Prokura: Was ist das eigentlich?
Eine Prokura ist eine besondere Form der Vollmacht. Sie muss ins Handelsregister eingetragen werden und ermächtigt den Prokuristen laut § 49 Absatz 1 des Handelsgesetzbuches zu „allen Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt“.
Die Befugnisse eines Prokuristen gehen somit über einer normalen Handlungsvollmacht hinaus. In dieser werden lediglich gewisse Geschäfte erlaubt, die genau festgehalten werden. Wenn Unternehmen eine Prokura erteilen, gewähren sie umfangreiche Vollmachten in verschiedenen Bereichen und die Möglichkeit, den Betrieb offiziell nach außen zu vertreten:
Prokura erteilen: Diese Rechte werden übertragen
Einem Prokuristen großes Vertrauen entgegengebracht, da ihm viele Handlungsfreiräume gegeben werden. Die Formulierung des Gesetztes alle Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen ist jedoch allgemein gefasst. Was genau darf ein Prokurist also? Wir haben die Befugnisse aufgelistet:
-
Ein- und Verkauf
Der Prokurist kann beispielsweise Waren oder Geschäftsgüter kaufen, die für das Handelsgeschäft benötigt werden. Gleichzeitig hat er aber auch das Recht, Anteile an anderen Unternehmen zu kaufen und wieder zu veräußern.
-
Produktion
Wurde eine Prokura erteilt, darf der Bevollmächtigte Produktumstellung vornehmen und auch neue Produktionsmethoden einführen.
-
Handlungsvollmachten
Auch dürfen Prokuristen selbst Handlungsvollmachten erteilen und somit Mitarbeiter zu bestimmten Aufgaben befähigen.
-
Personalverantwortung
Eine Prokura ermöglicht es, neue Mitarbeiter einzustellen oder bestehende Arbeitsverhältnisse aufzulösen.
-
Darlehen
Auch über Zahlungsgeschäfte kann der Prokurist entscheiden. Er darf sowohl Darlehen aufnehmen als diese auch einem Dritten gegenüber gewähren oder ablehnen.
-
Gerichtsverfahren
Wie die Definition zeigt, dürfen auch gerichtliche Geschäfte und Rechtshandlungen übernommen werden. Ein Prokurist kann also das Unternehmen vor Gericht vertreten.
-
Grundstückserwerb
Soll beispielsweise eine neue Geschäftsstelle errichtet werden, kann ein Prokurist ein dafür erforderliches Grundstück im Namen des Unternehmens erwerben.
Unternehmen können zudem die Rechte erweitern, wenn sie Prokura erteilen – nicht aber beschränken (§ 50 HGB). Dennoch darf ein Prokurist nicht alles und die eingeräumten Handlungsfreiräume sind an einigen Stellen begrenzt.
-
Auflösung des Unternehmens
Dem Prokuristen ist es nicht erlaubt, dass Unternehmen aufzulösen oder zu verkaufen. Es obliegt nicht dem Prokuristen zu entscheiden, ob der Betrieb eingestellt oder weitergeführt wird.
-
Insolvenzantrag
Auch einen Insolvenzantrag darf der Prokurist nicht stellen. Dies kann nur durch den Geschäftsführer oder als Fremdantrag durch einen Gläubiger geschehen.
-
Unterzeichnung der Bilanz
Der Jahresabschluss kann ebenfalls nicht von einem Prokuristen unterzeichnet werden, auch hier reicht die Befugnis nicht aus.
-
Erteilung einer Prokura
Ein Prokurist kann zwar Handlungsvollmachten erteilen, er darf jedoch keine weiteren Prokuristen ernennen.
-
Verkauf oder Belastung von Grundstücken
Ohne zusätzliche Berechtigung durch den Geschäftsführer, reicht eine Prokura nicht aus, um Grundstücke zu verkaufen oder diese zu belasten. Dies ist nur möglich, wenn eine sogenannte Grundstücksklausel vorhanden ist.
Prokura erteilen: Verschiedene Arten
Wollen Sie eine Prokura erteilen, müssen dabei verschiedene Arten voneinander unterschieden werden. Ausschlaggebender Unterschied ist dabei die Anzahl der Bevollmächtigten:
- Einzelprokura
Bei einer Einzelprokura wird einer einzelnen Person die Prokura erteilt. Der Bevollmächtigte kann dann die ihm übertragenen Rechte allein ausführen sowie Handlungen und Entscheidungen für den Geschäftsbetrieb übernehmen. - Gesamtprokura
Eine Gesamtprokura wird an mehrere Personen gemeinschaftlich erteilt. Bei dieser Form dürfen die Bevollmächtigten dann auch nur zusammen die übertragenen Handlungsvollmachten ausüben.
So ist es erlaubt, drei Mitarbeitern eine Gesamtprokura zu erteilen, die dann nur gemeinschaftlich handeln können. Nicht erlaubt ist es, drei Einzelprokura an dieselben Mitarbeiter zu erteilen und gemeinsames Handeln vorzuschreiben.
