Gehalt unter Kollegen: Kein Gesprächsthema
Das Gehalt ist zweifelsfrei ein wichtiger Faktor im Job. Jeder Arbeitnehmer möchte gut bezahlt werden und ganz natürlich ist auch der Wunsch nach einem Gehaltsvergleich. Uns alle kitzelt die Frage: Was bekommt wohl der Kollege am anderen Schreibtisch? Wie ist der Verdienst der Kollegin im Nachbarbüro? Und ganz wichtig: Wer bekommt mehr oder weniger als man selbst?
Also einfach mal rübergehen und nachfragen? In den meisten Fällen leider keine gute Idee. An deutschen Arbeitsplätzen gilt die Devise: Über Geld spricht man nicht! Ihre Kollegen reagieren wahrscheinlich verunsichert bis verstört, wenn Sie ganz direkt nach deren Jahresgehalt fragen.
5 Gründe, warum die Kollegen das Gehalt nicht kennen sollten
Der zurückhaltende Umgang mit dem Einkommen aber ist nicht alles. Es kann zu ernsthaften Problemen führen, wenn Sie im Team das Gehalt der Kollegen besprechen. Eine offenere Einstellung zu dem Thema ist zwar grundsätzlich gut und wird auch oft gewünscht – wird dann aber wirklich über die Bezahlung der Mitarbeiter gesprochen, lassen die Schwierigkeiten nicht lange auf sich warten. Hier sind fünf Gründe, warum die Kollegen das Gehalt nicht kennen sollten:
1. Gehaltsneid
Sobald im Gespräch herauskommt, dass eben nicht alle Mitarbeiter gleich viel verdienen, entsteht Gehaltsneid. Das gilt umso mehr, wenn im Team ähnliche oder sogar gleiche Aufgaben auf derselben Hierarchiestufe erledigt werden, aber trotzdem unterschiedliche Gehälter bezahlt werden. Wer weniger bekommt als andere, fühlt sich sofort unfair behandelt und empfindet Neid auf die höhere Lohnabrechnung der Kollegen.
2. Konkurrenz
Eine gewisse Konkurrenz ist am Arbeitsplatz normal. Kennen alle Kollegen das Gehalt, steigt das Konkurrenzdenken aber auf ein neues Level. Allein das Wissen um die Bezahlung führt dazu, dass die Ellenbogen ausgefahren werden. Es wird zunehmend gegeneinander gearbeitet, um selbst auch mehr zu verdienen, statt sich gegenseitig zu unterstützen und an einem Strang zu ziehen.
3. Selbstzweifel
Für die Kollegen, die weniger verdienen, kann die Aussprache der Bezahlung eine Ursache für ernste Selbstzweifel sein. Betroffene fühlen sich plötzlich nicht mehr gut genug im Job, zweifeln die eigene Leistung und den Beitrag zum Erfolg an. Der Grundgedanke, der entsteht: „Ich bin offensichtlich nicht gut genug und werde deshalb schlechter bezahlt…“
4. Demotivation
Es kann massive Auswirkungen auf die Motivation und das Engagement des Teams haben, wenn alle Kollegen die Gehälter kennen. Wer sich benachteiligt fühlt, hängt sich nicht mehr voll rein und arbeitet nach dem Motto: Warum soll ich 100 Prozent geben, wenn ich schlechter bezahlt werde, als alle anderen? Leistungen lassen nach und es werden mehr Fehler gemacht.
5. Fluktuation
Geld ist nicht der alleinige Faktor im Job, doch ist es für viele ein Wechselgrund. Zeigt die Aussprache, dass Sie – oder auch ein anderer Kollegen – im Vergleich weniger verdient, kann die Unzufriedenheit so groß werden, dass ein veritabler Wechselwunsch entsteht. Einige Mitarbeiter werden möglicherweise zu einem Jobwechsel gedrängt, weil sie die Situation nicht akzeptieren wollen.
Kollegen Gehalt: Was tun, wenn jemand fragt?
Sie selbst sollten das Thema besser nicht ansprechen. Doch was, wenn ein Kollege auf die Idee kommt und nach Ihrem Gehalt fragt? Grundsätzlich haben Sie dabei drei Optionen:
- Ehrlich antworten
Wenn Sie wollen, können Sie natürlich ehrlich antworten – riskieren damit aber die oben genannten Nachteile. Offenbaren Sie Ihr Gehalt, wird der Kollege vermutlich auch seine Bezahlung nennen. Gibt es im Team einen Gehaltsunterschied, steht einer von Ihnen dann plötzlich vor dem Problem, damit umzugehen. Diese Option empfiehlt sich deshalb nur dann, wenn sowohl Sie als auch der andere Mitarbeiter wirklich mit der Antwort umgehen können. - Falsche Zahlen nennen
Eine Notlösung, wenn Sie Ihr wahres Gehalt nicht nennen, aber trotzdem antworten wollen. Die meisten entscheiden sich dann dafür, den eigenen Verdienst eher etwas geringer anzugeben, statt die volle Höhe zu nennen. Wir raten jedoch von einer solchen Lüge ab – besser ist die dritte Variante. - Antwort ablehnen
Sie sind niemandem eine Auskunft schuldig und können die Antwort einfach ablehnen. Bleiben Sie dabei möglichst freundlich und verzichten Sie auf lange Rechtfertigungen. Ein kurzes „Es tut mir leid, aber ich möchte nicht über die Bezahlung sprechen“ reicht schon aus. Wenn Sie etwas weiter ausführen wollen, können Sie ergänzen, dass es Ihrer Meinung nach keine Vorteile hat, sondern nur zu internen Problemen führt.
Unterschiedliches Gehalt: Was tun?
Irgendwann kommt es doch raus und Sie stellen fest: Es gibt Kollegen, die mehr verdienen. Das kann im ersten Moment frustrieren und zum oben genannten Neid führen. Sie können die Erkenntnis aber auch als Anlass nehmen, um etwas daran zu ändern. Diese drei Tipps helfen:
- Marktwert ermitteln
Als erstes sollten Sie herausfinden, ob Sie fair bezahlt werden – und das hat nichts mit dem Gehalt Ihrer Kollegen zu tun. Ermitteln Sie Ihren Marktwert und vergleichen Sie, ob Sie für Ihr Profil angemessen entlohnt werden. Der eigene Verdienst muss letztlich den eigenen Qualifikationen und Erfahrungen entsprechen, nicht an der Bezahlung anderer Mitarbeiter gemessen werden. - Gründe hinterfragen
Vielleicht gibt es nachvollziehbare Gründe für den Gehaltsunterschied. Die Kollegin hat größere Expertise und Erfahrung, ein anderer Mitarbeiter übernimmt wichtigere Projekte oder größere Verantwortung. Sie wissen vielleicht nicht davon, doch sind es gute Argumente für eine höhere Bezahlung. Zuletzt gilt auch: Manchmal haben die anderen einfach besser verhandelt und konnten so ein besseres Ergebnis erzielen. - Gehalt verhandeln
Statt nur frustriert und genervt zu sein, sollten Sie den Gehaltsunterschied zwischen Kollegen als Chance sehen. Wenn Sie aktuell weniger verdienen, heißt es auch: Sie haben noch Luft nach oben. Arbeiten Sie an sich, sammeln Sie weitere Erfahrungen und bauen Sie Kompetenzen aus – und gehen Sie dann noch einmal in eine neue Gehaltsverhandlung. Argumentieren Sie nicht damit, dass andere mehr verdienen, sondern damit, dass sich Ihr Wert für das Unternehmen gesteigert hat.
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