Was ist der Mincer-Koeffizient?
Der Mincer-Koeffizient beschreibt den prozentualen Einkommenszuwachs pro zusätzlichem Bildungsjahr. Er gibt an, wie stark sich jedes weitere Jahr an Ausbildung oder Studium im Durchschnitt auf das spätere Einkommen auswirkt.
Experten sprechen auch von „Bildungsrendite“. Der nachweisbare Zusammenhang: Jedes Jahr, das Sie in Ihre Bildung (Aufbau von Wissen und Qualifikationen) investieren, steigert das spätere Gehalt in Ihrer Karriere.
Hintergrund: Die Mincer-Einkommensgleichung
Hinter dem Mincer-Koeffizient steht die sogenannte Mincer-Einkommensgleichung (auch: Mincer-Lohnfunktion oder mincer earnings equation). Die komplizierte Formel dazu lautet: ln(w) = α + ρ⋅s + β1⋅x +β2⋅x2 + ϵ.
- w = Lohn oder Einkommen
- 𝑠 = Anzahl der Jahre für Schul- oder Hochschulbildung
- 𝑥 = Berufserfahrung
- 𝜌 = Mincer-Koeffizient (Bildungsrendite)
- 𝜖 = Fehlerterm
Der entscheidende Teil ist ρ, der Mincer-Koeffizient. Er gibt an, um wie viel Prozent das Einkommen durchschnittlich steigt, wenn Sie ein Jahr länger die Schule oder Universität besuchen.
Beispiel: Liegt der Mincer-Koeffizient bei 8 (in der Formel 0,08), bringt ein weiteres Jahr Schulbildung oder Studium langfristig einen durchschnittlichen Gehaltszuwachs von 8 Prozent.
Bildungsrendite: Jedes Jahr bringt 5 Prozent mehr Gehalt
Für Deutschland liegt die Bildungsrendite bei ungefähr 5 Prozent. Wer also ein Jahr länger die Schule oder Universität besucht, verdient später im Durchschnitt 5 Prozent mehr. Zu diesem Ergebnis kommen Concetta Mendolicchio und Thomas Rhein in ihrer IAB-Studie zur Bildungsrendite in 12 europäischen Ländern.
Dabei bestätigen sie die Bedeutung des Mincer-Koeffizienten: Die Ergebnisse des vorliegenden europäischen Vergleichs zeigen, „dass das Bildungsniveau sowohl bei Frauen als auch bei Männern eine wichtige Determinante des individuellen Einkommens ist“, schreiben die Autoren.
Weitere wichtige Studien-Ergebnisse:
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Ausbildungsdauer
Im Schnitt stehen vor dem Berufsleben knapp 14 Jahre Schule, Ausbildung oder Studium. Bei Frauen ist es etwas weniger.
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Bildungsrenditen
In Deutschland haben Männer eine Bildungsrendite von 5,32 und Frauen von 4,82. Schuld an der geringeren Bildungsrendite der Frauen ist die häufigere Teilzeitarbeit nach der Elternzeit.
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Geschlechter
Außerhalb von Deutschland haben Frauen durchschnittlich eine höhere Bildungsrendite.
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Bildungsniveau
Die geschlechterspezifische Lohnunterschiede nehmen jedoch mit steigendem Bildungsniveau ab.
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Spitzenreiter
Die höchsten Bildungsrenditen haben Portugal, Spanien, Luxemburg und Irland. Für Frauen liegt der Wert in Irland bei 9,92.
Im europäischen Vergleich sind die für Deutschland ermittelten Werte niedrig. Die möglichen Gehaltsunterschiede sind trotzdem beachtlich. Laut Mincer-Koeffizient bringt ein 3-jähriges Bachelorstudium bereits 15 Prozent mehr Gehalt, 2 Jahre für einen Master bringen weitere 10 Prozent.
Grenzen des Mincer-Koeffizients
Der Mincer-Koeffizient ist nicht beliebig fortschreibbar. Wenn Sie 15 Jahre lang studieren (siehe: Langzeitstudenten) und die Regelstudienzeit weit überschreiten, verdienen Sie im Job nicht mehr. Das gilt auch für Schüler, die eine Klasse wiederholen müssen. Solche Zeiten zahlen nicht auf die Bildungsrendite ein.
