschätzungen

Bei diesen Schätzaufgaben (auch „Abschätzungs-Cases“) müssen die Bewerber einen potenziellen Absatzmarkt realistisch einschätzen. Zum Beispiel: „Wie hoch ist das Marktpotential für Carving Skis in Japan?“ Dabei müssen sie nicht nur rechnen und logisch Denken können. Oft geht es um Allgemeinwissen und systematisches Vorgehen, denn ein „richtig“ oder „falsch“ gibt es bei dieser Fallstudie nicht. Lösungsfragen im obigen Fall könnten sein: Wie groß ist die Bevölkerung Japans? Wie viele davon laufen Ski? Wie viele Skier werden importiert? Wie entwickelt sich die Nachfrage?

3. Brainteaser

Um logisches und analytisches Denken geht es auch bei den Rätselfragen und Knobelaufgaben. Brainteaser testen Kreativität und Auffassungsgabe ebenso wie abstraktes oder Nicht-lineares-Denken. Case Study Beispiele: „Wie viele Klavierstimmer gibt es in Chicago?“ (siehe Fermi-Fragen) oder „Eine Frau besitzt zwei Sanduhren. Die eine läuft fünf Minuten, die andere sieben. Sie möchte damit aber 13 Minuten stoppen. Was muss sie tun?“ (Lösung).

Mehr Tipps für das Assessment Center

Weitere typische Übungen und Aufgaben im Assessment Center sind:


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Was wird bei der Fallstudie getestet?

Die Fallstudie kann als Einzelassessment oder Gruppenaufgabe stattfinden. Bewerber werden dabei auf für den Job relevante Kompetenzen getestet. Dazu gehören zum Beispiel:

Während der Case Study werden die Kandidaten häufig von den Personalverantortlichen beobachtet und bewertet. Zum Test gehört ebenfalls eine Präsentation der Lösung und Lösungswege am Schluss. Üblich ist, dass die Teilnehmer anschließend noch Feedback von den Prüfern oder Personalern bekommen.

Besonderheit: Fallstudie in der Gruppe

Wird von Ihnen erwartet, dass Sie die Fallstudie gemeinsam mit anderen Bewerbern lösen, kommt es deutlich stärker auf Ihre sozialen Kompetenzen an. Gefragt ist hierbei eine gesunde Mischung aus Teamfähigkeit, Durchsetzungsstärke und Kompromissbereitschaft. Kein Personaler oder Prüfer sieht es gerne, wenn Sie zu dominant werden oder einen auf Einzelkämpfer machen – auch nicht, wenn Sie so schneller zum Ziel kommen würden. Im Job später müssen Sie auch andere Teammitglieder ins Boot holen oder überzeugen, Aufgaben delegieren und koordinieren. Pluspunkte sammelt, wer überdies andere motiviert und individuelle Stärken der Teilnehmer erkennt und optimal einsetzt.

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Fallstudie Aufbau: Tipps zur Lösung

Grundsätzlich gibt es zwei Formen von Fallstudien: Kurzfälle – in diesen müssen häufig mehrere kompakte Problemstellungen hintereinander gelöst werden – und längere Fallstudie. Hierzu erhalten die Kandidaten umfangreiches Informationsmaterial, das allerdings lückenhaft sein kann oder aus dem gezielt die relevanten Informationen herausgefiltert werden müssen.

Die Vorbereitung auf eine Fallstudie ist nicht ganz leicht, da es nahezu grenzlose Aufgabenstellungen und auch bei der Lösung kein „richtig“ oder „falsch“ gibt. Vor allem im Assessment Center zählt der perfekte Lösungsweg mehr als die Qualität der Lösung. Gängige Aufgaben auswendig zu lernen, bringt also nichts. Sie sollten diese aber üben und folgende bewährte Tipps beachten:

Tipps vor dem Assessment Center

  1. Hintergründe recherchieren

    Fallstudien kommen praktisch immer aus dem Umfeld und Alltag des Jobs und Unternehmens. Informieren Sie sich daher im Vorfeld ausführlich über das Unternehmen, die Branche und den Markt sowie über Produkte und aktuelle Expansionspläne. Die besten Erfolgschancen haben Sie, wenn Sie sich auf reale Herausforderungen des Unternehmens vorbereiten.

  2. Grundrechenarten üben

    In Case Studies und Marktgrößenschätzungen wird fast immer gerechnet – auf Papier oder im Kopf. Die Grundrechenarten sollten daher sitzen, damit Sie keine wertvolle Zeit verplempern. Vor allem das Prozentrechnen sowie Funktionsrechnen sind bei Business Cases von Vorteil.

  3. Ruhe bewahren

    Fallstudien setzen Sie bewusst unter Druck. Die Zeit ist knapp, oft zu knapp. Hinzu kommt die Prüfungsangst. Versuchen Sie daher schon vorher zu entspannen und ausgeruht zum Auswahltag zu erscheinen. Wer große Nervosität verspürt, kann diese mit einfachen Atemübungen reduzieren. Wichtig ist, dass Sie Panik vermeiden. Sonst entsteht ein Tunnelblick, der den Blick für die Lösung verstellt.

Tipps im Assessment Center

  1. Aufgabe verstehen

    bevor Sie loslegen: Lesen Sie sich die Aufgabe gründlich durch (Auffassungsgabe!). Manche Brainteaser sind bewusst verwirrend formuliert, um Sie auf eine falsche Fährte zu locken. Andere Aufgaben sind offen gehalten. Hier erwartet man von Ihnen kluge und zielführende Rückfragen. Aktionismus wäre an dieser Stelle ein erster Fehler.