Prokura erteilen: Wer kann sie erhalten?
In den meisten Fällen erteilen Unternehmen Prokura an leitende Angestellte, die damit in Vertretung des Geschäftsführers handeln können. Allerdings können Betriebe auch an andere Mitarbeiter oder sogar Außenstehende Prokura erteilen. Grundsätzlich kann jede natürliche, geschäftsfähige Person zum Prokuristen ernannt werden. Eine andere Gesellschaft kann somit keine Prokura erhalten. Zudem gibt es weitere Ausnahmen von Personen, denen keine Prokura erteilt werden kann:
- Inhaber des Geschäfts selbst
- Geschäftsführer einer GmbH
- Vertretender Gesellschafter einer OHG oder KG
- Insolvenzverwalter
- Testamentsvollstrecker
Wer kann anderen Prokura erteilen?
Die Prokura unterscheidet sich auch durch die Erteilungsberechtigten von anderen Handlungsvollmachten. Ein Prokurist kann nur durch den Geschäftsinhaber oder seinen gesetzlichen Vertreter ernannt werden. Bei einer GmbH ist dieser Vertreter beispielsweise der Geschäftsführer, der mit Zustimmung der Gesellschafter einen Prokuristen ernennen darf. Bei einer Aktiengesellschaft obliegt es dem Vorstand des Unternehmens, Prokura zu erteilen.
Eine einfache Handlungsvollmacht auf der anderen Seite kann beispielsweise auch durch den Prokuristen selbst erteilt werden.
Wie wird eine Prokura erteilt?
Inhaber oder Vertreter können nur durch eine ausdrückliche Erklärung Prokura erteilen. Dies kann mündlich geschehen, in der Praxis empfiehlt es sich jedoch, eine schriftliche Vereinbarung aufzusetzen. Zudem muss die Prokura zwingend öffentlich bekannt gemacht und im Handelsregister angemeldet werden.
Prokura erteilen: Muster
Erteilung einer Einzelprokura
Max Muster
Beispielstraße 1
12345 Neustadt
Ingo Inhaber
Hafenweg 20
12345 Neustadt
Sehr geehrter Herr Muster,
hiermit erteile ich Ihnen für das Unternehmen „Muster und Beispiel GmbH“ eine Einzelprokura. Im Rahmen dieser sind Sie zu allen gerichtlichen und außergerichtlichen Geschäften und Rechtshandlungen des Handelsbetriebs bevollmächtigt. Bitte fügen Sie Ihrer Unterschrift künftig den Zusatz „ppa“ oder „per Procura“ an, wenn Sie für das Unternehmen handeln.
Ich werde Ihre Ernennung schnellstmöglich beim Handelsregister anmelden.
Mit freundlichen Grüßen
Unterschrift Inhaber / Unterschrift Prokurist
HINWEIS: Dieses Muster dient lediglich der Information und Orientierung. Es ersetzt keine Beratung durch einen Fachanwalt für Arbeitsrecht und muss im Einzelfall individuell geprüft und angepasst werden.
Wann endet die Prokura?
§ 52 Absatz 2 HGB legt fest, dass eine Prokura nicht übertragbar ist. Dennoch kann eine Prokura auf verschiedenen Wegen enden. Wenn dies geschieht, muss die Aufhebung der Prokura, wie auch deren Erteilung, im Handelsregister eingetragen werden.
- Widerruf
Laut § 52 Absatz 1 HGB kann eine Prokura jederzeit Widerrufen werden. - Kündigung
Endet das Arbeitsverhältnis des Prokuristen, erlischt auch die Prokura. - Betriebsauflösung
Wird das Geschäft aufgelöst, endet damit auch die Prokura. - Inhaberwechsel
Auch ein Inhaberwechsel kann dazu führen, dass die Prokura keinen Bestand mehr hat. Hier reicht es jedoch nicht, dass nur ein Gesellschafter die Firma verlässt. - Tod oder Geschäftsunfähigkeit
Stirbt der Prokurist oder wird geschäftsunfähig, endet damit auch die Prokura. Da diese nicht übertragbar ist, kann der Inhaber höchstens eine neue Prokura erteilen und einen anderen Bevollmächtigten bestimmen.
Anders ist es jedoch beim Tod des Geschäftsinhabers. In diesem Fall bleibt die Prokura weiterhin bestehen, sie kann also auch genutzt werden, um das Weiterbestehen des Unternehmens zu sichern.
Was andere Leser dazu gelesen haben
- Arbeitsrecht: Die 60 wichtigsten Rechte für Arbeitnehmer
- Managerhaftung: So sichern Sie sich ab
- Betriebsrat: Rechte, Pflichten, Voraussetzungen, Gründung
- Geschäftsführervertrag: Kostenloses Muster und Tipps zum Inhalt
- Karrieresünden: Diese 6 verbauen Ihnen alle Chancen
- Haftung am Arbeitsplatz: Wer zahlt wann?