Die Grenzen zeigen sich auch bei einem Studienabbruch. Beenden Sie nach 2,5 Jahren ohne Abschluss einen Studiengang, haben Sie zwar Zeit in Ihre Bildung investiert – der Mincer-Koeffizient greift hier aber nicht wie bei einem Studienabschluss.
Mincer-Koeffizient: Investition in die Zukunft
Der Mincer-Koeffizient wirkt auf das individuelle Gehalt, hat aber auch politische Bedeutung. Für den Staat stellt sich zum Beispiel die Frage: Inwieweit wird in die Bildung der Bürger investiert? Das Ideal: Der Staat unterstützt bei Ausbildung, Weiterbildung oder Studium.
Dadurch haben Bürger bessere Aussichten auf dem Arbeitsmarkt, sind seltener arbeitslos, haben höheres Einkommen und zahlen auch höhere Steuern. So amortisiert sich die Investition. Das große Aber: Ob sich eine solch finanzielle Förderung auszahlt, ist nicht sicher und zeigt sich – wenn überhaupt – erst nach einiger Zeit.
Mincer-Koeffizient für die eigene Ausbildung
Der Mincer-Koeffizient lässt sich natürlich auch aus individueller Perspektive betrachten: Inwieweit investiert ein Arbeitnehmer in seine eigene Zukunft? In Deutschland ist die Erstausbildung in der Regel kostenlos – Ausnahme: einige schulische Ausbildungen und der Besuch privater Hochschulen.
Zeit und auch Geld für die eigene Bildung lohnen sich aber langfristig. Beispiel: Sie zahlen Studiengebühren für eine herausragende Business School. Das kostet zwar jetzt, dafür haben Sie einen Vorsprung auf dem Arbeitsmarkt und profitieren das gesamte Berufsleben…
Mincer-Koeffizient: Tipps für Schüler und Studenten
Der Mincer-Koeffizient ist nicht nur eine komplizierte mathematische Formel. Für Schüler und Studenten ist er eine Orientierungshilfe und zeigt, wie sich die Investition in die eigene Bildung langfristig auszahlt.
Damit Sie das Wissen über die Bildungsrendite bestmöglich nutzen, haben wir einige Tipps zusammengestellt:
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Denken Sie langfristig
Ausbildung oder Studium kosten in der Gegenwart Zeit und Geld. Die langfristig höheren Gehälter gleichen das aber locker wieder aus. Vielleicht liegt Ihr späteres Durchschnittsgehalt dadurch 300, 500 oder sogar 750 Euro höher – jeden Monat für die gesamte Karriere.
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Vergleichen Sie Berufe
Manche Studiengänge und Ausbildungen haben deutlich höhere Bildungsrenditen als andere. Typische Beispiele sind Medizin, Ingenieurswesen oder Wirtschaftswissenschaften.
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Lernen Sie immer weiter
Der Mincer-Koeffizient gilt nicht nur für Schule und Studium, sondern auch für Weiterbildungen im Beruf. Durch zusätzliche Qualifikationen erhöhen Sie Ihren Marktwert und addieren weitere Jahre auf Ihre Bildungsdauer.
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Denken Sie international
Die IAB-Studie zeigt: International ist der Mincer-Koeffizient oft noch viel höher. Kommt ein Auslandsstudium oder internationale Berufserfahrung für Sie infrage, lohnt es sich finanziell.
Höchste Bildungsrenditen mit Fachhochschulabschluss
Eine Studie der Schweizer Großbank UBS bestätigt: Wer länger lernt, verdient anschließend mehr Geld und kompensiert damit sowohl die Ausbildungskosten als auch den zeitgleichen Verdienstausfall. Zusätzlich zeigt die Studie, dass Absolventen mit einem Fachhochschulabschluss eine deutlich höhere Bildungsrendite haben als Uniabsolventen.
Für Männer liegt die Bildungsrendite an der FH bei über 10 Prozent, bei Frauen sind es etwa 9 Prozent. Wenn Sie bisher zwischen Fachhochschule oder Universität schwanken, können Sie dies in Ihre Entscheidung einbeziehen.
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