Unpünktliche Lohnzahlung: Was, wenn der Chef nicht zahlt?

Für Leistungen und den täglichen Einsatz erwarten Mitarbeiter das vertragliche Gehalt zum vereinbarten Zeitpunkt. Eine unpünktliche Lohnzahlung ist dabei mehr als nur ein kleines Ärgernis. Wenn der Chef nicht rechtzeitig zahlt, kommen Arbeitnehmer oft in finanzielle Probleme. Miete, Raten für Kredite, Einkäufe und andere Lebenshaltungskosten werden weiterhin abgebucht. Durch eine unpünktliche Lohnzahlung fehlt aber Geld auf dem Konto. Wir zeigen, was Sie wissen müssen, wenn sich die Lohnzahlung verspätet…

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Unpünktliche Lohnzahlung: Wann muss gezahlt werden?

Die Lohnzahlung ist eine der Hauptpflichten des Arbeitgebers, die sich aus dem Arbeitsvertrag ergibt. Hier wird ebenfalls eindeutig bestimmt, zu welchen Zeitpunkt das Gehalt überwiesen wird. Klassische Zeitpunkte sind entweder zum 1., zum 15. oder zum Ende eines Monats. Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen können weitere Regelungen zum Zeitpunkt der Lohnzahlung beinhalten.

Gesetzlich ist die Vergütung in § 614 BGB geregelt. Hier heißt es: „Die Vergütung ist nach der Leistung der Dienste zu entrichten. Ist die Vergütung nach Zeitabschnitten bemessen, so ist sie nach dem Ablauf der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten.“ Arbeitnehmer müssen somit in Vorleistung gehen, bevor sie die Vergütung für ihre Tätigkeit erhalten und dürfen keine vorherige Gehaltszahlung erwarten. Soll eine unpünktliche Lohnzahlung verhindert werden, ist das Gehalt spätestens am ersten Tag des folgenden Monats fällig.

In der Praxis gelten jedoch meist andere Regelungen als die gesetzliche Vorgabe:

  • Vertrag

    Der Arbeits- oder Tarifvertrag regelt meist eine abweichende Regelung zur Fälligkeit. Die monatliche Lohnzahlung zum 15. oder Monatsende ist weit verbreitet. Nachgewiesen wird dies durch die entsprechende Gehaltsabrechnung.

  • Auszubildende

    Gemäß § 18 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) haben Auszubildende ein Anrecht darauf, ihr Ausbildungsgehalt spätestens am letzten Arbeitstag des Monats zu erhalten.

  • Mindestlohn

    Bei Gehältern, die schwankender Höhe unterliegen, weil unterschiedlich viel gearbeitet wird, sieht der Gesetzgeber vor, dass die Lohnzahlung bis zum 15. des Folgemonats rechtens ist. Es gilt wie bei anderen Arbeitsverhältnissen die vertragliche Vereinbarung. § 2 des Mindestlohngesetzes (MiLoG) sieht außerdem vor, dass der Arbeitgeber den Lohn spätestens am letzten Bankarbeitstag des Monats, der auf den Monat folgt, in dem die Arbeitsleistung erbracht wurde, zahlen muss.

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Lohnzahlung verspätet: Was, wenn der Chef nicht zahlt?

Sie haben wie vereinbart Ihre Arbeitsleistung erbracht, doch der Chef zahlt das Gehalt nicht zum Fälligkeitstermin – was dann? Rechtlich gesehen gerät der Arbeitgeber dadurch in Zahlungsverzug. Dafür müssen Sie keine Mahnung aussprechen oder anderweitig tätig werden (§ 286 BGB). Für das Unternehmen kann dieser Schuldnerverzug mit zusätzlichen Kosten verbunden sein, denn Sie müssen sich die Verzögerung nicht einfach gefallen lassen.

Diese Konsequenzen kann eine unpünktliche Lohnzahlung haben:

  • Verzugszinsen

    Eine unpünktliche Lohnzahlung führt zu Verzugszinsen zum gesetzlichen Zinssatz. Grundlage für die Berechnung ist § 288 BGB. Demnach können Sie Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozent über dem Basiszinssatz verlangen. Aktuell liegt dieser bei -0,88 Prozent – Sie können somit Verzugszinsen von 4,12 Prozent fordern.

  • Verzugsschadenpauschale

    Der Mitarbeiter kann eine Verzugsschadenpauschale in Höhe von 40 Euro von seinem Chef verlangen, wenn dieser eine unpünktliche Lohnzahlung leistet. Das geht auch dann, wenn der Chef Ihnen nur einen Teil, nicht aber das vollständige Gehalt rechtzeitig gezahlt hat.