  2. Problem strukturieren

    Im nächsten Schritt geht es darum, die Fallstudie zu strukturieren und einzugrenzen. Die Bearbeitungszeit ist schließlich knapp. Dazu ist oft erforderlich, Strategien und Methoden zu entwickeln, um sich dem komplexen Problem zu nähern und dieses in (lösbare) Teilaufgaben zu zerlegen. Befassen Sie sich dazu mit sogenannten Frameworks (BCG-Matrix, Porters Five Forces, etc.), Mindmaps oder Methoden wie SWOT-Analyse oder Scrum. Wichtig ist, dass Sie zunächst wesentliche Ergebnisse erzielen und sich später um die Details kümmern.

  3. Zeit einteilen

    Erstellen Sie einen Zeitplan und orientieren Sie sich unbedingt daran. Sie sollten nicht mehr als 20 Prozent Ihrer Zeit für die Fragestellung verwenden. Manche Case Studies sind so angelegt, dass Sie diese unmöglich in der vorgegebenen Zeit schaffen können. Sie müssen also immer auswählen, reduzieren, fokussieren. Verschwenden Sie keine kostbaren Minuten mit Nebensächlichkeiten. Im Job müssen Sie üblicherweise auch Deadlines einhalten.

  4. Informationen beschaffen

    Erstellen Sie eine präzise Liste der vorhandenen Daten und Fakten. Was fehlt müssen Sie recherchieren. Hier können Sie nachfragen, am Smartphone googeln oder – falls die Zeit zu knapp ist – realistische Annahmen treffen, mit denen Sie anschließend weiterrechnen.

  5. Lösungswege dokumentieren

    Machen Sie sich permanent Notizen und dokumentieren Sie alle Lösungsschritte für die Beobachter. Sie werden danach später gefragt und sollten immer erklären können, warum Sie so vorgegangen sind. Gerade das strukturierte und systematische Vorgehen wollen die Personaler bei einer Fallstudie sehen.

  6. Resultat präsentieren

    Am Schluss werden Sie Ihr Ergebnis meist präsentieren müssen (zum Beispiel am Flipchart). Ausnahme: Case-Interviews. Dabei erklären Sie laut gegenüber den Personalern, wie Sie vorgehen würden und warum Sie sich wofür entscheiden. Rechnen Sie während und nach der Präsentation mit kritischen Fragen oder Rückmeldungen. Auch das gehört noch zum Fallstudien-Test. Hierbei geht es um Ihre Kritikfähigkeit, Lernbereitschaft und das Selbstreflexions-Vermögen.

Fallstudie Beispiel – mit Lösungsweg

Zum Abschluss und zur Übung haben wir für Sie noch eine echte Fallstudie aus der Praxis zum Üben – mit möglicher Lösung:

Sie arbeiten in einer Marketingagentur. Ihr Kunde ist ein Handwerksbetrieb, der maßgeschneiderte Lösungen für Fenster und Türen anbietet. Leider sind die Aufträge jüngst zurückgegangen, obwohl es in der Vergangenheit nur positive Rückmeldungen gab. Als erste Maßnahme hat Ihr Kunde neue Visitenkarten drucken und Flyer in der Fußgängerzone verteilen lassen. Das liegt einige Monate zurück und hat kaum genutzt. Von Ihnen erhofft er sich neue Ideen. Wie gehen Sie vor?

Möglicher Lösungsweg

Sie besorgen sich zuerst Muster der Flyer und Visitenkarte. Sie fragen nach, ob es eine Internetpräsenz gibt. Sie erhalten die Info, dass es tatsächlich eine Website gibt, diese würde bei der Google-Suche nach „Fensterbau“ erst nach mehrmaligem Blättern unter den Treffern auf der vierten Seite gefunden. Daran schließen sich folgende Überlegungen an:

  • Die meisten Kunden suchen heute lokale Anbieter per Internet.
  • Die Website und SEOptimierung ist daher ein wesentlicher Erfolgsschlüssel.
  • Wie ist die Seite aufgebaut – technisch, inhaltlich?
  • Warum rankt Sie bei Google nicht?
  • Ist die Seite übersichtlich und nutzerfreundlich?
  • Sind die Kontaktmöglichkeiten klar erkennbar?
  • Sind die Preise transparent und marktfähig?
  • Welche technischen Updates sind erforderlich (Responsivness, SSL-Verschlüsselung, Ladezeiten)?
  • Was sind wichtige Keywords unter denen die Firma zu finden sein sollte?
  • Gibt es dafür schon SEO-Texte?
  • Was muss noch produziert werden – und von wem?

Je nachdem, welche Infos Sie erhalten, entwickeln Sie daraus eine Online-Marketing-Strategie, einen Redaktionsplan und weitere Schritte, um die Sichtbarkeit des Handwerksbetriebs zu erhöhen… Wie gesagt: Das ist nur EINE mögliche Lösung. Es gibt viele weitere. Egal, für welche Sie sich am Ende entscheiden, prüfen Sie Ihre Vorgehensweise selbstkritisch und argumentieren Sie bei den Fallstudie-Alternativen jeweils die wichtigsten Vor- und Nachteile.

[Bildnachweis: Karrierebibel.de]