  • Zurückbehaltungsrecht

    Als Arbeitnehmer haben Sie unter bestimmten Bedingungen das Recht auf Arbeitsverweigerung – in diesem Fall das begründete Zurückbehaltungsrecht – sofern Ihr Chef zwei volle Monate keine Lohnzahlung geleistet hat. Voraussetzung ist unter anderem die Verhältnismäßigkeit – wer nur stundenweise arbeitet und geringe Ausstände hat, dürfte nicht unter diese Regelung fallen.

  • Kündigung

    Kommt der Arbeitgeber der Lohnzahlung dauerhaft nicht nach, besteht die Möglichkeit einer fristlosen Kündigung. Davon sollten Arbeitnehmer nur im Notfall Gebrauch machen, da Sie mit dem Zurückbehaltungsrecht ein starkes Instrument haben. Sie können sich besser arbeitslos melden, um den Lohnausfall finanziell zu überbrücken, da das Arbeitsverhältnis faktisch zwar fortbesteht, Sie aber de facto arbeitslos sind.

  • Schadensersatz

    Der Arbeitgeber kann zu Schadensersatzzahlungen verpflichtet sein, beispielsweise, weil beim Arbeitnehmer durch die ausstehende Lohnzahlung Überziehungszinsen fällig sind. Ebenso muss er gegebenenfalls einen Anwalt zahlen, den der Mitarbeiter aufgrund des Verzugs einschaltet.

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Rechtsprechung: Beispiel bei unpünktlicher Lohnzahlung

Wenn die Bezahlung ausbleibt oder verzögert ist, landen Streitigkeiten immer wieder vor deutschen Arbeitsgerichten. Diese müssen dann entscheiden, wer im Recht ist und welche Ansprüche Mitarbeiter im Einzelfall haben. Dabei geht es teilweise um deutlich mehr, als nur den monatlichen Verdienst. In einem Fall hatte ein Ehepaar Immobilien erworben und das Darlehen jahrelang problemlos zurückgezahlt – bei finanziellen Schwierigkeiten konnte durch Verhandlungen mit der Bank eine Zwangsversteigerung abgewendet werden. Bedingung: Eine monatliche Rate von 1.000 Euro.

Als das nicht möglich war, folge die Zwangsversteigerung. Eins der Häuser wurde dabei unter Wert versteigert. Daraufhin verlangte der Mann von seinem Arbeitgeber die Differenz zwischen Erlös und Verkehrswert sowie die Kosten der Zwangsversteigerung. Grund: Der Lohn sei wiederholt unpünktlich gezahlt worden, die Darlehensraten konnten somit nicht bedient werden, was letztlich zur Zwangsversteigerung geführt hatte.

Urteil des Arbeitsgerichts

Vor Gericht weigerte sich der Arbeitgeber Schadensersatz zu übernehmen. Er berief sich auf die schlechte Unternehmenssituation und dass er seinen Mitarbeiter auf die unpünktliche Lohnzahlung hingewiesen habe. Das sah das Landesarbeitsgericht Mainz (Az.: 2 Sa 555/14) anders und entschied, dass der Arbeitgeber gemäß der §§ 280 I, II, 286 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Schadensersatz leisten muss. Dazu Sandra Voigt, Anwältin und juristische Redakteurin bei Anwalt.de:

Grundsätzlich gilt: Beschäftigte dürfen sich darauf verlassen, dass ihnen der wohlverdiente Lohn pünktlich überwiesen wird. Schließlich sind sie auf das Geld angewiesen, um ihren Lebensunterhalt bestreiten oder eigene Verbindlichkeiten begleichen zu können. Sie müssen daher auch keine Rücklagen bilden – selbst wenn die Gefahr bestünde, dass der Chef den Lohn nicht oder nicht pünktlich zahlen kann.

Ansonsten würden die Beschäftigten das Risiko tragen, dass der Arbeitgeber sie nicht bezahlen kann – dabei ist das allein sein Problem. Selbst die theoretische Möglichkeit, dass es bei wirtschaftlich schwächeren Angestellten eher zu einem Schaden kommt, weil sie eine Rechnung selbst bei pünktlicher Lohnzahlung eventuell nicht begleichen könnten, ändert nichts daran, dass der Chef eine Pflichtverletzung begeht, wenn er den Lohn verspätet überweist.

Das Gericht folgte der Ansicht, dass der Kläger seinen Verpflichtungen gegenüber der Bank mühelos hätte nachkommen können – wenn er pünktlich seinen Lohn erhalten hätte. Die Pflichtverletzung des Arbeitgebers war demnach Ursache für die eingeleitete Zwangsversteigerung. Aus diesem Grund muss er auch für den daraus entstehenden Schaden geradestehen.

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